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Duale Informationsordnung (Kubicek): Die Rettung der public service-Idee

,,Alle Medien bedürfen der Unterstützung durch öffentliche Institutionen.``gif Mit dieser These tritt Herbert Kubicek (1995a) für eine Duale Informationsordnung ein, die das Prinzip der Komplementarität von öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien auf die neuen Medien überträgt. Wie die Druckerpresse für den Printmedien-Markt eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung sei, es vielmehr eines ausgebauten Schulsystems und öffentlicher Bibliotheken bedürfe, so sei auch im Bereich der neuen Medien nicht die Technik allein in der Lage, die gesamte Bevölkerung zu erreichen.

Dem liegt ein Kompensationsmodell zugrunde, in dem die Vorteile des einen Sektors die Nachteile des anderen ausgleichen sollen. Die aus dem Rundfunkrecht bekannte Grundversorgung soll hin zu einer informationellen Grundversorgung ausgebaut werden. Diese fällt zum guten Teil ins Ressort der Telekommunikationgif und betrifft dort Fragen der flächendeckenden Versorgung oder des Infrastrukturauftrags.

Für das Medienressort sind mit dem Vorschlag vordergründig Organisationsfragen gestellt, die sich allerdings als ordnungspolitische Grundfragen erweisengif. Zum einen geht es um die positive Ordnunggif der neuen Medien, zum anderen um den künftigen Aufgabenbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das Bundesverfassungsgericht hat - davon war bereits in Kapitel 2.2 die Rede - ausgeschlossen, den Rundfunk dem ,,freien Spiel der Kräfte`` zu überlassengif und vom Gesetzgeber die Ausgestaltung der Rundfunkordnung verlangt. Der vielfältige Streit um den Rundfunkbegriffgif speist sich (auch) aus dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe, wäre doch eine ,,reine`` Marktordnung für neue Dienste, die dem Rundfunkbegriff zugeordnet würden, verfassungsrechtlich nur schwer vorstellbargif.

Für die Implementierung der öffentlichen Seite einer solchen dualen Informationsordnung sind demnach prinzipiell drei Formen denkbar:

  1. Der Aufgabenbereich der Rundfunkanstalten könnte auf die neuen Medien ausgedehnt werden. Dies würde die medienrechtliche Frage aufwerfen, ob und inwieweit sie damit der Grundversorgungsfunktion zugehören würdengif.
  2. Neue öffentlich-rechtliche Institutionen könnten als Pendants den neuen privat-kommerziellen Mediendiensten gegenübertreten. Ob Bund, Länder und/oder Kommunen deren Träger sein sollten, wäre politisch zu entscheiden.
  3. Als neue Staatsaufgabe könnte die Förderung des allgemeinen Netzzugangs und neuer Netzanwendungen im öffentlichen Interesse etabliert werden. Dies könnte verfassungsrechtlich zum Beispiel als neue Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe implementiert werdengif.

Kubicek plädiert für eine Spielart der dritten Variante: Den Hebel des kommunalen Wegerechts - das nach dem gegenwärtigen Entwurf für ein Telekommunikationsgesetz den Netzbetreibern kostenlos überlassen werden soll - möchte er dazu einsetzen, den kostenlosen Anschluß öffentlicher Einrichtungen an neue Netze zu erreichen. Die politische Begründung verweist darauf, daß der öffentliche Grund allen Bürgern gehöre und die Kommunalverwaltung bei der Vergabe von Nutzungsrechten darauf achten müsse, daß diese auch allen Bürgern zugute kommengif. Nach dem Vorbild der Anfang des Jahres verabschiedeten Neuregulierung von Medien und Telekommunikation in den USA schlägt er zudem eine Sonderdefinition des universal service für Bildungseinrichtungen wie Schulen und Bibliotheken oder Einrichtungen des Gesundheitswesens vor, die zum Beispiel einen Breitbandanschluß zu besonders geringen Kosten ermöglichen und es erlauben würde, die Kostendifferenz aus dem Universaldienst-Fonds zu erstatten.


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Martin Recke
Fri May 17 20:40:57 MET DST 1996