PK 15 353 (zusammen mit Bodo Zeuner):
Gewerkschaften in internationaler Perspektive - zwischen Standortkorporatismus und social movement. Teil I 
Do 14.00 - 18.00 Ihnestr. 21/F

Kommentar:

Das Seminar soll sich mit internationalen Trends der Gewerkschaftsentwicklung und der Gewerkschaftsstrategien angesichts des Globalkapitalismus und seiner sich beschleunigenden gesellschaftlichen und politischen Effekte beschäftigen. Es wird handlungstheoretisch vermutet, dass die gewerkschaftlichen Akteure in ihren Entscheidungen nicht vollständig durch die ökonomisch-politischen Bedingungen und Kontexte determiniert sind, sondern dass sie einen relevanten Freiraum für Debatten und Entscheidungen über ihre Strategie haben.

In der vergleichenden Literatur wird oft behauptet, die Gewerkschaften befänden sich an einem "Scheideweg", wobei die Alternativen ihrer politischen und organisatorischen Entwicklung sehr verschieden definiert werden, z.B.

• business unionism vs. social movement unionism,
• nationaler Wettbewerbskorporatismus vs. solidarischer Internationalismus,
• Sozialpakt vs. Autonomie,
• Parteiabhängigkeit vs. Selbstpolitisierung,
• exklusive vs. inklusive Solidarität.

Es ist keineswegs ausgemacht, dass Gewerkschaften nur als subalterne Co-Manager, als Sozialabteilung des Kapitals, eine Überlebenschance haben. In den Modellländern des globalen Turbokapitalismus, USA und UK, wurden zwar bestehende Strukturen kollektiver Interessenvertretung der abhängig Arbeitenden entmachtet und zerstört, zugleich entstand eine Gegenbewegung eines umfassenden, die Fabrikebene einschließenden organisierten sozialen Protests, der auch zu Veränderungen im Organisationsverhalten der traditionellen Gewerkschaften führte. Nimmt man das Modell Deutschland mit seinem vergleichsweisen starken Institutionengefüge als Gegenbeispiel, so stellt sich die Frage, ob hier eine Auflösung traditionell organisierter Kooperation und Solidarität nach angelsächsischem Muster erst noch bevorsteht oder ob es Chancen gibt, die institutionelle Stärke zugunsten einer internationalistischen Politik zu nutzen.