05. März 2001

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Promovieren mit Perspektive

GEW-Vorschläge zur Verbesserung der Lage der Doktorandinnen und Doktoranden

Mit der Reform des Hochschuldienstrechts soll nach den Plänen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), auch die Promotionsphase neu geordnet werden. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eigene Vorschläge erarbeitet, die die Situation der Promovierenden und das Stipendiensystem verbessern sollen.

So ist die Situation

Ein einheitliches System der Promotion kennt das deutsche Hochschulrecht nicht. Mitarbeiter/innen, Studierende, aber auch nicht zur Hochschule gehörende Menschen können promovieren.

Für Mitarbeiter/innen der Hochschulen bzw. außerhochschulischen Forschungseinrichtungen ergibt sich die Rechtsstellung überwiegend aus den Landeshochschulgesetzen und den Regelungen des Arbeits- bzw. Beamtenrechts. Spezifische Regelungen, die Freiräume für die Promotion in einem Beschäftigungsverhältnis auch in der Fertigstellungsphase sichern, fehlen. Die Begleitung und Evaluierung der Lehre findet kaum statt. Vom Zwang zur Lehre bis hin zum Verbot (selbstständiger) Lehre reichen die individuellen Vorgaben. Die Stellenvergabe findet nicht immer nach transparenten Verfahren statt. Aufgeteilte Stellen, bei denen stillschweigend volle Arbeitsleistung vorausgesetzt wird, sind keine Seltenheit.

Ein Teil der Promovierenden wird durch Stipendien gefördert. Andere promovieren neben ihrer beruflichen Tätigkeit bzw. als Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger/innen. Eine Integration dieser Kolleginnen und Kollegen in das wissenschaftliche Leben findet nur ausnahmsweise statt. Die Rechtsstellung externer Promovierender ist ebenso wie der (bundesweite) Zugang zu Hochschul- und Informationseinrichtungen, die Mitgliedschaft in der Hochschule und damit das Recht der Mitgestaltung oder die Gruppenzugehörigkeit ungeregelt. Eine sozialrechtliche Absicherung besteht (allenfalls) eingeschränkt. Anwartschaften in der Altersversorgung werden außerhalb von Beschäftigungsverhältnissen nicht erworben.

Welche Veränderungen sind geplant?

Das BMBF beabsichtigt, im Hochschulrahmengesetz (HRG) einen Doktorandenstatus zu schaffen. Die Promotion soll in der Regel in ein Promotionsstudium eingebunden werden. Sie soll nach drei Jahren mit der Einreichung der Arbeit abgeschlossen sein. Ausnahmen sollen in experimentellen Fächern und bei der Promotion im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses möglich sein. Hier wird eine Höchstdauer von vier Jahren angestrebt. Die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse von wissenschaftlichen Mitarbeiter/inne/n soll hiermit korrespondierend auf vier Jahre begrenzt werden. Das BMBF spricht sich zugleich für die Fortführung des bisherigen, flexiblen Systems der Finanzierung der Doktorand/innen durch Stipendien oder über Beschäftigungsverhältnisse aus. Allerdings sollen diese grundsätzlich in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden, soweit die Promovierenden nicht als Arbeitnehmer/innen oder Familienangehörige versichert sind.

Endlich Antworten geben!

Die Optionen zur Gestaltung des Promovierendenverhältnisses sind umstritten. Dies spiegelt sich in den Plänen des BMBF wider. So wird bei der finanziellen Förderung der Promotion der als unzureichend empfundene Zustand fortgeschrieben. Ob Vorgaben bei der Promotionsdauer geeignet sind, bestehende Hindernisse abzubauen, ist jedenfalls zweifelhaft. Die Vorschläge wirken auch dem schleichenden Abbau der Qualifikationsstellen durch Haushaltskürzungen nicht entgegen. Die Dienstrechtsreform muss hier klare Aussagen treffen.

Die GEW fordert:
  • dass die Promotion in der Regel in einem Arbeitsverhältnis mit einer Hochschule/Forschungseinrichtung stattfindet, um die Integration in Lehre, Forschung, Selbstverwaltung, Administration und ein wissenschaftliches Netzwerk zu gewährleisten,
  • dass die Promotion auf ganzen Stellen mit der Gelegenheit der wissenschaftlichen Weiterqualifikation innerhalb der Dienstzeit erfolgt,
  • eine transparente Stellenvergabe, zu der die Ausschreibung gehört,
  • die Entkoppelung von Weisungsbefugnis in Arbeitsverhältnis und Promotionsbetreuung,
  • angemessene Rahmenbedingungen für einen zügigen Abschluss der Promotionen zu schaffen,
  • einen Anspruch der Promovierenden auf intensive Betreuung unter Erstellung von Richtlinien für eine gute Betreuungspraxis ,
  • die Schaffung eines Konfliktmanagements für das Verhältnis zwischen wissenschaftlichen Betreuern und Promovierenden,
  • Regelungen zum (bundesweiten) Zugang aller Promovierenden zu Hochschuleinrichtungen, Weiterbildungsangeboten und vergleichbaren Dienstleistungen der betreuenden Einrichtung,
  • Mitgliedschaftsstatus für die Promovierenden an der jeweiligen Hochschule, wobei i. d. R. eine Zuordnung zur Gruppe der akademischen Mitarbeiter/innen erfolgt,
  • ein Recht der Promovierenden auf eigene Lehre; eine Lehrverpflichtung - außerhalb von Beschäftigungsverhältnissen - wird abgelehnt,
  • die Qualifizierung und Betreuung der Lehre der Promovierenden,
  • eine Entlohnung der Erstellung der Dissertation als wissenschaftliche Arbeit,
  • dass auch Stipendiat/innen die vergütete (auch selbstständige) Lehre auf Antrag hin möglich ist,
  • geeigneten Fachhochschulabsolvent/innen in Kooperation mit den Universitäten Promotionsmöglichkeiten zu eröffnen.

Die GEW unterstützt - bei Fortführung des Stipendiensystems - die Schaffung eines Krankenversicherungsstatus' für Stipendiat/innen, die älter als 30 Jahre sind (Änderung des § 5 Abs. 1 Sozialgesetzbuch V).

Die GEW fordert bei Fortführung des Stipendiensystems:

  • die Gleichstellung der Stipendiat/innen - jedenfalls nach erfolgreichem Abschluss der Promotion - bei der Renten- und Sozialversicherung mit den zur Qualifikation an den Hochschulen/ Forschungseinrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer/innen,
  • dass Grundförderung und Zulagen als Bestandteile des Stipendiums nicht als Einkommen bei der BAföG-Rückforderung und beim Wohngeld angesehen werden,
  • den besonderen Bedingungen der Stipendiat/innen mit Behinderung Rechnung zu tragen.