© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
Werkstatt des Francesco Francia (Bologna, um 1450-1517)
Maria mit dem Kind und dem Johannesknaben
Zweites Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts.
Öl auf Holz, 73,2 x 56,2 cm.
Inschrift "Jth"; Namenszeichen und die Nummern "66, 10"; Siegel mit auf den
Hinterbeinen stehendem Löwen, "GG" und Siegel des Preußischen Finanzministeriums.
Erworben 1815 in Paris mit der Sammlung Giustiniani. Erster Vorbesitzer Kardinal
Benedetto Giustiniani
Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, Nr. 64. - Salerno (Inv. 1638) 1960, II, Nr.
114. - Delaroche 1812, Nr. 66. - Landon 1812, S. 103, Abb. 48,1. - Hirt 1821,
S. 63. - Verzeichniss 1826, Nr. 63.
Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie, Kat. Nr. 123.
Das Gemälde, das bereits im Inventar von 1621 mit dem Eintrag: "un quadro della
madonna con san giovanni in ginochio, con guarnimento intagliato e dorato" erwähnt
wird, wird heute der Werkstatt Francesco Francias zugeschrieben. Dies verzeichnet
bereits das Inventar von 1638: "Un quadro d'una Madonna che tiene in mano Christo
bambino che dà la benedittione a S. Giovannino depinta in tavola alta palmi
2. larga 1 1/2 incirca [di mano, si crede, del Francia] con cornice tutta dorata".
Nur die Figur der Jungfrau scheint in Teilen dem Meister selbst zuzuschreiben
zu sein. Es ist jedoch, wie im gesamten Spätwerk Francias, sehr schwierig, die
Hände seiner Mitarbeiter zu scheiden. Es ist in die umfangreiche Produktion
von Andachtsbildern einzuordnen, die die Francia-Werkstatt vor allem im zweiten
Jahrzehnt des Jahrhunderts beschäftigte.
Das Interesse Benedetto Giustinianis für die Malerei Francias ist gut dokumentiert
durch Malvasia, der in seinenVite dei pittori bolognesi in zahlreichen Anekdoten
von der Sammelleidenschaft des Kardinals berichtet. Bekanntlich war Benedetto
von 1606 bis 1611 päpstlicher Gesandter in Bologna. Während seiner Amtszeit
hatte er die Gelegenheit, Kontakte zu vielen Malern der Stadt zu knüpfen, unter
ihnen Lorenzo Garbieri und Alessandro Tiarini. Scheinbar hat der Kardinal den
letzteren gewöhnlich damit beauftragt, die von ihm erworbenen Gemälde Francias
"auszubessern": "Comprando tutto il dì questo eminentissimo Madonne di Francesco
Francia e di Pietro Perugino, allora pure in tanta stima, e facendoli a lui
aggiustare a suo capriccio: fa torto, gli venne detto un giorno, V.S. Illustrissima
a due in un istesso tempo: a questi antichi maestri così bravi, stimandoli degni
di correzione; a me, che per servir Lei, son forzato ad esser così temerario,
e a fare un tal mancamento in porvi le mani…" (MALVASIA [1678-1769] 1841-1844,
S. 139). Andererseits wissen wir, daß die Sammelleidenschaft Benedettos so ausgeprägt
war, daß sie ihn sogar zu Straftaten verleitete. Malvasia berichtet, wie Benedetto
heimlich Francias Hl. Sebastian aus der Cappella Pandolfi da Casio im Kloster
der in der Nähe von Bologna gelegenen Kirche S. Maria della Misericordia durch
eine Kopie ersetzen ließ ("…non potendone ottenerne l'acquisto da que' religiosi
per qual si fosse gran prezzo offerto loro, facendone ricavare almeno una copia,
questa ben anche cattiva e mal fatta riposta nella stessa cornice, vi restò,
come anch'oggi si vede, in luogo dell'originale", MALVASIA [1678-1769] 1841-1844,
Bd. I, S. 49).
Die Inventare der Sammlung von Benedetto Giustiniani bestätigen Malvasias Hinweise.
Das Inventar von 1621 erwähnt neun Francia zugeschriebene Gemälde. Alle diese
Werke wurden mit größter Wahrscheinlichkeit während oder nach dem Aufenthalt
in Bologna gekauft, denn keines von ihnen wird im "Inventario della Guardarobba"
aufgeführt, das im Jahr 1600 erstellt wurde.
Iris Wenderholm
nach Irene Baldriga, in: Ausst. Kat. Caravaggio e i Giustiniani, Rom 2001, Kat.
B8
Bibliographischer Hinweis:
E. Negro-N. Roio, Francesco Francia e la sua scuola, Modena 1998, S. 232, Nr.
137.