© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
Giovanni di Niccolò Luteri, genannt Dosso Dossi (? um 1486 - Ferrara 1542)
Die Hl. Familie mit dem Hl. Franziskus
Um 1513
Pappelholz, 63 x 48 cm
Erworben 1815 in Paris mit der Sammlung Giustiniani. - Erster Vorbesitzer Kardinal
Benedetto Giustiniani. Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, II, Nr. 50. - Salerno
(Inv. 1638) 1960, II, Nr. 70. - Delaroche 1812, Nr. 4. - Landon 1812, S. 127,
Abb. 60,1. - Verzeichniss 1826, Nr. 5.
Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie, Kat. Nr. 227.
Nach der Angliederung der Stadt Ferrara an den Kirchenstaat im Jahre 1598
wurden zahlreiche bedeutende Gemälde Dossos von römischen Sammlern wie den Kardinalnepoten
Pietro Aldobrandini und Scipione Borghese erworben. Der Kardinal Benedetto Giustiniani
war überzeugt, wenigstens drei Werke des Künstlers zu besitzen und der Marchese
Vincenzo - der bei einem Besuch des Doms von Faenza im Jahre 1606 seine beiden
Reisebegleiter damit beeindruckte, daß er in dem Zwölfjährigen Christus im Tempel
über dem ersten Altar auf der rechten Seite ein Werk Dossos erkannte - konnte
der Sammlung weitere drei dem ferraresischen Meister zugeschriebene Bilder hinzufügen.
Es scheint, als seien all diese Dosso zugeschriebenen Werke verloren gegangen,
mit Ausnahme jedoch eines heute im Depot des Neuen Palais in Potsdam aufbewahrten
Gemäldes. In jedem Fall besaßen die Brüder Giustiniani jedoch die Hl. Familie
mit dem Hl. Franziskus. Bei Benedettos Tod wird es als "un quadro della madonna
con nostro Signore in braccio dui sancti, in tavola, con cornice indorate e
colore, vecchio" bezeichnet, das sich neben vielen anderen Madonnenbildern des
15. und 16. Jahrhunderts (die sogenannten quadri antichi) in der Galleria grande
befand. Präziser ist die Nennung der Ikonographie des Gemäldes in dem post mortem
Inventar Vincenzos, auch wenn es hier Sebastiano del Piombo zugeschrieben wird:
"Un quadro d'una Madonna che tiene il Christarello in grembo, con S. Francesco
e S. Giuseppe dalle bande depinto in tavola alta palmi 3. Larga palmi 2 H in
circa [di mano, si crede, di Fra Sebastiano del Piombo] con cornice rabescata
d'oro".
Als das Gemälde 1812 in Paris zum Verkauf angeboten wurde, galt es zunächst
als Werk Fra' Bartolomeos. In Berlin schrieb man es erst Camillo Boccaccino
und später Sodoma zu, bis schließlich Bode die Autorschaft Dosso Dossis erkannte.
Die plastisch und geradezu heroisch wirkenden anderen Heiligenfiguren zeugen
dagegen von einem direkten Kontakt mit der Kunst Raffaels. Besonders das goldgeschmückte
Kleid der Jungfrau wirkt wie ein Zitat aus der in der Pinacoteca Vaticana aufbewahrten
Foligno-Madonna Raffaels von 1512. Wie von Humfrey und Lucco bereits hervorgehoben,
begab sich Dosso im Frühjahr des Jahres 1513 im Gefolge Alfonso d'Estes nach
Rom. Die Berliner Tafel dürfte kurz darauf - vielleicht sogar während der Reise
- entstanden sein.
Iris Wenderholm
nach Peter Humfrey, in: Ausst. Kat. Rom 2001, Caravaggio e i Giustiniani, Kat.
B7
Bibliographischer Hinweis:
B. Fredericksen: "Collecting Dosso: The Trail of Dosso's Paintings from the
late sixteenth century onward", in: L. Ciammiti/ S. Settis, Dosso's Fate: Painting
and Court Culture inRenaissance Italy, Los Angeles 1998, S. 382 et passim.