© Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz
Ludovico Carracci (Bologna 1555 - 1619)
Maria mit Kind und Lamm
Um 1608
Öl auf Leinwand, 39 x 29 cm
Inschriften und Siegel: Inschrift Lg; 117; Siegel mit dem auf den Hinterbeinen
stehenden Löwen. Siegel VG; Siegel des Preußischen Finanzministeriums, Siegel
KFM Erworben 1815 in Paris mit der Sammlung Giustiniani. Erster Vorbesitzer
Kardinal Benedetto Giustiniani.
Danesi Squarzina (Inv. 1621) 1997, Nr. 116. - Salerno (Inv. 1638) 1960, II,
Nr. 56. - Delaroche 1812, Nr. 88. - Landon 1812, S. 27, Abb. 10,1. - Verzeichniss
1826, Nr. 87.
Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie (Depot), Kat.Nr. 361, Abb. Nr. 2513.
Das Gemälde ist im Inventar Vincenzo Giustinianis von 1638 verzeichnet als:
"Un quadretto piccolo di una Madonnina vestita di bianco con Christo bambino
che accarezza un agnello in un paesino depinto in tela alt. pal. 2 1/2 lar.
pal 1 1/2 di mano di Ludovico Carracci senza cornice". Luigi Salerno hielt das
Werk für verloren, aber Gail Feigenbaum bestimmte es in ihrer Monographie über
Ludovico Carracci richtig als das Bild im Depot des Bodemuseums und vermutete,
daß Ludovico das Gemälde für den Kardinal Benedetto während dessen Gesandtschaft
in Bologna ausführte (1606-1611) und es später nach Rom gebracht wurde, was
sich durch die Publikation der Inventare von Benedetto Giustiniani nachweisen
ließ, in dem es verzeichnet ist als: "Un quadrecto della Madonna con nostro
Signore che tiene un agnello".
Der Kupferstich Bloemaerts nach Ludovico Carraccis Madonna für die Galleria
Giustiniana wird von Malvasia besonders hervorgehoben. Er reiht ihn neben die
Stiche nach den Madonnen Raffaels, Tizians, Andrea del Sartos, Giulio Romanos
und Luca Cambiasos ein, die sich ebenfalls in der Sammlung Vincenzos befanden
und weist darauf hin, wie anmutig und anspruchsvoll er sei: "Fra le otto Madonne
intagliate tutte insieme e compagne, da Bloemarte, e dedicate al Marchese Giustiniano,
che di tutte possiede gli originali; cioè una di Rafaelle, due di Tiziano, due
di Andrea del Sarto, una di Giulio Romano, ed una del Cangiaso; la tanto graziosa,
ed erudita di Ludovico onc. 9 e mez. onc. 7 scars. per dirit." (Malvasia, Felsina
Pittrice [1678-1769] 1841-1844, Bd. I, S. 73). Innerhalb der Sammlung Giustiniani
stach das Werk Ludovicos wohl aufgrund seines Wertes und seiner Bedeutung hervor,
denn noch 1673 widmete ihm Silos eines seiner Epigramme "Christus infans in
Matris sinu Agno blanditur" (G. M. Silos, Pinacotheca, Rom 1673, Nr. CLXXXIX).
Silos erwähnt neben der Madonna mit Kind noch ein weiteres Bild Ludovicos in
der Giustiniani- Sammlung, nämlich den Hl. Petrus und die Magd. Seine emphatischen
Epigramme spielen eine wichtige Rolle in der kritischen Resonanz, die Ludovico
in Rom erfuhr. Diese Resonanz scheint durch die Erwerbungen Benedettos im ersten
und zweiten Jahrzehnt eingeleitet worden zu sein und findet ihren Höhepunkt
im Auftrag für das Gemälde Der Hl. Sebastian wird in die Kloake geworfen von
den Barberini im Jahr 1612. Es ist plausibel, daß beide Gemälde, die Madonna
und der Hl. Petrus von Benedetto während seiner Gesandtschaft in Bologna, zwischen
1606 und 1611, in Auftrag gegeben wurden. Benedetto war ein großer Bewunderer
der emilianischen Malerei, wie die äußerst zahlreichen in seiner Sammlung vereinten
Gemälde der Carracci und ihrer Schule und die Aussagen Malvasias bezeugen. Neben
der Madonna und dem Hl. Petrus wird in den Inventaren Benedettos ein drittes
Gemälde von Ludovico erwähnt, das die Madonna mit Kind und Heiligen darstellt,
das sich heute in der Sammlung des Marchese von Bowood, Bowood House befindet
und einhellig um 1607 datiert wird. Daraus ergibt sich eine Datierung der Madonna
mit Kind und Lamm in die Jahre der Bologneser Gesandtschaft Benedettos, um 1607-1609.
Es wird angenommen, daß Ludovico Carracci den Auftrag direkt vom Kardinal erhielt.
Iris Wenderholm
nach Caterina Volpi, in: Ausst. Kat. Caravaggio e i Giustiniani, Rom 2001,
Kat. C5
Bibliographische Hinweise:
G. Feigenbaum, Ludovico Carracci. A Critical Study of his later Career and a
Catalogue of his Paintings, Phil. Diss., Princeton University 1984, Ann Arbor
1984, Nr. 122; Ausst. Kat. Ludovico Carracci, hg.v. Andrea Emiliani, Bologna
1993, S. 278-281.