Wissenschaftler im Klinikum

Ein Kieler Kieferchirurg



"Bloß nicht anfangen mit dem Medizinstudium und sagen: ich will Professor werden!" Bodo Hoffmeister, Leiter der Abteilung für Kieferchirurgie und plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Benjamin Franklin weiß, wovon er spricht. Der ohnehin lange Weg zu einer Professur birgt im "Orchideenfach" Kieferchirurgie noch eine Klippe mehr, denn sie setzt den Dr.med. und den Dr.dent voraus. Und vielleicht gerade wegen der 19 Lehrjahre, die bei ihm inclusive Wehrdienst zwischen Abitur und Habilitatio n liegen, hat der junggebliebene Hochschullehrer Hoffmeister immer noch einen "Riesenspaß" am Unterrichten der Studenten.

Die Schwerpunkte des Klinikers Hoffmeister decken sich mit denen seines Vorgängers, Professor Rudolf Stellmach, der Anfang der 70er Jahre ein Zentrum für Gesichtsfehlbildungen am Klinikum etablierte, unter besonderer Berücksichtigung der Behandlung von Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten; davon ist jedes 500. Neugeborene betroffen. "Etwas B esseres kann einem gar nicht passieren", sagt der 46jährige, und spielt damit auf den "sehr guten Ruf" Stellmachs an, den er "zu wahren und auszubauen" gedenkt. Daneben ist Hoffmeister Spezialist für plastische Chirurgie. Mit diesem Spektrum sieht er sich in der Krankenversorgung - bei einem "Minimalstellenschlüssel" von acht ärztlichen Mitarbeitern - "nicht in Konkurrenz zum Großklinikum im Norden, sondern eher als spezialisierte Ergänzung". Wissenschaftlich widmet sich der Kieferchirurg vor allem der Kn ochen- und der Tumorforschung.

Schwierig findet er, wie die "ständige Konfrontation mit den lähmenden Strukturen des administrativen Umfelds" dem professionellen Ziel zuwiderläuft. Hoffmeister hofft, nachdem sich "die Wogen der Berliner Hochschulpolitik geglättet" haben, nicht mehr "40% seiner Zeit auf Sitzungen zubringen" zu müssen. Nur auf diese Weise hat er, der sich "im Grunde als sehr ausgeglichenen Menschen" betrachtet, erst Bekanntschaft mit der Ungeduld gemacht.

Insgesamt blickt Professor Hoffmeister mit gerunzelter Stirn auf die nahe Zukunft der Hochschulmedizin, in zweierlei Hinsicht. Zum einen glaubt er, daß "wir uns in fünf Jahren um Studenten bemühen müssen", denn schon jetzt liegt das Verhältnis Bewerbun gen zu Studienplätzen in seiner Disziplin bei 1,8:1, vor wenigen Jahren noch bei 13:1. Daneben befürchtet er ein Austrocknen der medizinischen Basis, vor allem im Mittelbau, weil dort immer weniger "vernünftige Chancen bestehen, sich wissenschaftlich und klinisch zu entwickeln - und das wäre der Abgesang der universitären Medizin". Doch dann macht er, sichtlich gern, eine mit leichter Ironie unterlegte Kehrtwendung: "Wir müssen aus dem Scherbenhaufen der zertrümmerten Vasen ein Gefäß basteln, in dem bald wieder Blumen wachsen". Daß sich das jetzt unter dem neuen Namen Benjamin Franklin entwickelt, gefällt ihm sehr gut: "Damit können auch meine Freunde in den USA etwas anfangen."

1993 ist er mit seiner Frau, einer Juristin, und seinen beiden Kindern aus Kiel nach Berlin gekommen. Nein, ein "Kulturschock" sei es nicht gewesen, Berlin sei ihm von jeher nahe. "Ich stamme ja aus Magdeburg", erklärt er, und das hätte für ihn schon etwas von "back to the roots". Ließe man ihm Zeit, würde er gern seine "eigene körperliche Einsatzfähigkeit" am Wannsee kultivieren.

"Erste zarte Kontakte" zu einem Segelverein hat er schon geknüpft. Liest er zur Entspannung? Ja, "unter der Vorauswahl der Ehefrau" greift er schon zu einem Buch. Der Historiker Christian Meier hat es ihm besonders angetan. Aktuell studiert er dessen B uch über Athen: "Da schläft man nicht gleich ein."

Felicitas Wlodyga


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