Die Hochschulleitung in einem Boot

Das Training

 


Foto: Rückeis

Um es gleich vorweg zu nehmen: Die Freie Universität hat das Hochschulrudern verloren. Dabei sah es beim abendlichen Training am Dienstag vergangener Woche alles sehr zuversichtlich aus. "Die Humboldt-Universität ist keine Konkurrenz für uns", entgegnet FU-Präsident Peter Gaehtgens auf die Frage eines Journalisten, wie er die Siegeschancen seines Achters einschätze. Mit im Achter ruderten: Der Erste Vizepräsident, Prof. Dr. Dieter Lenzen, Vizepräsident Prof. Dr. Werner Väth, der Kanzler, Wolf-D. v. Fircks, Präsidialamtsleiter Peter Lange , die persönliche Referentin des Präsidenten, Andrea Syring, sowie als Trainer Michael Sendzik, Heike Stich und Marie Schallehm von der ZE Hochschulsport.

"Sind Sie etwa von der Sportredaktion", entfuhr es Präsidialamtsleiter Peter Lange, der als erster am Dienstag zum abendlichen Training erschien. Doch der Tagesspiegel-Redakteur kommt von der Campus-Seite und ist in Ruderfragen zunächst ähnlich "unbeleckt" wie die Pressestelle. "Gebt mir mal das Modell rüber", sagte Michael Sendzik, als man am braunen Holztisch Platz genommen hat: "Jetzt erkläre ich euch erst einmal, wo Steuerbord, wo backbord ist.

"Wie hat sich denn die Hochschulleitung beim Training angestellt?", will der Journalist wissen. Und Michael Sendzik antwortet, als habe er in seinem Leben nichts anderes getan als die Hochschulleitung in ein Boot zu bringen: "Wir haben frei nach den Regeln des Regattasports geübt." Nach zehn Minuten Trockenübung sei es rein in die Boote gegangen, zunächst zu zweit, später zu viert und schließlich zu acht. Druckausüben sei dem Präsidium zunächst sehr schwer gefallen. "Aber da half nichts", erzählte Michael Sendzik weiter. Konzentriert und motiviert habe das Achterteam das Einmaleins des Ruderns gelernt: "in der Harmonie der Bewegung so zu fahren, daß die Bewegungen zeitgleich ablaufen". Schon nach dem ersten Training habe die Mannschaft das Boot ins Wasser getragen und selbst wieder in die Halle gebracht. "Beim letzten Mal waren alle im Boot ganz still", sagt Sendzik, "da gab es vorher eine Präsidiumssitzung".

Als wegen einer Besprechung im Präsidialamt die Restmannschaft des Achters auch diesmal leicht verspätet eintrifft, geht es gleich zur Sache. "Im Boot sitzt jeder nach seinem Vermögen", erklärt Sendzik noch schnell, als die Mannschaft schon in kurzen Hosen und einheitlich gekleidet in den blauen T-Shirts der ZE Hochschulsport in die Sonne tritt. Eingespielt wird das siebzehn Meter lange Boot auf Rollen nach draußen gebracht, jeder holt sein weiß-blaues Ruder. "Männer", sagt Sendzik, "macht mich nicht zum Gespött des Wannsees". Spätestens bei diesem Satz wird klar, wer den Hut im Boot auf hat. Nach dem obligaten Gruppenfoto mit Victory-Zeichen geht es vorbei an grünen Wiesen bei lauschigem Abendwind nach vorne zum Steg. "In einem solchen Boot fallen keine Einzelentscheidungen, sondern alle sind gemeinsam verantwortlich", antwortet Präsident Gaehtgens auf die Frage des Journalisten, welches Motto seine Mannschaft habe, und man weiß für eine Sekunde nicht genau, ob sich dies wirklich auf das Rudern bezieht. "Drei Achter ergeben schon einen Akademischen Senat", sinniert Gaehtgens weiter, bei den sommerlichen Temperaturen fast geneigt, die Sitzungen gleich aufs Wasser zu verlegen. Dann fährt der Achter los, so schnell, daß die interessierte Presse im Motorboot Mühe hat nachzukommen.

Ins Wasser gefallen sei übrigens beim Training niemand, erklärt Sendzik weiter, dabei seien die Ausgangsvoraussetzung des Teams ganz unterschiedlich gewesen. Der Präsident, der sich selbst in Interviews gerne als unsportlich bezeichnet, schätzt das Radfahren und soll früher gefochten haben. Der Erste Vizepräsident Lenzen joggt. Der Kanzler surft, fährt Ski und jongliert nicht nur mit Zahlen. Zu Roß hat Peter Lange Erfahrung, der ein begeisterter Fußballspieler war. Als einziger hat Prof. Väth einen sportlichen Lebenslauf aufzuweisen, der bereits 1954 von dem damaligen Bundespräsidenten Heuss eine Ehrenurkunde bei den Bundesjugendspielen erhielt und 1998 als Gewinner des Großen Preises beim Prominenten- Trabrennen in Mariendorf als Erster durchs Ziel fuhr. Erfahrung im Rudern wies nur Andrea Syring auf. Doch als die Crew nach einer dreiviertel Stunde intensiven Trainings kaum hörbar am Steg anlegt, ist die Stimme von Michael Sendzik zu hören: "So Freunde, ihr ward gut heute, richtig gut." Und wie immer endet die Fahrt mit dem Abwischen des Bootes.

Felicitas von Aretin

 

 

Bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Rudern treten Präsidien der drei Universitäten gegeneinander an


Sieg der Humboldt-Ruderer

 

"Kommen wir zu einem ganz besonderen Event", tönte es aus dem Lautsprecher der Regattastrecke in Grünau, "der Präsidenten-Regatta." Da waren die drei Hochschulleitungen schon am Start. Als Gaudi für Studierende und Unterhaltung während der 52. Internationalen Deutschen Hochschulmeisterschaften im Rudern hatte der Vizepräsident der Humboldt-Universität, Prof. Dr. Richard Schröder, die Hochschulleitungen von TU und FU zum Achter-Wettkampf auf dem Wasser herausgefordert.

Glückwunsch an die Humboldt
Foto: Dahl

Ganz in der Gastgeberrolle startete der Humboldt-Achter in der Außenbahn, während die Achter der TU und der FU auf den Plätzen eins und zwei lagen. "Wir werden die FU gewinnen lassen", hatte der Präsident der Humboldt-Universität noch in einem Tagesspiegel-Interview zum besten gegeben, um hinzuzufügen: "Die sollen ja auch mal Erfolge feiern können". Offensichtlich hatte Meyer seinen Achter nicht im Griff, denn die Mannschaft zog gelassen an TU und FU vorbei ins Ziel, während sich Technische Universität und Freie Universität auf den letzten Metern noch ein heißes Rennen lieferten. "Wir sind ungeheuer ins Skipping geraten auf den letzten zehn Metern", sagte Vizepräsident Prof. Dr. Werner Väth, der Trabrennsieger von Mariendorf, und begründete damit, warum die FU schließlich doch nur den dritten Platz eingenommen hat. "Sie haben sich ja im Tagesspiegel mit ihrem Ausspruch: &Mac226;Wir fahren sie in Grund und Boden‘ ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt, Herr Prof. Gaehtgens", tönte es nach der Siegerehrung und dem Grünauer Wassersturz Werner Väths aus dem Lautsprecher. Gelassen sportsmännisch konterte Gaehtgens: "Wenn wir uns nicht soweit aus dem Fenster gelehnt hätten, wo wären wir dann." Es habe aber allen soviel Spaß gemacht, daß das Wettrennen der Präsidenten zur festen Berliner Einrichtung werden soll.

Ein Präsident auf See
Foto: Dahl

"Enttäuscht, daß die Freie Universität nicht gewonnen hat?", wollte ein Journalist vom Trainer der FU, Michael Sendzik von der ZE Hochschulsport, wissen. "Nicht im geringsten", sagte Sendzik "Sobald das Eis weg ist im kommenden Jahr, fangen wir wieder mit dem Training an." Der Kanzler kündigte an, daß der FU-Achter jetzt an die Auswertung des Regatta-Videos ginge. Auf den Punkt aber brachte es Beate Hammers, Referentin im Präsidialamt: "Wir wollten die beiden anderen Achter nur in Sicherheit wiegen – für nächstes Jahr."

Felicitas von Aretin

 

 

Oxford gegen Cambridge


Rudertradition

 

"Tradition braucht keine Logik", heißt es in einem Artikel der Münchner "Abendzeitung" von 1996, der das sogenannte Boat-Race, das traditionelle Regatta-Rennen zwischen den Studierenden-Teams von Oxford und Cambridge beschreibt. Boat-Race versetzt Großbritannien alljährlich in Aufruhr. Erstmals fand das Rennen 1829 statt. Unterbrochen nur von den Jahren der Weltkriege, waren die Rollen streng verteilt: Für Oxford – traditionell in dunkelblauem Dress – ruderten Studierende der Philosophie, für Cambridge in hellblau Naturwissenschaftler. Längst ist Aufteilung überwunden – was die Begeisterung der Briten für den akademischen Klassenkampf nicht gemindert hat. Schon beim ersten Rennen 1829 sollen 20.000 Zuschauer die Ufer der Themse gesäumt haben.

Ein Vizepräsident im See
Foto: Dahl

Nur eine Hochzeit im Hause Windsor, ein Wimbledon-Endspiel oder ein Fußball-Finale bringt eine höhere Zuschauerquote im Fernsehen. In Deutschland ist der rudersportliche Schlagabtausch weit weniger medienwirksam: So rudern die Greifswalder Hochschullehrer gegen die Mannschaft der Universität Rostock. Auch wenn die Isar nicht die Themse ist, fordern sich seit Jahren die Professoren der Technischen Universität München und ihre Kollegen von der Ludwig-Maximilians-Universität München heraus.

fva