Nachruf auf Meta Alexander

 

Ich träumte, das Leben sei Freude,
ich erwachte und fand, das Leben war Pflicht,
ich arbeitete und sah, die Pflicht war Freude
(Tagore)

 

Am 13. Mai 1999 ist Professorin Dr. med. Meta Alexander gestorben. Sie war eine beeindruckende Persönlichkeit, deren rastloses Wirken überall uneingeschränkte Anerkennung gefunden hat.

Sie war von seltener Gradlinigkeit und in ihrer Überzeugung und ihrem Handeln eine ideal typische Repräsentantin des Mottos ihrer Hauptwirkungsstätte, der Freien Universität Berlin: Veritas, Justitia, Libertas. Ihr Bemühen, stets wahrhaftig und glaubhaft zu sein, entsprach ihrem Wesen; auf ihr Wort konnte sich jeder verlassen. Auch das Eintreten der durchaus streitbaren Meta Alexander für Gerechtigkeit ist für die tiefgläubige Katholikin eine Selbstverständlichkeit gewesen, denn "das Werk der Gerechtigkeit wird Frieden sein" (Jesaja 32, 17). Ihr unbeirrbares Einstehen für die Freiheit war Reaktion und Ausdruck vieler Menschen, die den Krieg und die Diskriminierungen im Nationalsozialismus überlebt haben und ohne Bevormundung und weltbeglückende Ideologien ihre Vorstellungen von einer freiheitlichen Gesellschaft verwirklichen wollten.

Meta Alexander war eine engagierte Lehrerin, für die es keine Pflichtstunden gab. Obwohl sie die Studierenden und Schwesterschülerinnen in der Vorlesung und in den Kursen z. T. harsch kritisierte, wenn sie sich nicht vorbereitet hatten oder Grundkenntnisse vermissen ließen, wurde ihr Unterricht über viele Generationen hinweg gern besucht und geschätzt. Wahrscheinlich war es das aufmunternde Angebot, das nächste Mal besser zu sein, das dem Tadel das Strafende nahm. Ähnlich im Examen, wo rauhe Töne die Chance, die richtigen Antworten noch zu finden, nicht verdeckten. Vielen der 145 Doktoranden hat sie mit entsprechenden Verbesserungsvorschlägen die vorgelegten Manuskripte bis zur akzeptierten Endfassung mehrfach zurückgegeben. Doch alle haben ihre Arbeit zum Abschluß gebracht. Das wissenschaftliche Interesse von Meta Alexander galt den Infektions- inklusive Tropenkrankheiten und deren Behandlung. 20 Jahre hat sie die entsprechende Abteilung geleitet. Ihr Wissen hat sie in zahllosen Vorträgen, Weiterbildungsveranstaltungen und Buchbeiträgen einer breiten Fachöffentlichkeit immer wieder zur Verfügung gestellt.

Vorbild in allem, was sie auf medizinischem Gebiet geleistet hat, war nach eigener Bekundung ihr Lehrer Professor Hans Freiherr von Kress. Von ihm hat sie auch die Einsicht übernommen, daß zu einem Hochschullehrer neben der fachlichen Kompetenz auch die Beteiligung an der Selbstverwaltung gehört. Meta Alexander hat sich nie gedrängt, Funktionen zu übernehmen oder gar Wahlkampf für sich zu betreiben, sondern es als Pflicht empfunden, in den Gremien mitzuarbeiten. 1970, in der etwas aufgeregten Zeit, wurde sie zur Vorsitzenden (Dekanin) des Fachbereichsrats Klinikum Charlottenburg gewählt. 15 Jahre war sie Geschäftsführende Direktorin der Medizinischen Klinik und Poliklinik im Klinikum und lange Zeit Mitglied des Akademischen Senats.

Sie ist in mehrere wissenschaftliche Gremien des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit berufen worden. Zahlreiche Ehrungen, u.a. das Bundesverdienstkreuz und die Ernst-von-Bergmann-Plakette, hat sie erhalten. Noch kurz vor ihrem Tode wurde ihr die Rudolf-Virchow-Verdienstmedaille verliehen.

Ausgleich für die kraftfordernde tägliche Arbeit fand sie beim Reiten, Tennisspielen und in der Musik.

Ein erfülltes Leben ist zu Ende. Mit Meta Alexander verliert die FU ein markantes Urgestein ihrer 50-jährigen Geschichte. Sie hat ein bleibendes ehrendes Andenken verdient.

Prof. Dr. med. Helmut Coper