Nachruf auf Prof. Dr. Hans-Joachim Belitz
Mensch im Universitätsbetrieb

 

Der Diplombiologie Prof. Dr. rer. nat Hans-Joachim Beltiz verstarb am 19. Februar 1999. Sein Leben als Hochschullehrer war schon lange vorher, am 30. Oktober 1976, durch einen Schlaganfall jäh beendet worden.

Hans Belitz studierte in der Nachkriegszeit Biologie, Physik und Chemie an der Humboldt-Universität Berlin und machte dort 1950 sein Diplom. Seit 1951 war er wissenschaftlicher Assistent der genetischen Abteilung des Instituts für Medizin und Biologie der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Hier fertigte er bei Prof. Herbert Lüers seine Dissertation über Letalfaktoren des X-Chromosoms der Taufliege Drosophila melanogaster an, mit der er 1953 an der Humboldt-Universität promovierte. Drosophila blieb sein Untersuchungsobjekt. Er ging mit Lüers nach Dahlem ans Max-Planck-Institut für Vergleichende Erbbiologie und Erbpathologie und danach ans Institut für Genetik der FU. Er habiliterte sich 1965 für das Fach "Allgemeine Biologie und Genetik" und war von 1969 bis zum frühzeitigen Ausscheiden Professor für dieses Fachgebiet.

Hans Belitz war ein außerordentlich kompetenter Lehrer. Er verstand es, nicht nur Studierenden, sondern in Universitätskursen der Volkshochschule (VHS) auch ein breiteres Publikum für die Thematik seines Faches zu begeistern. Im Grundstudium vertrat es das sich rapide erweiternde Gebiet der Genetik sowie die Allgemeine Biologie mit den Schwerpunkten Entwicklung und Evolution. Im Hauptstudium spiegelte ein weitgespannter Themenbogen von der Verhaltensgenetik über vielfältige Aspekte der Entwicklungsgenetik bis zur Evolutionsgenetik seine umfangreichen Interessen wider. Sein besonderes Anliegen aber war es, den Studierenden der Biologie die für sie relevante Mathematik und vor allem die Statistik zu vermitteln. Das konnte er meisterhaft. Zeugnis dafür ist auch heute noch seine kleine Schrift über "Die Anwendung statistischer Methoden in der Biologie".

Belitz hatte eine relativ große Gruppe aus Mitarbeitern, Diplomanden und Doktoranden aufgebaut. Die Thematik der Forschungen erscheint im Abstand eines Vierteljahrhunderts nicht mehr so aufregend wie sie seinerzeit war. Er meinte, "wir forschen aus Neugierde und freuen uns über die neuen Erkenntnisse – wozu publizieren, wenn wir’s wissen?"

Ihn beglückte die Zusammenarbeit, der Meinungsaustausch mit Kollegen. Er genoß seinen Forschungsaufenthalt im Institut von Prof. Hadorn in Zürich, die Diskussion mit den Professoren Chen und Mitchell. Und er freute sich, als Prof. Heberer als Gast der FU den Arbeitsraum mit ihm teilte.

In den Gremien der akademischen Selbstverwaltung war Belitz vielfältig engagiert. Immer lagen ihm dabei die Studierenden besonders am Herzen. Und natürlich die Biostatistik, für deren Ausbau am Fachbereich Biologie er sich sehr einsetzte. Und die Entwicklungsgenetik, die unter seinem Einfluß mit zwei Professuren ausgestattet wurde.

Hans Belitz war ein sehr bescheidender und ein sehr zufriedener Mensch. Er fand, wir hätten es sehr gut, weil wir unseren Hobbies leben könnten und dafür auch noch bezahlt würden. Er war von der Biologie begeistert und konnte andere immer wieder begeistern. In der alten Villa des Instituts im Rudeloffweg stieg er täglich aus seiner Dachkammer zu uns in den Keller hinab, um eine Tasse Wasser zu holen und die eben gelesenen faszinierenden Neuigkeiten aus der Welt der Wissenschaft zu erzählen. Mit seiner umfassenden Literaturkenntnis konnte er bei vielen Fragen hilfreich sein. Und er half sehr gerne.

Manchmal allerdings mit einem Schalk im Auge. So etwa, als er uns gegen die Milben, Parasiten unserer Fliegenkulturen, eine Spezial-Tinktur empfahl. Sie half: die Milben waren tot – leider auch die Fliegen. Sein Kommentar: "So ist das mit dem Experimentieren".

Hans Belitz war kein umtriebiger Wissenschaftler, sondern ein ruhiger Gelehrter mit Freude auch an kleinen Dingen. Intrigen und Karrieredenken waren ihm fremd. Er war ein ausgeglichener, toleranter, uneigennütziger, liebenswerter Mensch. Seiner Menschlichkeit wegen wird er heute besonders vermißt.

Prof. Dr. H. Nöthel, FB Biologie, Chemie, Pharmazie