Einweihung des Rudi-Dutschke-Weges
Interview mit Helmut Dutschke

 

Was halten Sie von der Benennung einer Straße nach ihrem Bruder Rudi Dutschke?
H. Dutschke: Ich sehe in dieser Benennung einen ersten Ansatzpunkt. Vielleicht wird es irgendwann einmal einen Platz geben, wo Studenten miteinander diskutieren. So wie man früher zu DDR-Zeiten über bestimmte Dinge nicht reden konnte, das kann keine Lösung sein.
Wir wollten Rudi eine Gedenktafel in der Aula des Luckenwalder Gymnasiums widmen, wo er zur Schule gegangen ist. Dagegen wehrte sich die Schulleitung. Rudi Dutschke war – aus Sicht der DDR – ein Westproblem. Der Bürgermeister hingegen gestattete, daß eine Gedenktafel auf der Straße aufgestellt wurde. Da gehörte sie auch hin, denn Rudi war ein Mann der Straße.

War Rudi Dutschke schon in jungen Jahren so politisch aktiv ?
H. Dutschke: Rudi war ein typischer Brandenburger, eigenwillig und unberechenbar. Fontane sagte mal: "Wer mit 19 kein Revolutionär ist, der hat kein Herz. Wer mit 40 noch ein Revolutionär ist, hat keinen Verstand." Das paßte genau auf Rudi, da er mit 39 Jahren gestorben ist.

Wie standen Sie anfangs zu Rudi Dutschkes politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten ?
Helmut Dutschke: Wir haben erst 1967 - nachdem wir ihn im West-Fernsehen gesehen haben - gewußt, daß er politisch so engagiert war. Damals dachte man, die Teilung zwischen West und Ost würde nur zwei Jahre dauern, sonst hätte meine Mutter ihn nicht gehen lassen. Rudi durfte in Leipzig nicht studieren, weil er den Militärdienst verweigert hatte. Er pendelte immer zur FU nach West- Berlin, 1961 ist er dann endgültig in den Westen gezogen.

Wie beurteilen Sie, daß die Studenten heute kaum mehr etwas über Rudi Dutschke wissen ?
H. Dutschke: Das liegt daran, daß in den Schulen zuwenig über diese Zeit berichtet wird. In den Lehrplänen ist das nicht vorgesehen. Seit ich 1994 in Rente gegangen bin, tue ich etwas dafür, daß Rudis Name nicht vergessen wird.

Frauke Müller, Julia Balogh