Welwitschia mirabilis ­ eine sonderbare Wunderbare im Botanischen Garten

Einzelkind

Die Blätter von Welwitschia werden mehrere Meter lang. Nachweis: Ebbinghaus

Während `normale` Familien viele Mitglieder haben, die der Orchideen sogar 25.000, die Korbblütler mit Sonnenblume, Gänseblümchen und Kopfsalat sind noch zu 19.000, und sogar relativ kleine Familien wie die Baldriangewächse haben immerhin noch 300 Mitglieder, ist
Welwitschia ganz allein, ein Einzelkind. Sie muß sich selbst genügen als Familie, als Gattung, als Art. Ungewöhnlich ist nicht nur ihre isolierte Stellung in der systematisch geordneten Pflanzenwelt ­ alles an ihr ist sonderbar, aus unserer Sicht jedenfalls. Von den im Süden Afrikas ansässigen Menschen schon lange gekannt, sogar als Heilpflanze, zwang sie ihren ''Entdecker'' Friedrich Welwitsch, einen österreichischen Botaniker, 1859 auf die Knie: ''In der trostlosen Wüste, in der Welwitsch diese außerordentliche Pflanze fand, deren besonderen Charakter er sogleich erkannte, war der Eindruck, den sie auf ihn machte, derart überwältigend, daß er, wie er berichtete, auf dem heißen Sandboden niederkniete und nach ihr hinstarrte, halb in Furcht, sie könnte sich als ein Trugbild seiner Sinne erweisen.''
Und in der Tat: Welwitschia ist mit nichts vergleichbar, was die Pflanzenwelt sonst hervorgebracht hat. Ihre zwei einzigen Blätter - abgesehen von den rasch vergehenden Keimblättern und einem weiteren Blattpaar, das aber als solches nicht in Erscheinung tritt - behält sie ein Leben lang, und das kann 1500 Jahre dauern. Die riemenartigen Blätter werden 20 Zentimeter breit und mehrere Meter lang, am Rande zerschlissen und ausgefranst.

Im Botanischen Garten ,,empfängt`` Welwitschia täglich ab 9, an Wochenenden ab 10 Uhr. Nachweis: Ebbinghaus
Die Seltsame ist im südwestlichen Afrika beheimatet, in der Namib-Wüste ­ Welwitsch fand sein Exemplar am Swakop-Fluß. Früher glaubte man, sie käme nur in der Zone der Küstennebel vor, wo sie von Tau und Nebelniederschlägen leben sollte. Aber sie wurde auch an anderen Standorten gefunden, und es stellte sich heraus, daß ihre Blätter unbenetzbar sind. Vielmehr kommt das Wasser aus der Tiefe, hervorgeholt von einer mehrere Meter langen Pfahlwurzel, die bis in feuchtere Erdschichten reicht.
Im Botanischen Garten hat Welwitschia ein eigenes Haus, den ,,Welwitschia-Annex``  am Großen Tropenhaus. Der Berliner Garten ist bekannt für seine guten Erfolge bei der Nachzucht dieser schwierigen Pflanze - die stets keimfähigen Samen werden an botanische Gärten in aller Welt geschickt. Ein Kunststück, wenn man bedenkt, daß ebenso viel, wie man schon weiß, auch noch unbekannt ist über Welwitschia mirabilis, die wunderbare Welwitschia.
Susanne Weiss


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