Humboldt-Forschungsstipendiat aus Belgrad

Die 68er im internationalen Vergleich 


"Berlin ist der beste Platz in der ganzen Welt, um Vergleichende Geschichte zu studieren", sagt Dr. Predrag Markovic. So eine Begeisterung hört man gerne. Er ist dieser Ansicht, weil es nur in Berlin das "Zentrum für Vergleichende Geschichte Europas" gibt, an dem die Humboldt-Universität und die Freie Universität beteiligt sind. Die Initiatoren des Zentrums sind Profs. Drs. Jürgen Kocka und Holm Sundhaussen von der FU sowie Hartmut Kaelble von der HU und Manfred Hildermeier von der Universität Göttingen.
Markovic hält sich im Rahmen eines Roman-Herzog-Stipendiums, das ihm von der Alexander von Humboldt-Stiftung verliehen wurde, vom Juni bis zum November 1998 am Friedrich-Meinecke-Institut des Fachbereichs Geschichtswissenschaften der FU auf. Er beschäftigt sich  mit den Studentenbewegungen der 68er in Berlin und Belgrad in einer vergleichenden Studie. "Die Studentenbewegung ist die einzige Bewegung, die die Grenzen des Kalten Krieges überschritten hat, um den Traum von einer besseren Welt zu realisieren", sagt Markovic. Aus diesem Grund ist gerade der Vergleich der Revolte für ihn von großer Bedeutung. Berlin und Belgrad wählte er als Vergleichsobjekte, da Berlin das Zentrum des Westens und Belgrad das Herzstück des Ostens der Studentenbewegung darstellte. Besonders interessant ist seine Studie auch, weil sich in gesellschaftlich und politisch völlig unterschiedlichen Umfeldern ähnliche politische, gesellschaftliche und kulturelle Bewegungen entwickelten. Alle Studentenbewegungen - von Mexiko City bis Belgrad - waren durch viele Gemeinsamkeiten geprägt.
Die Studenten von 1968 seien in Ost und West Angehörige derselben historischen Generation, nämlich der "baby boom generation" gewesen. Das Besondere an dieser Generation sei es, daß sie in bislang ungewohntem wirtschaftlichen Wachstum aufwuchs und einen weit höheren Zugang zur Bildung hatte, als die Generationen vor ihnen. Eine weitere Gemeinsamkeit der Bewegung seien die Forderungen nach mehr sozialen Rechten und den Reformen der traditionellen politischen Institutionen gewesen. Die Bewegungen seien auch gekennzeichnet durch eine antimilitaristische Haltung. Der wichtigste Ausgangspunkt sei hier der Vietnamkrieg. Weiterhin würden sich die Studentenbewegungen für die Gleichberechtigung der Geschlechter einsetzen.
Markovic schloß 1986 sein Geschichtsstudium mit Diplom an der Universität Belgrad im ehemaligen Jugoslawien ab. 1991 bestand er dort seine Magisterprüfung in allgemeiner Neuester Geschichte und promovierte 1995 im gleichen Fach. Seit 1987 arbeitet er als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Zeitgeschichte in Belgrad, an dem er seit 1991 bis 1995 auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Seit Januar 1995 ist er Mitglied des Ausschusses für die Geschichte des 20. Jahrhunderts der serbischen Akademie der Wissenschaften. Das Humboldt-Stipendium ist nicht die erste Auszeichnung, mit der die Arbeit von Markovic honoriert wurde. 1990-1992 war er Stipendiat des "The Sasakawa Young Leaders Fellowship Fund Program", ein Programm, welches vor allem unterentwickelte Länder unterstützt.  Auch die FU ist für Markovic kein unbekanntes Terrain. Bereits von 1996 bis 1997 forschte er an der FU in der Arbeitsstelle für Vergleichende Gesellschaftsgeschichte. Darüber hinaus hat er auch schon mit Prof. Holm Sundhaussen vom Osteuropa-Institut der FU im Rahmen des Projekts "Identitätswandel in Jugoslawien" zusammengearbeitet. "Es zieht mich immer wieder nach Berlin, weil mein Herz an der Spree hängt", sagt Markovic.

Karin Dobelmann


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