Chemie

Forschungsallianz gegen Krebs



Eine besondere Allianz hat sich am Fachbereich Chemie der FU vor rund zwei Jahren gebildet: Deutsche, israelische und palästinensische Wissenschaftler arbeiten gemeinsam an der Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen der Harnblase. Die Wissenschaftler  wollen neue und bessere Methoden entwickeln, die dem Arzt eine optimale  medizinische Behandlung ermöglichen. Die ungewöhnliche Kooperation ist zur Zeit des Friedensprozesses im Nahen Osten vom damaligen Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Prof. Dr. Wolfgang Frühwald, ins Leben gerufen worden. Prof. Dr. Volker A. Erdmann vom Institut für Biochemie koordiniert seitdem das DFG-Projekt, an dem die FU Berlin, das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die Hebrew University Jerusalem, und das Makassed Krankenhaus in Ost-Jerusalem beteiligt sind. Der palästinensische Biochemiker Dr. Suheil Ayesh kam jetzt zu einer ersten zweiwöchigen Gast-Vorlesung an die FU. Auch der Palästinenser findet "die Zusammenarbeit zwischen den Nationen in diesem Projekt gut" . Der FU-Wissenschaftler Erdmann will es nicht bei dieser ersten Gastvorlesung belassen, sondern die Zusammenarbeit mit den palästinensischen und israelischen Wissenschaftlern ausbauen. Auch Studenten aus dieser Region könnten für den neuen bilingualen Studiengang Chemie/Biochemie an der FU gewonnen werden.

Visualisierung eines Blasentumors mit Fluoreszenz-markierter H19 RNA. Das Bild wurde von Studenten während des Kurses von Ayesh erstellt (Abb.: FB Chemie).
Ayesh bot in Zusammenarbeit mit Dr. Corinna Lippmann und Patrick Schneider erstmalig einen praktischen und theoretischen Kursus zur Identifizierung von Tumoren mit H19 als Tumormarker für FU-Studenten der Biochemie  im 6. Fachsemester an. Das Genprodukt H19, eine Ribonukleinsäure (RNA), scheint eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Blasenkrebs zu spielen. Bekannt ist H19 sonst nur aus dem Gewebe von Embryonen und Plazenta.
Die Professoren de Groot und Hochberg der Hebrew University waren die ersten, die die H19-RNA in menschlichen Tumoren identifiziert haben. Sie haben festgestellt, daß Krebszellen in vielen Eigenschaften den Zellen menschlicher Embryonen gleichen. Da sie wußten, daß sich eine große Anzahl von H19 RNA-Molekülen in der Plazenta befinden, suchten sie - mit Erfolg - nach dieser RNA im krebsbefallenen Gewebe von Harnblasen.
Ayesh ist Mitarbeiter an der Hebrew University und am Makassed Krankenhaus. Er hat ein Computerprogramm entwickelt, daß aus Negativen von an Krebs erkranktem Blasengewebe farbige Computerbilder  erzeugt. Auf den Bildern sind einzelne  Zellen zu erkennen, in denen die H19-RNA auftritt. Dieser Befund bedeutet eine frühe Warnung und damit für den Patienten bessere Heilungschancen.
Experten sind die Berliner Wissenschaftler liegt insbesondere im Bereich der RNA-Technologien. Lippman möchte mit ihren strukturellen Untersuchungen an der H19-RNA die Grundlagen dafür schaffen, daß diese RNA für die Diagnose und später für eine verbesserte Therapie von Tumoren genutzt werden kann.
Mit dem trilateralen Forschungsvorhaben soll langfristig eine "Telemolekulare Pathologie"  aufgebaut werden. Nicht nur zwischen den Kooperationspartnern, sondern weltweit wird über das Internet eine verbesserte Diagnose und Therapie von Tumorpatienten ermöglicht.
Gunnar Knüpffer


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