Schwerpunkt Kurdisch am Institut für Iranistik ist einzig in Europa:

Wissenschaftler und Dichter


Seine Herkunft bestimmt sein Leben. Feryad Fazil Omar ist Kurde. Bis 1978 war er Dozent für kurdische Sprache und Literatur an der ersten kurdischen Universität - in seiner Heimatstadt Sulaimaniya im Irak.

Mit einem Stipendium ging er für Forschungen nach Berlin an die FU. "Es stand nicht auf meinem Plan, hier zu bleiben", sagt Omar. Aber seine Heimatuniversität wurde 1980 geschlossen (und erst vor fünf Jahren, unter kurdischer Selbstverwaltung wieder eröffnet).

Omar: "Das Bild der Kurden in Europa ist immer noch von Karl May geprägt."
So blieb der kritische Intellektuelle in Berlin, lernte zunächst Deutsch und bekam 1982 einen Lehrauftrag für Kurdische Sprache am Institut für Iranistik.

Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter begann Omar zwei Jahre später Forschung und Lehrangebot auszudehnen: auf Literatur, Geschichte, Politik. Mittlerweile gibt es all das, und da s ist einmalig in Europa. Omar ist der einzige Dozent für den Schwerpunkt Kurdisch. Sein Pensum ist dementsprechend groß: fünf Seminare in diesem Semester. Doch er weiß: "Ohne die Unterstützung der Kollegen wäre das ni cht zu bewältigen".

Das Anliegen des 46jährigen ist es, das Bild der Kurden in Europa geradezurücken. Dieses sei noch immer von Karl Mays Durchs wilde Kurdistan geprägt.

Doch Barrieren müssen auch von kurdischer Seite &uu ml;berwunden werden, zunächst einmal sprachliche. Das von Omar in zehnjähriger mühsamer Arbeit erstellte kurdisch-deutsche Wörterbuch soll dabei helfen.

Integration in eine fremde Gesellschaft ist für Omar nur als ein Proze&szl ig; des Nehmens und Gebens vorstellbar. Er fühlt sich "nicht unwohl" in Berlin, aber "in meinen Gedanken bin ich oft in der Heimat", sagt er ein wenig traurig. Er war dort seit 1978 nicht mehr.

Omar, der seit fünf Jahren al s Studienrat arbeitet, verfaßt nicht nur Wörterbücher und wissenschaftliche Abhandlungen zur kurdischen Sprache und Literatur, seit Anfang der 70er Jahre schreibt er auch Gedichte: über die Liebe, gegen die Unterdrückung der Mens chen - nicht nur in seiner Heimat - und gegen die Mißachtung elementarster Menschenrechte. Als Politiker will er sich keinesfalls verstanden wissen. "Ich stelle lediglich das, auch von mir selbst erlebte, Leben der Menschen dar", betont e r.

Omar, der seine kurdisch geschriebene Lyrik selbst ins Deutsche übersetzt, bedauert: "Die Musik geht verloren." Doch das Anliegen nicht.

Manchmal treibt ihn die Furcht um, daß er sich auf dem wissenschaftlichen oder dem litera rischen Feld verlieren könnte. Bislang aber ist es ihm geglückt, zwischen beiden die Balance zu halten.

Holger Heimann


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