Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

Ökonomisch falsch: Kürzungen an den Berliner Hochschulen


Das Land Berlin steckt in einer tiefen Finanzkrise. Ein Viertel des Landeshaushalts muß über Kredite finanziert werden. Alle staatlichen Aufgabenbereiche unterliegen daher seit längerem massiven Kürzungen. Die mittelfristige Finanzplanung des Landes bis zum Jahr 2000, die sich jetzt auch in den Verträgen mit den Hochschulen niederschlägt, sieht vor, daß der Anteil der Hochschulausgaben (konsumtive Mittel) an den Ausgaben des Landes bis zum Jahr 2000 überproportional sinkt: Er betrug 1996 noch 6,1%; er soll bis zum Jahr 2000 auf 5,1 % sinken.

Vor diesem Hintergrund hat FU-Präsident Prof. Dr. Johann W. Gerlach den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Dr. Lutz Hoffmann, der im Nebenamt zugleich Professor an der FU ist, gebeten, durch das DIW die ökonomische Be deutung der Berliner Hochschulen untersuchen zu lassen. Bisher werden in der öffentlichen Debatte in aller Regel nur die bildungspolitische und forschungspolitische Bedeutung der Hochschulausgaben als Einwände gegen die massiven Kürzungen hervorgehoben.

Die von den DIW-Experten Kurt Geppert und Dieter Vesper erarbeitete Studie "Zur regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Berliner Hochschulen" kommt zu dem Schluß, daß Einwände gegen diese Kürzungspolitik auch mit Zahlen über die ökonomische Wirkung belegt werden können. Die Berliner Hochschulen haben 1996 direkt und indirekt mehr als sechs Milliarden DM zur Bruttowertschöpfung Berlins beigetragen. Das sind etwa 4 % des Bruttoinlandprodukts Berlins. Die Beschäftigungswirkung der Hochschulen beträgt direkt und indirekt 68.000 Beschäftigte. Das sind 4,6 % der Beschäftigten Berlins. Die durch Hochschulausgaben entstandenen zusätzlichen Steuereinnahmen betrugen etwa 820 Mio. DM.

Die Ausgaben des Landes für die Hochschulen sind ökonomisch wirkungsvoller als die Verwendung für andere staatliche Aufgaben mit entsprechender Kostenstruktur. Das Saldo bei einem solchen Vergleich beträgt + 1,6 Milliarden DM Bruttowertschöpfung, + 17.000 zusätzliche Beschäftigte, + 200 Mio. zusätzliche Steuereinnahmen zugunsten der Verwendung staatlicher Mittel im Hochschulbereich. Hinzu kommt, daß bisher Berlin aufgrund der durch die Studenten deutlich erhöhten Einwohnerzahl (+ 80.000) zusätzlich 90 Mio. DM durch den Länderfinanzausgleich erhalten hat.

Durch die weiteren überproportionalen Kürzungen im Hochschulbereich bis zum Jahr 2000 werden auch die konkret abschätzbaren ökonomischen Auswirkungen negativer als bei anderen finanzpolitischen Prioritäten:

Die für den Zeitraum 1997 bis 2003 vorgesehenen Kürzungen in den Berliner Hochschulen bewirken für sich genommen eine Verminderung der nominalen Bruttowertschöpfung Berlins um fast 900 Mio. DM pro Jahr und der dem Land verbleibenden Steuereinnahmen um 122 Mio. DM pro Jahr. Die Zahl der Beschäftigten geht - auf Vollzeit umgerechnet - um weitere 10.000 zurück. Geht man davon aus, daß die eingesparten Mittel voll zur Verminderung der Verschuldung des Landes verwendet werden, sind die Nettowirkungen mit den genannten Bruttowirkungen identisch.

Zu den bisher betrachteten quantifizierten ökonomischen Wirkungen kommen die nicht quantifizierbaren allgemeinen Wirkungen der Hochschulausgaben bzw. der entsprechenden Kürzungen

- wenn Ausbildungsplätze/Studienplätze verloren gehen,

- wenn das Forschungspotential gekürzt wird und Kooperationspartner für die private Wirtschaft und für andere Institutionen in Berlin verloren gehen,

- wenn die Standortqualität Berlins im ökonomischen Wettbewerb mit anderen Ballungszentren sinkt. München, Köln und Frankfurt haben z.Z. auf die Einwohnerzahl bezogen doppelt so viele Studenten wie Berlin.

Die Studie wurde gemeinsam durch die FU Berlin und das DIW finanziert.

Traugott Klose, Leiter der Abt. Angelegenheiten von Lehre, Studium und Weiterbildung


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