Hochschulvertrag: Verhandlungsangebot für FU bisher unzureichend

Gerlach: "Vorläufig keine Paraphierung"


"Die Freie Universität neigt zu einer Ablehnung des Vertragsangebotes der Politik", schrieb der Tagesspiegel am 21. März 1997, nachdem im Akademischen Senat die vom Wissenschaftssenator offerierten Konditionen als (so) nicht akzeptabel beurteilt worden war en. Für die FU würde die Annahme des Vertrages die Zustimmung zur bisherigen und künftigen dramatischen Haushaltsabfahrt bedeuten, deren einzige Kompensation darin bestünde, Kredite aufnehmen und Grundstücke veräußern zu dürfen. Zusätzliche Zinsbelastungen sind keine Option für die Zukunft, und die FU verfügt zudem über wenig Grundbesitz. So scheinen die Vertragsbedingungen zwar für alle Hochschulen gleich zu sein, die "Startbedingungen" sind es hingegen nicht.

FU-Präsident Gerlach wird den vom Land Berlin angebotenen Rahmenvertrag über die Zuschüsse für die Freie Universität bis zum Jahr 2000 vorerst nicht paraphieren. Dies teilte er Wissenschaftssenator Radunski und dem Regierenden Bürgermeister Diepgen am 20. März mit. Eine intensive Erörterung des Themas im Akademischen Senat der FU hatte zu ganz überwiegenden Vorbehalten gegen den vorliegenden Vertragsentwurf geführt, mit dessen Unterzeichnung eine ruinöse Haushaltspolitik des Landes zu Lasten der Hochschulen als vereinbart anerkannt würde.

Der Präsident kritisiert im einzelnen vor allem die Verteilung der Lasten auf die einzelnen Hochschulen. Die von Senator Radunski verfügte proportionale Umlage der Kürzungen entsprechend den bisherigen Zuschüssen suggeriere zwar Gleichbehandlung, bedeute a ber tatsächlich wegen unterschiedlicher finanzieller Vorbelastungen einschließlich der Versorgungsleistungen sowie sehr verschiedener Einnahmemöglichkeiten aus Grundstücksverkäufen genau das Gegenteil.

Während die Ost-Hochschulen erst seit kurzem Beamten-Personal haben und so gut wie keine Pensionszahlungen leisten müssen, haben die West-Hochschulen wie die FU aus ihrem Globalhaushalt bereits jetzt erhebliche zusätzliche Summen dafür aufzubringen. Diese steigen in den nächsten Jahren noch erheblich. Die FU fordert daher nach wie vor eine Etatisierung dieser Kosten im Landeshaushalt oder deren Ausfinanzierung im eigenen Haushalt; solange das nicht erfolgt ist, sind die Kostenstrukturen der einzelnen Hochsc hulen nicht miteinander vergleichbar, so daß eine proportionale Umlage von Kürzungen erheblich ungleich wirkt.

Auch die proportionale Kürzung bei der Medizin trifft das FU-Klinikum Benjamin Franklin (UKBF) ungleich härter als die HU-Klinika Rudolf Virchow (UKRV) und Charitè. Hinzu kommt ein weiterer Abbau von 120 Betten im UKBF, das damit existentiell bedroht wird. Die HU-Klinika können dagegen die Belastungen mit Hilfe der fusionsbedingten Möglichkeiten zu stärkerer Koordinierung und entsprechender Kostensenkung leichter kompensieren. Schließlich sind die investiven Mittel völlig ungleich zu Lasten des FU-Klinikums verteilt.

Auch die mit dem Vertrag eröffneten Einnahmemöglichkeiten durch Grundstücksverkäufe sind bei den einzelnen Hochschulen sehr unterschiedlich. Die FU kann zwar im Laufe der Zeit einen Teil ihrer Villenstandorte räumen, wenngleich dadurch zunächst zusätzliche Kosten für die Verlagerung der dort bisher untergebrachten Fächer entstehen. Aber es handelt sich im wesentlichen um kleinere Grundstücke und Villen, deren Verkauf nur im Laufe der Zeit und mit relativ geringen Erlösen erreicht werden kann. Lediglich wen ige Grundstücke stehen im Eigentum der FU, und eine größere Zahl steht im Bezirkseigentum, so daß deren Verkauf zu keinem Erlös für die FU führt.

Die im Vertragsentwurf vorgesehene Überbrückungsfinanzierung wird auch von der FU positiv beurteilt, weil sich dadurch die übermäßig hohen und schnell umzusetzenden Haushaltskürzungen mildern lassen. Aber wegen der größeren strukturell-finanziellen Belastu ngen wäre die FU gezwungen, höhere Kredite vom Land aufzunehmen und diese später durch zusätzliche Einsparungen wieder zurückzuzahlen. Sachgerecht wäre demgegenüber die Bildung eines landeseigenen Überbrückungsfonds für alle Hochschulen. Der Präsident begr üßt deshalb den Vorschlag des SPD-Fraktionsvorsitzenden Klaus Böger, diesen Fonds mit dem Landesanteil an den Erlösen aus Grundstücksverkäufen aller Hochschulen zu speisen.

Der Präsident verbindet mit der Absage an den Vertragsentwurf keine grundsätzliche Ablehnung einer entsprechenden Vereinbarung, sondern die Hoffnung auf weitere konstruktive Verhandlungen. In diesem Sinne begrüßt er auch die von Staatssekretär Erich Thies abgegebene Erklärung, in die Beschlußvorlage für das Abgeordnetenhaus eine Klausel einzubringen, die eine Revision der Zuschußbemessung ermöglicht, wenn hochschulübergreifende Strukturveränderungen dies erfordern.

FU:N


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