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Hartmann Kleiner


Hätte Hartmann Kleiner während des Interviewtermins aus dem Fenster geschaut, wären ihm vielleicht ein paar nackte Studenten aufgefallen, die gerade gegen Bildungsabbau um den Ernst-Reuter-Platz joggten. Unterdessen legte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg seine Ellbogen auf den ausladenden Schreibtisch seines Büros im fünften Stock im Haus der Wirtschaft.


Dr. Hartmann Kleiner, eine Größe der Berliner und Brandenburger Wirtschaft

Für das "Gejammere über Studiendarlehen" hat er kein Verständnis. Kleiner, der in den sechziger Jahren an der FU Jura studierte, mußte nach dem frühen Tod seines Vaters selbst ein Darlehen aufnehmen, das er nach und nach zu Beginn seiner Berufstätigkeit abstotterte. Und "selbstverständlich" arbeitete der Burschenschafter Kleiner in den Semesterferien in der Fabrik im Akkord oder in den Verwaltungsabteilungen von Unternehmen der Metallindustrie.

Nach seinem zweiten Staatsexamen bot ihm das Justizprüfungsamt an, in den richterlichen Dienst des Landes Berlin einzutreten. Doch der Sohn eines mittelständischen, protestantischen Unternehmers wollte in die freie Wirtschaft. 1970 wurde er dann wissenschaftlicher Mitarbeiter des Arbeitgeberverbandes der Berliner Metallindustrie. Vor allem zu Beginn seiner Verbandskarriere kam ihm sein juristisches Studium zupaß: Zunächst arbeitete er als Justitiar und auch heute vertritt er ab und an noch Unternehmen vor Gericht, "einfach um nicht einzurosten". Seit 1981 ist er Hauptgeschäftsführer der Zentralvereinigung Berliner Arbeitgeberverbände (ZBA). Die ZBA änderte nach 1990 ihre Satzung, nahm die in Brandenburg entstehenden Verbände auf und heißt seitdem "Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg" (UVB).

Eine Ost-West Fusion hätte sich Kleiner auch in punkto Hochschulpolitik gewünscht: "Die Freie Universität ist ja historisch gesehen aus der Humboldt Universität ausgezogen und man hätte die Wende dazu nutzen können, die Universität wieder heimkehren zu lassen." Der gebürtige Berliner wünscht sich für seine Stadt eine "einzige Hochschule mit hohem Ansehen". Da Einsparungen in "jedem Fall unvermeidlich" seien, sieht er im "Abbau von Doppelangeboten eine Konzentration der Kräfte". Trotz der seiner Meinung nach verpaßten Chance, HU und FU zusammenzuführen glaubt er, daß es "im Prinzip in den letzten Jahren in die richtige Richtung läuft". Als positiv beurteilt er, daß sich "die Hochschulen den Interessen der Wirtschaft weitgehend geöffnet haben und sich bei Forschungsvorhaben und der Vergabe von Diplom- und Doktorarbeiten mit den Unternehmen abstimmen". Ebenso sieht er im Wissenschaftsstandort Adlershof "eine große Chance, Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzubringen".

Zu Kleiners Studienzeit hatten Berliner ganz andere Standortsorgen. Damit die eingemauerten Studenten mal aus Berlin rauskamen, gab es ein Austauschprogramm mit westdeutschen Unis. Kleiner ging im Rahmen des Programms für ein Semester nach Freiburg, räumt aber ein, daß heutzutage karrierebewußte Studenten weiter weg müssen. Ohne Auslandsaufenthalt, fundierte Sprachkenntnisse und "profunde Kenntnisse über die Welt" sei weder in der öffentlichen Verwaltung noch in der freien Wirtschaft eine "vernünftige Anstellung" zu finden, so wie seine beispielsweise, die er als "außerordentlich vielseitig" lobt.

Der 53jährige ist nicht nur Hauptgeschäftsführer der UVB und des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg, sondern sitzt zudem im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit, den Aufsichtsräten der Landesbank Berlin und der BVG. Um an seinen ausladenden Schreibtisch zu gelangen, mußte Kleiner sich oft "durchbeißen", räumt aber ein, daß er es damals leichter hatte als heute die Jogger vom Ernst-Reuter-Platz.

Brenda Strohmaier


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