Die Banker's Simulation zeigt, wie moderne BWL im gesamtwirtschaftlichen Kontext funktioniert

Trockenübungen für Bank-Praktiker


Angehende Piloten üben meist erst am Flugsimulator, bevor sie in die echten Maschinen umsteigen und Passagiere durch die Luft transportieren. Aber Banker? In den Geldinstituten lernt der Nachwuchs den Umgang mit fremdem Geld meist gleich in der Praxis: "learning by doing". Das kann Nachteile haben: Während Flugzeugführer am Simulator Luftlöcher, kurze Landebahnen und andere gefährliche Situationen durchspielen können, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren, tragen die Bankkaufleute stets das Risiko mit sich, ganze Bankencrashs zu verursachen (Die Baring-Bank läßt grüßen.)

Das könnte sich in Zukunft ändern. Zwei Wirtschaftstheoretiker der Freien Universität haben ein Computerprogramm entwickelt, das genau diesen Nachteil aufhebt: Mit der neuen "Banker's Business Simulation" können nämlich praktisch alle Entscheidungen von Banken in einer virtuellen Volkswirtschaft nachgespielt werden und so auch waghalsige Geldmanöver ausgetestet werden, ohne Geld zu verlieren. Außerdem können mit dem Planspiel zukünftige Banker aus- und fertige Geschäftsleute weitergebildet werden.

Als von der Universität unabhängige Forschungsgruppe "Planspiele, Simulationen & Modelle" haben Professor Ulrich Baßeler und sein Assistent Hans Jürgen Erbeldinger vier Jahre an der Entwicklung des Simulationsmodells gearbeitet. Mit Erfolg. Im März dieses Jahres konnten sie ihr fertiges Produkt auf der Computermesse CeBit in Hannover präsentieren. "Wir haben viele Kontakte knüpfen können", faßt Hans Jürgen Erbeldinger den Erfolg ihres Planspiels zusammen. Wenn alles klappt, können die Wirtschaftstheoretiker bald eine der großen Berliner Banken und Unternehmensberatungen zu ihren Kunden zählen.

Das Planspiel eignet sich gleich mehrfach für Theorie und Praxis: Da es an der Universität entwickelt wurde, ist es wissenschaftlich auf dem neuesten Stand. Gleichzeitig ist es dank modernster Programmierung nicht nur bedienerfreundlich, sondern auch jederzeit änder- und erweiterbar. "Außerdem legen wir großen Wert darauf, daß es ein Ausbildungsmodell ist", sagt Erbeldinger. Zusammen mit seinem Professor veranstaltet er drei- bis fünftägige Seminare, in denen die Bankbetriebslehre mit ihrem Simulationsprogramm gepaukt wird - spielend, versteht sich.

Je fünf Spieler bilden ein Team und leiten zusammen eine Bank. Runde für Runde müssen sie Entscheidungen für ihre Bank treffen: Zinsen heben oder senken, Geld anlegen oder etwa in den Ankauf von weiteren Filialen investieren. Auch kann für das eigene Unternehmen geworben werden, denn es gibt Konkurrenz: Bis zu fünf Teams tummeln sich auf den Finanzmärkten und wollen für ihre Bank den Gewinn maximieren. Im Hintergrund wacht der Spielleiter über die gesamte Volkswirtschaft. Er kann als Bundesbank in den Geldmarkt eingreifen und sogar die Regeln des Marktes abändern. In der Normalversion simuliert das Planspiel die Bundesrepublik. Der Spielleiter kann aber die Rahmenbedingungen verändern und das Verhalten der Märkte so beeinflussen, daß man auch andere Situationen nachspielen kann; beispielsweise läßt sich die polnische Volkswirtschaft simulieren.

Während sich andere Banken-Planspiele häufig mit den internen Geschäftsvorgängen begnügen, berücksichtigt die Banker's Business Simulation auch die Wechselbeziehungen anderer finanzieller Märkte wie etwa Wertpapier- und Kreditmärkte sowie das Ausland. Auch kommen moderne Controlling-Instrumente zum Einsatz. Nach jedem Geschäftsjahr, das heißt einer Runde, bekommen die Spieler je nach Wunsch Kolonnen von Bilanzen und Marktübersichten. Dank der modernen Software können alle Phänomene grafisch und übersichtlich dargestellt werden.

Ein hektisches Computerspiel ist die Simulation freilich nicht. Die Teams beraten sich am Konferenztisch und schreiben dann ihre finanziellen Entscheidungen in ein Entscheidungsformular, das vom Spielleiter in den Computer übertragen wird. Mal geht es schnell, manchmal ist es langwierig: In der Minimalversion für Gymnasial-schüler gibt es nur wenige Variablen. Ein Mausklick in den Bildschirmfenstern reicht aus, um das Spiel in ein Trainingsmodell für hochdotierte Manager zu verwandeln, die dann über 60 Entscheidungen pro Runde treffen müssen.

Damit läßt sich schnell das Zusammenspiel verschiedener Bereiche einer Bank verdeutlichen. Beim Spielen müssen sich beispielsweise Kredit-Spezialisten auch um andere Sparten wie Termin- und Spareinlagen kümmern und sich als Universalisten beweisen. "Das vertieft nicht nur das Wissen von der Bankbetriebslehre", sagt Erbeldinger, "sondern auch die Fähigkeit, in Teams zu arbeiten und schnell sachgerecht zu entscheiden." Der Laie allerdings bekommt bei den Seminaren eher ein fundiertes Grundlagenwissen. "Hier wechseln wir Spiel- und Diskussionsrunden ab. Das ist dann auch learning by doing."

Natürlich gibt es bei den Bank- und Controlling-Experten auch eine eigene Erfolgskontrolle: Vor und nach ihren Seminaren testen Baßeler und Erbeldinger das Wirtschafts-Wissen der Teilnehmer. Die Ankreuztests zeigen, daß die meisten Mitspieler kurzfristig noch 70 Prozent des Lernstoffs beherrschen; langfristig - so die Erwartung der beiden Forscher - haben die Mitspieler noch 20 bis 30 Prozent des Stoffes parat.

Vasco Alexander Schmidt



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