Fremdenverkehr sichert rund zwei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland

Selten sitzt die Mark so locker wie im Urlaub


Die Reisebedürfnisse der Deutschen rufen nicht nur gigantische Verkehrsströme und nervenaufreibende Stausituationen hervor, sie lassen auch die Tourismusindustrie florieren. Sitzt doch die Mark selten so locker wie im Urlaub. "Sie haben es sich verdient", lautet daher der Werbeslogan des größten deutschen Reiseveranstalters.

Magnet für das Urlaubsgeld der Städtereisenden: Flohmarkt

In der Konsumhierarchie rangiert denn auch Reisen und Urlaub deutlich vor Essen und Trinken, Auto, Mode, Video. Und die Deutschen geben inzwischen jede siebte Mark ihres Einkommens für die Freizeitgestaltung aus. Wichtigstes Sparziel der Bundesbürger sind gleichfalls Reisen, schließlich will man die "schönsten Wochen des Jahres" in einer spendierfreudigen Grundhaltung begehen.

Wo übernachtet und geschlemmt, Shopping und Kultur genossen wird, Wissenschaft und Busineß die menschliche Begegnung erfordern, da werden auch Arbeitsplätze geschaffen: 2 Millionen Menschen sind derzeit in Deutschland in tourismusabhängigen Bereichen tätig und über 100 Milliarden DM setzt die Fremdenverkehrswirtschaft um. Zur Wertschöpfung in Deutschland trägt der Tourismus rund 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bei. Er hat damit schon heute ein so großes wirtschaftliches Gewicht wie die gesamte Bau - oder die Automobilindustrie unseres Landes.

Die sogenannte Weiße Industrie hatte sich in den sechziger Jahren vorrangig in ländlichen Gebieten herausgebildet oder dort, wo krisengeschüttelte Branchen (Landwirtschaft, Uhren- oder Textilindustrie, Werften) ein neues wirtschaftliches Standbein erforderten, wie die Küstenregionen, Nordseeinseln, Ostbayern oder die Schwäbische Alb anschaulich belegen. Fördermittel des Bundes und auch regionale Programme bewirkten beträchtliche Investitionen und halfen bei der Schaffung einer angemessenen touristischen Infrastruktur - vom Urlaub auf dem Bauernhof über die Naßzelle beim Privatzimmer bis hin zum Ferienzentrum.

Rund 300 Millionen Gästeübernachtungen zählt die deutsche Beherbergungsstatistik, welche sowohl den privat motivierten Urlaubsreiseverkehr als auch den Geschäftstourismus einschließt. Eine Faustregel besagt, daß pro zehn gewerbliche Gästebetten zwei Ar beitsplätze am Ort gesichert werden. Zudem wird dem Tourismus eine beachtliche Multiplikatorwirkung nachgesagt, d.h. jede im Hotel ausgegebene Mark stärkt auch den Einzelhandel, die Dienstleistungsbranche, Nahrungs- und Genußmittelbetriebe, Handwerk und B aunebengewerbe.

Die durchschnittlichen Tagesausgaben des Übernachtungsgastes in Deutschland liegen bei DM 114,-. Während der Campingurlauber in Niedersachsen schon mit DM 30,- pro Tag auskommt, führt eine Ferienwohnung im Altmühltal zu Tagesausgaben von DM 60,-. Ein Gasthof im Fichtelgebirge schlägt mit DM 80, -pro Tag zu Buche, der Aufenthalt im gehobenen Hotel an der Nordsee bewirkt eine Tagesausgabe von DM 250,-; und für Geschäftsreisende in Berlin werden als stolzer Tagessatz nahezu 370,- DM errechnet. Von diesen Ausgaben entfallen auf die Übernachtung und Verpflegung jeweils rund 40 Prozent, auf Einkäufe und sonstige Dienstleistungen (Freizeit, Transport) anteilig rund 10 Prozent.

Aber auch Ausflüge ins Grüne oder in die Stadt bringen Geld: Zwar werden für die Tagesausflugsgäste nur durchschnittliche Ausgaben von DM 40,- ermittelt und für Tagesgeschäftsreisende sollen im Durchschnitt DM 53,- anfallen, doch ihre große Zahl führt in der Summe zu einem Umsatz in Höhe von über 50 Milliarden DM, was gut die Hälfte des touristischen Gesamtumsatzes in Deutschland ausmacht.

Städte und Gemeinden in Deutschland müssen Infrastruktureinrichtungen schaffen, um Kur- und Urlaubsgäste, Tagesausflügler und Messebesucher ansprechen und zufriedenstellen zu können. Dies erfordert hohe kommunale Investitionen, und auch der Betrieb ein er Tourist-Information, die Ausgabe von Werbematerial, verursachen Kosten. Diese lassen sich durch eine Privatisierung nur teilweise wieder einspielen. Der kommunale Haushalt erhält jedoch auch eine Steuereinnahme aus dem touristischen Umsatz, von dem run d 2 bis 3 Prozent im Gemeindehaushalt verbleiben. Tourismus in Deutschland schafft also Arbeitsplätze, bewirkt einen Kaufkraftzufluß und stärkt das Steueraufkommen der Gemeinden.

Harald Hensel

Harald Hensel ist Referent beim Deutschen Seminar für Femdenverkehr Berlin e.V., hat an der FU Geographie studiert und 1980 das Aufbaustudium Tourismus, damals noch Modellversuch an der FU, absolviert


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