Michelsdorf (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Lehnin-Belzig

Diese Kirche mit vierteiliger Baustruktur liegt merkwürdigerweise außerhalb bzw. am Rande des Dorfes auf einer leichten Anhöhe. Das Dach des Chors wurde verbreitert und erhöht und bildet nun zusammen mit dem Dach des Schiffs ein einheitliches Satteldach. Die Kirche zeigt zwei deutliche Baunähte; eine im östlichen Teil des Schiffs und eine zwischen Schiff und Turm. Der Turm ragt nur wenig über die Firsthöhe des Schiffs.

St. Michael

Lage der Kirche: Michelsdorf liegt ungefähr 3 km östlich von Lehnin. Das Dorf ist bzw. war ein Gassendorf (Historisches Ortslexikon). Allerdings dürfte das nicht die Struktur des ursprünglichen deutschen Kolonistendorfes gewesen sein. Die Kirche liegt jetzt am Rande des Dorfes und ist vom ehemaligen Friedhof umgeben. Diese Lage ist vielleicht mit der Tatsache zu erklären, daß Michelsdorf nach dem 30-jährigen Krieg fast 50 Jahre unbewohnt war. Das neue Dorf wurde dann nicht an der alten Stelle wieder aufgebaut, sondern näher zur Verbindungsstraße zwischen Lehnin und Golzow. Das alte Dorf war vermutlich ein Angerdorf mit einem Ost-West-verlaufenden Anger. Der ehemalige Dorfteich lag westlich der Kirche.

Ortsgeschichte: Der Ort wird bereits 1193 erstmals erwähnt ("Michilstorp"). Der Name leitet sich sicher von einem Lokator namens Michael her (Fischer, 1970). Aus der allgemeinen Besiedlungsgeschichte und der frühen urkundlichen Nennung des Dorfes kann geschlossen werden, daß der Ort vielleicht in den 60/70er Jahren des 12. Jahrhundert gegründet wurde. 1375 hatte Michelsdorf 30 Hufen (1450: 31 Hufen), davon waren nur 2 Freihufen für den Pfarrer reserviert. Auch dies deutet auf eine frühe Gründung der Pfarre hin. Das Dorf gehörte bereits 1193 zum Kloster Lehnin, bei dem es bis zur Säkularisierung des Klosters im Jahre 1542 verblieb.

Baustruktur: Die Kirche ist eine vierteilige Anlage mit Querwestturm (6,20 m lang, 9,90 m breit), Schiff (11,30 m lang, 9,90 m breit), eingezogenem Chor (6,30 m lang, 7,50 m breit) und Apsis (ca. 6,30 m breit, 2,20 m ausgewölbt). Auf dem östlichen Teil des Schiffs und zwischen Schiff und Turm sind deutliche Baunähte auszumachen, so daß mit mindestens drei größeren Bauphasen des ursprünglichen Baus gerechnet werden muß. Im Ostgiebel des Chors ist ein älterer Giebel zu erkennen. Dieser war der ursprüngliche Giebel vor der Verbreiterung des Dachs. Die Kirche hat eine magnetische Abweichung von 18° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung.

Mauerwerksausführung: Die Kirche ist ein Feldsteinbau. Nur sehr untergeordnet (z.B. in den Stützpfeilern am östlichen Chorende) wurden in späteren Zeiten auch Ziegel verwendet. Das Mauerwerk besteht im östlichen Teil der Kirche (Apsis, Chor und östlichster Teil des Schiffs) aus Lagen ungequaderter oder grob gequaderter kleiner Feldsteine; Schiff und Turm sind lagig mit gut gequaderten Feldsteinen gemauert. Die Stützpfeiler am östlichen Chorende sind z.T. mit Ziegeln gemauert. Diese haben das Format 26,5 x 13 x 7-7,5 cm.

Mörtel und Putze: Auf der Nordseite des Chors haben sich Reste eines steinsichtigen Putzes mit Doppelfugenritzung erhalten.

Portale: Das Südportal ist rundbogig mit gut behauenen und gut passenden Gewände- und Bogensteinen und einem Begleitbogen aus Feldsteinen. Das Westportal ist neugotisch und zeigt einen Segmentbogen unter einem Spitzbogen. Das profilierte Gewände besteht aus Industrieziegeln. Hier sind besonders viele Ziegel mit Stempel (D. Witte und S. Rathenow) vermauert worden. Das Priesterportal an der Südseite des Chors ist rundbogig mit einem Feldsteingewände. Es wird wie das Gemeindeportal durch einen Begleitbogen geschmückt.

Fenster und Blenden: In der Nordwand des Schiffs sind zwei große segmentbogige Fenster mit Ziegelgewände. Das Ziegelformat beträgt 26,5 x 13 x 7,5-8 cm. Neben und zwischen den heutigen Fenstern sind die drei ursprünglichen romanischen Fenster teils zugesetzt, teils als Feldsteinkanten noch deutlich zu erkennen. In der Südwand verhält es sich ebenso. Das mittlere Fenster über dem Portal mißt 115 cm in der Höhe und 60 cm in der Breite. In der Nordseite des Chors befindet sich ein segmentbogiges Fenster, in der Südwand ein segmentbogiges Fenster in der gleichen Position und zusätzlich noch ein kleines rundbogiges Fenster sehr weit östlich in der Wand. Es mißt 115 cm in der Höhe und 55 cm in der Breite. Etwas westlich des segmentbogigen Fensters ist eine Feldsteinkante eines älteren Fensters zu erkennen. Es könnte sich um das zweite ursprüngliche Chorfenster handeln. Sollten an der Position dieser Fenster ursprüngliche Fenster gewesen sein, hätten wir bei dieser Kirche den sehr ungewöhnlichen Fall, daß Nord- und Südseite des Chors eine unterschiedliche Anzahl von Fenstern aufweisen. Im First des alten Ostgiebels des Chors (vor der Aufstockung) befindet sich eine kleine dreieckige Öffnung. Die drei Fenster der Apsis sind noch in ihrer ursprünglichen Form und Position erhalten; möglicherweise ist die lichte Weite etwas vergrößert worden. Die Bogensteine sind nur mäßig behauen. Die Höhe beträgt 110 cm, die Breite 60 cm. In der Nordseite des Turms ist ein neugotisches Fenster mit Ziegelgewände.

Innenbögen: Das Innere haben wir noch nicht gesehen.

Turm: Der Turm ist ein niedriger Querwestturm mit querstehendem Satteldach. Er ist durch eine Baunaht vom Schiff abgesetzt, die Mauerwerksqualität ändert sich jedoch nicht wesentlich.

Dächer: Durch die Stützpfeiler an den Ostecken des Chors getragen, ist das Dach des Chors auf Schiffsbreite gebracht worden, und damit sind Schiff und Chor unter einem einheitlichen Satteldach, das mit Biberschwanzziegeln gedeckt ist. Das ursprünglich etwas niedrigere Dach des Chors zeichnet sich im Ostgiebel ab. Der Turm hat ein beidseitig abgewalmtes Quersatteldach mit einer großen Gaube auf der Südseite. Das Apsisdach ist ein sehr niedriges Halbkegeldach, das mit Biberschwanzziegeln gedeckt ist. Am Ostgiebel des Chors zeichnet sich aber der Ansatz eines urspünglich wesentlich steileren Apsisdaches ab.

Innenausstattung: Das Innere haben wir noch nicht gesehen.

Außenbereich: Im Außenbereich der Kirche befinden sich keine Kunstdenkmäler.

Baugeschichte: Aufgrund der Ortsgeschichte und der Mauerwerksausführung (lagig mit schlecht gequaderten kleinen Feldsteinen in den östlichen Teilen der Kirche) dürfte der Bau noch im 12. Jahrhundert begonnen worden sein. Zuerst wurden Apsis, Chor und die östlichsten Teile des Schiffs errichtet. Wahrscheinlich nach Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten Bauunterbrechung wurde Anfang des 13. Jahrhunderts das Schiff in guter Quadertechnik angebaut. Nach einer weiteren Bauunterbrechung folgte noch im 13. Jahrhundert der Turm. Die Kirche hatte in der Apsis drei Fenster in der üblichen Position, im Chor befand sich vermutlich je ein Fenster auf Nord- und Südseite, eventuell auch ein Fenster auf der Nord- und zwei auf der Südseite. Das Priesterportal war bzw. ist in der Südseite des Chors. Das Schiff hatte je drei Fenster auf Nord- und Südseite. Das Gemeindeportal befand sich in der Südseite des Schiffs. Vermutlich gehörte zum Ursprungsbau auch ein Westportal, allerdings ist dieser Bereich bei späteren Umbauten so verändert worden, dass eine definitive Aussage nicht möglich ist.
1772 erfolgte ein Umbau der Kirche. Das Satteldach des Schiffs wurde bis zu dem erhöhten und durch Strebepfeiler verbreiterten Chorgiebel vorgezogen. Die flachbogigen Fenster von Schiff und Chor wurden neu eingebrochen, und die ursprünglichen Fenster teils mit Ziegeln teils mit Feldsteinen zugesetzt. Nach Beschädigung der Kirche im 2. Weltkrieg wurde das Innere 1946 neu gestaltet. Die drei romanischen Apsisfenster wurden wieder geöffnet.

Vergleiche: Die Kirche ist gut mit der Dorfkirche in Lüsse vergleichbar. Diese Kirche hat sehr ähnliche Chormaße, allerdings sind Schiff und Turm jeweils deutlich kürzer bei etwa gleicher Breite. Auch bei dieser Kirche sind deutlich Baunähte zwischen Chor und Schiff sowie zwischen Schiff und Querwestturm.

Bemerkungen: Die jüngere Baugeschichte der Kirche ist bisher schlecht recherchiert.

Information und Dank: -

Literatur: Fidicin (1860), Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.35, Klein (1947): Die Michaeliskirche in Michelsdorf. Potsdamer Kirche, 1947: S.357, Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 1 (Zauche), S.86, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil 5 Zauch-Belzig, S.267, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.50, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.292/3, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.659.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Michelsdorf Bez. Potsdam, Ldkr. Brandenburg, Dorf-K. Spätrom. Feldsteinbau aus querrck., niederem WTurm, Schiff von gleicher Breite, eingezogenem Chor und Apsis. Im 18. Jh. stark verändert, dabei das Satteldach des Schiffs bis zu dem erhöhten und durch Strebepfeiler verbreiterten Chorgiebel vorgezogen. Fenster flachbogig vergrößert, die urspr. rundbogigen z.T. noch erkennbar, die 3 rom. Apsisfenster um 1946 wieder geöffnet; 2 Rundbogenportale an der SSeite. Das Innere mit Putzdecke, der Triumphbogen nicht erh.

Dehio/Brandenburg: Michelsdorf Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5
Ev. Dorfkirche. Saalbau aus Feldstein, 1. H. 13. Jh., mit querrechteckigem Westturm von Schiffsbreite und eingezogenem Chor mit Apsis. 1772 stark verändert, dabei das Satteldach des Schiffs bis zu dem erhöhten und durch Strebepfeiler verbreiterten Chorgiebel vorgezogen. Fenster flachbogig vergrößert, die urspr. rundbogigen z. T. noch erkennbar, die drei romanischen Apsisfenster um 1946 wieder geöffnet; zwei rundbogige Feldsteinportale mit Begleitschicht an der Südseite. Innen 1946 neu gestaltet. Putzdecke, große Wandgemälde, Erzengel Michael und zwei weitere Engel. Schlichte Altarmensa, zusammengesetzt aus Sandsteingrabplatten. Kanzel, E. 18. Jh., verändert.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Dorfkirche Rechteckiger spätromanischer Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Apsis sowie westlichem Breitturm, im 18. Jh. verändert, Chor und Schiff unter gemeinsames Satteldach gebracht. - Kanzel barock, 1946 verändert. Kelch mit Patene, Silber vergoldet, 1696, aus Lehnin. Kanne, Zinn, 1842. Leuchterpaar, Messing, 1663. Glocke 1701 von Johann Jakob Schultz, Berlin.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger romanischer Feldsteinbau mit eingezogenem Chor und Rundapsis sowie w Breitturm, 1855 verändert.

Aufnahme der Kirche: August 2000, August 2002

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Michelsdorf (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003