Jeserig/Niederwerbig (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen

Die Kirche ist ein einfacher Rechteckbau, der noch zwei ursprüngliche, kleine Fenster in der Ostwand hat. Auch die Portale sind noch vom Ursprungsbau. Auffällig ist die sehr weit westliche Position von Priester- und Gemeindeportal. Die Ziegel, die im unteren Teil der Ecken und bei den Öffnungen benutzt worden sind, weisen ein einheitliches Ziegelformat auf.

Lage der Kirche: Jeserig liegt südsüdöstlich von Brück und gehört zur Gemeinde Niederwerbig. Der Ort wird im Historischen Ortslexikon als "Gassendorf mit angerförmiger Gasse" typisiert. Die Kirche liegt im südwestlichen Teil des Dorfes an der Straße und ist umgeben vom Friedhof, der noch teilweise belegt ist.

Ortsgeschichte: Der Ort wird 1334 erstmals als "Coppen Jeseric" urkundlich erwähnt. Den Namen deutet Fischer (1970) als "kleiner See" bzw. Siedlung an einem kleinen See. Jeserig liegt an einem kleinen See, dem See-Pfuhl. Das Ober- und Untergericht stand von 1426 bis um 1550/51 der Vogtei bzw. Pflege bzw. dem Amt Belzig zu. Ab 1550/52 kam es zum Amt Belzig-Rabenstein. Die Abgaben aus dem Dorf gingen an verschiedene Familien der näheren Umgebung (die Brandt von Lindau, Schwanebeck und von Lindau zu Treuenbrietzen). Das Patronat war bis 1530 im Besitz des Domkapitels Tangermünde. Danach war es im Besitz des Kurfürsten bzw. des Fiskus. Jeserig gehörte um 1450 zur Sedes Treuenbrietzen, von ca. 1541 bis 1911 zur Superintendentur Belzig und war um 1450 bis etwa 1970 Tochterkirche von Niederwerbig. 1550 hatte das Dorf 27 Hufen; es war keine Kirch- oder Pfarrhufe ausgewiesen. Zum Kirchenbesitz gehörten 1506 und 1591 3 Morgen Wiese, 1575 aber 19 Morgen Wiese.

Baustruktur: Die Kirche ist ein einfacher Rechteckbau (14,85 m lang, 8,55 m breit) mit einem Giebelturm. Die Kirche weicht mit magnetisch gemessenen 18° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.

Mauerwerksausführung: Der Kirchenbau besteht überwiegend aus Feldsteinen, lediglich die unteren Teile der Ecken sind mit Ziegeln gemauert. Das Mauerwerk selber enthält Ziegelbruch (Backsteine, gerade und gebogene Dachziegel). Vermutlich hatten auch die ursprünglichen Fenster Ziegelgewände und -bögen (vgl. Ostfenster). Das Mauerwerk weist andeutungsweise noch Lagen von unbehauenen oder nur außen behauenen Feldsteinen in einem dicken Mörtelbett auf. Es finden sich viele Auskeilungen, teils aus Ziegelbruch, teils mit scherbigen Feldsteine. Die Ortsteine sind schlecht gequadert. Der Westgiebel mit dem mittig hochgezogenen Giebelfeld für den Giebelturm ist etwas vom Mauerwerk der Westwand des Schiffes abgesetzt. Er weist ein unregelmäßiges Mauerwerk aus deutlich kleineren Feldsteinen auf. Vermutlich wurde er erst später hochgemauert oder war einmal komplett verputzt (dies ließe sich ev. bei einer genaueren Untersuchung des Dachstuhles klären). Auch der Ostgiebel ist unregelmäßig gemauert. Ost- und Westgiebel sind höher als das Dach des Schiffes. Die Ziegel der Ecken messen 26,5-27 x 12,5-13,5 x 8-9 cm. Sie haben z.T. noch deutliche Preßfalten, z.T. sind sie aber auch naßgestrichen. Sie verwittern an manchen Stellen stark.

Mörtel und Putze: Die Kirche ist unverputzt. Vermutlich hatte sie einmal einen steinsichtigen Verputz.

Portale: Das rundbogige Nordportal sitzt relativ weit westlich innerhalb eines rechteckigen Feldes, das aus Ziegeln gemauert ist. Der innere Bogen besteht aus stehenden Bindern, darüber befindet sich eine Reihe liegender Läufer (eine Art Begleitbogen). Die Ziegel messen 26,5-27 x 12,5-13 x 8-8,5 cm. Das gleichfalls auf der Nordseite gelegene segmentbogige Priesterportal hat ebenfalls ein Ziegelgewände und einen Ziegelbogen. Beide Bögen scheinen verändert worden zu sein. Die Ziegel der Bögen weichen farblich von den Ziegeln der Gewände ab. Die ursprüngliche Bogenform war vermutlich spitzbogig wie die der Fenster der Ostseite der Kirche.

Fenster und Blenden: In der Nordseite des Schiffes befinden sich nur zwei flach-segmentbogige Fenster (im Chorbereich) mit Ziegelgewände. Lediglich die Schrägen sind verputzt. Sicher hatte die Kirche auch ursprünglich nur ein oder zwei Fenster in der Nordseite, da keine zugesetzten Fenster oder Reparaturstellen im Mauerwerk zu sehen sind. An der Basis des Fensters messen die Ziegel 28 x ? x 8 cm Für die höheren Teile des Gewändes wurden Ziegel des Formats 26,5 x 13,5 x 7-7,5 cm verwendet. Südseite weist drei Fenster auf. Die Abschlüsse der Fenster sind flach-segmentbogig, die Gewände und Bögen sind verputzt. In der Ostseite sind zwei Fenster zugesetzt worden. Diese Fenster waren leicht spitzbogig und hatten Ziegelgewände und -bögen. Die Ziegel haben das Format 28 x 13,5 x 8,5-9 cm. Sie sind mit kleinformatigen Ziegeln zugesetzt worden (24,5-25 x 12 x 6,3 cm). Im Ostgiebel direkt unter dem Dachfirst befindet sich eine kleine hochrechteckige, unverschlossene Öffnung mit Feldsteingewände.

Innenbögen: Die Kirche hat keine Innenbögen.

Turm: Der Turm ist ein verbretterter Giebelturm mit massiver Westwand aus Feldstein. In der Westwand ist eine kleine Schallöffnung mit Ziegelgewände und -bogen. Die Ziegel sind so stark verwittert, dass die ursprüngliche Form des Bogens nicht mehr feststellbar ist. In der Nord- und Südseite ist jeweils eine rechteckige Schallöffnung, auf der Ostseite zwei kleine rechteckige Schallöffnungen. Der Turm schließt mit Kugel, Windfahne und Stern ab. In die Windfahne ist die Jahreszahl 1850 eingraviert.

Dächer: Das Schiff hat ein Satteldach, das mit Falzziegeln gedeckt ist. Der Turm weist ein Zeltdach auf, das mit Biberschwanzziegeln gedeckt ist.

Innenausstattung: Das Innere haben wir noch nicht gesehen.

Außenbereich: Im Außenbereich fiel uns nichts Erwähnenswertes auf.

Baugeschichte: Im Mauerwerk des heutigen Kirchengebäudes sind Dachziegelreste eingemauert, die von einem wahrscheinlich hölzernen Vorgängerbau stammen dürften, denn im Mauerwerk ist kein Vorgängerbau erkennbar. Bei den Dachziegelresten handelt es sich vermutlich um zerbrochene Dachpfannen, da sowohl gerade wie auch gewölbte Bruchstücke gefunden wurden.
Baustruktur, Proportionen und Mauerwerksausführung (Lagen nur noch angedeutet bis unregelmäßig mit Ziegelbruch) des heutigen Kirchengebäudes lassen auf einen Baubeginn im späten 14. Jahrhundert/Anfang 15. Jahrhundert schließen. Auch das an den Gebäudeecken und den ursprünglichen Öffnungen verwendete Ziegelformat ist "spätgotisch".
Die Rekonstruktion des Ursprungsbaus, vor allem der Fensteröffnungen, ist nicht einfach. Die Kirche besaß ein Priester- und ein Gemeindeportal auf der Nordseite. Dies ist durch die Gewändeziegel belegt, die das gleiche Format haben wie die Ziegel an den Gebäudeecken. Die Ostwand wies zwei Fenster auf. Auch hier wurde das gleiche Ziegelformat gemessen (wie Portale und Gebäudeecken). In der Nordwand könnte ursprünglich kein Fenster bis maximal zwei Fenster gewesen sein. Die Südwand dürfte zwei bis maximal drei Fenster gehabt haben. Die Westwand war fensterlos, und der mittig hochgezogene Westgiebel war gleichzeitig die Westwand eines Giebelturms. Er könnte wie auch der Ostgiebel später entstanden sein, da das Mauerwerk sich vom Mauerwerk des Seitenwände unterscheidet (kleinere Feldstein, unregelmäßig gemauert). Eine alternative Erklärung dieses Befundes wäre, dass die Giebel komplett verputzt wurden, während die Seitenwände einen steinsichtigen Putz erhielten.
Nach dem "Dehio" wurde der Altaraufsatz 1724 in der Kirche aufgestellt. Die Gewände der Fenster weisen zumindest im höheren Teil Ziegelgewände mit barocken Ziegelformaten (26,5 x 13,5 x 7-7,5 cm) auf. Auch die Form und Größe der Fenster spricht für eine bauliche Veränderung der Fenster im 18. Jahrhundert.
Der Dachturm soll um 1850 erneuert worden sein. Die zwei Fenster in der Ostseite sind mit kleinformatigen Ziegeln (kein barockes Format!) zugesetzt worden, die vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammen.

Vergleiche: Die Kirche weist mit einem Längen-/Breiten-Verhältnis von 1,74 einen eher niedrigen Wert auf. Auch dies deutet wie die oben genannten Kriterien auf einen späten Baubeginn hin. Am besten vergleichbar, wenn man nur die Maße betrachtet, ist die Dorfkirche Bestensee (Landkreis Dahme-Spreewald) (15,02 m lang, 8,50 m breit). Etwas kleiner in den absoluten Maßen sind die ursprünglichen Bauten der näher liegenden Dorfkirchen in Schwabeck (14,30 m lang, 7,45 m breit) und Pflügkuff (13,30 m lang, 7,05 m breit). Sie besitzen auch ein etwas größeres L/B-Verhältnis (1,89 bzw. 1,92) als die Dorfkirche Jeserig.

Bemerkungen: Die Datierung dieser Kirche ist recht vage, da die ursprünglichen Portale verändert sind und auch die meisten Fenster nicht mehr in der ursprünglichen Form erhalten sind. Die Datierungsvorschläge reichen von 14. bis 15. Jahrhundert. Im alten Dehio/Potsdam ist die Angabe mit "spätgotisch" noch vager gehalten.

Information und Dank: Die Kirchengemeinde hat sich der Aktion "Offene Kirche" angeschlossen. Folgende Kontaktpersonen sind aufgelistet: Frau Ilse Nichelmann, Hauptstr.11, Frau Andrea Feller, Hauptstr.10c, Herr Gerhard Meier, Hauptstr.10a.

Literatur: Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 2 Die Ortsnamen des Kreises Belzig, S.59, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.312/3, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.27, Rohrlach (1977): Historisches Ortslexikon für Brandenburg, Teil V Zauch-Belzig, S.176-8, Ibekken (1999): Die Feld- und Bruchsteinkirchen des Fläming, S.93, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.471.

Ältere Beschreibungen:

Dehio/Potsdam: Niederwerbig (Jeserig)
Dorf-K. Spätgot. rck. Feldsteinbau. Die Öffnungen verändert. Das Innere flachgedeckt; Empore im W und N. - Altaraufsatz inschr. 1724, Holz, Abendmahlsgemälde zwischen gedrehten Weinlaubsäulen und Ornamentwangen mit Medaillons, im Aufsatz ovales Kreuzigungsgemälde. Hölzerne Kanzel der gleichen Zeit, ebenso der anschließende Pfarrstuhl mit Gitterwerk. Gegenüber Kastengestühl mit Resten von Rankenmalerei, 17. Jh. Kleines hölzernes Kruzifix 1. V. 15. Jh., der Kreuzesstamm ergänzt.

Dehio/Brandenburg: Jeserig Gem. Niederwerbig, Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Rechteckiger Feldsteinbau, wohl 14. Jh. Über dem Westgiebel Dachturm mit massiver Westwand, um 1850 erneuert. Die Öffnungen korbbogig verändert. Innen flachgedeckt; Empore im Westen und Norden. - Altaraufsatz dat. 1724, Holz, Abendmahlsgemälde zwischen gedrehten Weinlaubsäulen und Ornamentwangen mit Medaillons, im Aufsatz ovales Kreuzigungsgemälde; dieselbe Werkstatt tätig in Alt Bork, Niederwerbig, Preußnitz und Schwanebeck. Hölzerne Kanzel wohl der gleichen Zeit, der anschließende vergitterte Pfarrstuhl sowie das Kastengestühl mit Resten von Rankenmalerei, 2. H. 17. Jh. Kleines hölzernes Kruzifix 1. V. 19. Jh., der Kreuzesstamm ergänzt.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Niederwerbig, Ortsteil Jeserig Dorfkirche Rechteckiger Feldsteinbau des 15. Jh., der Dachturm über dem Westgiebel um 1850, mit massiver Westwand. - Altaraufsatz mit Gemälden 1724. Kanzel in Verbindung mit Pfarrstuhl, 2. H. 17. Jh., gleichzeitig das schlichte Kastengestühl an der Nordwand. Kruzifix spätmittelalterlich. Taufbecken, Zinn, 1724. Kollektenteller, Zinn, 18. Jh. Glocke 1823.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger Feldsteinbau 14./15. Jh mit Fachwerkdachturm um 1850.

Ibbeken (1999): Jeserig liegt 7 km nordwestlich von Treuenbrietzen. Der einfache Rechtecksaal stammt aus dem 15. Jahrhundert. Die in den Turm gezogene massive Westwand weist auf die Wüstung Dangelsdorf, wo dieser Bautyp besonders charakteristisch entwickelt ist. Das Mauerwerk ist zwar lagig, im Einzelnen aber doch sehr unregelmäßig gefügt. Kaum ein Stein ist gequadert, das Gros ist einfach gespalten und zeigt die runden Umrisse der Findlinge. Aufnahme aus Nordwesten.

Aufnahme der Kirche: Oktober 2000

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Jeserig bei Niederwerbig (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu)

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003