Gollwitz (bei Jeserig) (Ev. Dorfkirche)

Die Kirche bietet durch ihre Lage auf einem Hügel inmitten des Friedhofs einen schönen Anblick. Sie besitzt einen später angebauten, barocken Westturm und einen runden Chorschluß, der allerdings nicht zum Ursprungsbau gehört. Die Kirche ist deutlich nach Osten verlängert worden und erhielt an der Nordseite einen Gruft- und Patronatslogenanbau. In der Nordwand hat sich ein blendenartig zugesetztes Gemeindeportal erhalten.

Lage der Kirche: Gollwitz liegt östlich von Brandenburg a. d. Havel und wird zur Unterscheidung von Gollwitz bei Warchau auch Gollwitz bei Jeserig genannt. Vom Dorftyp her ist es ein Gassendorf mit Gut (Hist. Ortslexikon). Die Kirche liegt nördlich der Straße auf einem kleinen Hügel.

Ortsgeschichte: Das Dorf wird 1375 erstmals urkundlich erwähnt ("Golwitz"). Für den Namen gibt es zwei Deutungsmöglichkeiten. Die eine Möglichkeit ist von polabisch Gol´a = Heide. Daneben ist auch noch die Bildung von einem Personennamen möglich; von Gol´evici, Siedlung oder Leute eines Gol, Gol´a. Die Feldmark war in 32 Hufen eingeteilt. Matheus Retzow und die Söhne des Nikolaus Retzow hatten davon aber 20 Hufen zu ihrem Hof, der Pfarrer hatte 1 Hufe. Jede zinspflichtige Hufe mußte an Pacht 3 Scheffel Roggen, 3 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer bezahlen. An Zins und Bede (Steuer) waren pro Hufe 5 Schillinge zu entrichten. Es waren 16 Kossäthen im Dorf ansässig, von denen jeder 1 Schilling bezahlen mußte. Das Dorf gehörte denen von Retzow, die es aber von der Familie von Rochow zu Lehen hatten. 1413 wurde Gollwitz von Truppen des Erzbischofs von Magdeburg niedergebrannt. Es ist damit zu rechnen, dass damals auch die Kirche beschädigt wurde. 1450 waren es ebenfalls 32 Hufen, von den die v. Thümen 4 Hufen hatten, der Pfarrer 1 Hufe. Es gab noch 7 Kossäthenhöfe im Dorf, von denen aber nur 4 besetzt waren.

Baustruktur: Die Kirche ist ein Rechteckbau mit schiffsbreitem, später angebautem Westturm und einem später angebautem runden Chorschluß. Der Ursprungsbau wurde ein Rechteckbau mit den Maßen 12,05 m Länge und 7,75 m Breite. Der heutige Bau ist 26,30 m land, wovon auf den Turm 4,90 m Länge und auf die Ostverlängerung 9,35 m entfallen. Die Baunaht zwischen dem Ursprungsbau und der Ostverlängerung ist durch die alte Eckquaderung des Ursprungsbau deutlich zu sehen. An die Nordseite wurde eine große Patronatsloge mit einer Länge von 7,40 m und einer Breite von 3,65 m (O) bzw. 3,80 m (W) angefügt. Die Kirche weicht mit magnetisch gemessenen 8-10° nach Nordosten von der idealen Ost-West-Ausrichtung ab.

Mauerwerksausführung: Der Ursprungsbau und die Verlängerung nach Osten wurden mit Feldsteinen gemauert. Der Westturm und der Nordanbau ist dagegen mit Ziegeln ausgeführt worden. Das Ziegelformat, aus dem der Westturm errichtet wurde, konnte nur teilweise erfaßt werden. Die Ziegelhöhe beträgt 8 cm. Der Nordanbau ist völlig mit Ziegeln gemauert. Das Format beträgt 25-25,5 x 13-13,5 x 8-8,5 cm. Vermutlich befindet sich unter der Loge eine Gruft oder ein Kellergeschoß. Auf der Nordseite des Anbaus ist ebenerdig ein Schacht zu dieser Gruft oder einem Kellergeschoß vorhanden. Die Mauerwerksausführung des Ursprungsbaus ist völlig unregelmäßig mit großen gespaltenen Feldsteinen. Der nach Osten verlängerte Teil macht den Eindruck, als ob hier die unregelmäßig gesetzten Feldsteine im Durchschnitt noch etwas größer sind als im Ursprungsbau. Die Mauerkronen der Kirche sind um ca. einen Meter in Ziegeln erhöht worden. Die Mauerstärke beträgt ca. 90-100 cm (geschätzt nach dem Sitz der Scheiben in den Fenstern).

Mörtel und Putze: Die Kirche ist grob mit einem steinsichtigen Putz verputzt worden.

Portale: In der Nordwand des Schiffes (im ursprünglichen Teil) befindet sich ein blendenartig zugesetztes, spitzbogiges Portal mit Ziegelgewände. Es ist einmal abgetreppt (ca. 15 cm) und die Bögen bestehen aus je einer Lage stehender Binder. Der äußere Bogen besitzt einen Begleitbogen aus liegenden Läufern. Das Ziegelformat beträgt 27,5-28 x 13,5-14 x 9,5-10 cm. Das Portal ist mit Ziegeln unterschiedlichen Formats zugesetzt. Im Nordanbau könnte sich ein ehemaliges Priesterportal verbergen. Wir haben das Innere noch nicht gesehen. Der Nordanbau besitzt einen Zugang über eine Treppe an der Westseite.

Fenster und Blenden: Auf der Südseite des Schiffes sind fünf segmentbogige Fenster. Auf Niveau befindet sich ein jetzt vermauerter Verbingsschacht zu einer Gruft unter der Kirche. Dieser Schacht ist z.T. mit Ziegelplatten ausgekleidet (Format 14,5 cm breit, 7 cm hoch). In der Mitte der östlichen Rundung saß ein segmentbogiges Fenster mit Ziegelgewände, das mit Ziegel zugesetzt worden ist. Das Ziegelformat beträgt 25 x 13 x 8 cm. Ein kleinerer Bereich an der Basis ist mit kleinerer Ziegel zugesetzt. Diese haben das Format 25,5 x 12,5 x 6 cm. Auf der Nordseite befinden sich zwei Fenster, eines östlich des Anbaus und eines westlich des Anbaus. Sie gleichen in der Form den übrigen Fenster. Östlich der östlichen Kante des östlichen Fensters der Nordseite ist die Ziegelkante eines älteren, jetzt fast völlig beseitigten Fensters zu erkennen. Auch östlich der östlichen Kante des westlichen Nordfenster ist die Backsteinkante eines ursprünglichen Fensters zu erkennen. Das Ziegelformat beträgt hier 27,5-28 x 13,5-14 x 9,5-10 cm (also wie das Nordportal). In der Südwand des Turms ist ein segmentbogiges Fenster, ebenso in der Nordwand des Turms. Oberhalb der Traufhöhe bzw. des Einsprungs des Turmes, aber noch unterhalb des Glockengeschosses sitzt in der Westseite des Turms ein flachbogiges Fenster. Im Anbau sind auf der Nordseite zwei rechteckige Fenster mit Holzrahmen.

Innenbögen: Wir haben das Innere noch nicht gesehen.

Turm: Der Turm ist ein später angebauter, schiffsbreiter Westturm mit Putzgliederungen. Er springt auf Traufhöhe des Schiffes ein. Im Glockengeschoß ist auf Nord-, West- und Südseite je eine flachbogige Schallöffnung. Das Dach schließt mit der Kombination Kugel, Windfahne und Stern ab. In die Windfahne sind die Jahreszahlen 1730 und 1991 eingraviert.

Dächer: Das Schiff besitzt ein relativ steiles Satteldach, das entsprechend dem runden Chorschloß im Osten ebenfalls rund geschlossen ist. Das Querdach des Anbaus ist nach Norden abgewalmt. Diese Dächer sind mit einer Doppeldeckung aus Biberschwanzziegeln gedeckt. Der Turm besitzt die Dachkombination Schweifhaube, durchbrochene Laterne, Schweifhaube. Diese Dächer sind verschiefert.

Innenausstattung: Wir haben das Innere noch nicht gesehen.

Außenbereich: Unter dem Fenster der Südwand des Turmes ist ein alter Grabstein in die Wand eingelassen. Auf der rechten Seite ist der Grabstein stark abgetreten. Er dürfte früher in der Kirche als Bodenplatte gelegen haben. Vor der Westseite der Kirche steht im Friedhof eine klassizistische Leichenhalle.

Baugeschichte: Aufgrund der unregelmäßigen Mauerwerksausführung mit großen, gespaltenen Feldsteinen sowie des breitspitzbogigen Portals in der Nordwand dürfte der Ursprungsbau in die 2. Hälfte des 14./1. Hälfte des 15. Jahrhunderts zu datieren sein. Er könnte durchaus nach der Zerstörung des Dorfes (und der Kirche?) im Jahre 1413 errichtet worden sein. Der Ursprungsbau (12,05 m x 7,75 m) war ein Rechteckbau mit einem Gemeindeportal in der Nordseite. Die Position des Priesterportals ist nicht bekannt. Vermutlich darf man ein Westportal annehmen. Die Anzahl der ursprünglichen Fenster ist ebenfalls sehr schwer zu rekonstruieren. Es können jedoch nicht mehr Fenster als heute gewesen sein (drei im ursprünglichen Teil), da auf der Südseite z.B. keine älteren Fenstern zwischen den heutigen Fenstern zu erkennen sind. Auf der Nordseite ist östlich des westlichen Fenster die Ziegelkante eines ursprünglichen Fensters erhalten. Das Ziegelformat ist identisch mit dem Ziegelgewände des Nordportals. Wahrscheinlich sind ursprünglich nur zwei Fenster auf der Nordseite vorhanden gewesen.
Vermutlich wurde die Kirche um 1500 um ca. 9,30 m nach Osten verlängert und mit einem runden Chorschluß versehen. In diese Zeit datieren mehrere andere Kirchen mit rundem Chorschluß bzw. die Umbaumaßnahmen. Auch die Sakramentsnischen im runden Chorschluß deuten auf eine vorreformatorische Entstehung der Ostverlängerung hin. Die Fenstergewände der Ostseite haben dieselben Ziegelformate wie der Nordanbau. Der Nordanbau ist allerdings über die Baunaht gebaut, kann also nicht zeitgleich mit der Verlängerung der Kirche sein.
Der Nordanbau und auch der Unterbau des Turms dürften aufgrund des Ziegelformats wohl Ende des 16. oder Anfang des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Gleichzeitig mit diesem Anbau wurden auch die Fenster in der Ostverlängerung verändert. Die Ziegelformate der Gewände des Ostfensters und des Nordanbaus sind gleich. Auch der Turm hat mit einer Ziegelhöhe von 8 cm vermutlich das dasselbe Ziegelformat. Das Ziegelformat ist ungewöhnlich kurz, paßt aber mit einer Höhe von 8-8,5 cm nicht so recht in die Zeit von 1750 wie es in der einschlägigen Literatur vermutet wird.
Um 1750 wurde die Kirche eingreifend verändert, wie die Inschrift über dem Westeingang impliziert. Wahrscheinlich wurden zeitgleich auch die Fenster des Schiffes verändert. Sie ähneln stilistisch den Turmfenstern.

Vergleiche:

Bemerkungen: Es ist merkwürdig, dass der Dehio den Westturm als eingezogen bezeichnet. Er hat annähernd Schiffsbreite. Nordanbau und Westturm werden in der Literatur einheitlich dem Umbau von 1750. Dies erscheint aufgrund des Ziegelformats (Höhe: 8-8,5 cm) als wenig wahrscheinlich. Üblich in dieser Zeit sind Ziegelhöhen um 7 cm. Wir konnten uns den Turm noch nicht von innen ansehen. Daher muß der Sachverhalt zunächst einmal offen bleiben.

Information und Dank: -

Literatur: Fidicin (1860), Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.19/20, Schulze (1940), Das Landbuch der Mark Brandenburg, S.222, Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 1 (Zauche), S.41/2, Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Bezirk Potsdam (1978), S.39, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam), (1983), S.206, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.370/1.

Ältere Beschreibungen:

Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1375: Golwitz sunt 32 mansi, quorum plebanus habet 1. Matheus et filii Nycolai Retzow habent 20 mansi ad curiam. Ad pactum quilibet 3 modios siliginis, 3 ordei et 6 avene; ad censum et ad precariam quilibet 5 solidos. Cossati sunt 16, quilibet dat 1 solidum. Tota villa est Rochow (Fußnote von Schultze: muß heißen Retzow) predictorum ab illis de R(ochow) in pheudum.

Dehio/Potsdam: Gollwitz Bez. Potsdam, Ldkr. Brandenburg Dorf-K. 1750 Umbau eines ma., hochbar. veränderten Feldsteinbaus unter Hinzufügung eines einbezogenen quadr. WTurms mit Schweifhaube und Laterne. Das gestreckte Schiff mit 1/2kr. Abschluß, korbbogige Fenster. Das Innere mit Putzdecke über Voute, 1966 rest. WEmpore aus der Bauzeit. - Die Altarwand mit 2 Türen der Schinkelzeit, jetzt ohne Kanzel. Im Apsisraum 2 spätma. Sakramentsnischen, auf der Tür der einen innen Reste einer gemalten Strahlenkranzmadonna. In einem Fenster der Turmhalle Glasgemälde des sp. 19. Jh., urspr. nicht hierher gehörig: Kreuzigungsdarstellung vor landschaftlichem Hintergrund mit Jerusalem, offenbar Kopie eines Vorbildes aus der 2. H. 15. Jh. Taufschüssel, Messing, 1. H. 16. Jh., mit getriebener Verkündigungsgruppe. An der Turmwand bar. Grabstein 1739.

Dehio/Brandenburg: Gollwitz (bei Jeserig) Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte; Ev. Dorfkirche. Saalbau aus Feldstein, im Kern vermutlich 13./14. Jh., in spätgotischer Zeit nach Osten verlängert mit halbrundem Chorschluß, 1750 eingreifend verändert unter Hinzufügung eines eingezogenen quadratischen Westturms mit Schweifhaube und Laterne. Rest. 1966 und seit 1992. Stichbogenfenster, auf der Nordseite Backsteinportal mit gestuftem Gewände. Über dem Westportal Dedikationsinschrift 1750, wohl gleichzeitig nördl. Anbau der Patronatsloge in Backstein. Innen Putzdecke über Voute. Im Apsisraum zwei spätmittelalterliche Sakramentsnischen, eine mit Resten einer gemalten Strahlenkranzmadonna auf der Türinnenseite. - Klassizistische Altarwand 1823, die Kanzel mit anderen Ausstattungsstücken 1966 entfernt. Westempore wohl M. 18. Jh. In einem Fenster der Turmhalle Glasgemälde des späten 19. Jh., urspr. nicht hierher gehörig: Kreuzigungsdarstellung vor landschaftlichem Hintergrund mit Jerusalem, offenbar Kopie eines Vorbilds aus der 2.. H. 15. Jh. - An der Turmsüdwand Grabstein, 1739.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Gollwitz Dorfkirche Rechteckiger Feldsteinbau mit halbrundem Chorschluß, der Westteil im Kern mittelalterlich, später nach Osten verlängert. 1750 unter Hinzufügung des Westturmes durchgreifend umgestaltet. - Reste einer Altarwand frühes 19. Jh. Mittelalterliche Sakramentsnische mit bemalter Tür. Westempore und Orgel 1. H. 19. Jh. Glasgemälde, Ölberggruppe, niederländisch (?), um 1470/80. Glocke 1691 von J. Heintze, Berlin. Kelch mit Patene, Silber vergoldet, 1649. Taufschüssel, Messing, 1. H. 16. Jh. Altargarnitur, Eisenkunstguß, 1. H. 19. Jh. Grabstein 1739. - Gebetskapelle (Leichenhalle), rechteckiger Putzbau M. 19. Jh. in Formen der Schinkel-Schule.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger Feldsteinbau mit halbrundem Chorschluß, der WTeil im Kern ma, später nach O verlängert, 1750 unter Hinzufügung des WTurms durchgreifend umgestaltet, ma Sakramentsnische mit gemalter Tür, WEmpore 1. Hälfte 19. Jh, ...

Aufnahme der Kirche: September 2002

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Schlalach (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu).

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003