Das "Herunterschreiben"
Wenn das Thema klar gestellt ist, die Literatur exzerpiert und sortiert und die Arbeit einigermaßen strukturiert wurde (und sich ggf. schon ein paar Bausteine für einzelne Kapitel finden), benötigen sie für das eigentliche Schreiben (bzw. „Herunterschreiben“, wie man es dann nennt) nicht mehr viel Zeit. Die eigentliche Arbeit haben Sie bereits im Vorfeld geleistet, nun müssen Sie das alles nur noch in Worte einkleiden.
Natürlich ist das nicht unbedingt so einfach wie es hier klingt. Sie werden auch immer wieder während des Schreibens auf neue, wichtige Aspekte kommen, darauf sollten Sie bei Ihrer Zeitplanung Rücksicht nehmen. Als grobe Orientierung können Sie zwei Drittel der Arbeitszeit auf die Vorarbeit verwenden und ein Drittel auf das eigentliche Schreiben.
Hinweise zur formalen Gestaltung einer Arbeit sowie zum korrekten Umgang mit Sekundärliteratur und zum richtigen Zitieren bzw. Bibliographieren finden Sie im Menüpunkt "Bibliographieren", hier geht es zunächst um den Schreibprozess als solchen.
"Von Lust und Last des wissenschaftlichen Schreibens"
Gerade bei einer längeren Arbeit werden sie merken, dass das Schreiben eine eigene Dynamik entwickelt. Sie verfassen nicht nur eine Arbeit, Sie werden an verschiedenen Stellen auch möglicherweise heftig mit ihr kämpfen. Dieser Prozess kann sehr interessant und anregend sein, er kann jedoch auch ins Stocken kommen.
Mit dem Prozess des Schreibens befassen sich eine ganze Reihe von Publikationen (vgl. für die Überschrift beispielsweise Narr/Stary 1999). In der Regel wird konsequent ein Aspekt betont: Es ist sehr hilfreich, bei längeren Arbeiten auch unbedingt notwendig, einen Text gründlich zu planen, bevor er geschrieben wird. Eine Gliederung (oder schlicht eine Stichwortliste) lässt sich schnell entwerfen und erleichtert das Schreiben ungemein. Falls Sie zu Schreibblockaden neigen und sich eher schwer dabei tun, wissenschaftliche Texte zu verfassen, sollten Sie auf jeden Fall die einzelnen Schritte von Intellectio, Inventio, Dispositio und Elucutio beachten, die auf dieser Seite empfohlen werden. So reduzieren Sie ein wenig den Druck, der auf Ihnen lastet, wenn Sie vor dem berühmten weißen Blatt sitzen. Dazu noch ein paar Hinweise, die Ihnen das Schreiben erleichtern können:
- Verlangen Sie nicht zuviel von sich, weder inhaltlich noch sprachlich. Es wird immer Arbeiten geben, die besser recherchiert und formuliert sind als Ihre, aber das heißt nicht, dass Sie einen schlechten Text verfassen.
- Planen Sie genug Zeit ein, bzw. fangen Sie früh genug mit der Arbeit an. Es kann sein, dass sich kurz vor dem Ende überraschend eine Lücke in Ihren Recherchen auftut. Sie sollten dann genug Zeit haben, sich darum zu kümmern.
- Bei der Masterarbeit kann es sein, dass Sie außer der Arbeit fast nichts zu tun haben. Viele Studierende haben Schwierigkeiten, nach den ganzen Seminaren und Referaten etc. auf einmal mit dieser Freiheit umzugehen. Das heißt: Sie müssen sich selbst zivilisieren und disziplinieren. Strukturieren Sie Ihren Tag, planen sie feste Arbeitszeiten ein (aber auch genug Zeiten, zu denen Sie andere Dinge machen).
- Bleiben Sie im Kontakt mit Ihren Dozenten. Sie bekommen hier Anregungen und Hilfestellungen (und, das aus eigener Erfahrung: Nichts ist für einen Dozenten ärgerlicher als eine schlechte Arbeit von Studierenden, die in keiner Sprechstunde aufgetaucht sind).
- Beißen Sie sich nicht an einzelnen Formulierungen und Details zu sehr fest. Wenn Sie unsicher sind, markieren Sie die Textstelle für eine spätere Überarbeitung und schreiben Sie weiter.
- Falls Sie beim Anfang der Arbeit festhängen (das ist ein beliebter Punkt für solche Probleme): Es ist auch erlaubt (und gängig), mit einem Zitat anzufangen. Sie können die eleganten Einführungsworte ruhig jemand anderem überlassen und dann über eine Analyse des Zitats in die Materie einsteigen.
- Seien Sie flexibel in Ihrem Arbeitsplan. Wenn Sie sich an einem Tag unkreativ fühlen, muss es nicht unbedingt eine gute Idee sein, sich zu zwingen (manchmal hilft das allerdings durchaus). Es gibt bestimmt noch eine Reihe unkreativer Arbeiten, die zu erledigen sind, z.B. Literaturrecherche, das Kopieren von Sekundärliteratur oder eine ausgedehnte Internetrecherche.
- Suchen Sie sich einen Ort, an dem Sie gut arbeiten können. Das kann Ihr Zimmer sein, aber auch eine Bibliothek (manche Schriftsteller schreiben auch sehr gerne im Café). Probieren Sie hier verschiedene Orte aus, die Unterschiede können gewaltig sein! Ich kann beispielsweise zuhause fast nichts Sinnvolles schreiben, dafür gehe ich dann in eine Bibliothek.
Es kommt auch vor, dass man trotz perfekter Vorarbeit und Planung einfach nichts schreiben kann. Das ist die berühmte Schreibblockade, die fast jeder Wissenschaftler schon einmal erlebt hat. Die Ursachen können vielfältig sein:
- Die Angst, etwas Dummes zu schreiben. Die müssen Sie nicht haben, nach dem Studium sind Sie in der Lage, eine Masterarbeit zu schreiben, nach einem Seminar die dazugehörige Hausarbeit. Eine komplette Arbeit kann nicht einfach „falsch“ sein, sie wird aber immer (auch wenn hinterher eine glatte Eins rauskommt) starke und schwache Passagen haben.
- Die Angst, selber als dumm dazustehen und sich mit dem Text zu blamieren. Denken Sie aber daran, dass Sie sich in einer Ausbildung befinden. Gehen Sie offensiv mit Ihrer Dummheit um, sie ist keine Schande, im Gegenteil: Die Erkenntnis, dass man nichts weiß, ist spätestens seit Sokrates die wichtigste Voraussetzung dafür, dass man etwas lernt.
- Die Angst, schlecht zu formulieren. Hier hilft am besten, wenn Sie einfach schreiben und sich immer wieder sagen, dass Sie den Text am Ende noch einmal überarbeiten werden (was Sie ja auch machen sollten). Geben Sie die Arbeit vor dem Abgeben noch einem Kommilitonen, damit sie oder er alles noch einmal durchliest. Sie werden merken: Die Stellen, die für Sie selbst komisch klingen, sind meistens ganz unproblematisch.
- Die Angst vor dem leeren Blatt. Dieses liegt vor Ihnen, in Natur oder elektronisch. Falls Sie bemerken, dass Sie einfach nicht beginnen können, sollten Sie vielleicht zunächst einen Schritt zurück gehen, zur Dispositio. Sie können logischerweise erst dann etwas schreiben, wenn Sie in etwa wissen, was Sie schreiben möchten. Planen Sie noch einmal gründlich.
Haben Sie auch keine Angst, sich helfen zu lassen, wenn es wirklich nicht geht. Eine Schreibblockade bedeutet nicht, dass Sie dumm oder psychisch gestört sind. Genauso, wie Sie bei Zahnschmerzen zum Arzt gehen und sich stundenlang in den Mund schauen lassen, sollten Sie auch bei Schreibproblemen nach Hilfe suchen. Zum einen gibt es eine Reihe von Büchern, die viele Anregungen bieten (z.B. Kruse 2000). Zum anderen bietet jede Universität eine sogenannte „psychologische Studienberatung“ an, die nicht zuletzt für solche Probleme da ist (Sie finden ein paar Links unter dem Menüpunkt "Literatur und Links"). Hier wird man mit Ihnen keine Psychoanalyse machen, sondern einfach eine Reihe von Strategien üben, die bei der Organisation der Arbeit sehr hilfreich sind. Wenn Sie merken, dass Sie Probleme haben, sollten Sie das nicht auf die lange Bank schieben, das kostet unnötig Zeit und Energie! Schreibprobleme im Studium sind ein weit verbreitetes, fächerübergreifendes und internationales Phänomen (vgl. z.B. die Studie Dittmann/Geneuss/Nennstiel/Quast 2003). Sie sind damit nicht allein und auch kein Sonderfall.
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