Kunst Verkauf

Kunst Verkauf

Der Handel mit Kunst erfolgt seit Beginn ihrer Existenz. Doch wie verlaufen Verkauf auf dem Secondary Market in Auktionshäusern und in Galerien heutzutage tatsächlich und was steckt dahinter? Welche Arbeit wird im Vorhinein geleistet und wer ist involviert?

Von Hannah Sophia Raehs und Valentin Minkov

„Ich glaube, dass Kunst die mächtigste Währung der Welt ist!“, sagte einer der berühmtesten Künstler unserer Zeit, Damien Hirst, an seinem 51. Geburtstag. Die Thematik Geld war in der Kunstwelt schon immer von heftigen Diskussionen begleitet und spaltet sie in ihren Ansichten darüber. Es ist wohl allgemein bekannt, dass sich die Kunstmessen, Auktionshäuser und Galerien im Laufe der letzten Jahrhunderte große Mühe gegeben haben, einen sehr profitablen Markt für Kunstwaren zu erschaffen. Dieser wird von manchen als eine Art Spielplatz für Neureiche gesehen, die den Privatkauf und –verkauf von Kunstwerken als Selbstverständlichkeit empfinden, und somit die Kunst in ein Statussymbol verwandeln. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich diejenigen, die der materiellen Seite der Kunst abschwören, und der Überzeugung sind, dass diese unmöglich als Ware gesehen werden kann. Diese Künstler, Kunst-Administratoren und Aktivisten definieren Kunst als eine Erfahrung, die zur persönlichen und gemeinschaftlichen Entwicklung beisteuert.

Geschichte des Kunsthandels

Seit Andy Warhol gehört das Finanzielle immer stärker zur Kunstwelt. Schon zu Lebzeiten verdiente er mit seiner Kunst sehr viel Geld – allein seine „Turquoise Marilyn“ wurde 2009 für 80 Millionen Dollar verkauft. Doch hat Warhol die Vermarktung der Kunst bei weitem nicht ausgelöst. Laut Jan von Bravern, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und Dozenten im Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin, ist die ästhetische Seite der Kunst ohne die materielle seit Jahrhunderten überhaupt nicht denkbar. Der Kunsthistoriker, dessen Schwerpunkt die Französische Malerei im 18. Jahrhundert ist, erklärt, dass diese Tendenz weit in die Vergangenheit zurück verfolgbar sei. „Die Kunst hat sich schon immer an gesellschaftliche Veränderungen angepasst, was die unzähligen religiösen Bilder und Skulpturen aus dem Mittelalter und der Renaissance bezeugen. Als Ende des 18. Jahrhunderts der enorme Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft und die Kultur deutlich nachließ, begann eine ganz neue Ära, die die Bedeutung der Kunst für immer verändern sollte. Da es sich das Bürgertum plötzlich leisten konnte, Bilder zu erwerben, konzentrierten sich die Künstler immer mehr auf diesen privaten Kunstmarkt. Sie sollten nun einen persönlichen und unverwechselbaren Stil für ihre Kunst entwickeln, um dadurch berühmt zu werden, beispielsweise in den Salons in Frankreich ausstellen zu können und somit einen größeren Verkaufserfolg zu erzielen.“

In Folge davon erfreute sich der öffentliche Kunstmarkt an einem sehr breiten Publikum. Ein wesentlicher Bestandteil sind und waren Auktionshäuser, deren Popularität im 18. Jahrhundert rasant wuchs. Die größten Auktionshäuser Christie’s und Sothesby’s schreiben seit mehr als 300 Jahren Verkaufsgeschichte. Doch das Internetzeitalter sollte die Spielregeln noch einmal ändern: In den letzten Jahren wurden immer mehr Unternehmen gegründet, die es ermöglichen, dass Gebote online von einer Vielzahl verschiedener Interessenten aus der ganzen Welt abgegeben werden. Und das für ein zeitgleich wachsendes Spektrum von Objekten, da neben Kunst auch Antiquitäten, Schmuck, teurer Wein und sogar Automobile ersteigert werden können.

Auktionshäuser im Überblick

Auktionen sind schon immer der Blutsport der Kunstwelt gewesen. Vermögende Sammler und Kunstspekulanten versammeln sich in prachtvollen Verkaufsräumen, um den höchsten „Bid“ zu erzielen und so die entsprechenden Werke zu erwerben. Auktionen dienen auch dazu, die Stimmung für den Kunstmarkt zu setzen. Im Vorhinein einer Auktion erstellen die Auktionshäuser den so genannten Katalog – dies ist die glänzende, schön produzierte Broschüre, die das Auktionshaus an Sammler und anderen Interessenten sendet. Diese Kataloge enthalten meistens Experten-Schätzungen, um für die angebotenen Arbeiten mehr Interesse zu wecken. Es ist nicht ungewöhnlich, eine Million Dollar für die Produktion eines Kataloges auszugeben, indem mit Aussagen von Top-Kunsthistorikern argumentiert wird, warum ein Werk für manchmal astronomische Summen ersteigert werden soll.

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Der Hiscox Online Trade Report basiert auf die Antworten von 506 Kunstkäufern. Die Studie wurde erstellt in Zusammenarbeit mit dem auf den Kunstmarkt spezialisierten Analystenunternehmen ArtTactics. Mehr Informationen unter: www.hiscox.de

Im Jahr 2008 berichtete die amerikanische National Auctioneers Association, dass die Bruttoeinnahmen der Auktionsindustrie für selbiges Jahr etwa 268.400.000.000 Dollar betrugen. Davon sollen etwa 47 Milliarden Dollar aus dem Online-Kunsthandel stammen. Eine Statistik* des Versicherungsexperten Hiscox und des Kunstmarkt-Analyseunternehmens ArtTactic stellt dar, wer was kauft und zu welchen Preisen. Das Ergebnis dieser Studie zeigt, dass 45% der regelmäßigen Onlinekäufer bereit sind, 6.000 Euro oder mehr für ein Kunstobjekt auszugeben, davon 61% für Gemälde, etwa 55 % für Druckgrafiken und 41 % für Photographien. Dennoch bevorzugen 56 % der Befragten weiterhin den konventionellen Kauf. Aber ganz egal, wie Kunst gekauft wird, es steht fest, dass es schon immer von machen als begehrte Ware betrachtet wurde.

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Alltag in einer Galerie

Neben diesem sogenannten Secondary Market von Auktionshäusern gibt es Museen und Galerien. Galerien treten als Mittelsmänner zwischen Künstler und potenziellem Käufer auf. Sie üben dementsprechend eine wichtige Aufgabe aus. Zumeist stellen sie auf kleinem Raum Werke temporär aus, bevor sie wechseln und neue zur Ansicht zur Verfügung stellen. Im Gespräch mit Maria Grubental (Name geändert) werden Fragen zum Ablauf im Alltag einer Galerie geklärt. Sie weiß wie wichtig es ist mit den Künstlern, die eine Galerie vertritt, in engem Kontakt zu stehen, sie in ihren Ateliers zu besuchen, und sie teilweise auch in künstlerischen Fragen zu betreuen und zu beraten. Dementsprechend sei es von Vorteil, ein gewisses Hintergrundwissen mitzubringen, wenn man eine Galerie eröffnet, erläutert sie.

„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ So äußerte sich bereits Karl Valentin. Sowohl zum Künstler, als auch zu den potentiellen Käufern muss man ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Und die Kunden können anspruchsvoll sein. Besonders ab einem gewissen Budget, das sie bereit sind in Kunst zu investieren, erwarten sie (natürlich ohne, dass dies explizit geäußert würde) möglicherweise eine Einladung zum Essen, ein privates Treffen mit dem Künstler und aufmerksame Beratung in der Auswahl.

Zeitgenössische Kunst im Ausstellungsraum

Zeitgenössische Kunst im Ausstellungsraum der Galerie im Saalbau

Während großer Messen werden Kunstwerke ausgestellt und verschiedenste Galerien kommen zusammen. Jedoch ist „die Teilnahme an Messen […] teuer, es kommen Gebühren, Reise- und Transportkosen zusammen, und ist deshalb für kleine Galerien kaum realisierbar“, berichtet Grubental im Gespräch. Als Alternative würden sich viele Galerien deshalb zusammenschließen, Initiative ergreifen und selbst Events organisieren. „Das Gallery-Weekend in Berlin findet in den letzten Jahren immer mehr Zuspruch“, erläutert Grubental, „viele Galerien planen ihre Ausstellungseröffnungen um den Termin herum.“ Die Besucher lernen Galeristen bei diesem Event in deren Umfeld kennen. Das hat Vorteile, wie beispielsweise eine erleichterte Kontaktaufnahme durch geringere Berührungängste.

Doch wieviel vom Verkaufspreis des Werkes erhalten die Künstler? „Man beginnt grundsätzlich mit 30%-Margen, je nach Erfolg werden diese später auch auf 50% erhöht.“ Der Anteil des Künstlers sei so gering, da die Galerie im Vorhinein teilweise hohe Ausgaben habe. Kostenfaktoren sind dabei natürlich vordergründig Werbefinanzierung, mögliche Kataloge, aber auch monatliche Fixkosten wie Mitarbeitergehälter, Miete, Heizung, Strom, Kommunikationsmittel. Außerdem kommen mögliche Reisekosten hinzu und Eröffnungsfeiern, die finanziert werden müssen. Der Betrieb einer Galerie geht mit einer Menge Kalkulation und Budgetierung einher.

„Harter Kampf“

Grubental verdeutlicht außerdem: „Leider zählt nicht nur die persönliche Glaubwürdigkeit, die Integrität der Kunst und der Galerie. Es geht immer auch um Präsenz in der Szene, Neuentdeckungen, Beziehungen. Es ist ein harter Kampf.“ Besonders wenn man sich vor Augen ruft, dass das, worum es geht, die Kunst, eigentlich der Erbauung und der Bereicherung des Lebens dienen soll. Der aktuelle „Art Market Report“ der niederländischen Kunstmesse Tefaf zeigt, dass das Wachstum des Weltmarkts für Kunst 2015 im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent gesunken ist. Der Markt ist schwierig, die Konkurrenz unter den Galeristen groß. In Berlin erwirtschaften nur 20 Galerien die Hälfte des örtlichen Umsatzes. Die zweite Hälfte erwirtschaften 400 weitere Galerien. Diese Fakten veröffentlichte die Investitionsbank Berlin. Die EU erhöhte vor kurzem den Mehrwertsteuersatz auf Kunst von sieben auf 19%. Die Differenz wollen viele Kunden nicht zahlen und die Galerien übernehmen oftmals die Kosten sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Galerien, Kristian Jarmuschek (siehe TIP, Heft 09/16, „Chancenreiches Risiko“). Am Geschäft mit der Ware Kunst sind also viele Personen und Komponenten involviert, die die Herstellung, den Verkauf und die Ausstellung überhaupt erst ermöglichen.

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Fotografien im Ausstellungsraum der UP Galerie

Neben Galerien bieten vor allem Museen eine Möglichkeit für heutige Künstler, ihre Werke auszustellen. Durch Ausstellungen in größeren Museen wird ein Künstler regelrecht „geadelt“, sein Marktwert steigt und er kann für seine Werke höhere Preise verlangen. Werden allerdings alte Werke bedeutender Namen ausgestellt, erfolgt dies meist aus einem museumspädagogischen Antrieb heraus, oder dem Wunsch, Kultur einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen.

Kunst als Konsumgut

Hinter dem Handel mit Kunst steckt eine Menge Arbeit und der Verkauf ist mit viel Aufwand verbunden. Neben finanzieller, ist dieser Aufwand größtenteils zeitlicher Natur und soziale Kompetenzen erweisen sich als notwendig im Gespräch mit Künstlern und potentiellen Kunden. Der Verkauf von Kunst ist in unserer Zeit materieller Kultur unausweichlich. Der Künstler produziert natürlich vorrangig, um sich auszudrücken und Werke herzustellen. Wenn er davon leben kann, seine Kunst zu verkaufen und ihn dies voranbringt in seinem Schaffen, so hat das für ihn persönlich ungemeine Vorteile. In einer Gesellschaft, die größtenteils auf Konsum basiert, ist es wenig verwunderlich, dass immer mehr Menschen sich mit schönen Dingen umgeben möchten – sei es Kleidung, Autos, Schmuck, oder eben Kunst.


Large Blog ImageHannah Sophia Raehs & Valentin Minkov studieren im 4. Semester Anglistik bzw. Kunstgeschichte und Publizistik- & Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin. Aus beruflichem Interesse ergab sich der Wunsch einer kompakten Darstellung des Kunstmarkts heutzutage.