Die ist illegal! Wen kümmert’s?

Die ist illegal! Wen kümmert’s?

Eine eindeutige Rechtslage für Babyklappen in Deutschland hatten sich Babyklappenbetreiber und der Ethikrat erhofft. Doch sie wurden von Familienministerin Kristina Schröder enttäuscht. Das neue Gesetz schafft lediglich die neue Möglichkeit zur vertraulichen Geburt. Babyklappen sollen weiter bestehen bleiben, obwohl sie gegen mehrere Gesetze verstoßen.

Von A.L.

Der Deutsche Ethikrat hat sich mit den Rechtsgrundlagen 2009 intensiv auseinandergesetzt und in einer Stellungnahme die Abschaffung der Babyklappen empfohlen.

Die Mütter, die ihr Kind in eine Babyklappe legen, machen sich strafbar, weil sie dadurch die Unterhalts- und Fürsorgepflicht verletzen. In der Praxis werden die Mütter aber sehr selten strafrechtlich verfolgt, entweder weil eine Notstandssituation unterstellt wird oder sie schlicht nicht ermittelt werden können.

Auch die Betreiber können sich strafbar machen, wenn sie vorher Kontakt zur Mutter hatten. Ihnen droht juristische Verfolgung wegen, wenn das Kind nicht wie gesetzlich festgelegt innerhalb einer Woche den Behörden gemeldet wird. Außerdem wird vom Ethikrat kritisch angemerkt, dass die Babyklappenbetreiber Rechtsverstöße anderer ermöglichen. Denn Mütter und Väter können sich mit Hilfe der Babyklappe ihrer Unterhalts- und Fürsorgepflicht entziehen.

Doch meist werden die Betreiber nicht strafrechtlich verfolgt, weil das Angebot eine Hilfe für Mütter in extremen Notlagen darstellt. Eine extreme Notlage ist juristisch dann gegeben, wenn es aus der Notlage keine andere Rettung gibt als die Verletzung fremder Werter bzw. Rechtsgüter.

Beim Streit um die Babyklappen geht es vor allem um die Frage, ob sie Leben retten können. Die Babyklappenbetreiberin Gesine Borowski, Vorsitzende der Stiftung Findelbaby, argumentiert, dass Babyklappen dies tun und den Kindern ein Recht auf Leben sichern. Der Ethikrat wägt in seinem Bericht jedoch nicht zwischen dem Lebensrecht und dem Recht auf Wissen um die eigene Herkunft ab. Das Gremium ist anders als die Betreiber mehrheitlich davon überzeugt, dass die Angebote keine Kinderleben retten. Dies wird damit begründet, dass auch nach der Einführung der Babyklappen die Zahl der tot aufgefundenen Babys konstant geblieben ist. Deshalb wird vom Ethikrat besonders darauf hingewiesen, dass das Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Herkunft verletzt wird und dies nicht geduldet werden dürfe.

Das es Babyklappen aber immer noch gibt und sie auch weiterhin toleriert werden, liegt vor allem an ihrer Brisanz, denn kein Experte kann mit Sicherheit sagen, dass Babyklappen keine Leben retten. Auch im Ethikrat gab es Uneinigkeiten. Eine Minderheit forderte, weiterhin die Möglichkeit zur anonymen Kindesabgabe aufrecht zu erhalten. Selbst wenn die 80 Babyklappen in Deutschland auch nur ein Baby vor dem Tod schützen könnten, wäre das schon ein Erfolg. Dieser Argumentation laut folgt auch die bayrischen Familienministerin Christine Haderthauer. Dass mit den Babyklappen die Anzahl der getöteten Babys nicht zurückgegangen ist, kann nicht gleich mit einem Misserfolg gleichgesetzt werden, sagen die Betreiber des SterniParks. Befürworter der Babyklappe argumentieren, dass die Zahl der tot aufgefundenen Babys noch höher wäre, überprüfen lässt sich dies nicht.

So bleibt die Einrichtung der Babyklappe in einer rechtlichen Grauzone, wie auch die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zugibt. Daran hat auch das Gesetz der vertraulichen Geburt nichts geändert, das am 6. Juni im Bundestag verabschiedet wurde.

Durch das Gesetz ist es möglich, dass Mütter ihre Kinder unter medizinischer Aufsicht im Krankenhaus bekommen, doch ihren Namen vorerst geheim halten dürfen. Die Mütter sind aber verpflichtet, ihre Daten zu hinterlassen. Auf diesen Nachweis haben die Kinder mit 16 Jahren Zugriff und können auf diesem Weg mehr über ihre eigenen Wurzeln erfahren. So soll das Recht auf Kenntnis der Herkunft gesichert werden. Auf diesem Wege möchte man unter anderem den Forderungen des deutschen Kinderschutzbundes gerecht werden.

Das Gesetz bedeutet aber kein Ende für die Babyklappen und anonymen Geburten, die auch weiterhin geduldet werden sollen, auch wenn ihnen jegliche Rechtsgrundlage fehlt. Das neue Gesetz soll vor allem eine Alternative für die Mütter darstellen.

2017-07-06T12:18:18+02:00 Kategorien: Lesen, Macht + Medien, Wissen + Wirken|Tags: , , , , |