Brachwitz (Ev. Dorfkirche)

Kirchenkreis Beelitz-Treuenbrietzen

Die Kirche in Brachwitz ist die einzige Kirche im Fläming, die fast ausschließlich aus Raseneisensteinen errichtet worden ist. Der (neue) helle Putz ergibt einen reizvollen Kontrast zu den dunklen Raseneisensteinen, wie er wohl auch ursprünglich von den Baumeistern der Kirche geplant war. In der Ostwand haben sich drei ursprüngliche Fenster erhalten. Ansonsten sind alle anderen Öffnungen verändert. An der Westseite ist im Barock ein stark eingezogener, annähernd quadratischer Westturm angefügt worden. Der barocke Kanzelaltar und der Orgelprospekt sind sehenswerte Stücke der Innenausstattung.

Lage der Kirche: Brachwitz liegt nördlich von Treuenbrietzen. Es war ursprünglich ein Straßenangerdorf (Historisches Ortslexikon). Die Kirche liegt inmitten des ehemaligen Friedhofs auf dem dreieckigen Dorfanger.

Ortsgeschichte: Der Ort wird 1327 erstmals urkundlich erwähnt. Fischer (1970) vermutet eine Ableitung des Ortsnamens Brachwitz von einem slawischen Personennamen Brach (Kosenamen von Bratumil/Bratromil), also "Siedlung des Bratumil". Im Jahre 1375 hatte das Dorf 26 Hufen, von denen der Pfarrer zwei Freihufen und der Schulze vier Freihufen hatte. Letzterer mußte aber ein Lehnpferd für den Markgrafen halten. Die übrigen Hufen zahlten an Pacht 5 Scheffel Roggen und vier Scheffel Hafer. Der Zins betrug drei Schillinge. Ausgenommen waren davon drei Hufen, die jeweils vier Scheffel Roggen und drei Scheffel Hafer an Pacht bezahlten. Diese drei Hufen bezahlten nur zwei Schillinge Finkenaugen (Münzeinheit) an Zins. An Bede (Steuer) mußten 4 Frustra (Werteinheit = 20 Schillinge Pfennige) entrichtet werden. Eine weitere nicht spezifizierte Abgabe von einem Scheffel Roggen wurde zusätzlich von jeder Hufe erhoben. Der Krug gab ein Talent Finkenaugen. Es gab 18 Kossäten im Ort, von denen jeder 1 Schilling Finkenaugen bezahlen mußte. Außerdem gab jeder noch 1 Schilling für die Wiesennutzung. Die Witwe des Conrad Crappen und Johannes Bernt, Bürger in Treuenbrietzen, bezogen die Pacht- und Zinseinnahmen von 2 Hufen, außerdem 20 Scheffel , die sie von Heinrich von Lindow zu Lehen hatten. Peter Crappe, Bürger in Treuenbrietzen, nahm von 3 Hufen 1 Wispel 9 Scheffel Hafer und 6 Schillinge Finkenaugen. Die Witwe Bardenitz hatte 25 Scheffel Roggen und 8 Scheffel Hafer von den Kindern Brandt zu Lehen. Claus Grabow, Bürger in Treuenbrietzen, hatte 28 Scheffel Hafer, die Morgengabe seiner Frau. An einen Altar in Treuenbrietzen gingen 25 Scheffel Roggen und 16 Schillinge Finkenaugen. Jerchow von Niemegk hatte 8 Schillinge Finkenaugen von H. von Lindow. Hans Bernt bezog 13 Schillinge Finkenaugen, die er ebenfalls von H. von Lindow zu Lehen hatte. Heyne Frittzen, Bürger in Treuenbrietzen hatte 9 Scheffel Roggen und 9 Schillinge Finkenaugen zu einem Leibgeding. Die Bede, das hohe und niedere Gericht und die Wagendienste besaß Heinrich von Lindow von alters her als ein Lehen vom Markgrafen.

Baustruktur: Die Kirche ist ein einfacher Rechteckbau (17,00 m lang und 8,10 m breit) mit einem eingezogenen, barocken Westturm (4,75 m lang und 5,45 m breit).

Mauerwerksausführung: Das Mauerwerk der Kirche besteht aus Raseneisensteinen, untergeordnet kommen auch ein paar Feldsteine vor. Die Raseneisensteine sind wenig behauen und zumeist lagig verlegt, außerdem kommen Zwischenlagen vor. Vermutlich ist die Kirche etwas aufgestockt. Im Inneren fällt auf, dass die Mauern nach oben hin dünner werden.

Mörtel und Putze: Der Turm und die Westwand sind komplett verputzt. Ansonsten ist das Schiff steinsichtig verputzt.

Portale: Laut den "Bau- und Kunstdenkmalen in der DDR" und dem "Dehio" gibt es zwei vermauerte Portale in der Nordwand. Allerdings war diese Wand sowohl im Sommer 1999 als auch noch im März 2002 so stark mit Efeu bewachsen, dass wir diese Beobachtungen nicht verifizieren konnten. Allerdings konnten wir einige Ziegel in der Wand beobachten, die darauf schließen lassen, dass an dieser Stelle bauliche Veränderungen stattgefunden haben. Die Westpforte im Turm ist hochrechteckig und der einzige Zugang zur Kirche.

Fenster und Blenden: In der Südwand sind fünf rundbogige, recht große Fenster. Die Nordwand besitzt ebenfalls fünf rundbogige Fenster. Die Gewände und Bögen der Fenster sind komplett verputzt. In der Ostseite ist eine Dreiergruppe von kleinen Fenstern mit schlecht behauenen Raseneisensteingewänden. Die Fenster messen ca. 140 cm in der Höhe und 50 cm in der Breite. Im First des Giebels sitzt ein kleines, segmentbogiges Fensterchen.

Innenbögen: Es sind keine Innenbögen vorhanden.

Turm: Der Turm ist ein gegenüber dem Schiff stark eingezogener barocker Westturm. Im ersten Geschoß ist auf der Nord- und Südseite je eine Rechteckblende, auf der Westseite ein Rechteckfensterchen. Das Glockengeschoß besitzt je eine Schallöffnung auf allen vier Seiten. Der Innenraum ist mit dem Inneren des Schiffes durch ein großes, rundbogiges Portal verbunden. Ein weiterer Rundbogendurchgang zwischen Schiff und Turm sitzt auf Emporenhöhe. Das Turmdach schließt mit Kugel, Wetterfahne und Stern ab. Die Wetterfahne zeigt die Jahreszahl 1772.

Dächer: Das Satteldach des Schiffes ist mit Betonfalzziegeln gedeckt; das Zeltdach des Turmes ist mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.

Innenausstattung: Das Innere ist von einer einfachen hölzernen Tonnendecke überwölbt. Im Altarbereich steht ein barocker Kanzelaltar mit polygonalem Kanzelkorb und gesägten Akanthuswangen. Der Altarblock ist gemauert. Das Gestühl ist wohl ebenfalls noch barocken Alters, ebenso die Priesterstühle an der Nord- und Südseite des Chorbereiches. Die Kirche besitzt eine Hufeisenempore mit toskanischen Säulen und abgeschrägten Vorderenden. Unter der Westempore ist eine kleine Winterkirche eingebaut und mit einem Glasverhang vom restlichen Kirchenraum abgetrennt. Nach Auskunft von Frau Schumann (Brachwitz) sind die Emporen allerdings etwas verkürzt worden. Auf der Westempore steht die Orgel mit schönem Orgelprospekt. Der Prospekt ist 1999 renoviert worden. Neben dem Altar steht die kleine, barocke Holztaufe mit barocken Ornamenten. In der Südwand ist eine Rechtecknische. An der Nordseite des Schiffes ist eine Gedenktafel für die Gefallenen des 1. Weltkriegs angebracht. Im Turmraum stehen die Klöppel der alten Glocken.

Außenbereich: Im Außenbereich fiel uns nichts Erwähnenswertes auf. Der Friedhof ist seit den 30er Jahren des 20. Jahrhundert aufgegeben (mdl. Mitt. Frau Schumann, Brachwitz). Der Bereich des ehemaligen Friedhofs ist gegenüber dem umliegenden Gelände stark angewachsen (ca. 60 cm) und von einer niedrigen Feldsteinmauer mit Ziegelabdeckung umgeben. Diese ist 1995 renoviert worden.

Baugeschichte: Aufgrund der Mauerwerksausführung und der Stilelemente (Dreiergruppe in der Ostseite) kann man wohl einen Baubeginn am Ende des 13. Jahrhundert/Anfang des 14. Jahrhunderts annehmen. Die Kirche war ein Rechteckbau mit einem Gemeinde- und Priesterportal in der Nordseite. Die ursprüngliche Fensterzahl in der Nord- und Südwand ist unsicher. Wahrscheinlich waren es weniger als heute. Die Ostwand hat(te) eine Dreiergruppe von schmalen, gleich hohen Fenstern, die nicht über die Traufhöhe reichen. Dies läßt auf eine ursprüngliche Flachdecke im Kircheninneren schließen.
1772 wurde der Westturm angebaut und die Fenster der Südseite verändert. Vermutlich wurden auch die Mauerkronen der Kirche deutlich erhöht. Die Fensterbögen liegen in diesem, jetzt komplett verputzten Bereich.
1995 wurde die Kirche restauriert und vor allem neu verputzt.

Vergleiche: Die Dorfkirche in Brachwitz ist die einzige Kirche im Landkreis Potsdam-Mittelmark, die fast ausschließlich aus Raseneisensteinen errichtet wurde. Mit einem Längen-Breitenverhältnis von 2,1 gehört sie vermutlich zu den frühgotischen Dorfkirchen. Ähnliche Proportionen kennt man von der Kirchenruine Dangelsdorf und der Dorfkirche Schenkenhorst, die allerdings etwas schmaler sind und dadurch geringfügig größere Längen-Breiten-Verhältnisse haben.

Bemerkungen: Der alte Dehio/Potsdam und die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR beschreiben den Kirchenbau als einheitlichen Feldsteinbau. Dies ist nicht korrekt; es handelt sich überwiegend um Raseneisensteine. Im neuen Dehio/Brandenburg ist dieser Punkt bereits korrigiert worden.
Die Kirche wird in der Literatur als spätgotisch datiert. Wir halten diese Datierung aufgrund der lagigen Mauerwerksausführung und der Ausführung der Ostfenster für nicht korrekt, sondern befürworten einen Baubeginn zu Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts.
Unsere Beschreibung ist noch ungenügend und muß noch wesentlich ergänzt werden.

Information und Dank: Frau Schumann (Dorfstr.16) und Herr Pfau (Dorfstr. 17) haben uns in sehr netter Weise "ihre" Kirche gezeigt und uns einige Informationen zur Baugeschichte zukommen lassen.

Literatur: Fidicin (1860), Die Territorien der Mark Brandenburg, Bd.3, Teil 3 Der Zauchische Kreis, S.4, Schulze (1940), Das Landbuch der Mark Brandenburg, S.207, Bär (1956), Aus der Geschichte des Dorfes Brachwitz (I). Der Heimatfreund Kulturspiegel des Kreises Belzig, August 1956, S.5-6, Bär (1956), Aus der Geschichte des Dorfes Brachwitz (II). Der Heimatfreund Kulturspiegel des Kreises Belzig, September 1956, S.11-14, Fischer (1970), Brandenburgisches Namenbuch, Teil 1 (Zauche), S.43/4, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (Dehio/Potsdam) (1983), S.141, Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR (1978), S.16, Rohrlach (1977), Historisches Ortslexikon für Brandenburg Teil 5 Zauch-Belzig, S.50/1, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Brandenburg (Dehio/Brandenburg) (2000), S.104.

Ältere Beschreibungen:

Dehio: Brachwitz Bez. Potsdam, Ldkr. Belzig Dorf-K. Spätgot. rck. Feldsteinbau mit quadr. WTurm von 1772 Backstein. Von den spätgot. Öffnungen erh. 2 NPortale und die ö Fenster, die übrigen Öffnungen bar. verändert. Der Turm gut gegliedert mit Zeltdach. Innen bar. hölzernes Tonnengewölbe; Hufeisenempore auf schlanken toskanischen Säulen. - Kanzelaltar 1. H. 18. Jh., Holz, der polyg. Korb mit laubbekränzten Ovalfeldern flankiert von Säulen und Bandelwerk-Akanthuswangen, im gesprengten Giebel Strahlensonne; Schalldeckel mit Blattkrone. Klassizist. Tauftisch, Holz, 1. H. 19. Jh., Schale auf hohem quadr. Sockel. Kastengestühl im Chor mit geschweiften Abschlüssen 17./18. Jh.

Dehio/Brandenburg: Brachwitz Lkr. Potsdam-Mittelmark. Karte 5 Ev. Dorfkirche. Im Kern spätgotischer rechteckiger Saalbau aus Raseneisensteinen, 1772 die Fenster stichbogig verändert und Errichtung des quadratischen Westturms aus Backstein mit kräftiger Putzgliederung und Zeltdach. Rest. 1995. Vom Ursprungsbau zu erkennen zwei zugesetzte Portale auf der Nordseite und die östl. Dreifenstergruppe. Der steile Innenraum unter Holztonne; Hufeisenempore auf schlanken toskanischen Säulen. - Hölzerner Kanzelaltar 1. H. 18. Jh., der polygonale Korb mit laubbekränzten Ovalfeldern flankiert von Säulen und Bandelwerk-Akanthuswangen, im gesprengten Giebel Strahlensonne; Schalldeckel mit Blattkrone. Orgel 1792 von J. T. Turley. Klassizistischer Tauftisch, Holz, 1. H. 19. Jh. Kastengestühl im Chor mit geschweiften Abschlüssen, 17./18.Jh.

Bau- und Kunstdenkmale in der DDR: Brachwitz Dorfkirche Im Kern rechteckiger Feldsteinbau des 15. Jh., Umbau und Erweiterung durch verputzten Westturm 1772. Das Innere mit segmentbogiger Holztonne. Kanzelaltar in Verbindung mit seitlichem Pfarrstuhl, 1. H. 18. Jh. Klassizistischer Tauftisch, um 1800. Hufeisenförmige Empore aus der Zeit des Umbaus; Orgel 1792 von Tobias Thurley. Leuchterpaar, Messing, um 1500.

Historisches Ortslexikon für Brandenburg: K rechteckiger Feldsteinbau des 14./15. Jh, barock verändert, mit verputztem WTurm von 1772.

Aufnahme der Kirche: Juni 1999

Grundriss:

Grundriss der Dorfkirche Brachwitz (eigene Aufnahme; nicht winkeltreu)

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©Theo Engeser und Konstanze Stehr, Jühnsdorf, 2003