Zunächst stellt sich die Frage, wie man auf die Idee kommt, nach Norwegen zu fahren um Drachen zu fliegen. Ich habe eine gute Begründung: Meine Teilnahme am Styrkeprøven. (Natürlich kann man sich auch fragen, wie ich auf diese merkwürdige Idee gekommen bin...) Und da lag nichts näher als den Drachen mitzunehmen. Und das Wetter? Nun – ich kann mich nicht beklagen: Von 23 Tagen vor Ort gab es 13 Flugtage mit durchaus brauchbaren thermischen Verhältnissen. In dieser Zeit wurden Strecken über 100 km geflogen (Luftlinie Start – Landung). Eine keine Auswahl:
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GS |
107,3 km |
Max 3182 m |
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HG |
131,5 km |
Max 2895 m |
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HG |
178,5 km |
Max 2890 m |
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GS |
100,7 km |
Max 2936 m |
Das Luftsportzentrum in Vågå
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Anlaufpunkt für Drachen- und Gleitschirmflieger in Norwegen ist das Luftsportzentrum (Luftsportssenter) in Vågå (kurz für Vågåmo). Diese Einrichtung ist vorbildlich und sucht seines Gleichen anderswo. Alles was man braucht ist eine IPPI Lizenz, genügend Flugerfahrung und eine eigene Flugausrüstung, der Rest wird vor Ort geboten. Je nach belieben kann man Zelten, sein Wohnmobil aufstellen oder ein Bett im Mehrbettzimmer belegen (in diesem Fall empfiehlt es sich vorher zu reservieren). Es gibt Frühstück und gelegentlich abends Grillen. Das Zentrum hat eine Garage für die trockene Lagerung des Drachens, Kleinkram und Gleitschirme können im Gebäude abgelegt werden. Duschen, Sauna, Aufenthaltsraum, Küche, Kühlschrank sind selbstverständlich vorhanden. Auch sinnvoll ist ein PC mit Internetanschluss und WLAN. Das Wichtigste ist der Taxiservice. Morgens und bei Bedarf bis in den Abend fährt das Flugtaxi das jeweils geeignetste Fluggebiet an. Und das Beste für Preisbewusste: Man bezahlt nur das was man braucht; die Preise sind durchaus konkurrenzfähig mit europäischen Verhältnissen und ein Schnäppchen im norwegischen Vergleich.
Die Fluggebiete
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Abgesehen vom Skandinavischen Hoch, dass sich Wochen halten kann, liegt Vågå in einem vom Wetter begünstigten Tal. Es regnet hier so wenig (270-300 mm/Jahr), dass die Felder künstlich bewässert werden müssen.
Die am häufigsten angefahrenen Startplätze liegen am Hausberg, eignen sich für SO, S und SW und haben eine Höhe zwischen 1070m und 1460m. Bei entsprechendem Wind und mit thermischer Unterstützung ist es kein Problem, oben zu bleiben. Streckenflugmöglichkeiten gibt es zunächst in Ost-West-Richtung dem Talverlauf folgend. Bei W (häufig) kann dann nach 8 km der Sprung über das Gudbransdal gewagt werden. Eine beliebte Route führt weiter nördlich bei Dovre über das Grimsdalen nach Folldal und weiter bis Røros. Aber auch Flüge dem Gudbransdal Richtung Süden folgend bis Lillehammer sind keine Seltenheit. Wenn sich genug Interessenten finden, wird bei W auch das weiter westliche Bismo angefahrenen. Bis zum Luftsportzentrum sind es von dort 48 km.
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Bei NW Lagen geht es ins Hochgebirge nach Juvashytta (1600m). In direkter Nachbarschaft liegt der Galdhøpiggen, der höchste Berg Nordeuropas (2470m). Sowohl Start- als auch Landeplätze sind hier allerdings nicht einfach! Die Startplätze sind sehr steinig und verzeihen keine Fehler. Gelandet wird entweder im Tal auf einer privaten Wiese oder unterhalb des Startplatzes auf dem Fjell bei der Gastwirtschaft Raubergstulen. Für erstere Landemöglichkeit muss in jedem Falle vorher eine Genehmigung eingeholt werden. Die Wiese kann sehr turbulente Verhältnisse aufweisen. Das Fjell ist vorzuziehen. Allerdings ist stehende Landung hier Pflicht, da es sich um Knie hohes Buschwerk handelt. Vorher im Luftsportzentrum informieren!
Der
Landeplatz Vågå befindet
sich direkt am Luftsportzentrum und erstreckt sich in
Ost-West-Richtung. Eine Besonderheit ist die dortige Talverängung,
die zu kräftigerem Wind führen kann. Außenlandungen
in direkter Umgebung sind nur auf den westlich angrenzenden Feldern
möglich und kosten 300 NOK (40 Euro). Nördlich wird der
Landeplatz vom Gebäude und Parkplätzen begrenzt, östlich
von einem Fluss, der südlich hinter einigen Bäumen und
einem kleinen Feld vorbei fließt. Vorausschauendes Fliegen
vorausgesetzt, sollte es aber keine Probleme bei der Landung geben.
Wenn sich die Oberfläche des im Oberlauf des Flusses liegenden
Sees kräuselt, wird nicht gestartet. Ist man bereits in der
Luft, ist abzuschätzen, wie sich die Verhältnisse
entwickeln werden. Stehen beide Windfahnen am Landeplatz parallel,
kann auch bei einem 20er Wind gelandet werden. Im Notfall wird eines
der Felder weiter westlich aufgesucht, wo das Tal breiter ist.
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich (fast) nur saubere Starts und Landungen gesehen habe, nicht wenige innerhalb des markierten 20m im Durchmesser messenden Kreises auf dem Landeplatz, stehend und mit Hochleistern! Steilspiralen über dem Landeplatz habe ich nie gesehen, Aufziehübungen während des Landebetriebes ebenso wenig. Norwegische Piloten verhalten sich sehr diszipliniert. Die Lage des Landeplatzes in unmittelbarer Nähe zum Gewässer mag dazu beitragen. Besonders wichtig ist eine gute Flugvorbereitung. Dazu gehört, sich mit dem Wetter und den besonderen Bedingungen vor Ort vertraut zu machen. Der Seewind von der Nordsee konkurriert mit dem Talwindsystem. Der Wind kann Richtung und Stärke im Tagesverlauf schnell ändern. Daher bitte die ansässigen Piloten befragen.
Erwähnenswert ist das elektronische Online-Fluglogbuch (http://no.flightlog.org), das wohl von den meisten norwegischen Piloten benutzt wird. Es ist offen für jeden und in verschiedenen Sprachen erhältlich. Hier gibt es eine gute Übersicht über das, was fliegerisch in Norwegen möglich ist und auch über Anzahl und Verteilung guter Flugtage.
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Alternativprogramm
Wenn das Wetter nicht zum Fliegen taugt oder einem nicht gut genug ist, bieten sich genug Möglichkeiten an.
½ Autostunde entfernt liegt Lom. Kurz vor Lom gibt es bei Liabru einen Badestrand. In Lom ist ein sehenswertes Fjell-Museum. Von Lom führt eine Straße über das Fjell zum Sognefjord. Selbst im Sommer liegt auf dem Pass oft noch Schnee.
1 Autostunde entfernt ist das Fluggebiet Juvashytta. Von hier werden geführte Touren über den Gletscher auf den Galdhøpiggen angeboten. Achtung: Eigenmächtiges Begehen des Gletschers ist wegen der Gletscherspalten lebensgefährlich!
3 Autostunden entfernt liegt der Geiranger-Fjord, einer der imposantesten Fjorde. Wer einmal dort ist, kann auch auf den Dalsnibba fahren. Schöner Ausblick über den Fjord. Es lohnt sich, von Geiranger aus die Straße Richtung Norden bis zur Adlerkurve hochzufahren. Auf der Aussichtsplattform bietet sich ein einmaliges Postkarten Fotomotiv. In Geiranger gibt es ein sehenswertes Fjordmuseum. Auch eine Rundfahrt auf dem Fjord bietet sich an. Nur so kann man die Bergbauernhöfe auf den Felsvorsprüngen sehen. Wer fit in den Armen ist, mietet sich zu diesem Zweck ein Kajak. Achtung: das ist sehr teuer! 5 Stunden kosten 40 Euro. Wer sich um eine Stunde verspätet zahlt gleich noch mal 40 Euro für die angefangenen nächsten 5 Stunden. Verhandeln aussichtslos! Also lieber die Touristenfähre nehmen. Das kommt billiger.
Und noch ein Tip: Einmal in Norwegen muss der braune Karamelkäse (den gibt es in den verschiedensten Sorten) und der Gamleost (Vorsicht!) probiert werden.
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Leistung pro Tag bzw. Einheit und Person |
Norwegische Kronen |
Euro (ca.) |
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Übernachtung im Bett |
160,00 |
21,60 |
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Zelten/Wohnmobil |
80,00 |
10,80 |
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Küchenbenutzung |
15,00 |
2,00 |
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Nur Benutzung der Sanitäranlagen ohne Übernachtung |
30,00 |
4,10 |
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Internetbenutzung (eigener PC oder PC im Zentrum) |
20,00 |
2,70 |
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Internetbenutzung pro Woche |
100,00 |
13,50 |
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Frühstück |
50,00 |
6,80 |
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Grillen (nur bei genügend Nachfrage) |
75,00 |
10,10 |
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Bergfahrt Hauptstartplatz am Hausberg |
50,00 |
6,80 |
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Bergfahrt andere Startplätze am Hausberg |
80,00 |
10,80 |
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Fahrt nach Bismo (Streckenfluggebiet) mit Rückholung (sofern man an der Hauptstraße landet) |
120,00 |
16,20 |
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Fahrt nach Juvashytta (Hochgebirge) |
120,00 |
16,20 |
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Mehrfahrtenkarte 10 Punkte (reicht z.B. für 5 Fahrten zum Hauptstartplatz oder 2 nach Bismo) |
220,00 |
29,70 |
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Mehrfahrtenkarte 20 Punkte (reicht z.B. für 10 Fahrten zum Hauptstartplatz oder 2 nach Bismo) |
400,00 |
54,00 |
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Anreise
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Am bequemsten aber auch am teuersten ist die Fähre von Kiel nach Oslo (fährt über Nacht, Kabine erforderlich). Für einiger Maßen bezahlbare Kabinen ist eine Reservierung Monate im Voraus nötig. Die Alternative ist der Landweg über Dänemark und/oder Schweden. Ab Oslo mit der Bahn bis Otta und weiter mit dem Bus oder mit dem Auto der E6 bis Otta folgen, dann links Richtung Stryn/Lom/Vågå. Die Strecke Oslo-Vågå beträgt 310 km (5 Autostunden). Achtung Autofahrer: Geschwindigkeitsbegrenzung (zwischen 80 und 110 km/h) in Schweden/Norwegen beachten. Wer zu schnell fährt, riskiert Strafen in Höhe mehrerer Monatsgehälter und den Führerschein! Schon 20 km/h über dem Limit können die Lust am Urlaub verderben! Falschparken in größeren Städten kostet 70 Euro. |
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Übernachtung |
Wer zum Fliegen kommt zeltet am besten am Rand des Landeplatzes beim Luftsportzentrum. Anderswo wird Wildcampen für einzelne Nächte an einem Ort geduldet, wenn kein Haus in der Nähe ist. Auf vielen Rastplätzen ist es nicht verboten, in seinem Wohnmobil zu übernachten. Einige haben Toiletten. Ansonsten bieten sich Campingplätze an. |
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Voraussetzungen |
Eigene Flugausrüstung mit aktuellem Sicherheitsstandard, IPPI-Card |
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Beste Reisezeit |
Juni bis August. Wer einen Mitternachtsflug erleben will, sollte in der zweiten Junihälfte nach Vågå kommen. |
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Wetter |
Die Temperaturen können im Sommer in Südnorwegen zwischen 5 und 30 Grad variieren. Regen ist an der Westküste wahrscheinlicher als im Schutz der Berge weiter östlich. Es kann aber auch tagelang die Sonne scheinen. |
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Währung |
Ist die norwegische Krone (NOK). Ein Euro entspricht ca. 7-8 Kronen. Euros werden in den großen touristischen Hochburgen akzeptiert. Kreditkarten fast überall. Tanken lässt sich meist rund um die Uhr mit Kreditkarte. (Karte einschieben, Geheimzahl eingeben, Säule wählen, Tanken. Falls die Quittung nicht automatisch ausgeworfen wird, lässt sie sich durch erneutes Einschieben der Karte anfordern. Achtung: Wenn man nur zum Test die Karte einschiebt und nicht tankt, hat der Nächste freie Bahn!) |
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Preise |
Mal abgesehen von den Strafen, Hotels, Essen gehen (Pizza ab 16 Euro) und dem Campingplatz in Oslo (30 Euro) ist Norwegen nicht so teuer, wie weitläufig behauptet wird: Benzin kostet um die 1,50 Diesel 1,40 (lokal unterschiedlich), Campingplätze 10-30 Euro, Lebensmittel befinden sich auf dem Niveau wie in Deutschland bei den teureren Supermärkten. Ich finde es albern, sich zu Hause mit Nudeln und Konserven einzudecken, anders steht es mit dem Alkohol, da gibt es aber strikte Einfuhrbeschränkungen (und Promillegrenzen!). Wer etwas ungewöhnliche Ernährungsgewohnheiten hat (Vegetarier, etc.) sollte sich überlegen, was er/sie aus seinem Naturkostladen mitnimmt. |
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Öffnungszeiten der Geschäfte |
Ähnlich wie in Deutschland |
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Sprache |
Norwegisch. Mit Englisch oder Deutsch kommt man aber sehr gut über die Runden. |
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Verhalten in besonderen Fällen
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Es sollte selbstverständlich sein, sich der Mentalität entsprechend zu verhalten. Norweger haben mich immer freundlich behandelt und waren stets hilfsbereit. Es kommt gut an, sich eher unauffällig zu verhalten. Was man vermeiden sollte ist, sich zu beschweren. Man reagiert in Norwegen darauf mit Unverständnis und fühlt sich gekränkt. Auch dürften Beschwerden eh schlechte Erfolgsaussichten haben. Also: Beharrt nicht nach guter deutscher Art auf Eure vermeintlichen Rechte, sondern informiert Euch vorher. Es ist sehr unwahrscheinlich vorsätzlich betrogen zu werden. Alles andere lässt sich herausfinden bevor Grund zur Unzufriedenheit besteht. Wenn Ihr Euch in einer Touristinformation informieren wollt, seit nicht verwundert, wenn Euch keine Auskunft gegeben wird. Ein Beispiel: „Ich kann Ihnen (hier in Oslo) nicht sagen, wie die Busse in Åndalsnes fahren, ich bin nicht von dort.“ Dieses Beispiel ist kein Einzelfall, kann aber selbstverständlich nicht verallgemeinert werden. |
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Informationen zum Luftsportzentrum in Vågå und zum Fliegen in Norwegen |
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Fluglogbuch |
Kontakt: André Vratislavsky /
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