Forschungsprojekt über die Tagebücher Victor Klemperers

Ein neues, vom Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin aufgenommenes Forschungsvorhaben ist der dokumentengerechten, vollständigen Handschriftenübertragung der Tagebücher Victor Klemperers aus den Jahren 1933–1945 und deren wissenschaftlichen Kommentierung gewidmet.
Die von Walter Nowojski erstmals 1995 herausgegebenen Tagebücher Victor Klemperers der Jahre 1933–1945 haben nach ihrem Erscheinen sowohl national als auch international, insbesondere in den USA, ein ungewöhnlich starkes Echo gefunden. Die deutschen Feuilletons sowohl als auch die Fachwelt unterschiedlicher Wissenschaftsbereiche konstatierten, daß die Aufzeichnungen Victor Klemperers eine Fülle völlig neuer Einblicke in die Zeit des Nationalsozialismus und insbesondere der Judenverfolgung gewähren. In den seither veröffentlichten historischen Publikationen beziehen sich Wissenschaftler aus dem In- und Ausland immer wieder auf diese Tagebücher. Die vorliegende Übertragung und Bearbeitung der nur schwer entzifferbaren Handschrift Victor Klemperers mußte aus editorischen Gründen (sie war von vornherein für einen großen Leserkreis bestimmt) wesentlich gekürzt werden. Von den mehr als 5000 Typoskriptseiten des Originals konnten nur etwa 1500 Seiten in die Ausgabe aufgenommen werden. Um aber die genaue Kenntnis dieser Tagebücher zu vermitteln, ist die elektronische Aufarbeitung des Gesamtmaterials unumgänglich. Zugleich verfolgt das Forschungsprojekt das Ziel, sowohl das in fünfundzwanzigjähriger Arbeit von Walter Nowojski an dieser Materie zusammengetragene Wissen als auch Ergebnisse noch ausstehender Forschungen in einem wissenschaftlichen Apparat vorzulegen.
Für die Übertragung des etwa 5000 Seiten umfassenden Gesamtmaterials der Tagebücher Victor Klemperers aus den Jahren 1933–1945 bringt der Herausgeber dieser Tagebücher beste Voraussetzungen mit. Für die bisher von ihm herausgegebenen 8 Bände der Autobiographie und der Tagebücher von 1918–1959 hat Walter Nowojski insgesamt etwa 16000 nur sehr schwer lesbare Handschriftenseiten durchgesehen und dabei wichtige Erfahrungen sammeln können.
Darüberhinaus wird die Übertragung durch einen wissenschaftlichen Apparat ergänzt, der sowohl die bisher nicht publizierten Ergebnisse aus der nunmehr fünfundzwanzigjährigen Beschäftigung Walter Nowojskis mit dem Nachlaß Victor Klemperers enthält, Erkenntnisse aus eigenen Studien und Recherchen, aus mehr als 2000 ihm zugegangenen Briefen sowohl über das Schicksal der in den Tagebüchern beschriebenen Leidensgefährten, als auch über die Dresdener Täter und die ehemalige Kollegenschaft der Technischen Hochschule. In den Apparat aufgenommen werden weiterhin Ergebnisse noch zu leistender Studien und Recherchen, die für die zukünftige Forschung  von großem Nutzen sein werden.
Erklärtes Ziel des Projekts ist es, zukünftigen Wissenschaftlern unterschiedlichster geisteswissenschaftlicher Fachgebiete für ihre Forschungen über den Nationalsozialismus und insbesondere deren Judenverfolgung den vollständigen Text der Klempererschen Tagebücher der Jahre 1933–1945 zu erschließen. Um die Tagebuch-Aufzeichnungen für die Wissenschaft handhabbar und vielfach nutzbar zu machen, wird das Ergebnis als CD-Rom beziehungsweise DVD vorgelegt.
Das Forschungsprojekt fügt sich in den wissenschaftshistorischen Schwerpunkt des Projektleiters, Prof. Dr. Jürgen Trabant, ein, der seit den 80er Jahren mehrere Arbeiten zum Gebiet der Geschichte der Romanistik, insbesondere in der Nazizeit publiziert hat.
Für die Realisierung des über drei Jahre laufenden Forschungsvorhabens leistet die Robert-Bosch-Stiftung eine einjährige Anschubfinanzierung. In den folgenden zwei Jahren wird das Projekt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Unterstützt wird das Vorhaben weiterhin vom Berliner Aufbau-Verlag, der die Lizenzrechte zur Verfügung stellt, sowie der Sächsischen Landesbibliothek, in deren Besitz sich der Nachlaß Victor Klemperers befindet.