Ich will leben
Ami me gusta que baile Balaye
Ich bin noch nicht tot.
Das hat mein Exmann zu mir gesagt. Nein, du bist nicht tot, aber wir sind
gestorben. Jede Begegnung mit Martin wird zu einem Lauf über glühende
Kohlen. Seine Worte brennen wie heiße Nadeln auf der dünnen Haut
meiner Gehörgänge und lassen in meinem Gehirn blitzende Funken
sprühen, die mit Lichtgeschwindigkeit durch meinen ganzen Körper
schießen, bis sie meine Seele gefunden haben und sie verbrennen.
Mi alma muy triste y pesarosa a las flores
Wie konnte es
nur so weit kommen? Martin ist seit zwei Jahren Alkoholiker und nur noch
ein Schatten seiner selbst. Das innere Leuchten, mit dem er mich vor dreizehn
Jahren verzaubert hat, ist fast erloschen. Die Angst ist größer
als wir glauben. Ich habe Angst vor ihm, er hat Angst vor sich selbst, ich
habe Angst vor meiner Liebe.
Diluvio de besos, tempestad de amor, ansias incontables
de unir nuestras vidas
Balaye ist mein
Leben. Sein Körper ist mein Körper, mein Körper ist sein Körper,
auch wenn wir getrennt voneinander an die Zeiten denken, in denen wir in
leidenschaftlicher Umarmung unser Wiedersehen gefeiert haben. Nach zwei Wochen
trunkener Küsse war alles vorbei. Das Flugzeug wartete auf mich und
brachte mich zurück nach Europa. Meine Haut brannte noch unter seinen
zärtlichen Berührungen, doch meine Gedanken waren schon bei meinem
neuen Job, der mein Leben verändern sollte. Ich liebe meine Stadt, doch
Balaye darf dort nicht leben. Seine Hände sollten mich in der Nacht
suchen, doch sie greifen ins Leere. Anstatt seine Hände zu fühlen,
greifen meine Beine in die kalten Satintücher. Wenn mich die Sehnsucht
weckt, halb Traum, halb Realität, fühle ich seine Nähe, spüre
seinen Atem, höre sein Flüstern, doch der Platz neben mir ist
leer.
Anhelos de caricias, de besos y ternuras, de todas las
dulzuras que han podido brindar
Was ist schmerzhafter,
die Liebe Martins, die stirbt, oder Balayes Liebe, die gierig wie ein siebenköpfiger
Drache unsere Vergangenheit verschlingt? Dieses Sterben ist so süß.
Wir können es nicht mehr rückgängig machen. Diese Liebe ist
mächtiger als unser Selbst. Wir wollen nur eins, für immer zusammenleben,
und zwar in Europa. Ich kann es nicht ertragen, Balaye so zu vermissen. Er
lebt in einem Land, dessen Regierung ihre Einwohner wie Gefangene hält.
Das einzige, was sie haben, ist ihre Religion, die muss als Sozialversicherung
ausreichen. Allah ist groß. Er wird Balaye einen Weg nach Europa ebnen.
Auch die Botschaftsbehörden zählen auf Allah. Hilf Balaye, die Ablehnung
seines Visumantrags zu verkraften. Gib seinem Geist Bier und Wein, daß
er das süße Leben vergisst.
Herido de sombras por tu ausencia estoy
Aus Stimmen aus dem Meer von Coqueluche
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