AG EXISTENZSICHERUNG 28.02.99
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AKTUALITÄT UND DURCHSETZBARKEIT DER EXISTENZGELD-FORDERUNG
"Das Gesetz der V e r t e i l u n g ist das älteste Gesetz. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Fassungen davon: nach der einen beschränkt sich die Verteilung auf den Kreis der Jäger; nach der anderen werden auch die Frauen und jene Männer, die mit der Jagdmeute nichts zu schaffen haben, hinzugezogen. Der Vorsteher der Verteilung, der für ihre ordentliche Durchführung zu sorgen hat, bezieht ursprünglich aus seinem Amte keinerlei Vorteile." (Elias Canetti: Masse und Macht. Frankfurt a.M. 1982, S.107)
Im Wintersemester 1998/99 wollen wir 16 Sitzungen lang in eine Theorie des gesellschaftlichen Zusammenlebens auf der Grundlage von Existenzgeld einsteigen:
Das soll durch kritische Reflexion einiger Aspekte unserer kapitalistischen, erwerbsarbeitszentrierten Wirtschafts- und Lebensweise erfolgen. Wir wollen aber dabei nicht stehenbleiben. Es wird uns vor allem darauf ankommen, im Denken Aspekte einer neuen Gesellschaftsordnung vorwegzunehmen.
Gegenstände der Untersuchung werden sein:
Unter "Individuum" meinen wir den vorfindlichen, konkreten Menschen in seiner Interaktion mit anderen Menschen innerhalb einer vorfindlichen, konkreten Struktur von Gesellschaft.
Dieser konkrete Mensch hat ein Geschlecht, gehört einer Klasse, einer Ethnie an; auch spielt immer noch seine Hautfarbe eine wesentliche Rolle. Diese Zugehörigkeiten führen zu Vorverurteilungen, zu Diskriminierungen oder Privilegierungen.
Wir sehen uns als Teil einer politischen Bewegung,
die Gesellschaft verändern will. Jedenfalls wollen wir mehr sein als
Teil eines gesellschaftlichen Unterhaltungsprogramms.
ZIELE UND BEURTEILUNGSRAHEN DES EXISTENZGELDMODELLS
Wir betrachten das Existenzgeld als Grundvoraussetzung, um fünf übergeordnete Ziele erreichen zu können:
Durch diese Einbettung in fünf Ziele kann das Modell Existenzgeld klar von den verschiedenen "Modellen der Armutsverwaltung" abgegrenzt werden.
Zur letzterer Kategorie zählen:
Während diese Varianten von Armutsverwaltung
die Tradition der Armenfürsorge fortsetzen, versteht sich das Existenzgeld
als Modell, das die Armut überwindet und die Emanzipation und Entfaltung
des Individuums ermöglicht.
ZUM IST-ZUSTAND VON GESELLSCHAFT. DER STANDPUNKT DER BETRACHTUNG
Die Gesellschaft zerfällt mehr und mehr in zwei Sektoren, den Sektor der Erwerbsarbeit und den Non-Profit-Sektor. Die Grenzlinie zwischen diesen Sektoren verfestigt und vertieft sich unablässig. Der Graben wird immer unüberwindlicher.
Der Erwerbsarbeitssektor zerfällt in ein Zentrum und eine Peripherie. Im Zentrum existieren tariflich geschützte und relativ gutbezahlte Vollzeitarbeitsplätze; in der Peripherie konzentrieren sich die ungeschützten und gering bezahlten "bad jobs" bis hin zum Tagelöhnerstatus. Zur Peripherie zählt auch die sog. "Schwarz"arbeit.
Auch die Grenze zwischen Zentrum und Peripherie des Erwerbsarbeitssektor verfestigt sich und wird zunehmend undurchlässiger.
Das Zentrum des Erwerbsarbeitssektors zerfällt einerseits in die Klasse der Kapitalisten und Top-Manager von Aktiengesellschaften, die über das WAS und WIE der Produktion entscheiden; andererseits in die Klasse der LohnarbeiterInnen, die das WAS und WIE der Produktion erledigen.(Anm postmod)
Diese beiden Klassen führen miteinander Verteilungskämpfe, setzen sich aber insgesamt von der Peripherie und dem Non-Profit-Sektor ab.
Der Non-Profit-Sektor zerfällt in die Bereiche Hausarbeit, ehrenamtliche gesellschaftliche Arbeit und öffentlich geförderter Non-Profit-Sektor.
Die Seminar-Referate verorten sich im Non-Profit-Sektor und blicken von dort aus sowohl auf den Erwerbsarbeitssektor, als auch auf die globale Verteilungsungerechtigkeit.
Selbstredend steht uns die Peripherie des Erwerbsarbeitssektors
am nächsten.
DAS EXISTENZGELDMODELL - EINSTIEG IN EINE WIRKLICHE UMVERTEILUNG VON OBEN NACH UNTEN
Der Anspruch auf Existenzgeld ist ein Menschenrecht und begründet sich allein aus der Tatsache, geboren worden zu sein und dauerhaft auf dem Territorium der BRD zu leben. Darüberhinaus stellt das Existenzgeld eine pauschale Bezahlung unspezifischer gesellschaftlicher Arbeit dar.
Das Existenzgeld würde derzeit DM 1300,- betragen plus zweckgebundene DM 200,- für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung plus ein zweckgebundenes Wohngeld. Der Wohngeldanspruch entfällt, wenn das Gesamteinkommen des Individuums nach Durchführung von take-half DM 3000,- erreicht. Die Höhe des ausbezahlten Existenzgeldes ergibt sich aus einer Bedarfssäule, die jährlich angepaßt wird.
Das Existenzgeldmodell funktioniert über eine umfassende Umverteilung der E i n k o m m e n aus Vermögen und Erwerbsarbeit.
Nicht umverteilt werden die Vermögen selbst. Die Unterschiede im Reichtum werden lediglich verringert, aber nicht beseitigt.
Umverteilt wird das N e t t o - E i n k o m m e n . Allerdings gibt es nur noch eine einzige Steuerklasse, die bisherige Steuerklasse 1.
Auf diese Weise soll das Weiterfunktionieren der alten, gewohnten Wirtschaftsweise gewährleistet sein. Denn ein Zusammenbruch der hochkomplexen Produktions- und Warenverteilungssysteme, ohne daß eine andere sie ersetzen könnte, würde Hunger, Not und Chaos nach sich ziehen und mit Sicherheit die Schwächsten und Ärmsten der Armen treffen.
Vielleicht klingt das etwas enttäuschend. Dennoch bedeutet das Existenzgeldmodell die größte Umverteilung in der Geschichte der Menschheit.
Mensch muß das Paradoxe der Situation begreifen: Alles geht weiter wie bisher - bis auf einen einzigen Eingriff -take half (Nimm die Hälfte!)- , der alles verändert. Die Wirtschaftsweise funktioniert weiter in gewohnten Bahnen, und dennoch ändert sich alles; genauer: könnte sich alles ändern.
DERZEITIGE BEHANDLUNG DES BRUTTOEINKOMMENS AUS ERWERBSARBEIT:
Vom Bruttoeinkommen zieht der Staat über das Finanzamt die Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben ein. Während die Lohnsteuer in den großen Steuer-Topf der Staatseinkünfte fließt, fließen die die verschiedenen Abgaben (KV,RV,ALV,UV,PflegeVers.) in die verschiedenen Töpfe der verschiedenen Sparten der Sozialversicherung. Sie werden nach versicherungstechnischen Gesichtspunkten vereinnahmt, verwaltet und ausbezahlt.
Es gilt der Grundsatz: Die Steuer wird in einen Topf, die Abgaben werden in viele Töpfe transferiert. Die Steuern werden nach politischen Prioritäten ausgegeben; die zweckbestimmten Abgaben werden zweckgebunden ausgegeben.
Der Lohnsteuertransfer fließt an die Erwerbstätigen nur indirekt und mittelbar über die Finanzierung von Infrastruktur (Schulen, Straßen etc.) oder Rechtsstaatlichkeit, Bildung und Sicherheit etc. zurück.
Der Abgabentransfer fließt im Versicherungsfall (Altersgrenze, Krankheit, Unfall, Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Pflege) direkt und unmittelbar an die einzelnen Erwerbstätigen zurück. Die nichterwerbstätigen Angehörigen sind jeweils mitversichert.
Ebenso wie in den Beiträgen zur Renten-,
Kranken- und Pflegeversicherung, ist im verbleibenden Netto-Einkommen unsichtbar
ein Anteil enthalten, der den materiellen Unterhalt (Wohnung, Heizung,
Kleidung, Nahrung) der Hausfrau (bzw. des Hausmanns) und der Kinder umfaßt.
In diesem mittelbaren Transfer ist kein Lohn für Hausarbeit enthalten.
Durch steuerliche Bevorzugung von Familien mit Kindern wird dieser mittelbare
Transfer erhöht. Nimmt die Zahl der DoppelverdienerInnen-Haushalte"
zu, so nimmt dieser Einkommensanteil ab. (Anm.Schweden)
BEHANDLUNG DES BRUTTOEINKOMMENS GEMÄß DEM PRINZIP "TAKE-HALF" (="NIMM DIE HÄLFTE"):
Generell gilt jetzt Steuerklasse 1. Darüberhinaus entfallen alle Steuervergünstigungen wegen Kindern. Eine steuerliche Bevorzugung von Beziehungen oder Familien ist nicht erforderlich, weil alle, Eltern und Kinder, Existenzgeld erhalten. Insgesamt steigt das Steueraufkommen.
Während die Lohnsteuer weiterhin in den allgemeinen Steuertopf fließt, fließen die RV, UV und ALV in den Existenzgeldtopf. KV und Pflegeversicherung bleiben erhalten.
Am Rückfluß der Steuern an die Erwerbstätigen ändert sich ebensowenig wie an der Inanspruchnahme von Kranken- und Pflegeversicherung.
Renten-, Unfallversicherungs- und Arbeitslosengeldansprüche werden durch den Anspruch auf Existenzgeld ersetzt.
Die wesentliche Änderung ereignet sich beim Netto-Einkommen. Hier wird die Hälfte in den Existenzgeldtopf transferiert.
Im Gegenzug erhalten alle EinwohnerInnen der BRD ein Existenzgeld von derzeit DM 1300,- plus DM 200,- für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge plus Wohngeld.
EinwohnerInnen der BRD sind alle Menschen, die
dauerhaft in der BRD leben.
B E I S P I E L S R E C H N U N G E N
Die nachfolgenden Beispiele sind ungenau, weil sie die steuerlichen Veränderungen nicht genau berechnen. Die Zugewinne und Verluste sind großzügig zugunsten des alten Systems geschätzt.
Beispiel 1:
AlleinstehendeR ErwerbstätigeR ohne Kind:
Netto-Einkommen: DM 2000,- minus 50%-Abgabe (take-half)= DM 1000,-
Restliches Einkommen nach Take-half-Abgabe....DM 1000,-
plus Existenzgeld ............................DM 1500,-
plus Wohngeld für eine Person.................DM 500,-
Gesamteinkommen ..............................DM 3000,-
Zugewinn durch Take-half .....................DM 1000,-.
AlleinstehendeR ErwerbstätigeR (working-poor) mit 7j.Kind:
Nettoeinkommen: DM 1000,- minus 50%-Abgabe (take half)= DM 500,-
Restliches Einkommen nach Take-half.....DM 500,- (DM 500,-)
plus Existenzgeld ......................DM 1500,- (DM 1500,-)
plus Existenzgeld für das Kind......... DM 750,- (DM 1500,-)
plus Wohngeld für 2 Personen........... DM 700,- (DM 700,-)
Gesamteinkommen.........................DM 3450,- (DM 4200,-)
Zugewinn durch Take-half................DM 2450,- (DM 3200,-)
(ohne Berücksichtigung von Kindergeld und Kinderfreibetrag)
Beispiel 3:
StudierendeR JugendlicheR, mit eigenem Zimmer (Wohnung), 20 Jahre:
Existenzgeld..................................DM 1500,-
Wohngeld......................................DM 500,-
Gesamteinkommen...............................DM 2000,-
(entsprechend auch alleinstehendeR RentnerIn)
Beispiel 4:
Typische Klein-Beziehung oder Klein-Familie:
Die Frau hat DM 2000,- Netto-Einkommen; der Mann hat DM 2500,- Netto-Einkommen, zwei Kinder mit 4 und 17 Jahren:
Gesamteinkommen: DM 4500,- DM plus Kindergeld und Steuervorteile.
50%-Abgaben gemäß Take-half: Frau...DM 1000,-
Mann...DM 1250,-
Kindergeld + Steuervorteile entfallen
Einkommen nach Durchführung Take-Half: [AG] [BAG-ShI]
Restliches Erwerbseinkommen der Frau .......DM 1000,-
Existenzgeldanspruch der Frau...............DM 1500,-
Restliches Erwerbseinkommen des Mannes......DM 1250,-
Existenzgeldanspruch des Mannes.............DM 1500,-
Existenzgeldanspruch des 17j-Kindes (70%)...DM 1050,-..(DM 1500,-)
Existenzgeldanspruch des 4j-Kindes (50%)... DM 750,-..(DM 1500,-)
Wohngeldanspruch für 4 Personen.............DM 1000,-
Gesamteinkommen der Familie, Beziehung......DM 8050,-..(DM 9250,-)
Zugewinn durch Take-Half................ca. DM 2800,-..(DM 4000,-)
Beispiel 5:
Leitender Angestellter, Single, ohne Kind,
Nettoeinkommen: DM 10000,-
50% Abgabe gemäß Take-Half: DM 5000,-
Einkommen nach Durchführung take-half:
Restliches Erwerbseinkommen ..................DM 5000,-
Existenzgeldanspruch .........................DM 1500,-
Wohngeldanspruch entfällt, wenn das Einkommen DM 3000,- übersteigt.
Gesamteinkommen ..............................DM 6500,-
Verlust durch take-half.......................DM
3500,-
AUSWIRKUNGEN DER EINKOMMENSUMVERTEILUNG AUF ERWERBSLOSE
Aus den Berechnungsbeispielen ergibt sich, daß alle Erwerbslosen ohne eigenes Einkommen gewinnen. Darunter fallen Hausfrauen (Hausmänner), SchülerInnen, Studierende.
Unter die "Erwerbslosen mit Anspruch auf Transfereinkommen" fallen alle BezieherInnen von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Altersrenten, Erwerbsunfähigkeitsrenten, Unfallrenten, "Behinderten"-Renten, Blindengeld, Bafög, Sozialhilfe, Wohngeld und anderen Transferleistungen.
Alleinstehende BezieherInnen von Arbeitslosengeld gewinnen dann, wenn ihr individueller Anspruch bis DM 2000,- beträgt. Sie
verlieren, wenn ihr Anspruch höher liegt als DM 2000,-. Das erscheint gerechtfertigt, weil nicht einzusehen ist, daß ein Mensch, der sein Leben in Lohnarbeit verbracht hat, besser gestellt sein soll als ein Mensch, der sein Leben der Hausarbeit oder anderer unbezahlter gesellschaftlicher Arbeit widmete.
Alle SchülerInnen und Studierende gewinnen, weil das Existenzgeld weit über dem Bafög-Höchstsatz liegt.
Es gewinnen schließlich alle Kinder, da
auch die reduzierten Sätze weit über den Kindergeldsätzen
liegen.
AUSWIRKUNGEN DER EINKOMMENSUMVERTEILUNG AUF ERWERBSTÄTIGE
Erwerbstätige gewinnen dann hinzu, wenn sie monatlich unter DM 3000,- netto verdienen. Im Jahre 1994 verdienten in Westdeutschland 70%, in Ostdeutschland 91,5% der Erwerbstätigen unter DM 3000,- netto. Insofern gewinnen ca. zwei Drittel der Erwerbstätigen durch die Einführung des Prinzips "Nimm-die-Hälfte".
Wir schätzen, daß weit über 80
% der Bevölkerung durch das Existenzgeldmodell finanziell bessergestellt
sein wird.
F I N A N Z I E R U N G
Die AG wird mittelfristig das Modell auf die neuen Zahlen aus 1997 umrechnen, weshalb wir die alten Zahlen nur kurz streifen.
Die Ausgaben-Seite:
Nach dem Kieler Modell sind folgende Gelder erforderlich:
81,5 Mio in- und ausländische Wohnbevölkerung incl. Kinder;
also 81,5 Mio x 1500,- x 12 Monate............DM 1467 Milliarden
./.Krankenversicherung DM 200,-/Person/Monat DM 195,6 Milliarden
Gesamtkosten ohne KV..........................DM 1271,4 Milliarden
Wenn die Existenzgelder für die Kinder nur mit 50 bzw. 70% ausbezahlt werden, verringern sich die Kosten um ca. 200 Milliarden DM auf ca. 1070 Milliarden DM.
Wohngeld:
Ein-Personen-Haushalte: 12,75 Mio x 500,-DM...DM 76,50 Milliarden
Zwei-Personen-Haushalte:11,62 Mio x 700,-DM...DM 97,61 Milliarden
Drei- u. Mehrpersonen-H:12,32 Mio x1000,-DM...DM 147,84 Milliarden
Gesamtsumme ..................................DM 321,95 Milliarden
Gesamtkosten..........gemäß Kieler Modell...(unsere Modifizierung)
Existenzgeld (ohne KV)..DM 1271 Milliarden (DM 1070 Milliarden)
Wohngeld................DM 322 Milliarden (DM 322 Milliarden)
Gesamtsumme.............DM 1593 Milliarden (DM 1392 Milliarden)
aufgerundet also DM 1,6 Billionen (DM 1,4
Billionen).
Die Haben-Seite:
Das Netto-Einkommen aus Erwerbseinkommen und Vermögen betrug 1995 DM 1421,14 Milliarden, davon die Hälfte.. ...ca.DM 711 Milliarden
Beiträge zur Sozialversicherung (AN+AG-Anteile) DM 400 Milliarden
Ersparte Renten und Pensionen über DM 1500,- DM 110 Milliarden
Ersparte Rentenauszahlung unter DM 1500,-...ca..DM 144 Milliarden
Ersparte Renten-KV..........................ca..DM 70 Milliarden
Ersparte Altershilfe für LandwirtInnen ca.. DM 6 Milliarden
Ersparte Zahlungen für Sozialhilfe, Arbeits-
losengeld, Arbeitslosenhilfe, Bafög,
Kindergeld,
Erziehungsgeld, Wohngeld (1995).............ca..DM
133 Milliarden
Ersparte Verwaltungskosten DM 22 Milliarden
Gesamtsumme der Umverteilung plus Einsparungen..DM
1596 Milliarden
Nicht berechnet sind die vom BAGShI-Modell geplanten Steuererhöhungen. Während das BAG-ShI-Modell rechnerisch ausgeglichen ist, besteht hinsichtlich unserem modifizierten Modell sogar eine Überfinanzierung von ca 200 Milliarden DM.
Obige Zahlen sind veraltet. Nach den Daten aus 1996 beträgt die Summe des Sozialtransfer (incl. Kranken- und Pflegeversicherung) DM 1236 Milliarden!!
Ich gehe davon aus, daß im Jahre 1999 beide
Modelle bei weitem überfinanziert sind. Insofern besteht ein Finanzierungsspielraum
sowohl für eine Nord-Süd Umverteilung, als auch für die
Finanzierung einer "Werkstättenlandschaft", samt Bildungs-, Freizeit-
und Kultureinrichtungen im Non-Profit-Sektor.
STEUERUNG DES ZUGANGS ZU DEN ZWEI ARBEITS-SEKTOREN:
Ich gehe davon aus, daß 6 Faktoren den Zugang zur Erwerbsarbeit bzw. Nichterwerbsarbeit steuern:
1. Geschlecht
2. Klasse
3. Hautfarbe ("race")
4. Ethnie
5. Gesundheit (Ästhetik)
6. "Anschlußfähige" (kompatible) Mentalität
Der 6.Faktor gilt v.a. bei Leitungsfunktionen und in postmodernen Arbeitsbereichen (Computer-Berufe, Werbung etc.)
Vier Faktoren sind angeboren. Auf seine Gesundheit und Mentalität kann das Individuum teilweise Einfluß nehmen.
Mehrere Merkmale setzen sich zu Hierarchien der
Privilegierung oder des Ausschlusses zusammen. An der Spitze steht immer
noch der weiße, deutsche, gesunde, flexible Mittel- oder Oberschichts-Mann.
DIE FORMEN VON ARBEIT (Qualitative Vielfalt)
Im gesellschaftlichen Bewußtsein ist Arbeit identisch mit Erwerbsarbeit. Alle anderen Formen von Arbeit werden als Nicht-Arbeit wahrgenommen.
Die Erwerbsarbeit zerfällt in
- Lohnarbeit,
- Arbeit zur Verwaltung und Steuerung von Lohnarbeit
(Ausbeutungsarbeit)
- Arbeit für den Markt (FreiberuflerInnen, KünstlerInnen,
LandwirtInnen etc.) und
- "Schwarz"arbeit.
Die meiste Arbeit wird im Non-Profit-Sektor geleistet. Dort sind folgende Arbeitsformen angesiedelt:
- Hausarbeit als überlebensnotwendige Arbeit in Eigenregie (Eigenarbeit). Die Hausarbeit setzt sich wiederum aus hauswirtschaftlichen und handwerklichen Arbeiten sowie Bekümmerungsarbeit zusammen. Diese Arbeiten können auf sich selbst (Single) oder zusätzlich auf andere (Hausfrau, Hausmann) gerichtet sein.
- Ehrenamtliche Arbeit als gesellschaftliche Arbeit in Eigenregie (gesellschaftliche Eigenarbeit). In diese Kategorie fällt auch die politische Betätigung in Initiativen und Parteien.
- Zweckfreie Eigenarbeit, Muße und Genuß. Dieser Zustand umschreibt auch die Arbeit der KünstlerIn. Die Arbeit, deren Zweck in ihr selbst ruht, erscheint als der eigentlich erstrebenswerte Zustand.
Je mehr zweckfreie Arbeit, desto glücklicher
eine Gesellschaftsordnung. Insofern kann der negativen Gleichung Arbeit=Erwerbsarbeit
die positive Gleichung Arbeit=zweckfreie Arbeit gegenübergestellt
werden..
QUANTITATVE ARBEITSVERTEILUNG NACH GESCHLECHT
Die Männer beherrschen den Kernbereich und die "Kommandohöhen" des Erwerbsarbeitssektors. Je weiter weg vom Kern und je weiter unten der Status der verrichteten Arbeitssphäre anzusiedeln ist, desto zahlreicher werden Frauen.
Frauen überwiegen bei weitem in der Peripherie des Erwerbsarbeitssektors und dominieren bei weitem den Non-Profit-Sektor.
Wolfgang Ratzel, 28.Februar 1999.