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Ein Versuch mit Freigeld lag 1932 in der Luft!

Wie man aus diesen Stimmen sieht, war damals ein Versuch mit einem nicht hamsterbaren Gelde gegeben.

Bürgermeister Michael Unterguggenberger in Wörgl hat mit aller Umsicht einen solchen Versuch unternommen. Er wählte dazu jenes Freigeld, dessen Form ihm für seine Verhältnisse am geeignetsten erschien, die Form, die 1916 der Berner Kaufmann Georg Nordmann dem Kaufmann Silvio Gesell vorgeschlagen hatte. Gesell, der immer der Meinung war, daß über die Art und Weise, wie man das Geld in ständiger Zirkulation erhalte, das letzte Wort nicht gesprochen sei, nahm den Vorschlag von Nordmann an und veröffentlichte ihn einstweilen in der eben erscheinenden, ersten Ausgabe seiner «Natürlichen Wirtschaftsordnung» an Stelle seines eigenen Vorschlages, den er schon 1891 in seiner ersten Schrift gemacht hatte. Denn über die Technik des Freigeldes sollte und müßte immer diskutiert werden, war seine Meinung, da technische Dinge stets verbessert werden können. Das Ziel dagegen: die feste Kaufkraft des Geldes, der ungestörte Geldumlauf, die krisenfreie und ausbeutungsfreie Wirtschaft - das sollte unverrückbar fest bleiben.

In Wörgl wurde nun gerade jene Form des Freigeldes gewählt, die Bundesrat Ernst Nobs im schweizerischen Radio am 13. April 1951 in einer Art und Weise geschildert hatte, die in einzelnen Punkten nicht einmal richtig und in anderen maßlos übertrieben war.

Das Experiment von Wörgl wäre die beste Widerlegung seiner Rede gewesen - wenn man ihm hätte antworten dürfen. Bundesrat Ernst Nobs unterließ es, den Schweizern zu sagen, daß in der Schweiz diese Form des Freigeldes schon seit dem Jahre 1945 nicht mehr propagiert wird, daß sie auch im freiwirtschaftlichen Vorschlag zur schweizerischen Gesetzgebung über das Geldwesen nicht vorgesehen, sondern eine ganz andere, und daß überhaupt nicht über den Weg, sondern über das Ziel der schweizerischen Notenpolitik abgestimmt werden müsse. Diesem Übermaß an Unrichtigkeiten, Verschiebungen und einseitiger «Aufklärung» war das Schweizervolk nicht gewachsen. Das Volk in Wörgl dagegen hatte einen Bürgermeister, der es gut mit ihm meinte, und es hatte eine Krise, so hörte es in dieser Lage auf seinen Bürgermeister und wagte das Freigeldexperiment von Wörgl.

Ein Vorschlag in Gesetzesform, mit dem gleichen Ziele: Krisenverhütung - die übrigens in Art. 31 quinquies der schweizerischen Bundesverfassung dem Bund als Aufgabe gestellt wird! - ist im Oktober 1948 von der Liberalsozialistischen Partei der Schweiz dem Bundesrat unterbreitet worden. Zur Verhinderung der Geldhamsterung und zur Sicherung eines ununterbrochenen Geldumlaufes sollte der Nationalbank grundsätzlich folgende Maßnahme gestattet werden:

«Art. 28: Die Nationalbank ist ermächtigt, wenn sie Noten- oder Münzhortungen in einem Ausmaß feststellt, welches die feste Kaufkraft des Geldes gefährden könnte, die Noten oder Münzsorten, die gehamstert werden, oder sämtliche Noten oder Münzen ungültig zu erklären und sie zum Umtausch innert einer Frist von acht Tagen aufzurufen, wobei eine Umtauschgebühr von höchstens 10% des Nennwertes erhoben werden kann. - Der Bundesrat erläßt die nähern Vorschriften über Aufruf und Umtausch.»

Diese Möglichkeit wäre zu den bisher schon bekannten Methoden der Geldverminderung oder Vermehrung hinzu gekommen; sie hatte ausschließlich die Beeinflussung des Notenumlaufes und die Verhinderung der Notenhamsterung zum Ziele.

Bei der Behandlung einer Initiative mit der Forderung einer festen Kaufkraft durch die Anpassung des Geldumlaufes an das Warenangebot wurde vom sozialdemokratischen Bundesrat Ernst Nobs diese Forderung im Radio mit der Wörgler Art des Freigeldes zusammen in einer Art und Weise verkoppelt, daß die Zuhörer glauben mußten, beide Methoden sollen gleichzeitig angewandt werden! Da darauf die Diskussion am Radio durch den Bundesrat sofort gesperrt wurde, konnten die Schweizer Stimmbürger nicht mehr über diese völlig irreführende Aufklärung unterrichtet werden und lehnten daher die Vorlage ab - unter dem Eindruck, der doppelte Schwund wäre doch des Guten zu viel! Diese Meinung war berechtigt; aber sie war durch eine bewußte und gewollte Irreführung des Volkes entstanden, die zu den schlimmsten Täuschungen gehören dürfte, die sich je ein Parteimann in einer Regierungsstellung einem Volke gegenüber erlaubt hat.


Auszug aus: Fritz Schwarz: Das Experiment von Wörgl; 1951
Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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