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Die Ausbreitung des Freigeldes in Österreich

Ein Geld, das nicht von Privaten nach Belieben zurückgehalten werden kann, ist kein Geld, das der Hochfinanz paßt.

«Der unbeschränkte Einfluß derer, die den Geldmarkt beherrschen, ist heute unbestreitbar einer der großen Machtfaktoren der Gegenwart», sagte der Chef des Eidg. Finanzdepartements 1937, Bundesrat Dr. A. Meyer, am Bankiertag in Montreux.

Graf Sforza meint über die gleiche Macht: «Man ahnt kaum, zu welchen Exzessen eine in ihren Privilegien bedrohte Klasse fähig ist, und wie sie - vielleicht in guten Treuen - den Vaterlandsgedanken, die nationale Ehre mit den Standesinteressen verwechselt.» (NationalZeitung, 1936, Nr. 331.)

Aber 160 Jahre früher wußte das auch schon Adam Smith, der Begründer des damals noch monopolfeindlichen Liberalismus, der sich heute so schön an den zwei größten Monopolen erfreut, dem Boden und dem Geldmonopol. «Wer sich Monopolen widersetzt, oder gar Ansehen genug hat, ihnen Abbruch zu tun, den können weder die anerkannteste Rechtschaffenheit, noch der höchste Rang, noch die größten Verdienste um den Staat gegen die ehrenrührigste Herabwürdigung, ja selbst gegen wirkliche Lebensgefahr schützen, welche aus der Erbitterung wütender und in ihren Hoffnungen getäuschter Monopolisten entstehen.»

«Gefährlich ist es, an dem Schlaf der Welt zu rütteln», meint Friedrich Hebbel. «Die Kapitalpresse schließt dem vertrauensseligen und meist nicht informierten Volke beide Augen, damit es die gefälschte, öffentliche Meinung blindlings glaubt», so schrieb Erzbischof Dr. F. Kordac in Prag. So wird beispielsweise heute behauptet, das Experiment von Wörgl sei «zusammengebrochen». Oder man vernimmt auch, der Bürgermeister sei froh gewesen, daß es aufgehört habe, weil es nicht mehr weiter gegangen wäre.

Tatsache ist, daß die Leute in Kitzbühel, im nächsten Dorf, wohl zuerst lachten, aber am 1. Januar 1933 Schwundgeld nach dem Muster von Wörgl in Umlauf setzten, 3000 Schilling zum Beginnen, pro Kopf ein Schilling. Die Scheine der beiden Gemeinden galten an beiden Orten und wurden anstandslos angenommen. Vier weitere Tiroler Gemeinden, HopfengartenMarkt und Land, Brixen und Westendorf, Ortschaften mit zusammen etwa 16 000 Einwohnern, beschlossen ebenfalls grundsätzlich die Ausgabe von Schwundgeld - sie wollten aber immerhin noch den Entscheid der Regierung abwarten.

Im Juni 1933 hatte Bürgermeister Unterguggenberger in Wien einen Vortrag vor 170 Bürgermeistern zu halten - sie waren alle nach Prüfung der Gemeinderechnung und der Berichte aus Wörgl der Meinung, man müßte auch in ihren Gemeinden dieses «Zaubergeld» einführen.


Auszug aus: Fritz Schwarz: Das Experiment von Wörgl; 1951
Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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