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1. Frage: Bestand nach Ihrer Meinung eine Möglichkeit, anders als durch diese Geldreform aus der schwierigen Lage zu kommen? Direktor: Die Gemeinde hatte keine andere Möglichkeit, die Krise zu mildern. - Präsident des Gewerbeverbandes: Da die Gemeinde verpfändet hatte, was zu verpfänden war, bestand keine andere Möglichkeit zu helfen. Wenn wir dieses Geld nicht hätten, wäre überhaupt kein Geschäft mehr. - Polizeiinspektor: Das einzige, was der Gemeinde helfen könnte, wäre die Placierung einer Staatsbehörde nach Wörgl. Sonst hat die Gemeinde keine Zukunft. - Pfarrer: Durch die guten Steuereingänge kam wieder Schwung in die Maßnahmen zur Milderung der Krise. Die Gemeinde konnte nichts anderes tun.- Oberlehrer: Die Gemeinde war in einer aussichtslosen Zwangslage.- Spengler: Absolut keine andere Möglichkeit. - Schneider: Nein! - Warenhausbesitzer: Etwas anderes war nicht möglich. - Apotheker: Nein, sonst wären wir nicht auf dieses Mittel verfallen. - Bierdepothalter: Nein, die Gemeinde ist sozusagen über Nacht arbeitslos geworden. Da hat dieses Geld sehr erleichternd gewirkt und Arbeiten ermöglicht, an die man sonst nicht hätte denken können.- Arzt: Eigentlich - nein! Es war eine sehr gute Idee.- Kinobesitzer: Nicht gut!
2. Frage: Was wurde von der Aktion erwartet?
Direktor: Es ist möglich, daß der Gemeinderat von der Aktion mehr erwartete. Aber die Furcht, die durch die ständig wiederholten Verbote ausgelöst wurde, verhinderte einen größern Erfolg. - Pfarrer: Es ist möglich, daß man einen größern Erfolg erwartet hat. - Krämer: Die Überwindung der Geldknappheit- und das ist ja auch gelungen.
3. Frage: Wie wurde die Sicherheit dieses Geldes beurteilt?
Präsident des Gewerbeverbandes: Die meisten Leute nahmen das Geld ohne weiteres an. Ich betrachtete es als ganz sicher und würde bedauern, wenn es wieder verschwände. - Polizeiinspektor: Zuerst war ich skeptisch. Bei einem Einbruch hat ein Dieb nur das österreichische Geld mitgenommen, das Wörgler Geld fortgeworfen. Es muß daher ein Fremder gewesen sein, ein Einheimischer hätte es genommen. - Pfarrer: Die Sicherheit des Geldes wurde nicht angezweifelt, weil man wußte, daß die Deckung vollständig klar war. - Schneider: Ich hatte nichts davon gewußt, daß solches Geld herauskommt, ich nahm es aber ohne langes Besinnen an. - Krämer: Ohne Widerstand angesichts des guten Zwecks. Die monatliche Abgabe und die 2 Prozent Verlust beim Einlösen kommen ja in die Armenkasse. - Schuhmacher: Dadurch hat mancher wieder Geld gehabt und hat etwas machen lassen, was ihm bei der Arbeitslosenunterstützung nicht möglich war. Und am Gelde selbst ist nichts zu verlieren, weil es die Gemeinde einlöst. - Apotheker: Ohne Widerspruch im großen und ganzen. Die Geschäftsleute nahmen es schon aus Konkurrenzgründen an, besonders als einige Plakate heraushängten: «Hier wird Notgeld angenommen». - Bierdepothalter: Ein Drittel unserer Einnahmen ist Notgeld. Das Geld läuft um. Jedes Geschäft wird ermöglicht, was sonst nicht der Fall war. - Arzt: Es wurde im ganzen gut angenommen. Nur Geschäftsleute, die viel einnehmen, nahmen es nicht gern.
4. Frage: Brauchten Sie das Geld, um Waren zu kaufen oder tauschten Sie es gegen gesetzliches Geld um?
Apotheker: Ich habe pro Monat 100 bis 200 Schilling in Arbeitsscheinen eingenommen. Das Notgeld stört den Betrieb nicht im geringsten. - Kaufmann: Ich habe die Belebung des Geschäftsganges sehr deutlich gespürt und brauchte mehr als die Hälfte der Scheine, um Waren zu kaufen oder andere Auslagen zu decken. - Verwalter: Kommt unsere Fabrik wieder in Betrieb, so würden wir nicht zögern, der Gemeinde die Scheine abzukaufen, um die Löhne an die Arbeiter zu bezahlen. - Spengler: Etwas wurde wohl umgetauscht, aber sonst wurden Rechnungen und Steuern bezahlt und Waren gekauft. - Schneider: Ich kaufte Waren und habe selbstverständlich einen Einfluß auf meinen Geschäftsgang gespürt. Durch die ermöglichten Notstandsarbeiten brauchten die Leute Kleider. Sie kamen zu mir, bezahlten mit Notgeld, und so konnte ich wieder Licht, Wasser und Steuern bezahlen. - Warenhausbesitzer: Zum allergrößten Teil wurden sicher Waren gekauft. Das ist der wesentlichste Vorteil! Das Geld bleibt in der Gemeinde, es gibt keine Schiebereien. Der ansäßige Kaufmann hat etwas davon. Die 2 Prozent Abzug beim Einlösen der Scheine können wieder eingespart werden, weil das Geld zur Verfügung steht und man damit des Skontos teilhaftig wird. - Arzt: Wenn ich Notgeld habe, gebe ich es meiner Frau, damit sie es dem Bäcker oder Krämer bringt.
5. Frage: Wie wurde das Geld von der Bevölkerung angenommen?
Spengler: Gut. Es fehlt etwas an theoretischem Verständnis. - Warenhausbesitzer: Ohne Bedenken. - Bierdepothalter: Gut, sogar vom Wirt in Kundl. - Kinobesitzer: Ich nehme es gerne. Gegen Ende der Notstandsarbeiten im Januar hatte ich 10 Prozent der Einnahmen Notscheine. Jetzt sind es schon 24 Prozent. Ich hatte bestimmt eine Steigerung meiner Einnahmen nur durch die Notscheine, von Leuten, welche sonst nicht gekommen wären. - Kaufmann: Beim gewöhnlichen Geld kam es oft vor, daß Leute, die über Geld verfügen, um die Schulden zu bezahlen, den Kaufmann warten ließen, nur um von der Sparkasse Zins zu erhalten.
6. Frage: Glauben Sie, daß eine Mehrzirkulation oder eine Ausdehnung des Geldes über die Gemeinde hinaus wünschbar wäre?
Pfarrer: Bei einer Ausdehnung des Gebietes wäre der Erfolg sicher. - Oberlehrer: Vielleicht würden die Verrechnungen Schwierigkeiten geben. - Verwalter: Bei größerem Zirkulationsgebiet wäre ein guter Erfolg zu erzielen. - Direktor: Bei einer Erweiterung des Gebietes wäre ein guter Erfolg zu erwarten. - Präsident des Gewerbeverbandes: Ein guter Erfolg bei Ausdehnung des Gebietes ist zweifellos. - Polizeiinspektor: Eine Erweiterung des Gebietes brächte sicher einen guten Erfolg. - Spengler: Ja, wenn alle mitmachen würden. - Schneider: Unbedingt. - Warenhausbesitzer: Ganz sicher. - Apotheker: Ja. Der Erfolg war schon in kleinem Kreis viel größer als ich ihn mir vorgestellt hatte. Vorher war ich sehr skeptisch und war nachher überrascht, wie trotz schlechten Zeiten nun die Steuern eingingen.
7. Frage: Betrachten Sie die erreichten Resultate als Erfolg?
Kaufmann: Ich halte die Aktion als einen Beweis dafür, daß Freigeld lebensfähig und vorteilhaft ist. - Direktor: Ich betrachte die Aktion als Erfolg. Wenn der Bürgermeister seinen Willen durchsetzen kann, wird er sicher noch viele Arbeiten für die Gemeinde durchführen können. - Präsident des Gewerbeverbandes: Der Erfolg ist unbestreitbar. - Polizeiinspektor: Das ganze bedeutet sicher einen Erfolg. - Spengler: Ganz bestimmt, es war ein überraschender Erfolg. - Warenhausbesitzer: Ja, vor allem auch, weil die Summe, die umläuft, eigentlich recht klein ist und die Gemeinde auch nur etwa 4000 Einwohner zählt. - Apotheker: Gewiß. - Bierdepothalter: Unbedingt. - Arzt: Ja. Die ganze Aktion ist nur zu begrüßen. Ich verstehe nicht, warum der Widerstand der Regierung so groß ist. - Kinobesitzer: Gewiß. Man sieht, daß etwas geschaffen wurde.
8. Frage: Haben Sie Klagen gehört?
Arzt, Kinobesitzer, Kaufmann, Direktor, Pfarrer, Verwalter, Präsident des Gewerbeverbandes, Polizeiinspektor, Schneider, Warenhausbesitzer: Nein. - Direktor, Apotheker und Bierdepothalter: Die Marken sollten besser kleben.
9. Frage: Wurden mit dem Geld in der Gemeinde Waren gekauft, die sonst auswärts gekauft worden waren?
Direktor: Sicher haben Leute mit den Arbeitswertscheinen in der Gemeinde Waren gekauft, die sie sonst auswärts gekauft hätten. - Präsident des Gewerbeverbandes: Man kann nicht feststellen, ob Leute, die sonst Waren von auswärts kauften, mit den Arbeitswertscheinen in Wörgl kauften. - Arzt und Kinobesitzer: Da weiß ich nichts. - Warenhausbesitzer: Bestimmt weiß ich es nicht, auf alle Fälle kann mit dem Geld nur in der Gemeinde gekauft werden. - Apotheker, Bierdepothalter: Das Geld bleibt in der Gemeinde.
10. Frage: Können Sie Verbesserungsvorschläge machen?
Bierdepothalter: Das Papier ist etwas schlecht. - Apotheker: Ich würde vorschlagen, beim Einlösen der Scheine einen Abzug von 5 Prozent, statt wie jetzt einen Abzug von 2 Prozent zu machen. (Alle andern sind zufrieden.)
11. Frage: Wird der Geschäftsbetrieb durch das Geld mit Marken erschwert?
Kaufmann: Nicht im geringsten. - Geschäftsmann: Meine anfängliche Befürchtung, die Sache werde kompliziert, war grundlos. - Spengler, Schneider, Warenhausbesitzer: Nein, durchaus nicht. Es ist ja Geld eigentlich wie anderes auch. - Apotheker: Der Verkehr vollzieht sich reibungslos. - Arzt und Bierdepothalter: Nein. - Kinobesitzer: Nicht im geringsten. Nur eine Steigerung des Verkehrs war festzustellen.
12. Frage: Wie stellen Sie sich zum Verbot des Wörgler Freigeldes?
Direktor: Wenn der Bürgermeister seinen Willen durchsetzen kann, wird er sicher noch viele Arbeiten für die Gemeinde durchführen können. Statt die Sache zu verbieten, wäre es besser, auf größerem Gebiet weiterzufahren. - Präsident des Gewerbeverbandes: Ich bin ganz entschieden gegen das Verbot. Lieber einsperren lassen als mit der Aktion aufhören. - Pfarrer: Ich bin gegen das Verbot. Mit dem Notgeld könnte die Industrie belebt werden. - Verwalter: Ich bin gegen ein Verbot. - Spengler: Das Verbot wird für uns ein Nachteil sein. Schaden hat bisher niemand gehabt. Bis dahin wurde immer nur geredet; unser Bürgermeister hat nun einmal gehandelt und nicht nur geredet. - Schneider: Ich wünsche die Fortsetzung. Die Sache ist ja so einfach, daß ein kleiner Schüler sie verstehen kann. - Warenhausbesitzer: Da wird wohl nicht viel dagegen zu machen sein. Vom Standpunkt des Geschäftsmannes aus ist das Notgeld sehr zu begrüßen. - Bierdepothalter: Das Verbot wäre ein großer Nachteil für Wörgl. - Arzt: Das Verbot wäre blödsinnig, weil ja niemand geschädigt wird. - Kinobesitzer: Der Bürgermeister ist ein schlauer Kerl, er läßt sich nicht erwischen. Ich hatte zu Anfang dieses Jahres die Wahl zwischen drei Kinos, in Kundl, in Kirchbichl und hier. Ich wurde gewarnt, hier sei Notgeld. Ich dachte, dann sei hier etwas zu machen und entschloß mich gerade aus diesem Grunde für Wörgl.
Fritz Pfister schreibt abschließend: «Wie man sieht, lehnte in Wörgl niemand diese Aktion ab. Alle darauf bezüglichen Beschlüsse sind im Gemeinderat immer einstimmig gefagt worden. Immerhin wollen wir doch die einzige Ausnahme erwähnen: Ein etwa 60jähriger, fester, grauer Mann mit imposanter Hornbrille redete sich in einen großen Eifer hinein. Wir begriffen allerdings nicht so recht, was er eigentlich Sachliches dagegen vorzubringen hatte. Als wir nachher den Polizisten nach "Nam und Art des großen Unbekannten fragten, tippte er mit dem Zeigefinger vielsagend zweima1 auf die Stirne und schüttelte lächelnd den Kopf.
Herr Hutterer, Präsident des Gewerbeverbandes in Wörgl, antwortete auf unsere Fragen nach den Erfahrungen, die er und seine Berufskollegen mit dem Freigeld machten, das dort im Juli letzten Jahres eingeführt wurde, folgendes:
«Wenn wir dieses Geld nicht hätten, wäre hier überhaupt kein Geschäft mehr möglich. Da die Gemeinde verpfändet hatte, was zu verpfänden war, bestand keine andere Möglichkeit zu helfen. Ich erwartete nicht mehr vom Freigeld; ich habe pro Woche 50 Schilling mehr eingenommen als vorher. Die meisten Leute nahmen das Geld ohne weiteres an. Nur der eine oder andere hat gezögert. Ich betrachte das Geld als vollkommen sicher und würde es bedauern, wenn es verschwände. Ich bezahle die Arbeiter mit Arbeitswertscheinen. Einen Teil verwende ich für Lebensmittel für meine Haushaltung. Der Erfolg ist unbestreitbar. Klagen habe ich nicht vernommen. Man kann nicht feststellen, ob Leute, die sonst Waren von auswärts kauften, mit den Arbeitswertscheinen in Wörgl kauften. Ich habe keine Verbesserungsvorschläge zu machen. Ein guter Erfolg bei Ausdehnung des Gebietes ist zweifellos. Der Geschäftsbetrieb wird nicht gestört. Ich bin ganz entschieden gegen das Verbot: lieber einsperren lassen als aufhören mit dieser Freigeldaktion.»
In der religiössozialen Presse der Schweiz veröffentlichte Dr. Alex von Muralt eine längere Studie über seine Beobachtungen in Wörgl. Er faßte die Ergebnisse wie folgt zusammen:
«Das Notgeld wird in Wörgl in allen Geschäften in gleicher Weise wie gutes Geld angenommen. Die Kaufleute sind allerdings nicht sehr erbaut, daß ihnen ein kleiner Verlust von 1 Prozent am Ende des Monats, wenn sie das Geld nicht weitergeben können, droht, oder von 2 Prozent, wenn sie es umwechseln müssen. Sie nehmen das gewöhnliche Geld lieber; aber die meisten sind doch Anhänger des Experiments, weil sie eine leichte Steigerung der Umsätze - oder einen geringeren Rückgang, als zu erwarten war, festzustellen glauben. Ein Lebensmittelhändler klagte, daß der EngrosHändler, von dem er seine Waren bezieht, sich nur zu 50 Prozent in Schwundgeld zahlen läßt. Dies wurde mir von dem betreffenden Herrn, Kommerzialrat St. bestätigt, der mir auch erklärte, daß er Ende des Monats das Notgeld nur unter Abzug von 1 Prozent annehme, da das EngrosGeschäft solche Verluste nicht tragen könne.
Obschon das Notgeld für seine Firma keinen nennenswerten Vorteil bringe, ist Kommerzialrat St. ein Anhänger des Systems, das die Gemeinde vor einer Katastrophe gerettet habe, und das man auf einem größeren Wirtschaftsgebiet, z. B. im Land Tirol, durchführen sollte, weil erst dann die Befruchtung der Wirtschaft durch die erhöhte Umlaufsgeschwindigkeit des Schwundgeldes voll in Erscheinung treten könnte. Ahnlich günstig äußerte sich ein Bürstenladenbesitzer H., Mitglied der Tiroler Gewerbe und Handelskammer. Auch er ist überzeugt, daß die Übertragung des Versuches auf das ganze Land einen Aufschwung der Wirtschaft bringen würde.
Von einer Steigerung der Warenpreise war nichts festzustellen, es sei denn, daß der Milchpreis in einem kleinen Weiler südlich Wörgls um 2 Groschen niedriger angegeben wurde, was vermutlich mit rein lokalen Verhältnissen zusammenhängt. In Innsbruck und Kitzbühel fand ich dieselben Preise für die wichtigsten Lebensmittel. Eine inflationistische Wirkung im Sinne der Preiserhöhung hat nicht stattgefunden.»