Homepage: www.geldreform.de Gäste- / Notizbuch: www.geldreform.de

Inhalt

Ein Heiterkeitserfolg!

Die erste Lohn- und Gehaltszahlung im Betrag von 1000 Schilling kehrte schon fast gleichen Tags wieder zur Gemeindekasse zurück: es wurden Steuern bezahlt! Am dritten Tag kommt einer gelaufen und ruft: «Herr Bürgermeister! Unsere Arbeitswertscheine sind gefälscht worden! Wir haben erst 1000 Schilling ausgegeben und schon sind 5100 Schilling an rückständigen Steuern einbezahlt worden! Es muß jemand die Scheine nachgemacht haben!» Bürgermeister Unterguggenberger lächelte nachsichtig. Er weiß, daß andere, größere Herren den gleichen Fehler machen werden. Daß aber selbst ein österreichischer Hofrat und Dozent der Nationalökonomie an der Universität Innsbruck, Prof. Dr. Bundsmann, die Erfolge der Gemeinde Wörgl mit ihrem umlaufenden Gelde als "Bluff” bezeichnen werde, weil er nicht verstehen konnte, wie man mit 1000 Schilling 5100 Schilling Steuern zahlen kann - daran hat der Bürgermeister von Wörgl sicher in jenem Augenblick nicht gedacht! - Aber wir wollen nicht vorgreifen. - Jeder eingehende Schilling in Arbeitswertscheinen wurde sofort wieder zur Zahlung einer Rechnung gebraucht - und ist sofort wieder da - und geht sofort wieder weg: für dieses Geld steht eben auf seinem Streik eine Strafe!

In Österreich hielt damals die Nationalbank für die rund 6 Millionen Einwohner 914 Mill. im Jahresdurchschnitt im Verkehr, das sind pro Kopf 153 Schilling. Als in Wörgl am meisten Arbeitswertscheine ausgegeben wurden, waren es 7443 Schilling oder pro Kopf nicht einmal 2 Schilling. Aber diese 2 Schilling pro Kopf haben in Wörgl in den Jahren 1932 und 1933 mehr Einkommen und Verdienst geschaffen als die 153 Schilling der österreichischen Nationalbank. Warum? Weil es das Geld war, das die Leute veranlaßte, es zu dem zu brauchen, zu dem es geschaffen worden war: zum Zahlen, zum Erledigen der Geldgeschäfte, zum Tauschen.

Ein Gegner des Freigeldes und des Versuches, A. Hornung, berichtete verdrießlich und sehr gegen seinen Willen:

«Das ausgegebene Notgeld war größtenteils schon nach wenigen Tagen wieder in der Gemeindekasse und konnte erneut durch die Gemeinde für Zahlungen verwendet werden. Die Gemeindekasse war mithin in der Lage, im Ausmaße des Rückflusses der Arbeitsbestätigungen ihre fälligen Schulden an die Gemeindeeinwohner zu bezahlen. Auch von ihnen kam das Geld bald wieder als Gegenwert von rückständigen Steuern und Abgaben herein, so daß man damit rechnen konnte, daß die 1600 Schilling Notgeld etwa zweimal wöchentlich durch die Gemeindekasse flossen.»

Zweimal wöchentlich - das macht 104 mal im Jahr: Ein Schilling in Arbeitswertscheinen zahlte somit jährlich 104 Schilling Steuern. Aber dazwischen ging er auch noch von Hand zu Hand und zahlte Waren oder alte Schulden. Aber das begriff jener Äingstliche nicht und es begriffen es auch einige Gelehrte nicht. Immerhin haben sie zur Erheiterung der Mitwelt beigetragen, wenn sie sagen: mit 1000 Schilling kann man ohne Falschmünzerei nicht 5100 Schilling in die Steuerkasse zahlen und mit 7440 Schilling kann man nicht 100 000 Schilling für Arbeitsbeschaffung aufbringen. Allerdings: mit den gewöhnlichen Schillingen ging es und geht das recht oft nicht! Aber es geht mit dem Freigeld.


Auszug aus: Fritz Schwarz: Das Experiment von Wörgl; 1951
Dieser Text wurde ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
Zum Gästebuch
Zur Ursprungsseite