Karl
Walker:
Vita-Verlag,
Heidelberg, 1952
Inhalt
Vorwort des
Herausgebers
Vorwort des
Verfassers
Die Theorie
vom Gelde als Grundlage
Das Markengeld
Das
Stempelgeld
Das
Tabellengeld
Dynamische
Doppelwährung
Die
Chok-Methode (Schock)
Die
Geld-Umlaufsteuer
Klebegeld -
Seriengeld
Das Seriengeld
Seriengeld -
Chok-Methode
Die „Renovatio
monetarum“
Die
Geldmengen-Regulierung
Vorschlag
Literatur-Verzeichnis
Vorwort des Herausgebers
Es hat sich
geradezu als ein Verhängnis für die Freiwirtschaftslehre erwiesen, daß man zu
viel von ihrem Rezept und zu wenig von der theoretischen Begründung gesprochen
hat. So spitzte sich die Diskussion um die Freiwirtschaftslehre zumeist auf die
Frage zu, ob ein Geld mit Umlaufsicherung technisch durchführbar wäre. In den
meisten Fällen kam es dann gar nicht mehr dazu, die Grundlagen zu erörtern.
Karl Walker legt nun
in dem vorliegenden Werk eine Übersicht über die bisher am bekanntesten
gewordenen Vorschläge für die Umlaufsicherung des Geldes vor. Er begibt
sich damit wiederum auf das Gebiet des Rezeptes. Wir sind uns bewußt, daß
hiermit die Gefahr heraufbeschworen wird, die Diskussion lediglich um die
Technik in der Umlaufsicherung zu führen, statt zum Kern der Dinge vorzustoßen.
Es scheint uns indessen notwendig zu sein, die interessierten Kreise mit all
den Vorschlägen vertraut zu machen, damit sie sich ein Bild auch über die
Technik der Umlaufsicherung machen können.
Wir glauben dieses Wagnis unternehmen zu können, weil sich in den Jahren
seit der Währungsreform vom 20. Juni 1948 immer deutlicher als Kernproblem der
Währungspolitik die Frage herausgestellt hat: wie werden wir mit der
Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes fertig? Diese Frage hat der Bank Deutscher
Länder sehr viele Schwierigkeiten bereitet. Das Problem der
Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes hat sich rein aus der praktischen Erfahrung
heraus in den Vordergrund gedrängt und es bedarf einer sorgfältigen Erörterung.
Wenn wir von theoretischen Feinheiten absehen, herrscht wohl heute
Übereinstimmung darin, daß es außerordentlich zweckmäßig für die praktische
Währungspolitik wäre, wenn die Notenbank über ein Mittel verfügen könnte, die
Umlaufsgeschwindigkeit ebenso zu beherrschen, wie sie die Geldmenge bestimmen
kann.
Wir stellen die Umlaufsicherung des Geldes zur Diskussion.
Wir wollen aber sogleich feststellen, daß eine Kritik an diesen
Vorschlägen nur von dem Standort aus möglich ist, der die Notwendigkeit der
Umlaufsicherung des Geldes bejaht. Mit einer Kritik an der Technik der
Umlaufsicherung kann unter gar keinen Umständen gegen diese selbst ein
ausreichender Einwand erhoben werden.
Zudem haben sich - wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt wird,
primitive Methoden in der Praxis bewährt; elegantere und ausgereiftere
Techniken wie sie hier dargestellt sind, werden um so mehr das Versprechen
einlösen, das von diesen Vorschlägen ausgeht.
Im Anhang der Schrift findet der Leser
einen Vorschlag zur Revision des Gesetzes über die schweizerische Nationalbank,
der von den Nationalräten Hans Bernoulli und Werner Schmid im Oktober 1948 in
Bern eingebracht worden ist. Dieser Vorschlag führt unmittelbar in die mit
einer Umlaufsicherung des Geldes verbundene gesetzgeberische Arbeit hinein. Im
übrigen ist der dort entwickelte Vorschlag in den Darstellungen von Karl Walker
nicht enthalten.
Die
Abbildungen der „Stamp-Scrips“ sind mit freundlicher Erlaubnis des Besitzers
nach den in der Privat-Sammlung von Herrn Dr. Arnold Keller, Berlin,
befindlichen Originalen hergestellt; die abgebildeten Brakteaten sind Stücke
aus dem Staatlichen Münzkabinett Berlin, entnommen aus: „Die Deutschen
Münzen des Mittelalters“, Handbücher der Staatlichen Museen in Berlin.
Heidelberg-Ziegelhausen, im Januar 1952.
Gesellschaft für wirtschaftswissenschaftliche
und soziologische Forschung
Otto Lautenbach
Vorwort des Verfassers
Das in dieser Schrift behandelte Thema ist schon seit geraumer Zeit
Gegenstand häufiger Diskussionen, aus denen das Bedürfnis für eine knappe
grundlegende Information über die Möglichkeiten der „Umlaufsicherung des
Geldes“ lange schon hervorging.
Der Gesamtdarstellung liegt nun auch ein umfangreicher schriftlicher und
mündlicher Gedankenaustausch mit zahlreichen Vertretern der Gesell‘schen
Geldreform zugrunde. Es sind dabei natürlich nicht alle Variationen und Nuancen
erwähnt, wohl aber die wichtigsten technischen Methoden mit ihrem Für und
Wider.
Im Laufe der Diskussion zeigte sich, daß offenbar bestimmte Ideen einer
Verbesserung der ursprünglich propagierten Technik von einigen Vertretern der
freiwirtschaftlichen Schule unabhängig voneinander selbst gefunden wurden. Es
ist dies ein erfreulicher Beweis für die stille und intensive Arbeit an der
Sache. Angesichts dieses Sachverhalts wird sicher jeder Beteiligte die gleiche
Leistung des andern gerne anerkennen und die Frage der Priorität ganz
zurücktreten lassen.
Zu bemerken wäre nun noch, daß diese spezielle Schrift keine Werbe- oder
Propagandaschrift darstellt. Sie ist beim heutigen Stand der
Freiwirtschaftsbewegung zwar eine Notwendigkeit für die Fundierung und
Erweiterung der einschlägigen Sachkenntnis, ohne die unsere Idee in der
Öffentlichkeit nicht vertreten werden kann. Da aber bei allem Bestreben, den
Stoff möglichst klar zu behandeln, doch mancherlei Grundkenntnisse auf
geldtheoretischem Gebiet vorausgesetzt werden mußten, wird die Lektüre der
vorliegenden Darlegungen nur die mit der Sache bereits vertrauten Leser
befriedigen können und ihnen weitere Aufschlüsse und Anregungen geben.
Obwohl es überflüssig sein sollte, dies besonders zu erklären, - möchte
ich zum Schluß doch noch ausdrücklich hervorheben,
daß hinter keinem der hier erwogenen alten und neuen - und
neuesten - technischen Vorschläge die dogmatische
Vorstellung stehen darf, er sei der einzig-mögliche, letztgültige und nicht
mehr verbesserungsfähige Vorschlag. Darüber wollen wir die Zukunft entscheiden
lassen.
Berlin, im Juli 1951. Karl
Walker
Die Theorie
vom Gelde als Grundlage
Die freiwirtschaftliche Schule hat sich auf
dem Gebiet des Geldwesens um zwei wichtige Fragenkomplexe zu bemühen.
Der eine dieser Fragenkomplexe betrifft die
Geldtheorie, d. h. die wissenschaftliche Klärung und Durchdringung aller
Vorgänge, die auf diesem Gebiet objektiv feststellbar und in ihren kausalen
Zusammenhängen erfaßbar sind. Hier handelt es sich also nur um das ernste
Bestreben, zur Kenntnis der wahren Sachlage zu gelangen und sie verständlich
darzustellen. Das ist die wissenschaftliche Arbeit.
Der andere Fragenkomplex hingegen betrifft
die Angelegenheit der praktischen Folgerungen aus den gewonnenen theoretischen
Einsichten. Es liegt in der Natur der Sache, daß auf diesem Gebiet der Geld-
und Währungspolitik eine gewisse Unterschiedlichkeit der Meinungen, Forderungen
und Empfehlungen vertretbar sein kann, während in der Geldtheorie
Meinungsverschiedenheiten selbstverständlich nur auf Unklarheiten und
Unzulänglichkeiten der Einsicht beruhen können. Soweit es sich also um die
Wissenschaft der Geldtheorie handelt, kann es nur ein einziges
"Richtig" geben; in der Geldpolitik indessen, die sich auf der
Grundlage gewonnener Erkenntnisse und vorgefaßter Absichten mit praktischen
Maßnahmen befaßt, ist alles richtig, was zweckmäßig ist, unbeschadet dessen,
daß es in der Zweckmäßigkeit verschiedener Maßnahmen Gradunterschiede der
Vollkommenheit geben kann. Das will heißen, daß es in dieser Frage keinesfalls
von vornherein darauf ankommt, eine allein richtige Maßnahme zu finden.
Die freiwirtschaftliche Schule ist in der
Öffentlichkeit dafür bekannt, bestimmte Forderungen oder Empfehlungen für die
Ordnung des Geldwesens zu vertreten. In den meisten Fällen wird hierzu
stillschweigend angenommen, daß die Geldtheorie, die diesen Ideen
zugrundeliegt, den praktischen Forderungen gewissermaßen eigens auf den Leib
geschnitten sei - wie es bisweilen bei Reformideen vorkommt -‚ so daß die
Sammlung der Geldtheorien lediglich um die neue Theorie bereichert sein würde.
Zunächst ist es darum wichtig und müßte wohl
mit größerem Nachdruck hervorgehoben werden, daß Gesell als der Begründer der
freiwirtschaftlichen Schule keinesfalls eine Theorie zurechtkonstruiert hat, um
seine Reformideen zu begründen, sondern daß er den umgekehrten Weg nahm und
zuerst auf dem Gebiet der theoretischen Forschung Feststellungen machte, die
ganz unabhängig von allen Folgerungen und Empfehlungen, die sich daran
anknüpfen lassen, ihre Richtigkeit auch dann behalten, wenn man sich durchaus
nicht dazu entschließen kann, die in Rede stehenden praktischen Folgerungen zu
ziehen.
Es ist also nicht so, daß er eine weitere
Theorie neben die zahlreichen anderen Theorien gestellt hätte, sondern er hat
auf dem Wege der Entwicklung des Geldwesens den Faden dort aufgenommen, wo die
letzten, die vor ihm an der Arbeit waren, nicht mehr weitergekommen sind, und
ist von hier aus zu den noch fehlenden Erkenntnissen auf diesem Wissensgebiet
vorgedrungen. Die Geldtheorie zur abschließenden Vollendung entwickelt zu
haben, das ist die eigentliche wissenschaftliche Leistung Gesells. Wenn ihm der
Erfolg versagt geblieben wäre, dann hätte aber früher oder später ein anderer
zu dem gleichen Ergebnis gelangen müssen, denn jeder wirkliche Tatbestand oder
Sachverhalt wird schließlich einmal von irgend jemanden wahrgenommen und der
Wahrnehmung entsprechend wiedergegeben.
Um nun auf den letzten Stand der
wissenschaftlichen Einsichten zu kommen: Die Fachwissenschaft nimmt heute zur
Kenntnis und prüft an Hand tatsächlicher Vorgänge nach, daß und wieweit
Preisbildung, konjunkturbewegende Nachfrageentfaltung usw. nicht vom
sogenannten "Stoffwert", sondern von der Quantität und dem
Umlaufstempo des Geldes bestimmt wird. Alle vorhergehenden Theorien vom Wert
des Geldes (Stoffwerttheorie, Sachwertdeckung, Nominalismus u. a.) werden
hinfällig. Wissenschaftlich haltbar bleibt mehr und mehr nur das, was Dr. Th.
Christen als einer der ersten wissenschaftlichen Mitarbeiter Gesells als
"Dynamische Quantitätstheorie" bereits 1915-1917 in den "Annalen
des Deutschen Reiches", Verlag Schweitzer, München, dargestellt hat. Soweit
es noch Nationalökonomen gibt, die diese Theorie nicht anerkennen, werden sie
umlernen müssen; was auf dem Gebiet dieser Wissenschaft in den letzten drei
Jahrzehnten einen Namen erworben hat, steht ausnahmslos auf der Linie, die zu
Gesells Geldtheorie führt.
Nun betrifft eine der wichtigsten
Beobachtungen, die vor Gesell nur von einem einzigen Kopf - von J. P. Proudhon
- ernsthaft gewürdigt worden ist, bekanntlich den Umstand, daß die besonders
von der Stoffwerttheorie ausgehende These, Geld und Ware seien Äquivalente,
falsch ist. Gerade von diesem Fehlen der Tauschäquivalenz gehen gesetzmäßige
Störungen der Geldzirkulation aus. Die Zurückhaltbarkeit des Geldes bewirkt die
periodisch auftretende konjunkturdrosselnde Schrumpfung der Nachfrage. In
dieser Hinsicht sehen die wissenschaftlichen Erklärungen der modernen
Konjunkturtheorie, die Erklärungen vom "Übergewicht der Sparrate über die
Investitionsrate", vom konjunkturbedingten und gleichzeitig
konjunkturbestimmenden "Hang zur Liquidität" der Theorie Gesells so
ähnlich, wie ein Ei dem anderen.
In Bezug auf die Erkenntnis des vorliegenden
Sachverhalts steht also die Fachwissenschaft mit ihren führenden Vertretern
durchaus auf dem Boden der freiwirtschaftlichen Schule und ihr bisweilen noch
in Erscheinung tretendes Bestreben, sich davon zu distanzieren, beruht häufig
nur auf Unkenntnis dieser Tatsache.
In den praktischen Fragen der Geld- und
Konjunkturpolitik kann man nun von derselben Grundlage der theoretischen
Einsichten aus zu ganz verschiedenen Vorschlägen gelangen.
Die orthodoxen Vertreter des in langer
Tradition eingebürgerten kapitalistischen Wirtschaftssystems mögen dazu neigen,
die auflaufende Sparquote, die mit Rücksicht auf Rentabilitätsüberlegungen
nicht im Inland investiert werden soll, nach Investitionen im Ausland
abzulenken. Nach dem zweiten Weltkrieg dürften dies die vorherrschenden
Überlegungen der amerikanischen Finanzleute gewesen sein.
Die Sozialisten halten mehr davon, die
Einkommen durch die Steuerpolitik so zu gestalten, daß alle großen Einkünfte,
aus denen naturgemäß eine größere Sparquote anfällt, von vornherein stark
beschnitten werden, womit die privatwirtschaftlichen Investitionen zwar
gedrosselt, aber doch zugunsten des Massenverbrauchs gedrosselt werden können.
Eine weitere Gruppe, die vornehmlich von J.
M. Keynes geführt wurde und im Anschluß an ihn von Lord Beveridge repräsentiert
wird, will beim Auftreten der Krisenerscheinungen, die sich aus dem
Liquiditätsstreben, dem Überhängen der Sparrate über die Investitionstätigkeit,
einstellen, einfach staatliche Arbeitsbeschaffung mit
Kreditschöpfungs-Finanzierung einsetzen. Diese letzte Methode läßt das
Bedenkliche der Ersatzmaßnahmen allerdings bereits deutlich sichtbar werden.
Der legitime Anspruch auf die Güter und Rohstoffe, die für die Investitionen
eingesetzt werden, liegt nämlich grundsätzlich bei der Sparrate - auch wenn sie
sich der Verfügung darüber enthält! -; ein Ersatz der konjunkturpolitisch
notwendigen Dispositionen durch neugeschöpftes Geld führt mit absoluter Sicherheit
zu einer Aushöhlung der Kaufkraft des vorhandenen Geldes.
Im übrigen
entbehren diese konjunkturpolitischen Überlegungen alle zusammen keinesfalls
einer gewissen Logik, solange man glaubt, außerstande zu sein, den Ansatz der
Krisenentwicklung verhindern zu können, - oder solange man sich scheut, dies zu
tun. Hier ist nun der Punkt, von dem aus die Freiwirtschaftslehre mit ihren
praktischen Empfehlungen verstanden werden muß.
Der Vorschlag der Gesell'schen Geldreform ist
als konstruktive Idee für die Lösung einer bestimmten volkwirtschaftlichen
Aufgabe so etwas wie eine Erfindung und stellt als solche die zweifellos
markantere, aber doch nicht ohne die vorausgegangene wissenschaftliche Klärung
vorstellbare Leistung Gesells dar. Es handelt sich hierbei nicht mehr um einen
Versuch oder ein Bestreben, bereits eingetretene Störungen mit irgendwelchen
geldtechnischen Maßnahmen zu kompensieren, sondern es handelt sich um ein
Verfahren, mit dessen Anwendung die Konjunkturstörungen der erwähnten Art
überhaupt nicht mehr aufkommen können.
Erfindungen sind nun im Gegensatz zu
Entdeckungen und wissenschaftlichen Feststellungen nie etwas Endgültiges - wir
kommen hier wieder zu den bereits erwähnten Varianten und Gradunterschieden der
Vollkommenheit -; Erfindungen sind auch wandlungs- und entwicklungsfähig. Vom
ersten Automobil bis zum modernen Achtzylinder ist es ein weiter Weg der
Wandlungen; und zwischen der Erfindung von James Watt und einer
D-Zug-Lokomotive des zwanzigsten Jahrhunderts liegt eine gewaltige technische
Entwicklung der Ausnutzung von Dampfkraft. Dennoch ist auch in der Geschichte
der Erfindungen der erste Gedanke einer Lösung in der Regel das Grundlegende,
wenn auch in einem neuen Prinzip nicht selten vielfache Variationsmöglichkeiten
liegen, die vielleicht erst später, manchmal durch veränderte technische
Voraussetzungen ausgelöst, in Erscheinung treten.
Bei der Idee Gesells ist das Grundlegende
darin zu erblicken, daß sie ein technisches Verfahren betrifft, den für die
Konjunkturentwicklung nachteiligen "Hang zur Liquidität" dadurch
aufzuheben, daß die auf der Güterseite unvermeidlichen Durchhaltekosten in
ausreichender Höhe auch auf die Geldseite übertragen werden. Gesell stellte
sich vor, mit der "Herabsetzung" des Geldes auf die Rangstufe der Ware,
wie er es umschreibt, jene dynamische Tauschäquivalenz herstellen zu können,
die von anderen Theoretikern, insbesondere von Karl Marx, irrtümlich schon beim
stofflichen Goldgeld als vorhanden erachtet und angesetzt worden war.
"Dynamische Tauschäquivalenz" ist in diesem Zusammenhang zu verstehen
als die aus dem freien Spiel der Kräfte immerwährend wirksame beiderseitige
Bereitschaft zum Tausch, die eben bisher zwischen dem von keinen
Durchhaltekosten bedrängten Geld und der normalerweise stets mit einer gewissen
Dringlichkeit angebotenen Ware und Leistung noch nie bestanden hat.
Wir wollen uns nun hier und im Folgenden
nicht mehr mit diesen Vorfragen beschäftigen; die Übereinstimmung in den
theoretischen Vorstellungen der monetären Konjunkturtheorie - die wir als
Theorie der Freiwirtschaftslehre, wie auch als vorherrschende Theorie namhafter
Fachwissenschaftler zum Ausgangspunkt nehmen - ist aber auf jeden Fall
Voraussetzung für das Verständnis der in Betracht kommenden praktischen
Empfehlungen.
Wer in den Vorfragen noch abweichende
Vorstellungen hat und von anderen Gesichtspunkten ausgeht, wird die
Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der in Rede stehenden Reformen naturgemäß zu
den von ihm ins Auge gefaßten Gesichtspunkten in Beziehung setzen und folglich
zu anderen Ergebnissen gelangen. Eine Auseinandersetzung darüber ist aber in
diesem Falle ganz zwecklos, weil die Klärung auf einer anderen Ebene, wie
gesagt, auf dem Vorfeld der Geldtheorie zuerst erfolgen muß. Es ist wichtig,
auf diesen Umstand hinzuweisen, weil mitunter auch Geldreformideen oder
"Verbesserungs"-Ideen auftauchen, die des Fundaments der
entscheidenden geld- und konjunkturtheoretischen Einsichten entbehren. Es wird
sich Gelegenheit ergeben, darauf zurückzukommen.
Das
Marken-Geld
Gesell trachtete
den Zweck - die Umlaufsbeständigkeit des Geldes - zu erreichen, indem er das
Geld der gleichen Angebotsnotwendigkeit zu unterwerfen suchte, dem die mit
Lager- und Wartungskosten belasteten Waren seit jeher unterliegen. So kam er
auf die Idee, dem Papiergeld durch periodisches Aufkleben von Gebührenmarken
ein gewisses Zirkulationsgefälle zu geben.
Jeder Geldschein kostet an festgesetzten
Fälligkeitstagen einen bestimmten Prozentsatz seines Nennwertes - im
Jahresdurchschnitt etwa 5,2 Prozent; diese Kosten müssen vom zufälligen Inhaber
der Note durch das Aufkleben einer dafür vorgesehenen Marke, die zugleich als
Kleingeld in den Verkehr gebracht werden kann, entrichtet werden, so daß die
Aufrechterhaltung des Nennwertes einer in Barreserve gehaltenen Geldsumme
entsprechende Durchhaltekosten machen würde.
Dieser Gedanke der technischen Durchführung
ist also der bekannteste. Hiervon hat fast jeder schon einmal etwas gehört -
meistens freilich nur eine haarsträubende Ungereimtheit.
An kritischen Äußerungen zu diesem ersten
technischen Vorschlag hat es nicht gefehlt und es ist auch nicht verwunderlich,
daß die im Kern berechtigten Einwendungen gegen das technische Verfahren
zugleich den Vorwand abgeben mußten, das ganze Prinzip zu verwerfen.
Tatsächlich ist das System des Markenklebens ein zwar anschauliches, aber für
die praktische Handhabung doch wenig sympathisches Verfahren. Die
Schwierigkeiten, mit denen man in der Durchführung rechnen müßte, liegen im
Wesentlichen auf dem Gebiet der sachgemäßen Ausführung. Nachlässigkeiten und
Ungeschicklichkeiten in der kleinen Arbeit des richtigen Einklebens der Marken
könnten zu einer ständigen Quelle von Ärger werden. Man stelle sich vor, daß
die Marken unordentlich eingeklebt werden, daß sie abfallen, daß die Scheine
verschmutzt werden, daß sie durch zuviel Klebstoff aneinander haften,
beschädigt werden; dazu kommt, daß die Kontrolle der Vollgültigkeit des Geldes
nie vergessen werden darf. Manche werden lieber die Differenz zuzahlen, als die
Marken selber einkleben - und werden damit den anderen zumuten, diese Arbeit
nachzuholen, oder mit den dadurch bedingten Erschwernissen des Zahlungsverkehrs
fertig zu werden.
Alle diese Argumente sind theoretisch
einzusehen. Einiges ist auch durch die Methoden der Ostzonen-Währungsreform im
Juni 1948 teilweise sehr anschaulich demonstriert worden. Obwohl nämlich in
diesem Falle das Bekleben der Scheine nur mit einer einzigen Marke erfolgte und
von eigens dazu bestelltem Personal in besonderen Arbeitsräumen vorgenommen
wurde, war das Publikum oft schon gleich nach der Rückkehr von der
Ausgabestelle genötigt, selbst mit Klebstoff nachzuhelfen. Ein erneutes
Aufkleben der Marken mit gekauften Klebemitteln hat aber auch seine Gefahren.
Gewisse Klebemittel bewirken eine chemische Verfärbung, so daß der Verdacht von
Fälschungen aufkommt. Auf diese Weise entstehen Zirkulationshemmungen,
Widerstand gegen die Annahme solchen Geldes. Ferner spielt die Gefahr von
Markenfälschungen ohnehin auch noch eine Rolle, zumindestens solange, bis ein gewisser
Allgemeinwohlstand die Neigung zum betrügerischen Erwerb und Verdienst
entsprechend reduziert hat.
Doch unabhängig von diesen Zugeständnissen an
die Kritik, daß das Markenklebesystem keine befriedigende Methode darstellt,
verdient immerhin festgehalten zu werden, daß die ersten praktischen Versuche,
wie sie mit der "Wäraaktion" im Jahre 1930/31 und später mit den
"Arbeitsbestätigungen" der Tiroler Landgemeinde Wörgl ins Leben
gerufen worden waren, dieses System des Markenklebens zur Grundlage hatten.
Beides hat im gegebenen Rahmen funktioniert, wobei natürlich ein guter Teil des
Erfolges auf den Idealismus der Mitwirkenden zurückgeführt werden darf, ein
Umstand, mit dem man bei allgemeiner Durchführung im Rahmen der
Gesamtwirtschaft nicht würde rechnen dürfen.
Das Verfahren hat ferner im Anschluß an die
Aktion von Wörgl auch in den Vereinigten Staaten Schule gemacht. Unter Führung
von Prof. Irving Fisher, dem bekannten amerikanischen Geldtheoretiker war eine
Studienkommission in Wörgl gewesen; die Veröffentlichungen und Vorträge von
Prof. Irving Fisher haben danach in Amerika in hunderten von Städten zu
ähnlichen Aktionen geführt.
Bei diesen Unternehmungen der Selbsthilfe,
die in der drückenden Atmosphäre der amerikanischen Depression organisiert wurden,
kam es aber an manchen Orten auch zu so wesentlichen Abänderungen, daß die
beabsichtigte Funktion der Umlaufsicherung teils übertrieben, teils auch
blockiert wurde. So mußte z. B. das Geld von Hawarden, Iowa, bei jedem
Handwechsel mit der Gebührenmarke beklebt werden und zwar mit einer
2-Prozentmarke. Ebenso war der Dollarschein von Sedalia mit 52 2-Centmarken zu
bekleben und konnte dann zur Einlösung präsentiert werden. In Russels, Kanada,
mußte der Geldschein alle drei Tage freigemacht werden, ebenso in Rock-Rapids
nach jeweils vier Tagen. Gleichartige Regelungen wurden in Dothan, Alabama und
St. Paul, Minnesota, getroffen.
In Chicago hatte eine Gesellschaft von
Gewerbetreibenden einen „Handelsdollar" in Umlauf gebracht, der
vierteljährlich zu bestimmtem Termin mit einer 2-Centmarke beklebt werden
mußte. Dieses Unternehmen war zwar nicht mehr eine unmittelbare Krisengründung;
es begann seine Tätigkeit mit Genehmigung des Staates Illinois im Jahre 1937
und arbeitete mit gutem Erfolg bis 1943.
Die im Laufe des Krieges auch in den
Vereinigten Staaten auftretende Warenknappheit gab 1943 den Anlaß, diesen unter
Umlaufsicherung stehenden "Handelsdollar" gegen die in Depot
gehaltenen Dollars der gesetzlichen Landeswährung wieder einzuziehen. Die
Gesellschaft beabsichtigt, zu gegebener Zeit die Ausgabe ihres Zertfikats mit
verbesserter Technik zu wiederholen.
Die übrigen Aktionen der zahlreichen Städte,
die in der Krisenzeit auf Grund der Informationen von Prof. Irving Fisher
unternommen worden waren, sind zweifellos durch die Unzulänglichkeiten der
Handhabung wie auch durch die allmählich wieder einsetzende Konjunktur, die
sich aus der Wirtschaftspolitik Roosevelts ergeben hat, nicht zu jener Wirkung
gekommen, die man hätte erwarten können. Sie sind aber als erste Versuche
immerhin beachtenswert und durchaus positiv zu beurteilen, zumal es in der
Natur der Dinge liegt, daß man sich zu gegebener Zeit der in diesem Verfahren
liegenden Möglichkeiten erinnern - und sie vielleicht besser auswerten wird.
Das Stempelgeld
In unmittelbarem Zusammenhang mit der Idee
des Markenklebens wurde von anderen Verfechtern der Gesell'schen Reform die
technische Möglichkeit der periodischen Abstempelung erwogen. Es würden hierzu
bei Banken, Postanstalten, öffentlichen Kassen usw. maschinelle Einrichtungen
in der Art von Abstempelungsautomaten Aufstellung finden. Die Vorteile
gegenüber dem Markenkleben liegen bei dieser Methode in der Vermeidung des
Verklebens und Verschmutzens, in der Einsparung an Klebemarken und in der Gleichmäßigkeit
der Ausführung. Demgegenüber ist die Ausführung, abgesehen davon, daß sie
immerhin einige Investitionen erfordert, ein Prozeß, mit welchem die
Geldzirkulation gewissermaßen periodisch durch den Engpaß der
Abstempelungsstellen gezwängt wird. Es ist zwar theoretisch nicht
ausgeschlossen aber doch unwahrscheinlich, daß die Abwickelung ohne Wartezeiten
für das Publikum vor sich gehen kann. Selbst wenn man das Verfahren der
Geldannahme und der Wiederauszahlung von bereits abgestempelten Beträgen so
rationell wie möglich gestaltet, wird die Abfertigung doch nicht so rasch
vorankommen können, wie es der errechenbaren technischen Leistungsfähigkeit der
Stempelmaschine entspricht.
Jeder am Schalter abzufertigende Kunde bringt
schließlich einen anderen Geldbetrag, der gezählt, kontrolliert und quittiert
werden muß und für den die Gebühren auszurechnen sein werden. Hinzu kommt, daß
die ganze Aktion jeweils tunlichst innerhalb weniger Tage abgewickelt werden
müßte, sonst würde das bereits abgestempelte Geld im Verkehr wieder unter das
noch nicht abgestempelte geraten, was auch zu Unzuträglichkeiten führen könnte.
Es ist auch nicht damit getan, einfach die Verminderung des Kurswertes der
ungestempelten Scheine in Kauf zu nehmen und zu glauben, daß jeder Zahlungsempfänger
gar nicht mehr verlangen kann, als diesen Abzug vorzunehmen; es handelt sich
hier vielmehr darüber hinaus noch darum, daß der Zahlende, der als Nachzügler
mit nichtgestempeltem Geld zum Kaufmann kommt, diesem nun zumutet, den von ihm
selbst versäumten Gang zur Abstempelung, bzw. zur Einzahlung und
Gebührenabrechnung nocheinmal zu machen.
Die Abstempelung hätte neben einigen
Vorteilen gegenüber dem Markenkleben also zweifellos den Nachteil, daß die
Abfertigung zu Stauungen im Geldverkehr führen würde; es würde zuviel
Massierung von Publikumsandrang vor Behördenschaltern verlangt. Eine
Vereinfachung des Verfahrens wäre allerdings etwa in der Weise möglich, daß die
Abstempelung grundsätzlich nur in den Geldinstituten anläßlich des Rückflusses
oder Durchlaufens der Geldzeichen erfolgen würde. Die Geldinstitute würden also
grundsätzlich jederzeit jeden Betrag zu dem Kurswert des Tages annehmen, der
Geldausgabe aber nur die Noten zuführen, die ordnungsmäßig abgestempelt sind,
bzw. in dem betreffenden Geldinstitut abgestempelt wurden.
Praktische Bedeutung hat die Methode der
Abstempelung noch nirgends erlangt. Der Gedanke ist jedoch in den Vereinigten
Staaten schon erwogen worden. Auch darüber berichtet Prof. Irving Fisher in
seinem Werk "Festwährung" im Verzeichnis der
Stabilisierungs-Gesetzesvorlagen (s. a. a. 0. S. 377), daß im Februar 1933
Senator John H. Bankhead aus Alabama und das Kongreßmitglied Samuel B.
Pettengill aus Indiania gleichlautende Gesetzesanträge eingereicht haben, worin
die Ausgabe von "Stempelgeld" gefordert wurde. Diese Gesetzesvorlage
wurde zum 73. Kongreß 1. Session im März 1933 erneut eingereicht, gelangte aber
nicht zur Annahme.
Im übrigen ist die einmalige Abstempelung von
Banknoten nach Inflationsperioden schon häufig erwogen und auch praktisch
durchgeführt worden, teils um die Kontrolle über den Geldumlauf
zurückzugewinnen, teils auch um eine Reduzierung der Notenmenge vornehmen zu
können. Mit unserem in Rede stehenden Zweck hat das indessen wenig zu tun.
Ebenso wurde auch im Zuge der Währungsumstellung von 1948 die in Berlin
ausgegebene West-D-Mark durch einen Stempel gegenüber den in Westdeutschland
ausgegebenen Zahlungsmitteln gekennzeichnet. Auch dieser Stempel hatte, wie die
in der Folgezeit von den Militärregierungen beschlossene abermalige
Kennzeichnung durch eine Perforation, keine währungspolitische, sondern
offensichtlich nur statistische Bedeutung.
Das
"Tabellengeld"
An Variationen der technischen Durchführung
kam nun zunächst - weil das Markenkleben und Stempeln noch keine ideale Lösung
darstellen konnte - die Idee des "Tabellengeldes" auf. Diesen
Vorschlag hat Gesell selbst sogar schon vor dem Markensystem erwogen und in der
2. Fortsetzung seiner "Reformation im Münzwesen", in der Schrift
"Die Verstaatlichung des Geldes", Buenos Aires, 1892, veröffentlicht.
Außerdem wurde dieser Gedanke auch von Th. Duimchen in seinem Buch
"Monarchen und Mammonarchen" im Jahre 1907 nochmals entwickelt;
Duimchen war der Meinung, eine bedeutende Verbesserung gefunden zu haben und
erging sich zunächst in einer temperamentvollen Kritik der Gesell'schen Idee.
Nach dem Prinzip des Tabellengeldes würde
zwar die Umständlichkeit des Markenklebens wegfallen; dafür würde aber der
Zahlungsverkehr doch mit anderen Umständlichkeiten belastet. Der Geldschein
würde nie den Betrag gelten, den sein Nennwert ausweist, so daß man bei jeder
Zahlung erst nachrechnen müßte, was wirklich zu bezahlen ist. Die
Hauptschwierigkeiten für den Zahlungsverkehr dürften hierbei darin liegen, daß
man bei einem zu zahlenden Rechnungsbetrag, sei es im Kaufhaus, auf der Post
oder am Fahrkartenschalter, sobald man mehrere Stückelungen von Geldscheinen
dazu benötigt, überhaupt nicht mehr im Kopf ausrechnen kann, was man zu zahlen
hat. Jeder Schein würde doch in fortgesetzter Veränderung immer wieder etwas
anderes gelten; man könnte bei der Zahlung das Geld nicht mehr auf den Tisch
oder das Zahlbrett zählen, sondern man müßte die einzelnen Stückelungen nach
ihrem Tageswert zusammenrechnen, ebenso bei der Herausgabe.
Die weitreichenden Forderungen, das
Tabellengeld mit täglich veränderten Kursen auszustatten, würde in diesem Sinne
einen mehr kontinuierlich als periodisch fortschreitenden Einzug der
Nützungsgebühren bedeuten, aber die praktischen Anforderungen an die Berechnung
der Zahlungen würden damit nur gesteigert werden.
Zur technischen Ausstattung des
Tabellengeldes ist in der Schrift "Die Technik des Umlaufsgeldes in der
Praxis", Erfurt 1933, von A. Lichtenberg auch der Vorschlag gemacht
worden, die Scheine aus metallisiertem Papier herzustellen, um der stärkeren
Abnutzung des besser kursierenden Geldes gerecht zu werden.
Trotz der Schwierigkeiten des Tabellengeldes
sind auch mit dieser Methode schon praktische Aktionen unternommen worden.
Die erste Aktion dieser Art war die von Prof.
Karl Polenske in seiner Schrift "Die Geldreform" erwähnte Herausgabe
der "Flensburger Goldmark", die im Jahre 1923 erfolgt war. Als
Schöpfer dieses Zahlungsmittels hielt er es - auf dem Höhepunkt der Inflation -
offenbar für angebracht, dem Deckungsprinzip aus psychologischen Gründen ein
kleines Zugeständnis einzuräumen, stattete aber im übrigen seinen Tauschzettel
mit einer Tabelle aus, welche für je zehn Tage einen Kursrückgang von 1 Prozent
anzeigte. Die Beziehung zur Feingolddeckung war durchaus platonischer Art; von
einer Einlösung in Gold stand nichts auf dem Zettel.
Der andere Versuch mit dem Tabellengeld wurde
in der Krisenzeit 1931 vom "Allgemeinen Deutschen Tauschverband", der
seinen Sitz in Gera hatte. unternommen. Die Gesellschaft war bei der
Formulierung des Textes bestrebt, alles zu vermeiden, woraus eine Verletzung
des Notenmonopols hätte abgeleitet werden können. Sie wollte ihren
"Tauscher" weder als Geld noch als Notgeld noch als Inhaberpapier
gemäß § 807 BGB., sondern nur als Tauschmittel gelten lassen.
In der allgemeinen Stagnation der
Wirtschaftskrise bekundete die Geschäftswelt trotz des abgleitenden
veränderlichen Nennwertes dieser Tauscheinheit starkes Interesse dafür. In
wenigen Tagen hatten sich hunderte von Geschäftsleuten gemeldet, die bereit
waren, den Geraer "Tauscher" als Zahlungsmittel anzunehmen. Die
Aktion wurde indessen verboten, nachdem ein neues Gesetz die rechtliche
Grundlage für das Verbot hergestellt hatte.
So hat auch die sorgfältige Vermeidung aller
juristischen Klippen, um die sich die Herausgeber des "Tauschers"
bemüht hatten, den für die Ausbeute an Erfahrung bedauerlich vorzeitigen
Abbruch des Unternehmens nicht verhindert. Auch hierin zeigt sich, daß der
Absolutismus der Staatsgewalt in Deutschland weitaus stärker ist als in anderen
Ländern, in denen bei offensichtlichem Versagen der allgemeingültigen
Regelungen, wie z. B. in der Krise in Amerika, zweckmäßig erscheinende
Neuerungen auch im engeren Rahmen korporativer Selbsthilfe der Wirtschaft
durchgeführt werden können.
Eine weitere praktische Demonstration mit dem
System des Tabellengeldes wurde im Jahre 1933 noch in Mediasch, Rumänien,
durchgeführt. Die Zertifikate waren als "Depotscheine" ausgegeben.
Die monatliche Taxe von 2 Prozent wurde durch fortlaufende Herabsetzung der auf
der Rückseite aufgedruckten Kurswerte erhoben. Ein Depotschein, der im
November• 1933 z. B. 50 Lei galt, wurde im Dezember mit 49, im Januar des
folgenden Jahres mit 48, im Februar mit 47 Lei bewertet usw. Die Aktion hat
keinen großen Umfang angenommen.
Dynamische
Doppelwährung
Eine weitere Abwandlung brachte der Schweizer
Gelehrte Dr. Theophil Christen, der s. Z. in München an der Seite Gesells
mitarbeitete, mit seiner "dynamischen Doppelwährung". Hiernach sollte
eine stabile Rechnungseinheit, die „Festmark" in Verbindung mit einer
„Zahlmark" die Lösung bieten. Die Zahlmark würde durch planmäßige
methodische Vermehrung einer fortlaufenden Entwertung unterworfen, die sich auf
der Warenseite in einer geregelten Preissteigerung von jährlich 6 Prozent
auswirken würde. Eine Regelung in diesem Sinne würde den Zahlungsverkehr kaum
noch irgendwie belasten. Wichtig würde aber sein, daß nach dem Christen'schen
Vorschlag die wirtschaftliche Erfolgsrechnung mit "Festmark"
kalkulieren müßte. Bei einem gleichartigen Vorschlag von Dipl.-Ing. Ernst
Goebel wird das ebenfalls verlangt. So müßten Löhne, Steuern und soziale Lasten
u. a. m. natürlich auch in Festmark gerechnet werden. Hierbei würde man wohl um
eine doppelte Kassenbuchführung nicht mehr herumkommen. An diese Notwendigkeit
denkt vielleicht ein mit kaufmännischer Buchführung wenig vertrauter Beurteiler
nicht ohne weiteres. Praktisch ist sie indessen unausweichlich.
Würde man Kasseneingänge und -ausgänge nur in
Festmark rechnen und buchen, so müßten trotzdem Eingänge und Ausgänge in sich
ständig verändernden Zahlmarkbeträgen bewegt werden. Allein die Tatsache, daß
die Zahlmark gegenüber der Festmark an sogenannter "Kaufkraft"
verliert, bewirkt aber bereits, daß in der Kasse auf jeden Fall Differenzen in
Erscheinung treten. Das ist für eine Buchhaltung ein unmöglicher Zustand. Wie
sollen diese Differenzen von vorkommenden anderen Differenzen - die man
normalerweise doch nur daran erkennt, daß die Zahlen nicht aufgehen -‚ wie
sollen also diese Differenzen von den anderen Differenzen unterschieden werden,
wenn keine Aufzeichnungen darüber geführt werden, welche Zahlmarkbeträge zu
bestimmten Terminen ein- und ausgehen? Für die Kassenbuchführung ist die
Verbuchung der Zahlmark fast wichtiger, als die Verbuchung der Festmark.
Schließlich wäre eine Kompromißlösung
allenfalls in der Richtung zu suchen, daß man die Festmarkrechnung in der
kaufmännischen Buchführung nur auf die Bilanzierung beschränkt. Löhne,
Gehälter, Sozialleistungen, Steuern, Mieten, Pachten usw. müßten dann der
Geldentwertung entsprechend periodisch erhöht werden. Das würde zwar auf
dasselbe herauskommen wie die Berechnung in Festmark bei steigender Auszahlung
in Zahlmark, - mit dem einzigen Unterschied, daß bei der zweiten Methode die
Veränderungen in größeren Intervallen erfolgen könnten.
Zuletzt aber fällt noch ins Gewicht, daß bei
der Methode der bewußt betriebenen Entwertung der Zahlmark im weiten Bereich
des eigentlichen Zahlungsverkehrs der Wirtschaft, vor allem im ständig
wiederkehrenden Umschlag des Einkommens, nichts vom Prinzip der Festwährung zu
merken ist. Der Durchschnittsmensch urteilt nach den oberflächlichen
Eindrücken, und so läuft die Methode Gefahr, überhaupt falsch beurteilt zu
werden.
Hinzu kommt noch, daß bekanntlich
Preisveränderungstendenzen nicht nur von der Geldseite her, sondern auch von
der Güterseite her auftreten; läßt man nun diese beiden Tendenzen
ineinanderfließen, dann geht sicher etwas von der für die Konjunktursteuerung
notwendigen Klarheit verloren. Noch sind nicht alle Fragen geklärt und es ist
immerhin denkbar, daß die beste Zusammenstellung der Indexzahlen erst noch
gefunden werden muß, oder daß Verfeinerungen in der Methode erforderlich
werden. Aber dazu gehört eben schon, daß man genau und zweifelsfrei feststellen
kann, welche Gruppe von Güterpreisen stärkeren oder schwächeren Einfluß hat und
ob dieser Einfluß der größeren oder geringeren Bedeutung dieser Güter für den
Gesamtindex entspricht. Es ist nun zwar technisch nicht unmöglich, Bewegung
innerhalb der Bewegung, Einzelpreisveränderungen innerhalb der allgemeinen
Preissteigerung und im Verhältnis zu ihr zu berechnen; aber einfacher und
klarer und auf größere Zeitspannen übersichtlicher ist es, Veränderungen nach
der einen oder anderen Seite als Abweichung vom Feststehenden, also als
Abweichung von der Stabilität zu erfassen.
Im übrigen hat Dr. Christen selber in seinen
früheren Veröffentlichungen bereits eingeräumt, daß die dynamische
Doppelwährung gegenüber der Gesell'schen Idee dadurch im Nachteil ist, daß ihr
Wesen und ihre Wirkung auf die Volkswirtschaft weniger leicht zu durchschauen
ist.
So ist die Methode der dynamischen
Doppelwährung in der Theorie durchaus richtig, aber in der praktischen
Durchführung, insbesondere nach den bisherigen Erfahrungen auf dem Gebiet des
Geldwesens, die den Komplex der Kaufkraft des Geldes zum neuralgischen Punkt
unserer Wirtschaft werden ließen, kaum noch zu empfehlen.
Es hat heute in der Tat den Anschein, als ob
unsere Wirtschaft durch die jetzt mehrfach durchgemachten Veränderungen des
Geldwertes in einen Zustand geraten ist, in welchem sie auf eine so mäßig
dosierte Inflation, wie nach dem Christen'schen Vorschlag, gar nicht mehr in
dem angenommenen Sinn reagieren würde. Wohl kann man den Hang zur Liquidität
durch Förderung des Preisauftriebes schwächen und den Kreislauf des Geldes in
Fluß bringen; aber zur echten Konjunktur gehört auch die Befruchtung der
Investitionstätigkeit, Kapitalbildung, Sparen und Anlegen von Ersparnissen.
Diesen Notwendigkeiten wird erst entsprochen werden, wenn die Erhaltung der
Ersparnisse auf lange Sicht hinaus unzweifelhaft ist und wenn auch andere
Hemmungen des Sparwillens, seien sie steuerpolitischer oder
zwangswirtschaftlicher Art, endgültig verschwunden sind. Die Fixierung der
Ersparnisse auf "Festmark"-Beträge dürfte heute allein nicht mehr
genügen, zumal dieser Gedanke den fatalen Nebensinn hat, einen
Sicherungsversuch gegen unvermeidliche weitere Geldentwertung darzustellen.
Die Chok-(Schock)-Methode
Von der Überlegung ausgehend, daß es
praktisch eigentlich nicht auf die Erzielung irgendwelcher Einnahmen aus der
Umlaufsgebühr ankommt, sondern lediglich auf den Umlaufsimpuls, der sich
gewissermaßen aus der Flucht vor den Kosten der Geldhortung ergibt, hat Dr.
Hans Oberth, Mediasch, Rumänien, den Gedanken in die Diskussion gebracht, durch
Ankündigung einer überraschend einsetzenden Gebührenbelastung des Bargeldes
eine gewisse Chokwirkung zu erzielen. Hierbei müßte es allerdings mindestens ab
und zu zu einem praktischen Exempel kommen; an sich aber sollte die Ankündigung
schon als Chokwirkung den Umlaufsimpuls auslösen.
Soweit dieser Gedanke unter den Verfechtern
der Gesell'schen Geldreform Anklang gefunden hat und als Methode, nicht nur als
einmalige Maßnahme zur Überwindung einer Krise, erwogen wurde, hat wohl die
geschichtliche Erfahrung der Brakteaten-Geldwirtschaft Pate gestanden. Es ist
natürlich richtig, daß die ständige Unsicherheit, die unter der Münzordnung des
Mittelalters infolge des zeitweiligen Einschmelzens und Umprägens der Münzen,
bei gleichzeitiger Erhebung eines "Schlagschatzes", über dem
Geldwesen lag, eine Schatzbildung in Bargeld nicht aufkommen ließ. Im übrigen
aber war die "renovatio monetarum", die Aufrufung und Neuprägung der
Münzen, nur zu Anfang der Brakteatenzeit ein zeitlich ungewisses, durch den Tod
oder Wechsel des Landesherren ausgelöstes Ereignis. Zahlreiche geschichtliche
Zeugnisse beweisen, daß der Aufruf und Wechsel der Münzen sehr bald eine
absolut regelmäßige, wiederkehrende Maßnahme wurde.
Bei der in Rede stehenden Chokwirkung scheint
also eine richtige Überlegung auf ein Nebengleis zu geraten. Gewiß kam die
Beständigkeit der Geldzirkulation von der heilsamen Furcht vor Verlust; aber ob
sich diese Wirkung auf die Dauer allein aus der Ankündigung ergeben und die
wirkliche Erhebung der Umlaufsgebühr überflüssig machen würde, das ist denn
doch zweifelhaft. Auf diese Konsequenzen zielen einige Befürworter dieser
Methode aber hin.
Noch einen Schritt weitergehend hat die
neuere Diskussion den Gedanken zutage gefördert, mit einem periodischen
Umtausch aller Noten und Münzen den Umlauf ohne Erhebung einer Umlaufsgebühr zu
erreichen. Der Umtausch in neue Geldzeichen sollte einfach zu Lasten der
Geldverwaltung, der Zentralbank oder des Staates vorgenommen werden.
Hierzu - und zu allen Ideen, die auf eine
Vermeidung der Durchhaltekosten für die Barliquidität hinzielen - müssen wir,
auf unsere Einleitung zurückkommend, einige grundsätzliche Überlegungen
anstellen. Bei allem Verständnis dafür, die angestrebte Neuerung auch dem
Gegner annehmbar zu machen, wird man sich doch darüber klar sein müssen, daß
man das Wesentliche und Notwendige der Neuerung nicht in wohlgemeintem
Entgegenkommen vollständig opfern darf. Wir stehen auf der wissenschaftlichen
Grundlage der Gesell'schen Geldtheorie; hier gehört es aber gewissermaßen zum
Elementarbestand unserer Einsichten, daß die insbesondere von Karl Marx
behauptete Tauschäquivalenz zwischen Geld und Ware beim herkömmlichen Geld nicht
besteht. Daraus ergibt sich die Folgerung, daß man diese Äquivalenz durch eine
geeignete Methode herstellen muß. Wir stehen also hier vor der zwingenden
Notwendigkeit, die "Herabsetzung des Geldes auf die Rangstufe der
Ware", wie Gesell sich ausdrückte, zu bewerkstelligen. Das läuft aber
darauf hinaus, auf irgend eine Weise die Angebotsdringlichkeit, die der Ware
immanent ist, auch dem Gelde immanent zu machen; wir kommen um die
Notwendigkeit, die Barliquidität mit Durchhaltekosten zu belasten, gar nicht herum,
gleichgültig, wie wir es technisch anstellen wollen.
Bei der Empfindlichkeit der modernen
Volkswirtschaft gegenüber den geringfügigen Impulsen oder Hemmungen im
Zahlungsverkehr ist es natürlich auch nicht damit getan, das Geld ab und zu
aufzuschrecken, oder zu gewissen Zeiten zum Umtausch aufzurufen, um wieder
einmal Bewegung in die Sparrate zu bringen, sondern es kommt sehr genau darauf
an, den Umlaufsimpuls in gewisser Gleichmäßigkeit ständig wirken zu lassen.
Erst so ist es möglich, die in der Sparrate sich sammelnden kurz- und
langfristigen Geldkapitalien laufend in den Zahlungsverkehr der Wirtschaft
zurückzuführen.
Die
Geld-Umlaufsteuer
Ein weiterer Vorschlag, der überhaupt keine
Veränderung an den Noten oder Münzen vorsieht und unter diesem Gesichtspunkt
betrachtet die Einführung der Reform von heute auf morgen mit dem zur Zeit
zirkulierenden Geld zu gestatten verspricht, läuft darauf hinaus, die
Umlaufsgebühr in Form eines ständigen wachsenden Zuschlags zu jeder Zahlung zu
erheben.
In der schon zitierten Schrift „Die Technik
des Umlaufsgeldes in der Praxis", Erfurt 1933, entwickeln Walter Aden und
Karl Huber in zwei Beiträgen dieses Prinzip. Danach sollten nach dem Vorschlag
von W. Aden an 280 Tagen des Jahres je 0,02 Prozent als Umlaufsgebühr in Form
eines Zuschlages erhoben werden. Die Sonn- und Feiertage sind
"Geldruhetage"; außerdem ruht die Gebührenpflicht in der
Umtauschfrist vom 16. Dezember eines jeden Jahres bis zum 14. Januar des
folgenden. Bemerkenswert ist aber hierbei, daß trotz des Beginnens mit den
gerade gültigen Noten und Münzen eine jährliche Gelderneuerung vorgesehen ist.
Der Vorschlag sieht zunächst bestechend
einfach aus; wieweit er in der praktischen Durchführung einfach sein würde,
wäre nun zu untersuchen:
W. Aden führt ein anschauliches Beispiel für
die Berechnung einer Zahlung an. Er geht davon aus, daß ein Familienvater für
die Aussteuer seiner Tochter am 28. Mai eine größere Zahlung von 463,25 Mark zu
bezahlen hat. Dieser Betrag ist der "Festmark"-Betrag", in der
genannten Schrift als "Realmark"-Betrag dem
"Nominalmark"-Betrag (Zahlmark) gegenübergestellt. Nun ist der
Fälligkeitstag der Zahlung der 109. Geldtag; dies müßte in den Kalendern
besonders vermerkt werden, sonst wäre diese Feststellung bereits eine Rechenaufgabe
für sich. Es sind die Anzahl der Tage abzüglich der Geld-Ruhetage, Feiertage
und Sonntage festzustellen. Die Zuzahlung beträgt nun 109 mal 0,02 Prozent =
2,18 Prozent oder auf je Realmark 100,- Mark 2,18 Zuschlag. Der Betrag von
463,25 wird vom Verfasser des Vorschlages folgendermaßen in Nominalmark für die
vorzunehmende Zahlung umgerechnet:
RM 400,00
= NM 408,72
" 60,00
= " 61,308
" 3,00
= " 3,0654
" 0‚20
= " 0‚20436
" 0‚05
= " 0‚051090
RM 463,25
= NM 473,35
Daß eine
derartige Rechnung nicht im Kopf gemacht werden kann, dürfte klar sein. Es wird
auch bei kleineren Beträgen nicht anders sein, wie sich jedermann an einem
beliebigen Rechnungsbetrag, zu einem beliebigen Zahltag fällig, selbst
ausrechnen kann.
Auch die Methode, einfach 2,18 Prozent von
463,25 Mark auszurechnen und als Zuschlag zu bezahlen, stellt gegenüber der
vorstehenden Berechnung keinen nennenswerten Vorteil dar.
Das sind aber bei Anwendung dieses Prinzips
noch nicht alle Schwierigkeiten, die in Erscheinung treten würden. Wie bei dem
Vorschlag der dynamischen Doppelwährung ergeben sich auch bei der Erhebung der
Geldumlaufsteuer Differenzen in der Buchführung, es sei denn, man stellt sich
auf doppelte Kassenbuchführung ein.
Einen wenig beachteten wichtigen Gesichtspunkt
hierzu führen beide Autoren in den erwähnten Beiträgen selber noch an. Es
handelt sich darum, daß im Abzugsverfahren Differenzen eintreten, weshalb
sowohl W. Aden wie auch K. Huber dem Zuzahlungsverfahren den Vorzug geben.
Damit sind aber die Schwierigkeiten nicht
ganz behoben, denn praktisch kommen in der Wirtschaft beide Verfahren in
Betracht; das eine mal muß errechnet werden, welche Summe von Zahlmark
erforderlich ist, um einen bestimmten Betrag von Realmark zu begleichen, und
das andere mal hat der Buchhalter festzustellen, welche Summe von Realmark
verbucht werden darf, wenn ein bestimmter Betrag von Zahlmark in der Kasse ist.
Die Differenzen entstehen daraus, daß der
Zuzahlungsbetrag ebenfalls Geld ist, welches nur durch Zuzahlung seine vollgültige
Kaufkraft erhält. Wir haben es hier mit dem Gegenstück zum Zinseszins zu tun,
dessen Vernachlässigung hier aber Differenzen ergibt.
Man könnte vielleicht die sich daraus
ergebenden Unstimmigkeiten vernachlässigen. Aber andererseits wäre es immerhin
von Interesse, sich zu überlegen, wie sich die daraus resultierenden
Differenzen bei größeren Zahlungseingängen, bei Banken, Kaufhäusern usw.
auswirken würden.
Wenn das Kaufhaus, bei dem unser
obengenannter Familienvater die Aussteuer für seine Tochter gekauft hat, an dem
gleichen Tag einen Tagesumsatz von 100.000 Realmark erzielt, dann hat es an
diesem 109. Geldtag eine Zuzahlung von 2180 Zahlmark neben den 100.000 Zahlmark
in der Kasse. Gehen wir jetzt von dem Grundgedanken aus, daß die 100.000
Zahlmark durch die fortlaufende Belastung mit der Geldsteuer eigentlich nur
noch 97.820 Realmark darstellen, dann müßten 2180 Realmark hinzukommen, um die
Summe von 100.000 Realmark zu ergeben. In Wirklichkeit kommen aber nur 2180
Zahlmark hinzu, so daß von diesem Betrag ebenfalls noch 2,18 % abgezogen werden
müssen, um zu dem Realmarkbetrag zu kommen, den die Zuzahlung darstellt.
Wir rechnen
also:
100.000,- Zahlmark abzüglich 2,18 % = 97.820,- Realmark
+ 2.180,- Zahlmark abzüglich 2,18 % =
2.132,48 Realmark
ergeben
102.180,- Zahlmark abzüglich 2,18 % =
99.952,48 Realmark
somit bleibt
eine Differenz von 47,52
Realmark
denn der
Umsatz belief sich auf 100.000,- Realmark
Dieses gleiche Ergebnis würde sich auch
herausstellen, wenn der Hauptbuchhalter aus der Summe der in der Kasse
befindlichen Zahlmarkeingänge selber ausrechnen würde, wieviel Realmark er als
Tagesumsatz buchen darf.
Er findet in der Kasse den Betrag von 102.180,-
Zahlmark
davon,
entfallen auf den Ausgleich der aufgelaufenen
Umlaufsgebühren
2,18 %, die er abzieht = 2.227,52 .Zahlmark
danach
verbleiben zur Verbuchung 99.952.48
Realmark
Da der Warenausgang in Wirklichkeit aber
100.000,- Realmark betragen hat, ergeben sich somit im Laufe des Jahres doch
immerhin nennenswerte Verluste oder Mindereinnahmen, die nicht aus der
Buchhaltung zu ersehen sind, wie es die kaufmännische Erfolgsrechnung verlangt,
sondern überhaupt erst sichtbar werden, wenn Inventur und Bilanz gemacht wird.
Nun steht hier selbstverständlich nicht zur
Debatte, ob ein solcher Verlust tragbar ist oder nicht, sondern es soll hier
nur darauf aufmerksam gemacht werden, daß aus dem abwechselnden Zuschlagen und
Abziehen heraus Differenzen entstehen, die nur mittels komplizierter und weit
in die Dezimalstellen hineinreichender Rechenkünste vermieden werden können.
Korrekterweise müßte nämlich - damit löst sich das Rätsel der obigen Differenz
- beim Abzugsverfahren jedesmal mit einem anderen Prozentsatz, weil von einer
anderen Summe ausgehend, gerechnet werden als beim Zuschlag. Wenn der Zuschlag
nach 109 Tagen 2,18 % beträgt, dann beträgt der Abzug nach dieser Zeit 2,1335
%; auf den Tag berechnet läßt sich der Abzug nur noch in einer Zahl mit sechs
Dezimalstellen ausdrücken.
Hier stehen wir denn also vor der Frage: was
nutzt uns die Abstellung des Zuschlages auf einen runden Satz von 0,02 %
täglich, wenn in der unvermeidlichen Umrechnung daraus ein Satz von sechs
Dezimalstellen gemacht werden muß, um Differenzen zu vermeiden? Umgehen könnte
man diese Schwierigkeiten nur mit Hilfe von Tabellen nach der Art der
Zinzeszins-Tabellen.
Klebegeld -
Seriengeld
Einen interessanten Gedanken brachte Dr. Ing.
Pallauf bereits 1934 mit seiner Kombination von Klebegeld und Seriengeld in
Vorschlag. Das Seriengeld als ein vom Verfasser des Vorliegenden befürwortetes
Verfahren wird im folgenden Kapitel noch zu behandeln sein. Die durch das Buch
von Prof. Dr. Paul Diehl „Deutschland ist tot... es lebe Deutschland!"
ausgelöste Diskussion brachte hierzu bereits den Hinweis, daß Dr. Fack in seiner
Zeitung einen ähnlichen Vorschlag für die Ausgabe von Münzen schon im Jahre
1930 veröffentlicht hatte. Und schließlich ist bisher ganz übersehen worden,
daß Gesell selbst in seiner allerdings nur noch in ganz wenigen Exemplaren
vorhandenen Schrift „Die Verstaatlichung des Geldes", Buenos Aires, 1892,
das Kleingeld in zehn Serien in verschiedenen Farben auszugeben empfahl, von
denen jährlich eine Serie verfallen sollte (s. a. a. O. S. 103).
Das Grundprinzip dieser Methode besteht also
darin, daß Noten und Münzen in einer Anzahl verschieden gekennzeichneter Serien
ausgegeben werden sollen. Bei den Münzen hält sich Dr. Pallauf an das
Serienprinzip, das den periodischen Aufruf bestimmt gekennzeichneter Serien und
ihren Einzug unter Abrechnung der auf die aufgerufene Serie umgelegten
Umlaufsgebühr vorsieht. Das Verfahren wird noch etwas eingehender erklärt
werden.
Für die Behandlung von Noten empfiehlt Dr.
Pallauf dagegen eine Verbindung von Seriengeld und Klebegeld in der Weise, daß
bestimmte Stückelungen von Noten zu vorher nicht bekannten Terminen mit Marken
beklebt werden müssen. Die Werte der Marken sollen nicht von vornherein
feststehen, sondern sie sollen nur die Bezeichnung "1/1-Steuermarke",
"1/2-Steuermarke", „2/5-Steuermarke" usw. tragen. Die letztgenannte
Regelung hat hier den Sinn und Zweck, eine Veränderung der Umlaufsgebühr auf
jeden beliebigen Jahresprozentsatz zu ermöglichen.
Bei einer kritischen Würdigung dieser Idee
springt zunächst in die Augen, daß neben dem Ansatz einer neuen Methode doch
noch das Klebeverfahren mit allem, was dazu schon gesagt wurde, eine Rolle
spielt. Ob der Umstand, daß die Steuermarke nur auf bestimmte Stückelungen, die
erst zum Fälligkeitstermin genannt werden, aufgeklebt werden muß, einen Vorteil
in der technischen Abwickelung darstellt, müßte noch untersucht werden.
Die beklebten und nicht beklebten Scheine
haben bei dieser Methode eine entsprechend längere Laufzeit. Sie sollen solange
im Verkehr bleiben, bis eine Stückelung im zufälligen Turnus der wechselnden Beklebung
vollgeklebt ist. Alles, was gegen das Markenkleben an sich gesagt werden kann,
- daß die Gefahr des Abfallens der Marken besteht, die Verschmutzung der
Scheine, die Umständlichkeit der Handhabung usw. - muß also auch hier wohl
erwogen werden. Außerdem wird in der Frage der Prüfung der Vollgültigkeit des
Geldes eine nicht zu bagatellisierende Anforderung an das Gedächtnis des
Publikums gestellt. Nach 15 Monaten können Stückelungen im Umlauf sein, die mit
ganz unterschiedlicher Anzahl von Marken beklebt sein müssen, so daß man sich
jeweils merken muß, welches die für die betreffende Stückelung richtige
Beklebung ist.
Weiterhin scheint sich aber Dr. Pallauf die
Berücksichtigung von Notwendigkeiten vorgenommen zu haben, die in dieser Art
kaum bestehen dürften. Über die Höhe des angemessenen Gebührensatzes mag es
noch verschiedene Auffassungen geben. Der Satz von 5,2 %, den Gesell selbst als
angemessen erachtete, ist augenscheinlich unabhängig von dem Bestreben Gesclls,
den Satz dem sog. "Urzins" anzugleichen, davon mitbestimmt worden,
daß das Jahr 52 Wochen hat und daß nun auf die Woche ein Tausendstel entfallen
würde. Von ähnlichen Überlegungen sind die Gebührensätze der anderen Vorschläge
- 6 % = monatlich 1/2 %, 12 % = monatlich 1 % usw. -diktiert.
Ohne jetzt mit dem Anspruch auf letzte
Gültigkeit einen bestimmten Prozentsatz nennen zu können, werden wir uns am
besten daran halten, daß der Gebührensatz möglichst dem entsprechen sollte, was
Gesell mit dem Begriff "Urzins" umschrieben hat. Um diese Spanne, die
sich seit Jahrtausenden in der durchschnittlichen Höhe des Zinssatzes von 5 %
zeigt, ist nach Gesells Lehre das Geld der Ware überlegen. Mit dem Ausgleich
dieser Spanne würde also die Tauschäquivalenz zwischen Geld und Ware
hergestellt werden, eine Überlegung, die auch von B. Heimberg zu dieser Frage
in die Diskussion geworfen wurde. Praktisch stehen wir also - da der Satz von
5,2 % in Abweichung von der Ansicht, die B. Heimberg glaubt vertreten zu
müssen, nicht von allen Verfechtern der Gesell'schen Geldreform als letztgültig
angenommen wird, - vor der Notwendigkeit, etwas Bewegungsmöglichkeit zu wahren.
Es kommt darauf an, den richtigen Prozentsatz in der praktischen Durchführung
zu finden und zu erproben. Auch Gesell hat die Möglichkeit eines Herauf- und
Heruntersetzens der Umlaufsgebühr ausdrücklich erwähnt (s. NWO, 9. Aufl. S.
244).
Demgegenüber ist aber der Vorschlag von Dr.
Pallauf darauf bedacht, die Beweglichkeit der Umlaufsgebühr grundsätzlich auf
die Dauer zu sichern, um mit der beweglichen und von Fall zu Fall in den
verschiedensten Dezimalbrüchen zu erhebenden Gebühr die Umlaufsgeschwindigkeit
des Geldes zu regulieren. Dazu liegt aber doch wohl kaum eine Notwendigkeit
vor. Die Regulierung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage wird mit der
Geldmengenregulierung gemacht. Die Umlaufsicherung hat nur den Zweck, die
Umlaufsgeschwindigkeit zu einer relativ konstanten Größe zu machen. Es ist
nicht erforderlich, die Umlaufsgeschwindigkeit nach irgendwelchen Grundsätzen
einmal zu bremsen und dann wieder zu forcieren; es kommt nur darauf an, für die
Sparquote das notwendige Gefälle zu schaffen, damit dieses Geld über den
Kreditweg und über die Investitionen in die Wirtschaft zurückfließt. Das andere
Geld fließt von selbst durch die Kanäle der Verbraucherausgaben auf die Märkte
und es ist nicht notwendig, diesen Fluß noch besonders zu beschleunigen.
Von diesen anfechtbaren oder entbehrlichen
Konstruktionen in dem vorliegenden Vorschlag abgesehen, liegt das
Verdienstvolle an den Arbeiten von Dr. Pallauf in den Ansätzen zur
theoretischen Entwicklung des Seriengeldes.
Das
Seriengeld
Grundsätzlich kommt es darauf an, die
angestrebte Wirkung mit dem kleinsten Aufwand zu erzielen. Zum Aufwand gehört
einerseits der materielle Aufwand von Sach- und Verwaltungskosten und
andererseits der in der Volkswirtschaft ins Gewicht fallende Aufwand an Zeit
und Kosten, den das Publikum nach Durchführung der Reformen auf die Dauer zu
tragen hat.
In Bezug auf das Markenkleben wäre also,
unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, zunächst an den sachlichen Aufwand des
jährlichen Totalverbrauchs von Noten und Klebemarken zu denken, andererseits
aber auch an die Zeit- und Arbeitsanforderungen, die das Kaufen und Aufkleben
der Marken und das Kontrollieren der Geldscheine in der Wirtschaft verursacht.
Diesen und bei anderen technischen Methoden
vorkommenden anderen Aufwendungen gegenüber ist nun zu überlegen, welche
Einsparungen möglich sein könnten, ohne von der angestrebten Wirkung etwas zu
verlieren.
Die erste Überlegung hierzu betrifft den
Gedanken, daß die Aufwendungen für die Klebemarken und die ganze
Umständlichkeit des Klebens eingespart werden könnten, wenn man die ohnehin
notwendige jährliche Erneuerung der Geldzeichen in der Art einer turnusmäßigen
Auswechselung der mit der Umlaufsgebühr belasteten Noten und Münzen vornehmen
könnte.
Für die laufenden Kosten des Notendrucks
ergibt eine sorgfältige Kalkulation, die allerdings dem technischen Stand des
graphischen Gewerbes und den Papierpreisen der Vorkriegszeit entspricht, einen
Stückpreis von 0,007 Mark. Dieser Kalkulation lag die Annahme zugrunde, 200
Millionen 5-Markscheine im Format 70 X 140 mm zweifarbig auf
Wasserzeichenpapier zu drucken und jeden Schein einmal zu nummerieren. Die
Kosten mögen unter den derzeitigen Verhältnissen höher sein. Reichsbankdirektor
a. D. Hülse hat in der Zeitschrift "Deutsche Finanzwirtschaft" Nr. 3,
März 1948, wesentlich höhere Kosten genannt, die allerdings auch noch
Reichsmarkkosten waren; bei den kleineren Stückelungen bis zu 5 Mark rechnete
er im Durchschnitt mit etwa 1 % des Nominalwertes, was sicherlich durch
Mehrfarbendruck und mehrfache Nummerierung usw. bedingt gewesen sein mochte.
Nach unserer eigenen Kalkulation kostet die
Note, wenn wir mit zehnfach gesteigerten Gestehungskosten rechnen wollten,
immer noch weniger als 1 Pfennig. Die Einnahmen aus der Umlaufsgebühr, die aus
den bekannten Gründen in einer bestimmten Mindesthöhe erhoben werden muß,
bringen bei 6 % Jahresumlaufsgebühr für jede 5-Marknote 0‚30 Mark in die Kasse
der Geldverwaltung. Unter diesen Umständen dürfte die vollkommene Erneuerung
der Noten, selbst wenn diese mehrmals im Jahre erforderlich sein sollte,
zweifellos tragbar sein. Vergleichszahlen zu diesem Kostenproblem sind im
übrigen auch aus dem Bericht der Bank Deutscher Länder zu ersehen. So wurden z.
B. im Jahre 1949 45 Millionen für Notendruck und Münzprägung ausgeworfen; der
Zahlungsmittelumlauf bezifferte sich auf annähernd 8 Milliarden DM, so daß wir,
wenn wir nur mit einer Milliarde Reserven an noch nicht ausgegebenen
Geldzeichen rechnen, die Kosten der Gelderneuerung mit 1/2 Prozent der
benötigten Summe ansetzen dürften.
Das Verfahren der Umlaufsicherung durch das
Seriengeld beruht auf dem Grundsatz laufender Gelderneuerung. Das Prinzip läßt
sich bei Münzen und bei Papiergeld anwenden. Die Behandlung der Münzen stellte
übrigens schon immer den schwierigsten Punkt der Gesell'schen Geldreform dar,
dieses Problem ist aber jetzt so leicht zu lösen, daß die Münzprägung geradezu
eine Renaissance erleben könnte.
Die Höhe der Umlaufsgebühr kann jederzeit
ohne technische Umstände verändert werden, was die bereits erwähnte Angleichung
an die Dringlichkeit des Warenangebotes, wie überhaupt jede notwendig werdende
Korrektur gestattet, darüber hinaus aber nicht zum ständigen Manipulieren
dienen soll. Weiterhin sind in diesem Prinzip so vielfältige
Variationsmöglichkeiten enthalten, daß man allen vernünftigen Forderungen in
Bezug auf Stückelung, Serienanzahl, Laufzeit usw. gerecht werden kann.
Machen wir uns die Sache an der Ausgabe von
zwei verschiedenen Notenwerten klar:
Von der 5-Marknote werden vier verschiedene
Serien in jeweils gleichen Mengen in den Verkehr gegeben. Die vier Serien
unterscheiden sich von einander durch eine klare auffallende Kennzeichnung in
Verbindung mit dem Serienaufdruck 1-4. Die "Serie 1" erhält also z.
B. einen braunen Querbalken über den Seitenrand der Note; "Serie 2"
erhält zwei braune Querbalken usw., so daß die einzelnen Serien im
Zahlungsverkehr, im Schalterdienst usw. auf den ersten Blick erkennbar sind.
Ähnlich wird bei den anderen Notenstückelungen verfahren. Dabei kann es
zweckmäßig sein, die größeren Noten in kleineren Serien und die kleineren Noten
in größeren Serien in den Verkehr zu bringen. Diese Methode gestattet nämlich,
die gleiche Umlaufsgebühr an den gleichen Fälligkeitstagen in den gleichen
Teilbeträgen einzuziehen, ohne dass bei einer der Stückelungen Vorteile oder
Nachteile in Erscheinung treten.
Vom 10-Markschein würden wir also im Sinne
des Vorstehenden nur zwei Serien in den Verkehr bringen, wenn vom 5-Markschein
vier Serien kursieren. Für die Kennzeichnung der anderen Stückelungsserien
können die verschiedensten graphischen Merkmale, Punkte, Karos, Längsstreifen
usw. in unterschiedlichen Farben verwendet werden.
Nun würde mit der Ausgabe der neuen
Geldscheine und Münzen -letztere durch unterschiedliche Prägungen und Lochungen
gekennzeichnet - etwa folgende Bekanntmachung veröffentlicht werden:
Verordnung
zur Regelung des Geldumlauf
1) Mit
Wirkung vom 1. 1. 19... ab stehen die von der Bank Deutscher Länder
ausgegebenen Noten und Münzen unter Umlaufskontrolle.
2) Die Bank
Deutscher Länder ist berechtigt, von der in den Verkehr gegebenen Geldmenge
eine Umlaufsgebühr in Höhe 6 (12) % zu erheben.
3) Die
Umlaufsgebühr wird anteilmäßig monatlich (zweimonatlich, vierteljährlich oder
in anderen Zeitabständen) erhoben.
4) Die
Erhebung erfolgt in der Weise, daß die auf eine Stückelung (5-Markscheine,
10-Markscheine usw.) auf den abgelaufenen Zeitraum entfallende Gebühr auf eine
Serie der betreffenden Stückelung umgelegt und mit gleichzeitiger Einziehung
dieser Serie durch einen Abzug vom Nennwert eingezogen wird.
5) Die zur
Einziehung kommenden Serien werden jeweils unmittelbar vor dem
Einziehungstermin durch Auslosung bestimmt.
6) Nach der
erfolgten Auslosung sind die nicht betroffenen Serien einschließlich der als
Ersatz der ausgelosten Serie neu in den Verkehr kommenden Zahlungsmittel
weiterhin von allen öffentlichen Kassen, sowie im Handel und Verkehr zu ihrem
vollen Nennwert in Zahlung zu nehmen.
7) Die
aufgerufenen Noten sind vom Tage der Auslosung an nicht mehr gesetzliche
Zahlungsmittel.
8) Die Bank
deutscher Länder ist verpflichtet, die ausgelosten Serien auf die Dauer von
drei Monaten von allen öffentlichen Kassen, Finanzämtern, Postanstalten, Banken
und Sparkassen zu dem verminderten Kurswert zur Umwechselung entgegenzunehmen.
9) Darüber
hinaus noch verspätet einlaufende Stückelungen werden mit dem Kurswert
eingelöst, der dem weiterhin noch verstrichenen Zeitraum, bzw. der auf diese
Zeit entfallenden allgemeinen Nennwertsverminderung entspricht.
Diese Bestimmungen würden das Wesentliche
sein, was zum bedingungslosen Umlauf des Seriengeldes führen dürfte.
Da niemand weiß, welche Serie von der
Auslosung betroffen werden wird, steht die gesamte Geldmenge unter dem Impuls
des Umlaufsantriebes. Nehmen wir nun an, daß bei der Auslosung der
5-Markscheine die "Serie 2" mit den zwei Querbalken gezogen wird. Auf
diese Serie wird nun die Umlaufsgebühr für die ganze Stückelung, also für alle
5-Markscheine umgelegt. Es sind vier Serien im Verkehr; so kommen nun nach
einem Monat Laufzeit bei 6 % Jahresgebühr oder 1/2 % Monatsgebühr auf einen
Schein 2,5 Pfg. = auf vier Scheine 10 Pfg. Diese 10 Pfennige werden nun nur von
dem ausgelosten Schein bei seiner jetzt erfolgenden Einziehung in Abzug
gebracht, während die drei anderen Serien, das sind 75 % der Stückelung,
unbehelligt im Verkehr bleiben.
Beim 10-Markschein haben wir zwei Serien; da
es sich aber um den doppelten Nennwert und um die gleiche Laufzeit handelt,
kommt dieselbe Umlaufsgebühr heraus. Der ausgeloste 10-Markschein wird mit 9,90
Mark eingelöst.
Falls man es für zweckmäßig halten sollte,
vom 10-Markschein auch vier Serien auszugeben, so kann man das tun. Dabei wird
dann jedoch bei der Auslosung die vierfache Gebühr fällig, die Note wird mit
9,80 Mark eingelöst, das ist ganz einfach.
Die Technik des Seriengeldes bietet so die
Möglichkeit, daß man mit der Serienanzahl einerseits und mit der Laufzeit
andererseits manipulieren und die Umlaufsgebühr immer in runden rechnerisch
leicht erfaßbaren Beträgen einziehen kann. Münzen oder Kleingeldscheine zu
einer Mark könnte man z. B. in zehn Serien ausgeben, nach jeweils zwei Monaten
aufrufen und die aufgerufene Serie mit dem runden Abschlag von 10 Pfg. (10mal 1
Pfg. für jede der zehn Serien), also gegen Rückerstattung von 90 Pfg.
einziehen.
Die Methode, daß jeweils nur ein Bruchteil
der umlaufenden Geldmenge zur Auswechselung kommt, ist unter dem Gesichtspunkt
zu betrachten, daß mit dieser Methode die fortlaufende Erneuerung des Geldes,
die mit der Erhebung der Umlaufsgebühr erfolgen muß, ohne eine Störung oder
Stockung im Zahlungsverkehr der Wirtschaft möglich ist. Die ausgelosten
Geldzeichen kann jedermann am Tage der Auslosung aus seinem Barbestand
aussortieren. Das ist in zwei Minuten erledigt. Kaufleute und öffentliche
Kassen nehmen diese Noten und Münzen zu ihrem verminderten Kurswert in Zahlung,
geben sie aber nicht wieder an das Publikum aus, sondern leiten sie in die Kanäle
des Rückflusses. Von diesem Tage an braucht die breite Masse der Arbeiter,
Angestellten und Beamten in den Lohn und Gehaltsauszahlungen die ausgelosten
Serien nicht mehr anzunehmen. Ebenso braucht die Hausfrau und braucht der
Bürger an öffentlichen Schaltern keine ausgeloste Serie mehr entgegenzunehmen.
Die ausgeloste Stückelung ist nicht mehr "gesetzliches
Zahlungsmittel" - was nicht bedeutet, daß sie wertlos sei, sondern nur,
daß jedermann berechtigt ist, die erneute In-Verkehr-Bringung der abgelaufenen
Serien zurückzuweisen. Wenn die Geschäftsleute dieses Geld von ihren Kunden
annehmen, so werden auch diese Beträge nicht erneut unter die Leute gebracht,
sondern mit den Einzahlungen bei den Geldinstituten, bei denen die
Geschäftsleute ihre Konten führen, aus dem Verkehr verschwinden. Diese
Institute könnten jeweils vorher schon mit den Ersatzserien in versiegelten
Packungen ausgestattet werden. Sie brauchen dann nur nach dem Tag der Auslosung
die alten Serien gegen die bereitliegenden neuen auszuwechseln, wobei die
fällig gewordene Umlaufsgebühr bezahlt oder verrechnet werden muß.
Ob die einmal eingezogenen Serien später
nochmals in den Verkehr gebracht werden können, was insbesondere bei Münzen zur
Erwägung stehen kann, das würde sich durch die Erfahrung ergeben. Vielleicht
könnte man entsprechende Veränderungen vornehmen, bei den Noten durch
Überdruck, bei Münzen durch Lochen oder durch eine metallochromische
Behandlung.
Bei den Münzen kommt wegen der
Geringfügigkeit der Umlaufsgebühr eine Auslosung nur zu seltenen Terminen in
Betracht. Den Gefahren der Kleingeldhortung, die bei normalem Wirtschaftsablauf
keine nennenswerte Bedeutung hat, kommt man mit einer Regelung, ähnlich dem
Scheidemünzen-Paragraphen, sehr gut bei. Diese Bestimmung braucht nur zu
besagen, daß für Münzen unter einer Mark der Annahmezwang als gesetzliches
Zahlungsmittel auf ... Mark beschränkt wird. Damit ist dann das Kleingeldhorten
gefährdet, weil ein größerer Betrag bei bevorstehendem Aufruf nicht mehr
untergebracht werden kann und die Gebühr wegen der längeren Laufzeit beim
Aufruf einen größeren Teil der Substanz verzehren würde.
Unter den zahlreichen Zuschriften zu den
ersten Veröffentlichungen über das Seriengeld sind bereits mehrere Vorschläge,
die eine ganz bestimmte Serienanzahl fordern. Es werden sechs und zwölf Serien
genannt; Hans Schumann schlägt drei Serien vor und zwar ganz gleichartig für
jede Stückelung. Die Auslosung soll dann alle vier Monate erfolgen. Die
Argumente hierfür sind: daß man sich die drei Serien mit Sicherheit merken
könne und daß die angestrebte Wirkung auch bei einer längeren Laufzeit erzielt
würde.
Mit diesen Erörterungen begeben wir uns aber
bereits auf ein Gebiet, auf dem wir der praktischen Erfahrung ruhig auch noch
eine kleine Möglichkeit von Korrekturen lassen sollten. Es kommt darauf an,
nocheinmal gesagt, mit dem geringstmöglichen Aufwand den optimalen Erfolg zu
erzielen. Möglicherweise werden mit diesem Prinzip noch Vereinfachungen
entwickelt, an die wir bisher noch nicht dachten.
Es mag sich z. B. herausstellen, daß es
darauf ankommt, die Umlaufsgebühr möglichst gleichmäßig zu verteilen - beim
Vorschlag Schumann kommt der 50-Markschein nach vier Monaten mit einem
Kursverlust von 3 Mark zur Einziehung, während der 1-Markschein 6 Pfg. Gebühr
kostet. Obwohl das Prozentverhältnis gleich ist, fällt nun doch die Gebühr bei
größeren Stückelungen stärker ins Gewicht, denn der letzte hat doch jetzt die
seit vier Monaten aufgelaufene Gebühr für alle Vorbesitzer der Note zu tragen.
Mehr Stückelungen und monatlicher oder zweimonatlicher Aufruf würde eine
bessere Risikoverteilung bedeuten. Ob man dann aber bei der bisherigen
Stückelung von 1, 2, 5, 10 und 50 Pfennigen und 1, 2, 5, 10, 20, 50, 100 und
1000 Mark bleiben wird, das ist unter den veränderten Bedingungen eine Frage,
die noch gar nicht aufgeworfen wurde. Mit Rücksicht auf die Vereinfachung in
den Serienmerkmalen könnte es durchaus zweckmäßig sein, gewisse
Zwischenstückelungen ganz abzuschaffen. So könnte man die 2-Markscheine durch
eine Vermehrung der 1-Markscheine ersetzen und die 20-Markscheine durch eine
Vermehrung der 10-Markscheine usw.
Für größere Noten, 100-Markscheine und
1000-Markscheine, wird von Bankfachleuten der Vorschlag gemacht, das Prinzip
des Tabellengeldes anzuwenden. Auch das ist eine Frage, die man nicht
prinzipienstarr, weil man sich vielleicht für das Seriengeld entschieden hat,
ganz von der Hand weisen sollte.
Als bemerkenswert wäre noch anzuführen, daß
das Prinzip der Noteneinziehung von Arthur Ph. D. Dahlberg in seiner Schrift
"When Capital goes on strike", New York, 1938, ganz unabhängig von
der Freiwirtschaftslehre ebenfalls entwickelt worden ist.
Seriengeld-Chokmethode
Die kritische Beschäftigung mit allen diesen
vorgenannten Ideen zur Technik der Umlaufsicherung hat nun in einer
Ausarbeitung von Dr. Winkler zu dem Vorschlag einer Verbindung von Seriengeld
und Chok-Methode geführt. Eine kurze Darstellung des Verfahrens, die das
Wesentliche deutlich macht, ist bereits in der Halbmonatsschrift "Blätter
der Freiheit", Jahrgang 2, Nr. 15/16, erschienen.
„Die beabsichtigte psychologische Wirkung
einer Umlaufsicherung auf das Höchstmaß kann schon", wie der Verfasser
erklärt, "durch die beständige Drohung mit der Erhebung von
Durchhaltekosten erreicht werden, sofern diese Drohung auch immer wieder in
vollem Ausmaß verwirklicht wird. Daher genügt es durchaus, jeweils nur eine
Geldserie in längeren Zeitabständen entsprechend zu belasten (am einfachsten
durch ihren gebührenpflichtigen Umtausch), wenn es beständig ungewiß ist,
erstens welche Serie und zweitens zu welchem Zeitpunkt sie betroffen wird.
Diese doppelte Ungewißheit hat zur Folge, daß die Umlaufsbeschleunigung sich
gleichmäßig auf alle Serien und auf die ganze Zeitdauer auswirkt."
Der Vorschlag sieht insofern etwas Neues vor,
als die Auslosung zwar regelmäßig zu bestimmten Terminen stattfindet, daß aber
nicht jedesmal wirklich eine Serie gezogen wird, die zum Umtausch kommen muß.
Zum besseren Verständnis des Verfahrens sei hier kurz das von Dr. Winkler
gegebene Zahlenbeispiel wiedergegeben:
"Es seien etwa zehn Geldserien
angenommen. (Dabei kann eine Stückelung auch in mehreren Serien erscheinen oder
umgekehrt, sofern es zweckmäßig erscheint, können auch mehrere Stückelungen zu
einer "Serie" im vorliegenden Sinn zusammengefaßt werden.) Es soll
nun etwa jede Serie durchschnittlich alle drei Jahre mit 12 % Durchhaltekosten
(gebührenpflichtig umgetauscht) belastet werden, so daß auf der gesamten
Bargeldmenge Durchhaltekosten von durchschnittlich 4 % ruhen. Wenn alle 14 Tage
eine Ziehung stattfinden soll, so muß also in dreimal 26 = 78 Ziehungen jede
Serie durchschnittlich einmal erscheinen, d. h. unter 78 Losen müssen neben 68
"Nieten" die zehn Serien als "Treffer" enthalten sein.
Selbstverständlich läßt sich das Verfahren
beliebig modifizieren, wobei z. B. die Häufigkeit der Belastung für die
einzelnen Serien verschieden gewählt werden kann.
Dies möge
das folgende Beispiel veranschaulichen:
1) Serie Nr. I II III IV V VI VII VIII IX X
2)
Trefferzahl 2 3 3 4 4 5 6 7 8 8
3) Jahre 4 2,67 2,67 2 2 1,6 1,33 1,14 1 1
4)
Steuersatz(%) 16 10,6 10,6 8 8 6,4 5,3 4,6 4 4
Die dritte Zeile gibt den Zeitraum (Laufzeit
bis zum gebührenpflichtigen Umtausch) in Jahren gemessen an. Der Berechnung
liegt die Annahme zugrunde, daß zu den in der Tabelle angegebenen 50 Treffern
als den Vertretern der zehn Serien noch 158 Nieten kommen, also insgesamt 208
Lose vorhanden sind. Daher wird beispielsweise die Serie V durchschnittlich
viermal in 208 Losen, also einmal in 52 Verlosungen, d. i. in zwei Jahren
gezogen werden, so daß die Durchhaltekosten zweimal 4 % = 8 % betragen müssen.
Doch können die hier theoretisch errechneten Sätze zwecks technischer
Vereinfachung ohne jeden Nachteil für das Funktionieren des Systems auf runde
Zahlen und zwar sogar in recht grober Annäherung abgeändert werden. Man hat
also durch die Wahl der Zahlen und der Verteilung von Treffern und Nieten einen
weiten Spielraum für die Modifizierung des Systems in elastischer Anpassung an
die Bedürfnisse der Wirtschaftsentwicklung.
An dieser Methode ist, wie schon gesagt, die
Möglichkeit einer "Ziehung ohne Treffer" der weitere rein
psychologisch wirkende Umlaufsimpuls, der den Zahlungsmittelstrom auch in
Bewegung hält, ohne daß jedesmal eine Geldserie aufgerufen und erneuert wird.
Anderenteils ist aber zu überlegen, ob es zweckmäßig ist, den Steuersatz oder
Gebührensatz für jede Serie jeweils bis zu deren Ziehung auflaufen zu lassen
und dann die nur auf diese Serie entfallenden Beträge zu erheben. Wenn also,
wie in unserem Beispiel, Serie I zwei volle Jahre nicht gezogen wird, wird
immerhin jedermann damit rechnen können, daß bei der Auslosung dieser Serie ein
höherer Abzug zu erwarten ist, als etwa bei Serie IX, die in derselben Zeit
schon viermal gezogen und erneuert worden ist. Demgegenüber würde das
Verfahren, den bei der Auslosung mit der Einziehung der ausgelosten Serie zu
erhebenden Gebührensatz als Abgeltung der bis zu diesem Zeitpunkt für alle
Serien aufgelaufenen Umlaufsgebühr einzuziehen, jeweils einfach tabula rasa
machen. Jede Serie und jede Stückelung wäre nach der erfolgten Auslosung mit
vollgültigem Nennwert - und von keinem höheren Abzug bedroht als die andere,
die eben erst durch die Auslosung hindurchgegangen ist - auf der gleichen
Startlinie mit den anderen Serien und Stückelungen. Dieses Verfahren, die
Gebühr auf die ausgeloste Serie zu legen und die anderen Serien gewissermaßen
damit "frei zu kaufen" würde es unbedenklich zulassen, daß irgend
eine Serie jahrelang nicht an die Reihe kommt und eine andere dafür dreimal
hintereinander. Belasten wir aber jede Serie mit dem nur auf diese Serie und
auf ihre zufällige Laufzeit entfallenden Satz, so wird die Wirtschaft
zweifellos die in Betracht kommenden Serien in den gegebenen Fällen entweder
mit Widerstreben annehmen oder anders bewerten als der Nennwert ausweist, was
eine überflüssige Belastung des Rechnungswesens wäre.
Zu überlegen ist ferner noch folgendes: die
zur Erwägung gestellte Methode Seriengeld-Chokprinzip will die notwendigen
Maßnahmen auf ein Äußerstes beschränken. Darum soll erstens nicht alles Geld
sondern jeweils nur eine Serie ausgewechselt werden und zweitens nicht bei
jeder termingemäßen Ziehung, sondern nur in einem Bruchteil der möglichen
Fälle. Nun ist es zweifellos richtig, wenn Dr. Winkler darauf hinweist:
"Je stärker beide Prinzipien zur Verringerung der Häufigkeit der
Besteuerung ausgenützt werden, desto höher muß der Prozentsatz der Besteuerung
in dem jeweils zur Durchführung kommenden Einzelfalle werden." Dadurch
sind dem Verfahren seine Grenzen gezogen. Halten wir uns nun an das Verfahren,
den insgesamt fällig gewordenen Gebührensatz jeweils auf die ausgeloste Serie
umzulegen, so wird die Abgabe im Einzelfall auch höher als sie im
Jahresdurchschnitt sein wird. In diesem Sachverhalt liegt nun die Möglichkeit,
einen durchaus mäßigen Jahressatz von Durchhaltekosten, der sich vielleicht dem
ziemlich niedrigen Satz nähern könnte, den J. M. Keynes als Liquiditätsprämie
betrachtet, zum Ausgangspunkt zu nehmen und dennoch genügend starke Umlaufsimpulse
in die Geldzirkulation zu bringen. Letzten Endes kommt es ja nur darauf an, dem
Gefälle von der Sparrate zu den Investitionen genügend Neigung zu geben und die
Hindernisse aus diesem Teil des Strombettes herauszunehmen. Daß die hier
beschriebene Technik der Auswechselung der Serien nicht Sorge des Publikums zu
sein braucht, versteht sich von selbst, eine möglichst geringe Zahl von Serien,
eine Vereinfachung der Stückelungen durch Ausmerzung von Zwischenwerten und ein
vollkommenes Einziehen der einmal ausgelosten Serien werden dem Publikum am
dienlichsten sein. Die ausgelosten Serien braucht man sich in diesem Falle nie
zu merken, sowenig, wie man sich abgelaufene Lebensmittelkarten noch zu merken
brauchte.
Die “Renovatio monetarum”
Wer in der Geschichte des Geldwesens ein
wenig bewandert ist, wird zu dem Gedanken des Seriengeldes mit dem Rabbiner Ben
Akiba sagen: "Alles schon dagewesen!" -
In der Tat ist auch das vorgeschlagene
Verfahren, wie es hier entwickelt wurde, in sehr wesentlichen Zügen der
Geschichte abgesehen. Das Seriengeld stellt eine Modernisierung der
"Brakteaten" dar, die unter der mittelalterlichen Münzordnung der
"Renovatio monetarum" umliefen.
Die "Brakteaten" - vom
Lateinischen, bractea = Metallplättchen -kamen um die Mitte des 12.
Jahrhunderts auf. Es waren einseitig geprägte Münzen aus dünnem Silberblech.
Das Bild der Vorderseite trat so auf der Rückseite ebenfalls, aber als
Vertiefung in Erscheinung. Die ersten Prägungen dieser Art wurden von
Erzbischof Hartwig von Magdeburg (1079-1102) ausgegeben. Danach haben seine
Nachfolger, Erzbischof Konrad und Erzbischof Friedrich, diese Technik der
Münzprägung beibehalten und Erzbischof Wichmann hat diese Brakteatenprägung
schließlich zu ungeahnter Blüte entwickelt.
Da nach der mittelalterlichen Geldordnung
sehr viele Fürsten, Bischöfe, Abteien, Städte usw. die Münzregalien inne
hatten, wurde die Brakteatenprägung auch von anderen Münzherren, vornehmlich im
ostelbischen Raum, in Böhmen, Polen, Ungarn, aber auch in Süddeutschland und in
der Schweiz übernommen. In Süddeutschland war der bekannte Heller aus der
kaiserlichen Münzstätte Schwäbisch-Hall ein solcher Brakteat.
Die nach alten Urkunden aus dem 14.
Jahrhundert stammende Bezeichnung "Brakteat" wurde zunächst auf die
größeren Münzen, die bis zu 45 mm Durchmesser hatten, in Anwendung gebracht.
Solche Münzen mit reichen Prägungen von Bildern, Wappen und Köpfen wurden von
Friedrich Barbarossa, von Heinrich dem Löwen, von Albrecht dem Bären und vielen
anderen Fürsten, Bischöfen, Städten und Grundherren ausgegeben.
Mag es nun ursprünglich daran gelegen haben,
daß die Prägung auf dem dünnen Silberblech Schaden genommen hatte und die Münze
unansehnlich geworden war - zum Teil wurden die Münzen auch für kleine
Zahlungen gebrochen oder durchgeschnitten - oder mögen fiskalische Gründe dazu
Veranlassung gegeben haben, jedenfalls hat sich bei der Ausgabe dieser
Münzenart der Brauch häufigen Aufrufens und Umprägens herausgebildet. Diese
anfänglich beim Wechsel des Landesherren, des Bischofs oder bei ähnlichen
Anlässen fällige "Renovatio monetarum" brachte dem Münzherrn jeweils
für neun neue Pfennige zwölf Stück von der alten, aufgerufenen Prägung. Die
Differenz stellte den Schlagschatz dar, den der Münzherr erhob.
Grundsätzlich lag also das Wesentliche dieser
Regelungen nicht in der Brakteatenprägung, sondern in der periodischen
Münzerneuerung. Diese "Renovatio monetarum" hatte auch Gültigkeit für
zweiseitig geprägte Münzen; sie durfte jedoch in bestimmten Gegenden wirklich
nur beim Wechsel der Herren oder aber beim Antritt eines Kreuzzuges
durchgeführt werden; bei den Brakteaten hingegen trat die Notwendigkeit der
kurzfristigen Erneuerung deutlich genug hervor, so daß die Neuprägung jährlich
oder an manchen Orten gar halbjährlich oder vierteljährlich erfolgte. Der Sohn
Albrechts des Bären, Bernhard von Anhalt, brachte es in 32 Regierungsjahren auf
fast 100 verschiedene Prägungen; und Erzbischof Wichmann von Magdeburg ließ
seine Münzen zweimal im Jahr auswechseln. Von ihm sind mehr als 70 Prägungen
bekannt.
Aus diesen Verhältnissen im mittelalterlichen
Geldwesen ergaben sich nun zweifellos unbeabsichtigt - ganz erstaunliche
volkswirtschaftliche Folgen. Von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zur Mitte
des 15. Jahrhunderts herrschte eine fast ununterbrochene Zeit der
Wirtschaftsblüte. Wohl gab es in diesen drei Jahrhunderten auch Krieg und
Wirrnis; in diese Epoche fiel die kaiserlose Zeit, das Faustrecht der
Raubritter, die Herrschaft der Ferne, und der Schwarze Tod zog über Europa.
Aber gerade deshalb ist es um so höher zu bewerten, was Gewerbefleiß, Künste
und Kultur aus der unerschöpflichen Schaffenskraft der Menschen heraus in
dieser Epoche gestaltet haben. In diesen Zeiten entstanden die Stadtsiedlungen
von Dinkelsbühl, Hildesheim, Nördlingen und viele andere, die wir heute noch
bewundern; in diesen Zeiten wuchsen die Dome der Gotik in den Himmel; in diesen
Zeiten hatte man Geld und gab es auch aus für den Bau wundervoller Kathedralen,
Rathäuser, Patrizierpaläste, Gildehallen, Brücken und Brunnen. Und in diesen
Zeiten wurde auch die gewaltige Leistung der Entwicklung und Neugründung von
Städten östlich der Elbe und an der Küste der Ostsee vollbracht. Berlin,
Breslau, Oppeln, Marienburg, Memel, Thorn, Kulm, Riga - das alles waren
unerhörte "Investitionen", wie die Nationalökonomen heute sagen
würden. Aber finanziert wurden diese Investitionen aus dem rastlosen
Zirkulieren eines Geldes, das sich nirgends zur Ruhe und Untätigkeit
niederschlagen und als gewichtiger Schatz die Zeiten überdauern konnte.
In Übereinstimmung mit dem ruhelosen Rollen
des Geldes fiel auch die eigentliche Blütezeit der Hanse in diese
Geschichtsepoche. Wann sollte auch der Handel besser blühen als in einer Zeit,
in der das Geld locker im Beutel sitzt? -
Wer nun aber glaubt, diese Entwicklung und
diese Aufwendungen könnten nur durch beispiellose Einschränkungen, also
härteste Sparsamkeit und bescheidenste Lebenshaltung, ermöglicht worden sein,
der wird seinen Sinnen nicht trauen, wenn er davon liest, welcher Art die
Lebenshaltung der Handwerksgesellen, der Meister und gar der wohlhabenden
Bürger und Kaufleute jener Zeit war. Der Preußengrundsatz des
"Großhungerns" hat bei dieser Hochentwicklung keinen Anteil gehabt.
Da solche Hinweise auf die Zusammenhänge
zwischen Geldwesen und allgemeiner Wohlfahrtsentwicklung in der bisherigen
Geschichtsbetrachtung nur selten zu finden sind, kann hier zunächst nur auf das
Werk von Fritz Schwarz "Segen und Fluch des Geldes in der Geschichte der
Völker" Bezug genommen werden. Über "die deutschen Münzen des
Mittelalters" und insbesondere auch über "das Münzwesen Magdeburgs
unter Erzbischof Wichmann" liegen ausgezeichnete Veröffentlichungen von
Prof. Arthur Suhle, Berlin, vor.
Das Ende der mittelalterlichen
Wirtschaftsblüte wurde, soweit es sich um unsere Betrachtungen von der
Geldseite her handelt, mit der Ausprägung des "ewigen Pfennigs"
heraufbeschworen. Der ewige Pfennig oder "Dickpfennig" war eine
beidseitig geprägte kleine Silbermünze, immer noch im Werte eines Denar, während
der "Groschen" sozusagen einen "großen" Denar darstellte.
Mit dem Übergang zur Ausprägung solchen und weiteren großen und schweren Geldes
wurde das Prinzip der Münzerneuerung allmählich auf gehoben. Es setzte jetzt
eine Rückentwicklung zur Schatzbildung ein.
Den Anstoß zu dem Ruf nach dauerhaftem Geld
führt Prof. Polenske in seiner Schrift "Die Geldreform" darauf
zurück, daß bei der Unterschiedlichkeit in der Handhabung der Ausprägung und
Schlagschatz-Erhebung, welche zwischen den verschiedenen Herrschaftsbereichen
der Fürsten und Herren in Erscheinung trat, ein Abfluß des Geldes von dem
Bezirk mit allzuhäufigem Aufruf und zu hohem Schlagschatz nach dem
Nachbargebiet mit weniger häufigem Aufruf eintrat. So stellte sich im
Abflußgebiet ein gewisser Geldmangel ein, und im Zuflußgebiet, merkantil
verstanden, ein steigender Reichtum. Dieser Vorgang wurde also mißverstanden
und so wurde daraus die Notwendigkeit abgeleitet, vollkommen dauerhaftes Geld
zu schaffen. Damit ging die Wirtschaftsblüte dieser Epoche in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts ihrem Ende zu.
Die
Geldmengen-Regulierung
Im Zusammenhang mit den Fragen der Technik
der Umlaufsicherung mag es nun auch noch angebracht sein, einige Überlegungen
zur Methode der Geldmengenregulierung der Indexwährungspolitik anzustellen.
Auch in dieser Frage wird die Beherrschung
der Materie schließlich nicht dadurch dokumentiert, daß man die in den
Grundsätzen zu verstehenden Gedanken Gesells, wie sie in der "Natürlichen
Wirtschaftsordnung" enthalten sind, buchstabengetreu durchzusetzen
trachtet.
Es handelt sich hierbei bekanntlich um zwei
verschiedene Methoden der Geldausgabe und Geldeinziehung, mit denen wir uns
befassen müssen. Soll die Geldmenge mittels Kreditgewährung und Kreditrückzug
oder soll sie auf dem Wege der Steuerpolitik über die Staatsausgaben und
-einnahmen nach den Grundsätzen der Indexwährung reguliert werden? -
Die erste Methode entspricht der bisherigen
Diskontpolitik. Es ist aber, abgesehen davon, daß nach dem Wirksamwerden der
Umlaufsicherung der Diskontsatz natürlich nicht mehr maßgebend sein dürfte,
ganz unzweifelhaft klar, daß mittels der Methode der Kreditpolitik eine rasch
wirksame Beeinflussung und genaue Dosierung der Geldmenge möglich ist. Die auf
Grund von Warenwechseln ausgegebene Geldmenge steht nämlich unter dem Zwang des
Rückflusses, so daß die diskontierende Zentralbank zum Zwecke der etwa
notwendigen Geldmengenverminderung nur die zurückfließenden Mittel von der
Neuausgabe zurückzuhalten braucht, um den Umlauf zu reduzieren. Im umgekehrten
Fall verfährt sie entgegengesetzt, erweitert ihre Kreditgewährung, und hat so
jederzeit eine klare Übersicht, wieviel nun mehr oder weniger Geld in die
Wirtschaft gegeben ist.
Berufen wir uns jetzt nicht darauf, daß
Gesell die Währungspolitik nicht mit dem Kreditwesen vermischen wollte; das
mochte seine Gründe auch darin haben, daß die tonangebende Bedeutung der
Diskontpolitik nach Durchführung seiner Geldreform hinfällig würde. Gesell
wollte die Währungspolitik andererseits auch nicht mit der Finanzpolitik des
Staates vermischen, was nach allen bisherigen Erfahrungen noch genauer
beherzigt werden müßte, und was nun gegen die Regulierung der Geldmenge durch
Steuernachlässe und Steuererhöhungen spricht.
Bei der Methode der Kreditpolitik würde es
darauf ankommen, nur einen gewissen Teil der Gesamtgeldausgabe in der Weise in
den Verkehr zu bringen, daß eine Vermehrung oder Verminderung dieser Spitze -
durch Ausdehnung oder Einschränkung der Kreditgewährung - ermöglicht wird. Der
Diskontsatz wäre hierbei dem Zinssatz des freien Kapitalmarktes anzupassen -
nicht umgekehrt. -
Er würde außerdem den Notwendigkeiten der
Geldmengenregulierung, wie sie aus den Bewegungen der Indexziffern hervorgehen,
untergeordnet sein müssen.
Praktisch hätte dieses Verfahren den Vorteil,
daß die Geldmengenregulierung jederzeit ohne Verzögerung und in genauester
Dosierung vorgenommen werden könnte.
Betrachten wir nun demgegenüber das andere
Verfahren, die Geldmengenregulierung über die Finanzämter mittels Erhöhung oder
Nachlaß von Steuern vorzunehmen. Der Gedanke ist wohl von Gesell aufgeworfen
worden, aber doch schließlich zu einer Zeit, zu der derartige Maßnahmen noch in
einem bedächtigeren Tempo hätten vorgenommen werden können.
Beim heutigen Stand von Produktion, Verkehr,
Güterabsatz, Geldbewegung usw. können Veränderungen der Indexziffer innerhalb
einer Woche eintreten. Folglich ist es erforderlich, mindestens in der
folgenden Woche die notwendigen Regulierungen der Geldmenge vorzunehmen;
Hierbei haben wir aber vorerst noch keine Erfahrungssätze, welche Mengen
eingezogen oder ausgegeben werden müssen, um die Korrektur der Preisbewegung
bis auf den angestrebten Durchschnittspreisstand zurückzuführen. Man wird also
möglicherweise an der Bewegung der Indexziffer wiederum ablesen müssen, wann
man mit dem Zugeben oder Einziehen von Geld aufhören muß. Wie soll das aber
möglich sein, wenn die Vermehrung oder Verminderung etwa über die Erhöhung oder
Herabsetzung der Einkommensteuer erfolgen müßte? -
Lassen wir außeracht, daß bei den betreffenden
Steuern, etwa Einkommensteuer und Lohnsteuer, eine erhebliche und nachträglich
kaum noch zu übersehende Unordnung eintreten würde, so müßte doch jetzt erst
ausgerechnet werden, wieviel Geld überhaupt eingezogen oder zusätzlich
ausgegeben werden soll; wie macht man das, wenn man gar keine festen Zahlen
weiß, sondern das richtige Verhältnis erproben müßte? - Weiterhin müßte dann
ausgerechnet werden, welcher Anteil auf den einzelnen Steuerpflichtigen
entfällt. Aber auch das hängt wieder an der Unmöglichkeit, die Gesamtsumme im
Voraus zu ermitteln. Dann müßten die Steuerpflichtigen oder die Finanzämter -
oder beide Teile - über die Höhe des anteiligen Nachlasses oder der
angeforderten Einzahlung verständigt werden. Diese Verständigung könnte wohl
über Presse und Rundfunk - erfolgen, aber die Finanzämter müßten auf alle Fälle
den Nachlaß oder die Erhöhung buchen - und wenn später eine Gegenbewegung
gemacht werden muß, wieder genau so in umgekehrter Richtung. Es dürfte
einleuchten, daß dies kein nebensächlicher Arbeitsaufwand ist! - Zum Schluß
aber kommt die eigentliche Vermehrung oder Verminderung der Zahlungsmittel, die
sofort erfolgen müßte, überhaupt erst zustande, wenn die betreffenden
Einkommen- und Lohnsteuern fällig sind und entrichtet werden müssen. Bis zu
dieser Zeit kann aber die jetzt erst wirksam werdende Mengenregulierung längst
überholt und falsch sein. –
Solche Gesichtspunkte müssen unbedingt
beachtet werden, bevor man derartige Forderungen für die praktische
Durchführung in unserer Zeit noch vertritt.
Es ist auch in diesen Fragen hiermit
keinesfalls das letzte Wort gesprochen, aber es ist für die Durchführung der
Indexwährungspolitik jedenfalls zu überlegen, die Kreditpolitik in Verbindung
mit der Offen-Marktpolitik anzuwenden. Es ist der Sache nicht damit gedient,
wenn wir grundsätzlich darauf beharren würden, alles zu verwerfen, was bisher
gemacht wurde. Die Kreditpolitik kann auch dann noch, wenn der Diskont als
Regulator in Wegfall gekommen ist, der Feinregulierung der Geldmenge dienen, während
die Offen-Marktpolitik mit dem An- und Verkauf von Wertpapieren die
Grobregulierung bewerkstelligen könnte.
Vorschlag
zur Revision
des Gesetzes über die Schweizerische Nationalbank vom 7. April 1921,
eingereicht von Nationalrat Hans Bernoulli und Nationalrat Werner Schmid.
Oktober 1948.
Bundesgesetz
über das Geldwesen.
E r s t e
r A b s c h n i t t.
Herstellung,
Ausgabe und Umlauf des Geldes.
I. Geldeinheit.
Art. 1. Schweizer Geld ist reines
Tauschmittel und gesetzliches Zahlungsmittel gemäß den Vorschriften dieses
Gesetzes.
Art. 2. Die Geldeinheit ist der Franken mit der
Kaufkraft vom 1. Januar 1950, gemessen an einem amtlichen Lebenskostenindex.
Der Franken
ist in hundert Rappen eingeteilt.
Art. 3. Die Kaufkraft des Schweizergeldes wird an
einem gewogenen Lebenskostenindex gemessen, der nur Warenpreise des
Kleinhandelsindex enthält. Für die Berechnung des Index erläßt der Bundesrat
die nötigen weiteren Vorschriften.
II. Geldsorten.
Art. 4. Geldsorten
sind Banknoten und Münzen.
Art. 5. Banknoten
werden nach den Vorschriften dieses Gesetzes von der
Nationalbank
in Abschnitten von fünf, zehn, zwanzig, fünfzig,
hundert,
fünfhundert und tausend Franken ausgegeben. Mit Ge-
nehmigung
darf die Bank auch andere Abschnitte ausgeben.
Art. 6. Die
Anfertigung, Ablieferung, Einziehung und Vernichtung der
Noten
erfolgt unter der Kontrolle des eidg. Finanzdepartements.
Art. 7. Der
Bund allein hat das Recht der Münzprägung.
Er
unterhält die eidg. Münzstätte.
Die
Münzstätte prägt Münzen ausschließlich im Auftrag der
Nationalbank
und gegen Anrechnung der Selbstkosten.
Art. 8. Es
werden Münzen geprägt im Nennwert von ein, zwei, fünf, zehn,
zwanzig
und fünfzig Rappen und ein und zwei Franken.
Art. 9. Die
Münzen sind aus geeignetem, dauerhaftem und billigem Mate-
rial
herzustellen. Ihre Eigenschaften werden durch Verordnung des
Bundesrates
festgelegt.
III. Austausch von Geldzeichen.
Art. 10. Die Nationalbank hat für eine
beschädigte Note Ersatz zu leisten. wenn sich deren Serie und Nummer erkennen
lassen und wenn der Inhaber einen Teil vorweist, der größer ist als die Hälfte,
oder beweist, daß der fehlende Teil zerstört worden ist.
Sie ist
nicht verpflichtet, für vernichtete oder verlorene Noten Ersatz zu leisten.
Art. 11. Die Nationalbank ist befugt,
bestimmte Notenserien zurückzurufen, wenn ein größerer Teil der Noten
beschädigt oder beschmutzt ist, wenn Nachahmungen von Noten vorliegen oder aus
sonstigen wichtigen Gründen. Zu einem solchen Rückruf bedarf die Bank der
Ermächtigung des Bundesrates, der auch die zu erlassenden Bekanntmachungen
bestimmt.
Die
eidgenössischen öffentlichen Kassen nehmen die zurückgerufenen Noten innert
Monatsfrist von der ersten Bekanntmachung des Rückrufes an gerechnet, zum
Nennwert als Zahlung an.
Für die
Nationalbank gilt die entsprechende Annahmepflicht zwei Monate.
Art. 12. Die Nationalbank entzieht dem
Verkehr die abgenützten, beschmutzten und beschädigten schweizerischen, sowie
alle gefälschten Banknoten und Münzen. Sie wird in dieser Aufgabe von allen
schweizerischen öffentlichen Kassen unterstützt.
Abgenützte
oder beschädigte Noten dürfen von der Nationalbank nicht mehr in Umlauf gesetzt
werden.
Art. 13. Die Münzen können bei der
Nationalbank und ihren Zweiganstalten und Filialen unbeschränkt gegen Banknoten
oder Postscheck oder Bankvergütung ausgewechselt werden, und bei den Kassen der
Post- und Zollverwaltung und der Bundesbahnen im Maße der vorhandenen
Kassenbestände.
Zweiter
Abschnitt.
Die
Schweizer Nationalbank.
I. Allgemeines.
Art. 14. Die Verwaltung des Geldwesens,
insbesondere die Ausgabe von Banknoten und Münzen wird vom Bunde einer
Zentralbank übertragen, die unter dem Namen
Schweizer
Nationabank
Banque
nationale suisse
Banca
nationale svizzera
besteht.
Die
Nationalbank ist mit dem Recht der juristischen Persönlichkeit ausgestattet und
wird unter Mitwirkung und Aufsicht des Bundes geführt.
Art. 15 bis
Art. 25 gleich Art. 3-13 im Nationalbankgesetz.
II. Aufgabe und Geschäftskreis.
Art. 26. Die Nationalbank hat die Aufgabe,
zur Sicherung der Vollbeschäftigung den Geldumlauf des Landes so zu regeln, daß
die Kaufkraft des Geldes, gemessen am Index gemäß Art. 3 dieses Gesetzes fest
bleibt. Sie hat den Zahlungsverkehr zu erleichtern. Sie hat den Kassenverkehr
des Bundes, soweit er ihr übertragen wird, unentgeltlich zu besorgen.
Art. 27. Die Nationalbank ist zwecks Lösung
der im Art. 26 umschriebenen Aufgabe zum Betriebe folgender Geschäfte befugt:
1. Ausgabe
und Einzug von Banknoten und Münzen, zwecks ständiger Anpassung des Geldumlaufs
an das Warenangebot.
2. und 3.
unverändert, Art. Nationalbankgesetz 14 Nr. 2 und 3.
4.
unverändert, bloß "verzinslich" weglassen.
5. hier bloß
"Verzinslicher" weglassen, sonst unverändert.
6.
unverändert.
7. Kauf und
Verkauf von lombardfähigen Wertpapieren, von auf den Inhaber lautenden, leicht
realisierbaren Schuldverschreibungen des Bundes, der Kantone oder der
Gemeinden, jedoch nur zum Zwecke der Offenmarktpolitik.
8. Ausgabe
von Anleihen.
9. und 10.
gleich wie 10. und 11. im Nationalbankgesetz.
Art. 28. Die Nationalbank ist ermächtigt,
wenn sie Noten- oder Münzhortungen in einem Ausmaß feststellt, welches die
feste Kaufkraft des Geldes gefährden könnte, die Noten oder Münzsorten, die
gehamstert werden, oder sämtliche Noten oder Münzen ungültig zu erklären und
sie zum Umtausch innert einer Frist von acht Tagen aufzurufen, wobei eine
Umtauschgebühr von höchstens 10 % des Nennwertes erhoben werden kann. Der
Bundesrat erläßt die näheren Vorschriften über Aufruf und Umtausch.
Art. 29. wie Art. 15 Nationalbankgesetz.
Art. 30. Die Nationalbank veröffentlicht
wöchentliche Ausweise über den Stand ihrer Aktiven und Passiven, monatliche
über den Stand der Kaufkraft des Geldes, den Diskontsatz und die Bedingungen,
zu denen sie Darlehen gewährt. Alljährlich veröffentlicht sie ihren
Jahresbericht und die Jahresrechnung.
III. Rechnungstellung, Reservefonds,
Gewinnverteilung.
Art. 31. und
32. unverändert 26. und 27. Nationalbankgesetz.
Art. 33. gleich Art. 28. Nationalbankgesetz
ohne Absatz 3: Superdividende, "bis zu fünf Prozent".
IV. Organe der Nationalbank.
Art. 34 bis 68 wie 31 bis 64 Nationalbankgesetz mit
Ausnahme von Art. 47 (Nationalbankgesetz 43): einfügen vor der Handel:
"die Arbeitnehmer".
V. Mitwirkung und Aufsicht des Bundes.
Art. 69. Die verfassungsmäßige Mitwirkung und
Aufsicht des Bundes wird ausgeübt:
1. von
den eidg. Räten.
a) durch Genehmigung des
Geschäftsberichtes und der Jahres-
rechnung.
b) durch die Wahl der Mitglieder des
Direktoriums.
c) durch Genehmigung der Erhöhung des
Grundkapitals.
2. Vom
Bundesrat:
a) durch die Wahl der Vertretung in den
Bankbehörden.
b) durch den Entscheid bei Widerspruch
zwischen einem Kanton
und der Nationalbank wegen Errichtung einer Zweiganstalt
oder Agentur.
c) durch die Genehmigung der Ausgabe
der in Art. 5 vorge-
sehenen weiteren Notenabschnitte.
d) durch den Erlaß einer Verordnung
betr. Aufruf und Aus-
tausch von Noten und Münzen bei Hamsterung, gemäß Art.
29.
e) durch die Genehmigung des Geschäfts-
und Besoldungs-
reglementes.
f) durch die Berichterstattung an die
eidg. Räte.
3. Vom
eidg. Finanzdepartement:
durch
die Kontrolle der Anfertigung, Ablieferung, Einziehung
und
Vernichtung der Noten.
VI. Gerichtsstand.
Art. 70. gleich wie Art. 79 Nationalbankgesetz.
VII. Dauer des Notenausgaberechtes.
Art. 71. Das Privilegium der Nationalbank für
die Ausgabe von Noten und Münzen dauert bis zum 20. Juni 1957.
Art. 72. gleich wie Art. 76
Nationalbankgesetz.
Art. 73. gleich wie Art. 77 Nationalbankgesetz.
Art. 74. gleich wie Art. 78
Nationalbankgesetz erster Teil. Der Reservefonds wird, soweit er nicht zur
Deckung von Verlusten in Anspruch genommen werden muß, vom Bund oder von dem
Institut übernommen, das mit der Ausgabe von Banknoten oder xxxxxxxxxxx ?????
(Hier fehlt eine Zeile auf der Fotokopie W.R.)
D r i t t e
r A b s c h n i t t.
I. Strafbestimmungen.
Art. 75. Wer
Banknoten, Münzen oder andere Geldzeichen verfälscht, Falschgeld herstellt oder
als echt in Umlauf gibt, wer zurückgerufene Noten oder Münzen wieder in Umlauf
gibt, wird mit Gefängnis bis auf ein Jahr oder mit einer Geldbuße bestraft,
welche dem fünffachen des Nennwertes des unbefugt ausgegebenen Geldes
gleichkommt, zum mindesten aber fünftausend Franken beträgt.
Art. 76. Die
in Art. 75 dieses Gesetzes angedrohten Strafen sind auch auf Handlungen
anwendbar, welche auf fremdem Gebiet verübt werden. Im übrigen finden die
allgemeinen Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches Anwendung.
Die
Beurteilung der Straffälle unterliegt der Bundesstrafgerichtsbarkeit.
II. Schluß- und Übergangsbestimmungen.
Art. 77. Mit
Inkrafttreten dieses Gesetzes werden alle früheren Gesetze und Erlasse sowie
Bundesbeschlüsse, welche die Nationalbank und ihre Funktionen betreffen, so das
eidg. Münzgesetz vom 3. Juni 1931 und der Bundesratsbeschluß vom 27. September
1936 betreffend Währungsmaßnahmen außer Kraft erklärt.
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