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Ein Kapitel aus:
Karl Walker: Das Geld in der Geschichte
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 1959

DIE ASSIGNATEN - DAS GELD DER REVOLUTION

Trotz des kläglichen Ausgangs, den die Theo-
rie John Laws bei ihrer ersten praktischen Ver-
wirklichung erfahren hat, sollte diese Theorie
nach einem guten Menschenalter wieder Aufer-
stehung feiern. In der französischen Revolution
wurde 1790 von der Nationalversammlung be-
schlossen, 400 Millionen Livres Assignaten aus-
zugeben, Papiergeld, das durch den Landbesitz
der vertriebenen Adligen und des Königs "ge-
deckt" sein sollte. Der Landgüter waren es aber
in Frankreich sehr viele - und so wurden denn
auch die Assignaten ganz unbedenklich "bei vol-
ler Deckung" entsprechend vermehrt. Im No-
vember 1794 waren es längst nicht mehr nur 400
Millionen, sondern es waren um 6 Milliarden
mehr, also bereits 6,4 Milliarden Livres! Und
danach stieg die Vermehrung noch rascher; im
Juli 1795 waren es nicht weniger als 12 Milliar-
den Livres. -

Für diese Assignaten hatte sich aber Mirabeau
- wie man später sagte: wider besseres Wissen -
sehr nachdrücklich eingesetzt:

"Es ist verfehlt (!), Assignaten, gesichert auf
der besten Grundlage solcher Staatsgüter, mit
gewöhnlichem, zwangsgültigem Papiergeld zu
vergleichen (!). Sie stellen wirkliches Grund-
eigentum, den sichersten Besitz von allem dar,
den Boden, auf dem wir alle stehen (!). Warum
ist denn eine Metallwährung wertbeständig?
Weil sie auf Güter von wirklichem, dauerhaftem
Wert gegründet ist, gerade wie der Boden, der
mittelbar oder unmittelbar die Quelle aller
Werte ist. Man sagt uns, das Papiergeld wird in
Überzahl umlaufen und das Metall aus dem
Umlauf vertreiben? - Von welchem Papiergeld
spricht man da? Wenn von Papier ohne Dek-
kung, gewiß, wenn von einem Geld, aufgebaut
auf dem sicheren Grunde des Landbesitzes, kei-
neswegs!. . . Es gibt keinen größeren Irrtum
als die Furcht vor einer Überflutung mit Assig-
naten (!). Nur so werdet Ihr Eure Schulden be-
gleichen, Eure Truppen bezahlen, die Revolu-
tion vorwärts treiben! - Immer wieder aufge-
saugt durch den fortschreitenden Verkauf der
Nationalgüter, kann dieses Papiergeld nicht
mehr überzählig werden, als die Feuchtigkeit
der Luft übergroß werden kann, aus der der Re-
gen herabfällt in Rinnen, Flüsse und Ströme, um
sich zuletzt im ungeheuren Ozean zu verlieren."
(s. Macleod: Theory and Practice of Banking,
London 1858, vol. II p. 343, zitiert aus Eisler:
Das Geld, S. 250).

Wie man sieht, kam es also auch damals schon
vor, daß dem Volk hartnäckig versichert wurde,
die Vermehrung des Geldes sei völlig in Ord-
nung und es bestehe nicht der geringste Anlaß
zur Sorge; - und währenddessen arbeiteten die
Druckmaschinen, und die papierenen Reichtümer
stiegen in die Milliarden.

Da diese außerordentliche Geldvermehrung
die Preise steigerte, stiegen auch die Preise der
Landgüter mit, so daß hinsichtlich der Deckung
auch nach dieser Seite hin für die weitere Geld-
vermehrung immer Spielraum genug blieb! -
Aber 6 Jahre nach der Einführung der Assigna-
ten bekam man für 100 Livres nur noch so-
viel Brot und Fleisch und gewerbliche Produkte
wie vorher für ein Hundertstel dieser Summe.
Das war die zweite Inflation mit Papiergeld.
Die Revolution jedoch beeilte sich, noch eine
dritte zu machen. Die Assignaten wurden 1796
eingezogen und im Verhältnis 30:1 gegen neue
Zettel, die "Mandaten", umgetauscht; doch auch
diese wurden sofort so beträchtlich vermehrt,
daß sie schon nach einem Vierteljahr nur
3 v. H. ihrer anfänglichen Kaufkraft hatten.
Es war noch immer nicht begriffen worden, daß
die Vermehrung es ist, die eine jede Sache,
handle es sich um Korn oder Papiergeld oder um
Gold, mit elementarer Selbstverständlichkeit zu
dem Grad der Entwertung führt, der eben der
vorausgegangenen Vermehrung entspricht.

Vielleicht ist es zuviel gesagt, wenn wir hier
so allgemein erklären, man habe die Zusammen-
hänge nicht begriffen; genau besehen hat es zu
allen Zeiten kluge und aufrechte Männer gege-
ben - auf die man aber nicht hörte. Schon zu
Zeiten der finanziellen Mißwirtschaft des Cara-
calla (211-217) hatte der römische Rechts-
gelehrte Julius Paulus festgestellt, daß der Wert
des Geldes mit zunehmender Menge abnimmt
(Irving Fisher, Kaufkraft des Geldes, S.12). In
Frankreich schrieb Jacques Necker, der letzte
Finanzminister, der die Dinge noch in Ordnung
zu bringen hoffte, dann aber 1789 von dem ver-
blendeten König entlassen wurde, in seiner "Re-
volution Francaise" zur Assignatenwirtschaft
folgendes:

"Der Kurs des Geldes, werdet Ihr sagen, ist
vom Zufall abhängig, keine Regierung kann für
den Kurs ihres Geldes Garantie leisten, den Spe-
kulanten (banquiers) und Schiebern (agioteurs)
müßt Ihr es zuschreiben, wenn der Kurs immer
ungünstiger wird. Ihr Unwissende oder beson-
ders Schlaue: Solche Sprüche könnt Ihr bei den
Parisern anbringen, die ahnungslos genug sind,
sie für bare Münze zu nehmen, die, von Euch
dazu aufgewiegelt, die Schieber verfluchen und
die Händler, welche die Ware verteuern. Nein,
sage ich, der große Betrüger, der Erzbetrüger,
der Betrüger ohnegleichen ist die französische
Regierung selbst - sie vermehrt ins Ungewisse
den Druck ihrer Assignaten, sie findet, daß
deren Deckung immer noch genügend sei. Dabei
weiß sie sehr wohl, daß der nominelle Wert der
Deckung immer steigt mit dem Sinken des Kur-
ses" (s. R. Eisler, Das Geld, S. 255).

Necker war aber nicht maßgebend; er hatte
auch nicht die nötigen Ellenbogen. Was er er-
klärte, war in den Wind gesprochen; jetzt hat-
ten andere Männer das Heft in der Hand, Män-
ner, die von Haus aus keinen Sachverstand mit-
gebracht hatten - und im Rausch ihrer Revolu-
tionsmacht gar nicht sahen, daß ihre Absichten
und ihre Handlungen sich entgegenstanden. -

Daß die erschreckende Unbeholfenheit im
Umgang mit dem Gelde über ihre Folgen hin-
weg den Terror und Blutrausch der Revolution
gesteigert haben muß, liegt in der Natur der
Dinge. Die von den Machthabern verschuldete
Preissteigerung auf allen Gebieten wurde den
Bauern und Gewerbetreibenden, den Händlern
und Produzenten zur Last gelegt. So taten denn
die Gewalthaber, was ihrem beschränkten, recht-
haberischen Sinn entsprach, sie befahlen, verord-
neten, machten Höchstpreise, Ablieferungs-
zwang, steigerten die Strafen von Geldbußen
zu Gefängnis, Pranger und Todesstrafe. - "Ich
glaube, man muß die kaufmännische Aristokra-
tie umbringen, wie man die des Adels und der
Geistlichkeit umgebracht hat!" schreibt Buissart
an Robespierre. Die Verblendeten erkennen
nicht, daß das Geld seine eigene unerbittliche
Logik hat und daß die Folgen der falschen
Handlung sich mit stärkerer Macht durchsetzen
als das Gesetz, das nur die Folgen, nicht aber die
Ursachen verhindern will.


Dieser Text wurde am 6.7.1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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