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In Deutschland erklärte der Große Kurfürst
seiner Verwaltung, daß der "auswärtige Handel
zu den führnehmsten Säulen des Staates gehöre,
weil dadurch die Manufakturen im Lande ihre
Nahrung und ihren Unterhalt erlangen." So
wurden also auch in Brandenburg-Preußen und
anderen deutschen Landen Ein- und Ausfuhr
reglementiert. Edelmetalle, aber auch Leder,
Häute und Felle durften schon unter dem Gro-
ßen Kurfürsten nicht mehr ausgeführt werden;
ebenso wurde die Einfuhr von Kupfer und Mes-
singwaren von ihm verboten, um das Gewerbe
der einheimischen Kupferschmiede zu fördern.
Mit dem Versuch, durch den Erwerb von Kolo-
nien zu Gold und Gewinn zu kommen, hatte
der Große Kurfürst indessen noch kein Glück.
Nach seiner eigenen Rechnung kam jeder aus
der brandenburg-guinesischen Kolonie an der
Westküste Afrikas stammende Gold-Dukaten
auf zwei Dukaten Unkosten.
Während aber der Große Kurfürst seine mer-
kantilistische Politik noch mit dem Blick auf die
Wohlfahrt des Staates betrieb, hat sein Sohn
Friedrich III., der mit Zustimmung des Kaisers
nach der Königskrone greifen durfte, schon mehr
dem Prunk von Versailles nachgeeifert. Seine
winterliche Reise im Dezember 1700 von Ber-
lin nach Königsberg, wo die Krönungsfeierlich-
keiten stattfinden sollten, erforderte für den ge-
samten Hofstaat 30 000 Pferde. Die Krönungs-
kosten wurden durch eine Kronsteuer von einer
halben Million Thalern aus den einzelnen Land-
schaften aufgebracht. Die Krönungs-Insignien
waren aus reinem Golde hergestellt und mit
Edelsteinen besetzt. Vom purpurnen Krönungs-
mantel wird berichtet, daß er Diamantenknöpfe
gehabt habe, von denen jeder 3 000 Thaler ge-
kostet haben soll, und auf der Brust eine Dia-
manten-Agraffe im Wert von 100 000 Thalern.
Vielleicht sind solche märchenhaften Wertanga-
ben etwas übertrieben; aber der außerordent-
liche Aufwand, dem der Absolutismus dieser
Zeit huldigte, ist an genügend anderen Zeugnis-
sen immerhin soweit erwiesen, daß auch dies
glaubwürdig ist. -
Der Merkantilismus hat sich in Deutschland
zuerst bei der sogenannten "Kameralwissen-
schaft" eingenistet. Diese Wissenschaft befaßte
sich mit der Kunst, die Steuerkraft von Land
und Leuten zum Wohle der Landesherren zu
heben und auszuschöpfen. In Preußen richtete
Friedrich Wilhelm, der Nachfolger des ver-
schwenderischen Friedrich I., dieser Wissenschaft,
obwohl er nicht viel von Gelehrten hielt und
mitunter seine Professoren mehr als Hofnarren
behandelte, gleich zwei Lehrstühle ein; hierbei
verfehlte er auch nicht, den Professoren gleich
einzuschärfen, worauf es ihm ankäme. Friedrich
Wilhelm erkannte sehr wohl, daß eine Hofhal-
tung, wie sein Vater sie geübt hatte, den Staat
ruinieren mußte. So lebte er bescheidener, küm-
merte sich selbst um untergeordnete Dinge, setz-
te eigenhändig fest, wieviel Geld ein Reisender
nach dem Ausland mitnehmen durfte und er-
reichte schließlich, daß der Merkantilismus, den
er betrieb, doch immerhin seinem Lande zugute
kam. Um die heimische Weberei zu fördern,
wurde die Wollausfuhr mit dem Galgen bedroht;
und ausländische Tuche zu tragen, brachte eben-
falls die Todesstrafe ein. Lohn-Erhöhungen
wurden mit empfindlichen Geldbußen bestraft,
da sie dem Außenhandel abträglich waren.
Das mag alles eine sehr holprige Wirtschafts-
politik gewesen sein; aber als dieser preußische
König starb, blickte er - anders als Ludwig XIV.
- auf eine schuldenfreie Finanzverwaltung, auf
einen Staatsschatz von 24 Millionen und auf
jährliche Staatseinkünfte von 21 Millionen Tha-
lern zurück. Das System des Merkantilismus
schien richtig zu sein. Die Folge davon war, daß
es Schule machte. Jetzt aber ergab sich in
Deutschland, wo die Bildung eines großräu-
migen Nationalstaates nicht gelungen war, eine
Abkapselung zahlreicher Kleinstaaten durch
Aus- und Einfuhr-Verbote und Landeszölle.
Kursachsen hatte schon sehr früh sogar die Aus-
fuhr des "sehr seltsam gewordenen Eisens" ver-
boten. Auch die Verbote von Kaffee, Tee und
Tabak stellten einen Ausdruck des handelspoli-
tischen Kampfes um Gold und Silber dar. So
hat Ludwig, Landgraf von Hessen, bei seinem
Verbot des Kaffeetrinkens seinen Untertanen
auch gleich erklärt, daß "dadurch große
Sum-
men Geldes aus Unseren Fürstlichen Landen und
dem Reiche unnützlicherweise verschleppt und
der Kreislauf des Geldes in Unseren Fürstlichen
Landen gemindert und gehemmt" werde. -