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Johannes Butzbach berichtet in seinem "Wan-
derbüchlein aus Böhmen": "Das gewöhnliche
Volk hat selten bei der Mittags- oder Abend-
mahlzeit weniger als 4 Gerichte, zur Sommers-
zeit überdies noch morgens als Frühstück Klöße
mit in Butter gebackenen Eiern und Käse; oben-
drein nehmen sie außer dem Mittagsmahl noch
des Nachmittags als Vesperbrot sowie zum
Nachtessen Käse, Brot und Milch" (s. Adolf Da-
maschke: Geschichte d. Nationalökonomie, S. 47).
Johannes Scherr schildert die Lebenshaltung
der höfisch-ritterlichen Gesellschaft, die ja im
wesentlichen die Schicht der Lehensträger und
Territorialherren darstellte und die in ihrer Le-
benshaltung etwa dem Standard des reichen Bür-
gers gemäß verfuhr. "An gewöhnlichen Tagen",
so schreibt Scherr (s. S.115) "waren die Speisen
sehr einfach zubereitet und bestanden zumeist
aus gesalzenem und geräuchertem Fleisch, Hül-
senfrüchten und Kohl; bei festlichen Anlässen
dagegen . . . bogen sich die Tafeln unter stark
gewürzten Leckerbissen und vielartig gemengten
Brühen, unter künstlich geformtem Backwerk
und allerhand Eingemachtem. Der Tisch war
während der Mahlzeit mit einem weit über die
Ränder herabhängenden Tuch bedeckt; mitten
auf der Tafel lagen um das Salzfaß herum Brote
in verschiedenen Laibformen. Bevor man sich
zum Essen niedersetzte und wiederholt während
des Essens wurde Handwasser samt Handtü-
chern herumgereicht."
Bei Gustav Freytag lesen wir, daß die Koch-
kunst jener Zeit am besten in den Städten gedie-
hen sei. Die hansischen Kauffahrer hatten zu
den heimischen Gerichten noch mancherlei
fremdartige eingeführt: "Reis in griechischer
Weise, französischer Blancmanger, orientalisches
Konfekt in Rosenöl parfümiert. Aber . . . die
Vorliebe für starkes Gewürz war übergroß,
au-
ßer den heimischen Küchenkräutern und dem
milden Safran wurden die indischen Baumge-
würze in unglaublichen Mengen verbraucht" (s.
a. a. O., S. 533).
"Die geistigen Getränke, die man genoß,
waren Wein, Bier, Met, Apfel- und Birnenmost
sowie Branntwein", berichtet wiederum Johan-
nes Scherr. "Der Weinbau erstreckte sich über
weitere Landstrecken als heute. Beliebt waren
die Landweine vom Maintal, von Mosel und
Neckar, sowie rheinische und Elsässer Weine. In
der vornehmen Gesellschaft trank man aller-
dings auch gerne französische und italienische
Weine; griechische Weine, Malvasier, Muskatel-
ler, Romanije gehörten zum Besten . . . Man
trank diese Weine jedoch nicht rein, sondern in
der Regel mit allerlei Kräutern und Gewürzen
gemischt. Fremder Würzwein, kunstvoll aus fran-
zösischen Rotwein verfertigt, wurde als "Clarett"
und "Hyppokrates" eingeführt; über Maulbee-
ren abgezogener Wein hieß "Moraß"; außerdem
wurden viele andere Arten aromatischer Ge-
tränke verfertigt, auch mit gekochtem Wein,
zum Teil nach Rezepten, die aus dem römischen
Altertum stammten. Sie waren besonders von
Frauen begehrt, mehr als heute die Liköre (s. a.
a. O., S. 534).
Im Westen und Norden wurde besonders
gerne Met getrunken. Im Jahre 1385 hat die
Stadt Aachen allein 29 Ohm (1 Ohm = 134,4
Liter) als Präsent, das sie jährlich leistete, an
Kurfürsten, Bischöfe und einige andere Vor-
nehme gegeben (s. G. Freytag a.a.O., S. 533/34).
Was das Bier anbetrifft, so gehörte das Brauen
ursprünglich zu den Haushaltsaufgaben; jeder
Haushalt bereitete sich sein Bier selber. Im
13. Jahrhundert war aber das Bierbrauen schon
ein selbständiges Gewerbe. Bremen, Lübeck,
Hamburg befaßten sich zum Ende des 13. und
Anfang des 14. Jahrhunderts mit einem beacht-
lichen Bier-Export. König Haakon V. war im
Jahre 1316 bereits sehr ungehalten darüber, daß
die Schiffe der Deutschen Bier und entbehrliche
Kramwaren nach Norwegen brachten, während
er mehr Mehl und Malz oder anderes "schweres
Gut" für sein Land haben wollte.
Vom heiteren Leben herzhafter Geselligkeit
nach vollbrachter Arbeit finden wir auch bei
Ernst Hering in seiner Schilderung der Schonen-
fahrt ein lebendiges Bild:
Einen festlichen Abschluß der mühseligen Ar-
beit während der Fangzeit bildete als größere
Veranstaltung die "Herbstschänke", für die
in
großen Mengen Hamburger oder Einbecker Bier
besorgt wurde. Der Trinkfreudigkeit entspra-
chen auch die Magenstärkungen, Brot, Hering,
Schinken, Pökelfleisch, Würste und geräucherte
Zunge. Die "Fastel-Abende", die später sogar
stolz "Gastmahl" genannt wurden, waren gleich-
falls eine alljährlich wiederkehrende Festlich-
keit. Da ermahnten die Ältesten die Musiker,
den Bäcker, den Koch und die Heringspacker.
Die Musiker sollten sich lustig zeigen, die Bäk-
ker gutes Brot, der Koch gute Speisen bereiten.
Die Heringspacker - als besondere Vertrauens-
personen - aber hatten sorgfältig aufzupassen,
daß kein Silbergeschirr gestohlen oder sonstwas
verwahrlost wurde.
Daß solche Üppigkeit des Lebens nicht etwa
nur vereinzelt irgendwo festzustellen war, an
einem Platz, der zufällig guten Erwerb bot,
kann leicht nachgeprüft werden, wenn wir uns
in anderen Gegenden umsehen. In Zürich wurde
z. B. beim Frühlingsfest zum Sechseläuten auf
den Trinkstuben der Zünfte für jeden Mann
nicht weniger als 16 Maß Wein angesetzt.
(S. Scherr: "Deutsche Kultur- und Sittenge-
schichte", S. 231.)
Die "Landshuter Fürstenhochzeit" - eine
heute noch in der ehemaligen Residenz der
bayerischen Herzöge zur Erinnerung stattfin-
dende Festlichkeit - geht auf die Hochzeit
Georgs des Reichen mit der polnischen Königs-
tochter Jadwiga zurück, die im Jahre 1475 mit
unvorstellbarem Aufwand an Tafelfreuden be-
gangen wurde. Da wurden 10 000 Gäste frei-
gehalten und die Chronik berichtet von 333
Ochsen, 300 Schweinen, 1 100 Hammeln, 3 000
Kälbern und Lämmern und 75 000 Hühnern
und Gänsen, die da gebraten und gesotten wur-
den. Dazu wurden 194 000 Eier und 220 Zent-
ner Schmalz verbraucht; an Gewürzen waren
3 Zentner und 75 Pfund Pfeffer und 9 Zentner
andere Gewürze nötig. Demgegenüber war der
Zuckerverbrauch von 5 Zentner sehr mäßig,
wohingegen allerdings 140 Zentner Rosinen
einen Ausgleich an Süßigkeiten darstellten. Ge-
trunken wurden 6 Fuder Süßwein - 1 Fuder
faßt 960 Liter - und 60 Fuder sonstige deut-
sche Weine. Fische wurden für 4100 Gulden
aufgetafelt; der florentiner Gulden hatte ei-
nen Wert von 208 Pfennigen, in Kaufkraft
ausgedrückt bekam man für 1 Gulden damals
6 Schafe. Konfekt wurde für 500 Gulden ver-
nascht, was im vorgenannten Gegenwert eine
stattliche Hammelherde repräsentierte.
Im übrigen waren die Preise um die Mitte
des 15. Jahrhunderts nicht viel anders als 300
Jahre zuvor. Anno 1150 bekam man für 20
Schilling (= 240 Pfennge) 6 Schafe; um 1400
kosteten 6 Schafe 1 Gulden. Das ist kein gro-
ßer Unterschied. Ein Eimer Frankenwein ko-
stete anno 1250 55 bis 75 Pfennige; ein Eimer
hatte 64 Liter Inhalt. Um 1463 war der Wein
so billig, daß man, um einen Heller zu ver-
trinken, zweimal ins Wirtshaus gehen mußte!
(s. Menzner Flocken "Kaufkraft und Zeitge-
schehen"). Man könnte nicht sagen, daß das ein
kümmerliches Leben gewesen sein muß. -