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Ein Kapitel aus:
Karl Walker: Das Geld in der Geschichte
Rudolf Zitzmann Verlag; Lauf bei Nürnberg; 1959

DIE BESIEDLUNG OSTELBIENS

Wenn die moderne Zeit glaubt, daß die Be-
siedlung von Neuland - zumal wenn es sich um
Räume handelt, die sich über 1000 km erstrek-
ken - nur durch die Initiative staatlicher Obrig-
keit zustandekommen könne, so hat die größte
geschichtliche Siedlungsbewegung in Europa, die
mehr als 400 Städte östlich der Elbe entstehen
ließ, den beachtenswerten Beweis erbracht, daß
die anhaltende Leistungskraft einer blühenden
und gesunden Volkswirtschaft aus sich heraus die
Initiative entwickelt und gar keiner zentralen
staatlichen Planung bedarf.

Gewiß hat bereits im 14. Jahrhundert vor-
nehmlich Karl IV. dem Städtebau seine beson-
dere Liebe und Sorgfalt zukommen lassen. Sein
schönstes Werk, das "goldene Prag", wesentlich
von dem aus Schwäbisch-Gmünd stammenden
Baumeister-Geschlecht der Parler mitgestaltet,
stammt aus dieser Zeit. Ebenso haben Könige
und Fürsten sich des Städtebaues angenommen.
So ist Berlin eine Gründung des Fürstengeschlech-
tes der Askanier aus dem Anfang des 13. Jahr-
hunderts. Und mit dem Ziel der weiteren Aus-
breitung des Christentums hat der Deutschritter-
orden sein Kolonisationswerk im Osten betrie-
ben, seine Burgen und Niederlassungen in Preu-
ßen, Livland und Kurland, östlich der Weichsel
angelegt.

Man muß sich indessen darüber klar sein, daß
bei allen diesen Vorgängen die bleibende Lei-
stung nicht aus dem Machtspruch der Großen
oder gar aus den Entscheidungen des Schwertes
hervorging, sondern daß das Bleibende von den
Kräften gestaltet wurde, die in Arbeit und Fleiß
und scheinbar unversiegbarer wirtschaftlicher
Leistungsfähigkeit auftraten. Die Initiative der
Großen konnte nur wenig mehr als eine Ge-
burtshilfe darstellen, wenn wir die Vorgänge im
ganzen Zusammenhang richtig betrachten.

In der Tat war die Wirtschaftskraft dieser
Zeit so expansiv, daß z. B. die Deutsche Hanse
aus dem Überschuß ihres Leistungsvermögens
selber das Werk der Städtegründung in die Hand
nahm. Zweifellos hat damit das Bürgertum einen
Höhepunkt seiner Kraft und seiner Bedeutung
erreicht, für den es in der Geschichte kaum ein
Vorbild gab und zu dem es auch später nie mehr
gelangte.

Während im Süden und im Westen die alten
Städte organisch gewachsen waren, wie ein Baum
Ring um Ring ansetzt, und während hier bei
jeder Erweiterung das bereits Vorhandene mit
liebevoller Sorgfalt mit dem Gesamtbild des
Zukünftigen verwoben werden mußte, waren die
neu entstehenden Städte jetzt in kühner Groß-
zügigkeit oft schon von vornherein so angelegt,
wie es die Voraussicht der Entwicklung erfor-
derte. Hier ging schließlich das Wachstum be-
reits so schnell, daß eine Generation das Wer-
den der Stadt sichtlich miterleben konnte.

Lübeck, an der Stätte einer von den Slawen
zerstörten Ansiedlung unter Führung von Her-
zog Heinrich dem Löwen anno 1158 von einem
Konsortium wagemutiger Unternehmer aus alt-
deutschen Städten gegründet, war so rasch und
machtvoll gewachsen, daß es zum Ausgang des
folgenden Jahrhunderts das Haupt der Hanse-
städte darstellte. "In jenen entscheidungsreichen
Jahren", so schreibt Fritz Rörig in seinem Werk
"Vom Wesen und Werden der Hanse", "sind fast
alle jene Städte erwachsen, die noch heute Han-
del und Wandel des Ostseeraumes bestimmen:
Lübeck und Rostock im Westen, Stralsund, Dan-
zig und Elbing im Süden, Riga und Reval im
Osten, Wisby und Stockholm im Norden mögen
beispielhaft genannt werden. Als Ganzes ge-
nommen handelte es sich hier um einen Vorgang
von einer Großartigkeit, die sich mit der Grün-
dung griechischer Kolonialstädte an weit ent-
fernten Meeresküsten in Vergleich setzen läßt;
jedenfalls um eine Erscheinung von Wucht und
Größe und vor allem von grundsätzlicher Be-
deutung für spätere Jahrhunderte" (s. a. a. O.,
S.12/13).

Jene Jahrzehnte waren es aber auch, in denen
die Brakteatenprägung Heinrichs des Löwen in
seiner neuen Residenz Braunsrhweig ihre höchste
Blütezeit hatte. Ein Pfennig aus dem Jahre 1166
war auf den Hochzeitstag des Herzogs mit
Mathilde von England geprägt und zeigt das
Herzogspaar über den Zinnen seiner Burg. Ein
anderer Pfennig wurde 1168 auf die Errichtung
des Welfendenkmals im Hof der neuen Burg
Dankwarderode geschlagen; und wieder ein an-
derer Brakteat zeigt den Herzog mit Lilienzep-
ter und Schwert zwischen zwei Burgtürmen sit-
zend, zwei Löwen als Wappentiere zu seinen
Füßen. Wie an anderer Stelle bereits erklärt,
haben aber in diesem mitteldeutschen Raum auch
Bischöfe, Abteien und andere weltliche Adlige
eine besonders intensive Münzprägung betrie-
ben - und damit waren die monetären Vorbe-
dingungen für die Expansion nach dem Osten,
für die Neugründung von Ansiedlungen und
Städten, zur rechten Zeit geschaffen.

Die Entwicklung dieser Städte war naturge-
mäß mitbestimmt von den Erfahrungen, die man
im Städtebau am Rhein und an der Donau, in
Flandern und in England gemacht hatte.

Doch nun zeichnet sich auch hier hinter dem
gewaltigen Eindruck, den die geschichtlichen
Tatsachen hinterlassen, die Frage nach den Kraft-
quellen ab, aus denen die realen Leistungen doch
hervorgehen mußten; und so läuft alles wieder
auf die Frage zu: Wie anders wäre es möglich
gewesen, den natürlichen Reichtum des Ostsee-
raumes, der viele Jahrhunderte lang brach lag,
zu wecken, zu heben und umzuformen in einen
Kranz blühender Städte bis tief ins Land hin-
ein, wenn nirht so, wie es der hansische Kauf-
mann und Unternehmer zustande brachte -
durch den weltweiten Vertrieb jener silberblin-
kenden Fracht, die die Fischerkähne aus der See
schöpften?

Es haben auch vorher schon Ansiedlungen an
der Küste bestanden, es bestand Fischerei und
Seefahrt; aber die großartigsten Möglichkeiten
sind wertlos, solange sie nicht umgemünzt wer-
den können in die mannigfaltigen Leistungen
anderer. Hier lag das Verdienst der Hanse, daß
sie die herrlichen großen Möglichkeiten des
Fernhandels ausschöpfte. Es gibt überall Reich-
tum, der am Ort seines Vorkommens wertlos ist,
während er in der Ferne mit klingender Münze
aufgewogen wird. Diese Wahrheit gilt nach je-
der Richtung. Der Hering, der Stockfisch, der
geräucherte Fisch, hatte in diesen Jahrhunderten
für die Ernährung im Schwäbischen, in Franken,
im Burgundischen oder im Donautal überall
schon die gleiche Bedeutung. Ebenso aber war
das Korn aus Mitteldeutschland oder dem öst-
lichen Hinterland, der rheinische oder burgun-
dische Wein, Leinwand und Wolle aus Nieder-
sachsen und aus dem Lüneburger Heideland an
der Küste begehrt.

Der hansische Kaufmann, der das Netz seines
Handels so weit zu spannen trachtete als er
nur vermochte, konnte für sich und seine Hei-
matstadt überall nur gewinnen. Ernst Hering
weist in diesem Zusammenhang bei seinen Aus-
führungen über die Macht und Größe der Hanse
darauf hin: "Wir werden die Beobachtung ma-
chen, daß die Führung im Handel in Brügge je-
weils der Städtegruppe zufällt, die über russi-
sches Pelzwerk und Wachs, über schwedisches
Eisen, den schonenschen Hering und über die
forst- und landwirtschaftlichen Erzeugnisse der
Länder östlich der Elbe verfügen."

Die Erschließung dieses östlichen Raumes hat
aber naturgemäß dem Handel und dem gesam-
ten Wirtschaftsleben des hohen Mittelalters nicht
nur neue Quellen der Lieferung von realen Gü-
tern, sondern zugleich auch einen neuen Markt
für den Absatz der eigenen Landeserzeugnisse
geschaffen. Das eine bedingte das andere - wäh-
rend man heutzutage bekanntlich immer wieder
daran herumlaboriert, das eine zu nehmen und
das andere zu vermeiden! -

Bei wachsender Entfaltung des Fernhandels
war freilich, wie wir später noch sehen werden,
mit der Pfennigprägung nicht mehr auszukom-
men. Sowohl im Westen, wie auch im Osten
wurden nun neben dem Pfennig auch beträcht-
liche Mengen schwerere Münzen geschlagen; von
diesen schweren Münzen sollte der "Groschen"
die meistverbreitete Prägung werden. Im Zu-
sammenhang mit denn Aufblühen des Ostens,
das durch das Einströmen der Deutschen mäch-
tig gefördert wurde, ist auch die Münzprägung
der böhmischen Könige ein wichtiger Stein im
Mosaik des Ganzen. Bereits um das Jahr 1300
führte Wenzel II. den sog. "Prager Groschen"
ein. Die böhmischen Silbererzgruben waren so
reich und ergiebig, daß man den König den
böhmischen Krösus nannte.

In der Mark Meißen, wo sein Vorgänger
Otto der Reiche noch vor kurzem seine präch-
tigen Brakteaten geschlagen hatte, ließ nun
Friedrich der Ernsthafte (1324 - 1349) nach
böhmischem Muster Groschen prägen. Bis da-
hin war indes der Groschen, noch keine Ablö-
sung des Pfennigs, sondern eine zusätzliche
Münze, die der wachsende Verkehr erforderte.
Wenn der eine Münzherr keine Brakteaten
mehr prägte, prägten andere doch immer noch
weiter. Und doch bahnte sich mit der Zunahme
des Fernhandels und der Geldgeschäfte allmäh-
lich eine bedeutsame Veränderung an.

In konjunkturpolitischen Betrachtungen der
Gegenwart wird häufig auch von der unver-
gleichlichen Belebung gesprochen, die von einer
aufblühenden Bauwirtschaft ausgehe. Wir dürfen
dessen gewiß sein, daß diese Belebung, soweit
wir sie in unserer Zeit ab und zu für eine kleine
Spanne von Jahren kennen lernten, nur einen
schwachen Schimmer von dem darstellen dürfte,
was sich damals bei der Neugründung von Hun-
derten von Städten, bei der Ansiedlung der
Kaufleute und Unternehmer, der Handwerke
und Gesellen, beim Transport der Materialien,
der Versorgungsgüter, Lebensmittel, Kleidung,
Schuhwerk und dergleichen mehr an wirtschaft-
licher Betriebsamkeit und lohnender Geschäftig-
keit ergab.

Dabei brauchen wir uns diese Städte nur an-
zusehen, um zu erkennen, daß das alles wahr-
haftig nicht mit Kümmernis und Sorge "groß-
gehungert" wurde; vom "Großhungern" sollte
erst Jahrhunderte später einmal die Rede sein.
Da stehen in Danzig, in 1000 km Entfernung
vom westlichen Zentrum dieser Wirtschaftsblüte
die großen Speicher an der "toten Weichsel", das
gewaltige Krantor als markantes Wahrzeichen
der einstmals reichen Seehandelsstadt. Der Ar-
tushof, das Trink- und Tanzhaus der reichen
Bürger, im 18. Jahrhundert zur Getreidebörse
umgewandelt, stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Da sehen wir in Königsberg noch die charakte-
ristische Fachwerkfront der alten Speicher, die
von einem Güterumschlag zeugen, der ein weites
Hinterland versorgte; das Schloß im Herzen der
Stadt mit seinem 82 m hohen gotischen Turm
war einstmals als Deutschordensburg gegründet.
Riga, von sieben alten Kirchen und der dortigen
Ordensburg überragt, an der Mündung der
Düna in den Rigaischen Meerbusen gebettet, wird
seinen Ursprung aus hansischem Unternehmungs-
geist sicher nie ganz verleugnen können. Lübeck
- Wisby - Riga - Nowgorod: das war einer der
großen und wichtigen Handelswege der Hanse.
Fritz Rörig erinnert in diesem Zusammenhang
an jenen berühmten Vertrag, den 1229 der Fürst
von Smolensk mit den deutschen Kaufleuten auf
Gotland geschlossen hat und führt an, daß von
den Bürgern der Ostseestädte solche aus Wisby,
Lübeck und Riga, aber auch Kaufleute aus dem
fernen Westen, aus Soest, Münster, Groningen,
Dortmund und Bremen beim Vertragsabschluß
auftraten.

Wir können indessen auch die Städte des Hin-
terlandes aufsuchen - die Städte an der Weichsel,
Graudenz, Thorn, Bromberg, Warschau, Krakau -
ebenso in den Flußtälern von Oder und Warthe
aufwärts wandern, wir werden überall die Spu-
ren derselben Wirtschafts- und Kulturblüte fin-
den, von der diese Jahrhunderte in verschwen-
derischer Fülle überwuchert wurden.

Daß die Bnrgen des Deutschritterordens in
Anlage und Großartigkeit der Ausführung von
der gleichen wirtschaftlichen und finanziellen
Kraft zeugten, die in allen Werken dieser Zeit
in Erscheinung trat, ist nicht weiter erstaunlich.
Wohl pflegte der Deutschritterorden, der ur-
sprünglich in Palästina aus einer Brüderschaft
zur Pflege der Kranken und Verwundeten wäh-
rend der Kreuzzüge entstanden war, sich dann
im 13. Jahrhundert mehr dem Kampf für die
Ausbreitung des Christentums widmete und sich
mit dem Schwertritterorden vereinigte, weniger
weltliche Geschäfte als vielmehr den Waffen-
dienst im Sinne seines Ordenszieles. Daß sich da-
bei auch Konflikte zwischen der Absicht und der
Handlung ergaben, daß das Schwert und die
Streitaxt in den Händen religiös fanatisierter
Mitglieder des Ordens auch Unheil anrichten
konnte, haben die Kaufleute oft genug zu spü-
ren bekommen. Bei geschichtlicher Beurteilung
dieser Tatsachen muß indessen auch beachtet
werden, daß damals selbst im kultivierteren We-
sten noch häufig genug von Waffengewalt Ge-
brauch gemacht wurde, so daß ein gewaltloses
Wirken im östlichen Raum den Menschen ein-
fach nicht denkbar gewesen wäre.

Aber mit Schwert und Streitaxt baut man den-
noch keine Burgen und Städte; der Orden muß
folglich über Geld und Güter verfügt haben, um
die Marienburg, die Burg Allenstein, die Burgen
in Riga, Reval, Marienwerder, Graudenz, Thorn
und an anderen Orten gründen zu können. Auch
mit den Arbeitsleistungen von Hörigen konnte
allein kein solches Werk zustandegebracht wer-
den. Woher also kam der Reichtum, von dem
die Bauwerke der Ordensburgen zeugen? -

Der Deutschritterorden widmete sich seit dem
Anfang des 13. Jahrhunderts der Unterwerfung
und Christianisierung der heidnischen Preußen
im Weichsel- und Wartheland. Das auf diese
Art gewonnene Land erhielt der Orden vom
Kaiser zu Lehen. Was sich damit vollzog, war
eine permanente Erweiterung des Reiches, frei-
lich in einer Richtung, aus der Jahrhunderte zu-
vor die germanischen Stämme westwärts gezo-
gen waren und nur eine geringe Bevölkerungs-
dichte verblieben war. Doch über Polen hinaus
konnten die Deutschherren nicht weiter ostwärts
vordringen. Hier fanden sie 1410 bei Tannen-
berg und 1466 im Thorner Frieden ihre Nieder-
lage.

Aus dem von ihm verwalteten Lehen bezog
der Deutschritterorden die reichsüblichen Ein-
künfte des Zehnten und auf dem Boden seiner
Neusiedlungen steigerte sich die Grundrente in
derselben Art wie überall, wo aus Ödland Städte
wachsen. Gleichwie am Rhein und im Fränki-
schen die Städte um die Herrensitze, Königs-
pfalzen und bischöflichen Residenzen entstanden
waren, so bildeten hier im Osten die Burgen
der Ordensritter das Kristallisationszentrum,
um welches das Gewimmel von Gewerbetreiben-
den und Kaufleuten sich niederließ.

Die dritte und letzte, aber keinesfalls unbe-
deutende Quelle der Wirtschaftsstärke des Or-
dens lag in der Verbindung mit dem hansischen
Handel; die Herren, die mit Kreuz und Schwert
umzugehen wußten, waren auch in kommer-
ziellen Dingen keinesfalls unbeholfen. In Kra-
kau, tief im polnischen Hinterland, genossen
die Wagenzüge der Deutschherren Zollfreiheit.
Auch waren die Ordensritter in der Erschließung
des Hinterlandes für die Lieferung land- und
forstwirtschaftlicher Erzeugnisse rührig und ge-
schickt; Holz, Pelze, Wachs und Getreide kamen
vornehmlich aus dem Bereich des Ordenslandes
und aus dahinter liegenden Gebieten, die dem
hansischen Kaufmann kaum noch erreichbar ge-
wesen wären.

Daß der Deutschritterorden auch das Münz-
recht ausübte, wurde bereits erwähnt. Der Or-
den hat das Münzrecht mit dem kaiserlichen
Privileg Friedrichs II. anno 1226 erhalten. Da
der Orden in Verbindung mit der Hanse vor-
nehmlich dem großen Handel diente, verlegte
er sich unter dem Ordensmeister Winrich von
Kniprode (1351-1382) auf die Ausprägung von
Groschen- und Schilling-Münzen. Diese Münzen
waren aber keine Brakteaten mehr; es waren
doppelseitig geprägte Münzen, auf der Rück-
seite zeigten sie den Hochmeisterschild. Die Gro-
schenmünze wurde "Halbschoter" genannt. Un-
ter der Führung des Winrich von Kniprode er-
lebte der Deutsdsritterorden seine höchste Blüte-
zeit; in dieser Zeit erhielt auch die Marienburg
ihre letzte Vollendung. Auch hier hat das Geld
seinen redlichen Teil zum Erfolg beigetragen.

So sehen wir, daß der Pulsschlag eines kraft-
strotzenden Wirtschaftslebens bis an die Peri-
pherie der christlich-abendländischen Kultur-
welt zu spüren war. Der stetige Güterabsatz,
der unaufhörliche Antrieb zu weiteren und grö-
ßeren Leistungen war tausend Kilometer östlich
des Rheines genau so stark wie in Köln oder in
Flandern. Und der Reichtum, den der nimmer-
müde Fleiß dieser Jahrhunderte schuf, der Reich-
tum, den die entfesselte Produktivkraft unge-
hinderter Arbeit spielend zu fördern vermochte,
dieser Reichtum ließ also nicht nur Kathedralen
und stolze Rathäuser, Patrizierpaläste und Gil-
dehallen entstehen, sondern er trat über die
Ufer und schlug sich östlich der Elbe in Burgen
und Hunderten von Städten nieder.

Niemals vorher und niemals nachher ist etwas
Derartiges innerhalb eines verhältnismäßig kur-
zen Zeitraumes noch einmal geschehen. Es ist
aber auch niemals vorher und niemals nachher
noch einmal eine Wirtschaftsblüte von gleicher
Beständigkeit aufgetreten.


Dieser Text wurde am 6.7.1997 ins Netz gebracht von: W. Roehrig. Weiterverbreitung ausdrücklich erwünscht.
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