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Aus:

Lexikon für Theologie und Kirche

Begründet von Dr. Michael Buchberger

Herausgegeben von Josef Höfer und Karl Rahner

Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage; Zehnter Band; Seite 1245

Verlag Herder Freiburg, 1965

 

 

 

Zins

 

ist der Gewinn aus einem -> Darlehen. Ursprünglich war im Leben der Völker das Darlehen unverzinslich. Aber schon die Babylonier u. Assyrer kannten einen ausgebildeten Darlehens-Z. Auch den Juden war er gegenüber den selbst Z.nehmenden Fremden erlaubt (Dt 23, 19f). Hervorragende griech. u. röm. Philosophen u. Staatsmänner (Platon, Aristoteles, Cato, Seneca) verurteilten jedes Z.nehmen; allein die gesetzl. Z.verbote ließen sich nicht aufrechterhalten; die Gesetze der späteren röm. Kaiserzeit beschränkten sich auf die Festsetzung von Z.grenzen (Diokletian u. Konstantin 12 %; Justinianos I 6 % für gewöhnliche, 8 % für Handelsdarlehen; Sergius 12 %), konnten aber dadurch weitgehenden gesetzwidrigen Wucher nicht wirksam verhindern. Zeuge hierfür ist die altchr. Lit. mit ihren zahlreichen, eindringl. Warnungen vor dem Wuchertreiben. Bereits seit Klemens v. Alexandrien (Strom. II 18) u. Tertullian (Adv. Marc. 4, 17) bekämpften die christl. Schriftsteller unter Berufung auf die Hl. Schrift (Ps 14, 5; Ez 18, 7 ff; Lk 6, 34) durchweg das Z.nehmen überhaupt als Sünde gg. die christl. Bruderliebe u. die Gerechtigkeit (vgl. I. Seipel, Die wirtschaftseth. Lehren der Kirchväter [Wien 1907] 162 ff). Die kirchl Gesetzgebung (Synode v. Arles 314; I. Konzil v. Nikaia 325) verbot den Klerikern das Z.geschäft unter Exkommunikation u. Degradation. Im Anschluß hieran, bes. an das Dekret v. Nikaia u. an Leos d. Gr. Dekretale Nec hoc quoque, wurde in der Karolingerzeit das Z.verbot als allg. Gesetz, auch für Laien, mit schweren Strafen (Exkommunikation für Laien und Kleriker, für letztere dazu Absetzung) aufgestellt; das II. u. III. Laterankonzil (1139, 1179) u. das II. Konzil v. Lyon (1274) verurteilten allg. die Raubsucht der Wucherer (= Z.nehmer) u. bedrohten sie mit Entzug aller kirchl. Rechte u. mit Strafe der Infamie; das Konzil v. Vienne (1311) strafte die, welche behaupteten, Wucher sei keine Sünde, gleich Häretikern; das V. Laterankonzil (1517) erneuerte die früheren kirchl. Zinsverbote (D 739). Die bürgerl. Gesetzgebung stand im allg. mit der kirchl. im Einklang. Auch die Reformatoren verwarfen anfangs im allg. das Z.nehmen, ohne sich stets gleichzubleiben; der Calvinismus vertrat bis zur Mitte des 17. Jh. strenge Grundsätze über das Z.nehmen. Ausnahmsweise verteidigte J. Eck in seinem Werk über den Contractus trinus den Z. für fruchtbringendes Darlehen bis zu 5 % u. fand Beifall bei der Univ. Bologna. Später verwarf u. a. Benedikt XIV das Z.nehmen kraft des Darlehens an sich, jedoch unter ausdrückl. Anerkennung gewisser äußerer Titel, die einen Gewinn aus dem Darlehen berechtigt machen können. Seit mit der wachsenden Bedeutung des Leihgeldes im Wirtschaftsleben v. der Mitte des 16. Jh. an die staatl. Gesetze bestimmte Z.taxen für Gelddarlehen (5 %) für den Fall, dass nichts eigens vereinbart wurde, festsetzten, drehte sich der Streit hauptsächl. darum, ob es im Gewissen erlaubt sei, den der staatl. Z.taxe entsprechenden Z. bei Gelddarlehen allg. zu fordern. Den veränderten wirtschaftl. Verhältnissen trugen im 19. Jh. mehrfach erfolgte Entscheidungen des Apost. Stuhles über den Z.titel Rechnung (CollLac VI 657ff). Sie gehen dahin, dass die im Gewissen nicht zu beunruhigen seien, welche behaupten, die staatl. Z.gestattung sei auch ohne den Nachweis des Interessentitels einer erlittenen Schädigung od. eines Gewinnverlustes im Einzelfall hinreichend, um erlaubterweise Z. für Darlehen zu fordern. Der CIC can. 1543 sagt, daß nichts im Wege steht, den gesetzl. Z. zu vereinbaren, falls dieser nicht übermäßig hoch ist; ja es ist sogar ein über den gesetzl. Z. hinausgehender Z. zulässig, wenn dafür ein gerechter Grund vorliegt. In dieser Stellungnahme der Kirche in der Z.frage ist keine Preisgebung ihrer Prinzipien zu erblicken; denn das kanon. Z.verbot der früheren Zeit mit anderen wirtschaftl. Verhältnissen war tatsächlich, wie das atl., ein Wucherverbot, d. i. Verbot unberechtigten Gewinns. -  -> Wucher.

 

 

Lit.:

O. v. Nell-Breuning: StL (5) 1600 – 1624; M. Austen, das kanon. Z.verbot: ThGl 25 (1933) 441 – 455; G. Steuer, Stud. über die theoret. Grdl. der Z.lehre bei Thomas v. Aquin (St 1936); E. Ramp, Das Z.problem (Z 1949); Messner 939-947; J. T. Noonan, The Scholastic Analysis of Usury (C [Mass.] 1957); R. Traveneaux, Les Jansenistes et le pret a interet (P 1960) (Textes); W. Trusen, Spät-ma. Jurisprudenz u. Wirtschaftsethik (Wie 1961); Häring III (6 1961) 434 bis 437; Mausbach-Ermecke III (10 1961) 514 bis 520; W. Weber, Geld u. Z. in der span. Spätscholastik (Mr 1962); Conciliorum oecumenicorum decreta (Bas – Ba – Fr – R – W 1962) 44* (Reg. S.v. usuarii); F. A. Lutz: StL (6) VIII 974 – 980; ders.: HSW XII 434 – 452 (volkswirtschaftl. Lit.); C. Bauer (Fr 1964) 174 – 186; Kath. Soziallexikon (I 1964) 1360 – 1368.

 

K. Hilgenreiner