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Inhaltsverzeichnis: Optimale
Liquidität
§ 9 Bewältigung der externen Effekte
In einer Geldwirtschaft produzieren zusammen mit den
Emittenten des Zahlungsmittels sämtliche Marktteilnehmer durch ihr Hingeben und
Annehmen des Zahlungsmittels das wirtschaftliche Gut "Liquidität",
wobei die speziellen positiven externen Effekte in Gestalt der
Liquiditätsvorteile von Kassehaltung entstehen, deren Nutznießer die
Kassehalter bzw. Anleger von Geld sind. Während sich bei den öffentlichen
Gütern der externe Nutzen nicht internalisieren läßt, zeichnen sich hier bei
der Liquidität durchaus Internalisierungsmöglichkeiten, aber auch Versuche von
Wirtschaftssubjekten ab, den Zwängen und Nachteilen des Systems auszuweichen.
I. Internalisierung durch Liquiditätskosten
Die Nutznießer der Liquiditätsvorteile können z.B. durch
budgetäre Interventionen belastet und die Produzenten der Liquidität
kostenmäßig entlastet werden, um eine optimalere Allokation zu erreichen. So
gesehen erscheint eine Belastung von Kassehaltern mit Liquiditätskosten als
wohlfahrtstheoretisch gerechtfertigt. Sie wirft jedoch eine Reihe von Problemen
auf.
1. Probleme
a) Wenn die Vorhaltung von Liquidität mit Kosten belastet
werden soll: Welche mehr oder weniger liquiden Vermögensgegenstände sollen dann
davon ergriffen werden? Wie schwer es ist, Geldvermögensbestände nach den
Graden ihrer Liquidität abzugrenzen, hat sich nicht zuletzt im Zusammenhang mit
dem Problem gezeigt, die währungspolitisch relevanten Geldmengen voneinander in
funktionstauglicher Weise abzugrenzen.
Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich daraus, daß,
insbesondere in den USA, eine Welle von Innovationen im Geldanlagebereich zu
beobachten ist: Über gewisse Spar- und Termineinlagen (z.B. NOW-accounts) kann
mittels Scheck oder nach Umschichtung auf Sichteinlage direkt verfügt werden.
Auch in der Bundesrepublik weisen Aktiva im Banken- oder Nicht-Bankenbereich
hohe Liquiditätsgrade auf und können somit als "near-money" und als
Geldsurrogate gekennzeichnet werden. Aktuelles Beispiel sind die neuen
Anlagemöglichkeiten im Bausparkassenbereich, wo ein Teil dieser
Vermögensbildungsanlagen fast direkt verfügbar bleibt.
Würde ausschließlich dis Kassehaltung im herkömmlichen
Sinne von Bar- und Giralgeld belastet, würden weitere Ausweichstrategien
geradezu induziert. Wenn die nachfragewirksame ("relevante")
Realkasse nicht länger auf Bar- und Giralgeld (M1) beschränkt wird, ist zu
überlegen, ob auch die Geldsubstitute gestaffelt nach ihrem Liquiditätsgrad mit
Liquiditätskosten belastet werden sollen.
Auch die Belastung des Bargeldes in Gestalt von Banknoten
und Münzen stößt auf praktische Schwierigkeiten und wäre nur auf sehr
umständliche Art und Weise zu realisieren. Wenn aber in Zukunft die
"aufladbare" Chip-Karte mit einer elektronischen Geldbörsenfunktion
das Bargeld auch im Bereich der Bagatellzahlungen verdrängen wird, rückt die
periodische Prämierung (Verzinsung) oder Belastung dieses elektronischen
Bargeldes in den Bereich des Machbaren (19).
b) Welches ist die richtige Höhe der Liquiditätskosten? -
Zur Bestimmung der Subventions- bzw. Abgabenhöhe (Liquiditätskosten) müßten die
sozialen Erträge von Gütern von verschiedener Liquidität quantifizierbar sein.
Zwar kommt als Indiz für den Wert der Vorteile von Kassehaltung der Preis in
Betracht, der für monetäre Liquidität und für liquide Papiere auf den Geld- und
Kapitalmärkten gezahlt wird; gleichwohl verbleiben schwierige Bemessungsfragen,
bei denen man auf Schätzungen angewiesen ist. Also garantiert die budgetäre
Interventionspolitik keine befriedigende Annäherung an das pareto-optimale
Allokationsgleichgewicht.
c) Schließlich verbleibt das Zurechnungsproblem.
Vorausgesetzt, daß die relevante Kasse bekannt ist. Dann sind auch die
jeweiligen Kassehalter identifiziert. Die Zurechnung der sozialen Erträge aber,
die vermittels der Abgabe auf Liquidität abgeschöpft und den einzelnen
Produzenten der Liquidität zugeordnet werden sollen, ist schwierig. Denn die
Liquiditätseigenschaft des Tauschmediums ergibt sich erst aus der breiten
Akzeptanz des monetären Verrechnungssystems bei den Wirtschaftssubjekten. Es
wäre genauer zu untersuchen, ob und welche Kosten diesen Wirtschaftssubjekten
durch ihren Beitrag zur Produktion des Gutes "Liquidität" entstehen.
Danach müßte sich die Entschädigung richten.
d) Optimal wäre es wohl, wenn zur Lösung der Probleme a)
bis c) eine Marktlösung mit Wettbewerbscharakter gefunden würde, bei der sich
die Identifizierungs-, Bewertungs- und Verrechnungsprobleme dank des
Preismechanismus "von selbst" regeln.
2. Kosten und Kostenträger der Liquiditätsproduktion
Bei der Produktion gesamtwirtschaftlich wirksamer
Liquidität sollte man differenzieren zwischen technischen Produktionskosten der
Geldmenge, wie sie bei den Emittenten der Zahlungsmittel anfallen, und den
anderen Kosten, die bei der Transformation des zunächst bloß technisch
hergestellten und "emittierten" Geldes in effektive ökonomische
Liquidität außerdem anfallen. Bei den letzteren Kosten geht es um den Aufwand
zur Herstellung der Qualität des Geldes als der allgemein angebotenen und
akzeptierten Liquidität.
a) Beim Warengeld entspricht der Nennwert weitgehend dem
Stoffwert. Hier fallen die "Produktionskosten der Geldmenge"
erheblich ins Gewicht. Seit der Entmaterialisierung des Geldes spielen diese
Kosten jedoch nur noch eine sehr untergeordnete Rolle. Die Herstellungskosten
von Bargeld sind relativ gering. Giralgeld kann durch einen Buchungsvorgang
quasi umsonst vermehrt werden.
b) Anders als beim Warengeld fallen beim heutigen
Kreditgeld hohe Produktionskosten bei der Erzeugung der eigentlichen Qualität
des Geldes als eines allgemein verwendeten, vor allem allgemein akzeptierten
Zahlungsmittels an. Hierbei geht es um den "degree of moneyness of the money
products" (21). Diese spezifischen Produktionskosten der
Liquidität umfassen sämtliche Ressourcen, die eingesetzt werden müssen, um die
allgemeine Verwendung des Geldes, insbesondere seine allgemeine Akzeptanz, und
damit überhaupt erst die monetäre Liquiditätseigenschaft zu gewährleisten. Da
die Akzeptanz mit dem Vertrauen in dieses Geld korreliert, werden diese
Aufwendungen zum Teil auch als Vertrauenskosten bezeichnet (22).
c) Laufende Produktionskosten der Liquidität fallen in
dem Sinne an, daß die Liquidität gewissermaßen "im Fluß" gehalten
wird, also die Kassen wechselt und dabei Transaktions- und Verrechnungsaufwand
verursacht. Als solche Kosten wären im Bereich der Geschäftsbanken und der
privaten Wirtschaftssubjekte z.B. zu nennen:
- Kosten im Bankenbereich zur Aufrechterhaltung eines
effizienten bargeldlosen Zahlungsverkehrs, soweit sie nicht auf die Bankkunden
abgewälzt werden;
- Annahme, Ausgabe, Lagerhaltung und Transport von
Bargeld;
- Risikokosten durch Falschgeld, Scheckbetrug,
Kreditkartenmißbrauch usw.;
- Marktkenntnisse über die einzelnen
Zahlungsverkehrsmedien;
- Zahlungsverkehrsgebühren;
- Kosten zur Aufrechterhaltung der freien Konvertibilität
des Giralgeldes in Bargeld;
- In der Zukunft beim elektronischen Geld EDV-Kosten für
die Annahme, Autorisierung und Verrechnung der fälligen Transaktionen.
Auch die staatliche Geldhoheit ist auf verschiedene Art
und Weise Mitproduzent der in der Wirtschaft wirksamen monetären Liquidität:
Sie emittiert Bargeld, stellt Zentralbankgeld zur Verfügung, monetisiert
Vermögenswerte und stellt ein Gironetz zur Abwicklung des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs zwischen den Banken bereit. Den damit verbundenen
Produktionskosten der Liquidität steht jedoch der Nutzen gegenüber, der sich
direkt oder indirekt ergibt durch die Monopolstellung der Zentralbank und die
Einrichtung eines aufdrängbaren Geldes mit Annahmezwang. Daher können hier bei
dem Problem der Internalisierung externer Effekte die Produktionskosten der
Liquidität im staatlichen Bereich zunächst einmal vernachlässigt werden.
II. Subventionierung des defizitären Zahlungsverkehrssystems
Nach allem wäre es also allokationstheoretisch
diskutabel, mit Hilfe budgetärer Maßnahmen die externen Erträge zu
internalisieren, die bei Kassehaltern als Ergebnis von Produktionsleistungen
anfallen, welche die Hersteller der Akzeptanz von Geld erbringen:
Subventionierung der miteinander in Austausch stehenden Produzenten und
Konsumenten und Belastung der Kassehalter mit einer (Ausgleichs-)Abgabe zur
Abschöpfung des extern generierten Nutzens monetärer Liquidität.
Demnach müßten die Geldhalter als Nutznießer des Gutes
"Liquidität" in dem Maße, wie sie Vorteile der Liquidität in Anspruch
nehmen, mit Abgaben belastet werden (Liquiditätskosten). Mit den Mitteln, die
dadurch erhoben werden, könnten diejenigen Produzenten von Liquidität, deren
Beitrag identifizierbar und abschätzbar ist, entschädigt werden, z.B. die
Geschäftsbanken etwa in Form einer Subventionierung des defizitären
Zahlungsverkehrssystems. Die Kosten des Zahlungsverkehrs im deutschen
Kreditgewerbe betrugen nämlich am Ende der 70er Jahre ca. 9 Milliarden DM,
wovon nur ein Teil durch Gebühren und float-Einnahmen gedeckt wurden. Die
Differenz wurde (und wird nach wie vor) durch Einnahmen aus der Zinsspanne und
durch Erträge aus dem sonstigen Dienstleistungsgeschäft finanziert. Die
betriebswirtschaftliche Struktur des Bankgeschäfts (Kuppelproduktion)
verhindert eine Konditionenausgestaltung nach dem Verursacherprinzip. Auch im
Hinblick auf den gesamtwirtschaftlichen Nutzen eines effizienten
Zahlungsverkehrssystems stellen die Defizite des Zahlungsverkehrs ein noch
nicht gelöstes "marktwirtschaftliches Grundproblem" (24) dar.
Werden die Zahlungsverkehrsmittler als identifizierbare
Mitproduzenten der wirtschaftlich wirksamen Liquidität im Sinne der
wohlfahrtstheoretischen Überlegungen aus den Mitteln der
Liquiditätsausgleichsabgabe subventioniert, hätte das weitere Vorteile:
- Die interne Subventionierung des
Zahlungsverkehrssystems aus der Zinsspanne würde insoweit entbehrlich. So
würden auch die Produzenten der Geldliquidität profitieren.
- Kassehaltungseffekt: Der Zahlungsverkehr befindet sich
in einer Übergangsphase vom beleggebundenen zum beleglosen elektronischen
Medium. Die gezielte Förderung der Zahlungsverkehrsautomation im Privat- und
Firmenkundenbereich Geldausgabeautomaten, Banking-POS im Handel, Home Banking,
Cash-Managementsysteme usw.) werde die zahlungsverkehrssystembedingte
Kassehaltung, verursacht durch fehlende Synchronisierung der Einnahme- und
Ausgabeströme, minimieren.
Der Fehlallokation, die durch die positiven externen
Effekte der Liquiditätsproduktion hervorgerufen wird, könnte also
entgegengewirkt werden durch die Belastung der Kassehalter mit
Liquiditätskosten, u.U. verbunden mit der Subventionierung des
Zahlungsverkehrssystems. Die Inanspruchnahme des Liquiditätsnutzens durch
Liquiditätsvorhaltung oder seine Vermarktung wird belastet und die
Liquiditätsproduzenten werden subventioniert. Der Anteil des Zinses, der als
Liquiditätsprämie erhoben wird, sinkt oder verschwindet je nach Höhe der
Abgaben und Subventionen. Ob damit allerdings auch schon eine optimale
Allokation des Gutes "Liquidität" erreicht wird, hängt von der
Effizienz und Operationalität des nicht unproblematischen Instrumentariums
hoheitlicher Abgaben und Subventionen ab. Grundsätzlich wäre allerdings
anzumerken, daß eine solche staatliche Regulierung an falscher Stelle und in
falscher Höhe die Fehlallokationen noch verstärken, neue Ungleichgewichte
verursachen, Ausweichstrategien der Wirtschaftssubjekte auslösen und damit am
Ende weitere Eingriffe als unerläßlich erscheinen lassen kann.
Die Wohlfahrtstheorie bietet aber, wie schon erwähnt,
auch andere Ansätze zur Internalisierung der externen Effekte, insbesondere die
kollektive Bereitstellung von Liquidität und die "Fusionslösung", die
nunmehr wegen ihrer praktischen Relevanz näher diskutiert werden sollen.
III. Internalisierunq durch kollektive Bereitstellung -
Zentralbankmonopol -
Treten externe Effekte auf, kann im Extremfall die
kollektive oder staatliche Bereitstellung des betroffenen Gutes sinnvoll sein.
Als Kriterien dafür werden genannt: die Nichtanwendbarkeit des
Ausschlußprinzips und der nicht-rivalisierende Konsum (25). Typische Beispiele
solcher öffentlicher Güter, die kollektiv bereitgestellt werden, sind die
Straßenbeleuchtung und die Landesverteidigung.
Die kollektive Bereitstellung von Liquidität durch den
Staat würde auf eine Verstaatlichung des Zahlungsverkehrsnetzes (26)
hinauslaufen, jedenfalls wenn und soweit die dafür "relevante"
Geldmenge definiert wird als das bisherige Bar- und Giralgeld. Das
Zentralbankmonopol würde auf das Giralgeld ausgedehnt, das, wie bisher das
Bargeld, auch zum gesetzlichen Zahlungsmittel deklariert würde. Gleichzeitig
würde die Zentralbank wesentliche Kosten der Liquiditätsproduktion übernehmen.
Die staatliche Bereitstellung von Geld als solche würde
aber noch nicht genügen; denn Liquidität wird erst dadurch erzeugt, daß die
Marktteilnehmer das Geld im Kaufen und Verkaufen auch anbieten und akzeptieren.
Also muß diese Akzeptanz gewährleistet sein, und zwar dadurch, daß der
bereitgestellte Liquiditätsdienst die Funktion des gesetzlichen Zahlungsmittels
erhält, also nicht abgelehnt werden kann, ohne daß das betroffene
Wirtschaftssubjekt Nachteile riskiert: "obligatorisches",
"aufdrängbares", "nicht ablehnbares" Geld, auch
"Zwangsgeld" oder "fiat-money". Die gesetzliche Aufdrängung
des Zahlungsmittels wirkt dabei als funktionaler Ersatz für den sonst wirksamen
Produktionsfaktor für Liquidität "freiwillige Akzeptanz". Jedenfalls
braucht sich der Staat in diesem Felle weniger Sorgen um die Akzeptanz des bereitgestellten
Zahlungsmittels zu machen.
Mit seiner Geldhoheit kann der Staat nicht nur die
Akzeptanz der von ihm bereitgestellten Liquidität weitgehend erzwingen; er
verfügt damit vielmehr auch über den Liquiditätsgrad konkurrierender
Tauschmedien. So bewirken die nach wie vor ablehnende Haltung der Deutschen
Bundesbank gegenüber der privaten europäischen Währungseinheit (ECU) und das
Verbot, in der Bundesrepublik Sichteinlagen in ECU zu halten, daß die
Liquidität dieser privaten ECU erheblich eingeschränkt ist.
Aber Geld erfüllt nicht, wie Vaubel nachweist, die
Voraussetzungen für ein öffentliches Gut. "Money balances do not
satisfy the non-rivalness criterion (nor the non-excludability criterion): as
long as one person holds a unit of money and benefits from its 'liquidity
services', nobody else can own it and benefit from it" (27). So
gesehen rechtfertigen die positiven externen Effekte der Produktion von
Liquidität ex post weder das staatliche Geldemissionsmonopol einer Zentralbank
noch die staatliche Garantie der Liquiditätseigenschaft dieses Geldes dadurch,
daß es zum gesetzlichen Zahlungsmittel proklamiert wird. Die Produktionskosten
der Liquidität wären zwar sozialisiert; die Kassehalter jedoch würden weiterhin
die exklusiven Liquiditätsvorteile für sich in Anspruch nehmen können. So würde
die staatliche Bereitstellung der Liquidität allein jedenfalls nicht zur
Internalisierung der positiven externen Effekte hinreichen, allenfalls, wenn
sie verbunden würde mit der Auferlegung von Liquiditätskosten.
IV. Selbsthilfe der Wirtschaftssubjekte
Unter ordnungspolitischem Gesichtspunkt verdient
diejenige Internalisierungstechnik den Vorzug, bei der die beteiligten
Wirtschaftssubjekte durch ihr Marktverhalten für eine optimale Bewertung und
Internalisierung der externen Effekte sorgen: "Der Markt" müßte durch
seine Preisbildungskräfte und --mechanismen den Preis für Liquidität so
ermitteln und die Liquidität selbst so lenken, daß die internen positiven
Effekte entsprechend bezahlt und externe Effekte vermieden oder durch
kompensatorische Effekte neutralisiert werden. Die Oeconomia Augustana (unten §
12) ist als eine solche Wettbewerbslösung konzipiert, die über die bislang vom
Markt hervorgebrachten Verfahren hinausgeht. In diesem Kapitel jedoch sind
zunächst diejenigen Neuerungen zu betrachten, die bereits ökonomische Praxis
sind.
1. Internalisierung durch Fusionsbildung - Barter-Club
Externe Effekte lassen sich auch dadurch internalisieren,
daß Geschädigte und Nutznießer in der einen oder anderen Form zusammengeführt
werden ("Fusionsbildung" (28)). Dieser Weg kann von den
Wirtschaftssubjekten selbst eingeschlagen werden, so daß sich dann die
staatliche Aufgabe auf die Unterstützung oder Förderung dieser Fusionierung
beschränken kann. Solche privatwirtschaftlichen Fusionierungen bergen
allerdings die Gefahr in sich, daß sie Kooperationsprozesse auslösen, die neue
Ungleichgewichte mit sich bringen.
In unserem Falle müßten sich die Nutznießer der
zusätzlichen Liquiditätsvorteile und die Produzenten der Liquidität in einer
Entscheidungseinheit zusammenfinden. Nach diesem Modell lassen sich die sog.
Barter-Clubs interpretieren. Nach amerikanischem Vorbild hat sich auch in der
Bundesrepublik die Barter-Idee durchgesetzt, und es gibt bereits eine Reihe von
Barter-Clubs (29). Die angeschlossenen Mitglieder verrechnen mittels
künstlicher Recheneinheiten ihre indirekten Tauschgeschäfte. Eine
Barter-Zentrale führt das Clearing durch, verwaltet die Barter-Guthaben, tritt
vielfach als Vermittler zwischen den Anbietern und Nachfragern auf und
überwacht die Bonität der Teilnehmer.
Sämtliche Mitglieder im Barter-Club schaffen die
Liquidität selbst durch ihre Bereitschaft, die Überweisung vom Barter-Guthaben
als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Die zusätzlichen Vorteile für diejenigen,
die diese Liquidität vorhalten, werden durch Liquiditätskosten in weitem Sinne
abgeschöpft.
Bei diesen Liquiditätskosten kann es sich um explizit
erhobene Kosten auf Kassehaltung handeln, wie sie z.B. im Konzept der Oeconomia
Augustana (unten § 12) vorgesehen sind. Die Kassehalter im Barter-Club müssen
aber im Vergleich zu normalen Kassehaltern ohnehin schon zusätzliche
Opportunitätskosten in Kauf nehmen, nämlich insofern, als ihre Barter-Kasse in
der Sozialdimension einen geringeren Liquiditätsgrad aufweist, weil der
Teilnehmerkreis, der diese Liquidität akzeptiert, kleiner ist als der Kreis
derer, die das allgemeine Zahlungsmittel akzeptieren. Eine Überführung der
Barter-Club-Liquidität in herkömmliche Liquidität der jeweiligen
Währungseinheit ist im Club entweder nicht möglich oder wird, im Falle der
Oeconomia Augustana, mit Zinsen belastet. Die Zielsetzung einer im
wohlfahrtstheoretischen Sinne neutralen Liquidität ohne externe Effekte kann
daher in der Startphase einer Barter-Fusion vermutlich ohne explizite Erhebung
von Liquiditätsgebühren erreicht werden, da die Höhe der insgesamt anfallenden
Liquiditätskosten von dem Liquiditätsgrad abhängt. Steigt die Anzahl der
Mitglieder und damit der Liquiditätsgrad der Barter-Einlagen, können und müssen
wohl Liquiditätsgebühren eingeführt oder erhöht werden. Die Einnahmen, die sich
daraus ergeben, sollten zur Abdeckung der Betriebskosten einschließlich des
unternehmerischen Einsatzes und zur Subventionierung der Investitionen
verwendet werden, die in der Fusion zur Liquiditätsproduktion anfallen (z.B.
für elektronische Informations- und Verrechnungssysteme zwischen den
Mitgliedern). So würden die Nutznießer der Kassehaltungsvorteile belastet, die
Liquiditätsproduzenten entschädigt.
Den Nutzen der Liquiditätsproduktion, der sich in
zusätzlichen Umsätzen der Mitglieder niederschlägt, haben nur die
Liquiditätsproduzenten, also diejenigen, die Barter-Guthaben als Zahlungsmittel
verwenden und akzeptieren. Die externen Effekte, die im herkömmlichen System
zur Unterversorgung mit Liquidität und zu einer hohen Kassehaltung führen, sind
in diesem Falle durch Fusionsbildung internalisiert.
Der wohlfahrtstheoretische Ansatz zeigt also, daß es im
Barter-Club zur Verbesserung der Liquiditätsversorgung und damit zu zusätzlichen
Güterumsätzen kommt. Damit bietet er eine Erklärung für den Absatzanstieg bei
Barter-Club-Mitgliedern, der in der Praxis beobachtet werden kann. Für diese
zusätzliche Nachfrage und diesen zusätzlichen Absatz können freilich auch
andere Faktoren wirksam gewesen sein:
‑ Verbilligung der Kredite: Durch Anfallen oder
Einführen der Liquiditätskosten verschwindet der Zinsanteil, der im
herkömmlichen System als Liquiditätsverzichtsprämie erhoben wird.
‑ Verbesserte Umlaufsicherung und Erhöhung der
Umlaufgeschwindigkeit des Tauschmediums im Barter-Kreislauf.
Dieser Mehrumsatz, der durch die Internalisierung der
externen positiven Effekte bedingt ist, würde auch in Erscheinung treten, wenn
sämtliche Wirtschaftsteilnehmer der Barter-Fusion angeschlossen sind (Gesamteffekt).
Der Liquiditäts- und Verrechnungsdienst des Barter-Clubs wird dann zum
allgemein akzeptierten, gewissermaßen offiziellen Liquiditätssystem.
Daraus, daß heute und bis auf weiteres die
Barter-Kreisläufe und der herkömmliche monetäre Kreislauf nebeneinander
koexistieren, ergeben sich weitere Erklärungsansätze für die empirisch
feststellbaren Mehrumsätze:
- im Barter-Club werden Zwischenhändler übersprungen und
dadurch Absatzwege verkürzt.
- Im Vergleich zur regulären Währung erscheinen
Barter-Club-Guthaben als "schlechtere" Liquidität und werden bei
Wahlfreiheit von den Clubmitgliedern vorrangig für Zahlungszwecke verwendet.
- Bei getrennten Marktsegmenten sind
Preisdifferenzierungen möglich.
- Der Club-Effekt bewirkt, daß die Mitglieder sich gegenseitig
fördern.
Der Mehrumsatz, der auf diese letzteren Faktoren
zurückgeht, wird den Marktteilnehmern außerhalb des Barter-Kreislaufs entzogen
(Substitutionseffekt) (30). Insgesamt ändert sich die Nachfrage nicht. Es läßt
sich theoretisch nicht ermitteln, wie der Gesamteffekt und der
Substitutionseffekt als jeweilige Determinante für den Mehrumsatz zu gewichten
sind.
2. Finanzinnovationen aus liquiditätstheoretischer Sicht
Unterlassene Internalisierung der externen Effekte führt
zu Fehlallokationen bei der Liquiditätsversorgung. Es fehlt Liquidität, wo im
realwirtschaftlichen Bereich Transaktionsbedarf existiert. In einer
Geldordnung, wo die Bereitstellung der Liquidität primär dem hoheitlichen
Aufgabenbereich zugeordnet wird, besteht die Gefahr, daß allokative Eingriffe
an falscher Stelle oder eine Symptombekämpfung gerade zu einer Verschärfung
dieser monetären Instabilität führt. Die Marktteilnehmer werden dagegen den
ihnen noch zustehenden Freiraum ausnutzen, um zusätzliche Liquidität zu
schöpfen, wo eine suboptimale Liquiditätsversorgung herrscht. Diese
Selbsthilfe-Aktionen manifestieren sich somit zum Teil als Ausweichstrategien
zur Umgehung monetärer Regulierung und Gesetzgebung. Finanzinnovationen, die
die Liquidität und Kassenhaltung der Marktteilnehmer günstig beeinflussen, kann
man demnach als marktmäßige Reaktion auf die suboptimale Liquiditätsversorgung
auffassen.
Daneben gibt es eine Reihe von Finanzinnovationen auf den
Kapitalmärkten im Bereich der herkömmlichen Kapitalvermittlung zwischen Geldanlegern
und Investoren: zinsvariable Schuldverschreibungen, Nullkuponanleihen,
Abzinsungapapiere, Einlagenzertifikate usw. Diese Innovationen bezwecken
insbesondere eine Neugewichtung der Risikoverteilung zwischen Banken und
Nicht-Banken. Eine klare Abgrenzung zeichnet sich noch nicht ab. So wird zur
Zeit jede Neuerung im monetären Bereich als Finanzinnovation bezeichnet. Man
spricht bereits von einer Innovationsexplosion.
Hier sollen die Ursachen und Wirkungen der Innovationen
betrachtet werden, die primär auf die Liquiditätsposition der
Wirtschaftssubjekte abzielen. In diesem Sinne sind zu nennen:
Finanzinnovation
(a) neue Anlageformen mit einem hohen Liquiditätsgrad und
Cash-Management-Konten im Privatkundengeschäft (wie z.B. in den USA die sog.
NOW‑, ATS‑ und Sweep-Accounts), Shifting zwischen Sicht-, Spar- und
Termineinlagen im Bankenbereich
(b) direkte Verfügung über Spar-, Lebensversicherungs-
und Bauspareinlagen als Zahlungsmittel im Nicht- oder Near-Bankenbereich (z.B.
der Bausparvertragstyp "DISPO 2000" des Beamtenheimstättenwerks)
(c) gegenseitige Verrechnung zwischen privaten
Wirtschaftssubjekten, Unternehmen, Exporteuren, Importeuren
(Industrie-Clearing, Barter-Clubs, Kompensationsgeschäfte)
(d) Kreditgewährung und sonstige Finanzdienstleistungen
von Nicht-Banken, wie Warenhäusern (z.B. Hertie-Kundenkarte), Tankstellen,
Kreditkartenunternehmen, Mietwagenfirmen, Luftfahrtgesellschaften usw.
(e) Verwendung internationaler Währungseinheiten wie die
ECU im privaten Bereich als Zahlungsmittel
(f) Automatisierung des Zahlungsverkehrs im Firmen- und
Privatkundenbereich (Home Banking, Geldausgabeautomaten, Banking- POS -
Systeme, Cash - Management)
Liquiditätswirkungen
(zu a) verzinste Finanzaktiva mit hohem Liquiditätsgrad
substituieren die herkömmliche Transaktionskasse (Bar- und Giralgeld);
Freisetzung von Liquidität im Bankenbereich durch Senkung der Mindestreserven
(zu b) neben Aktiva im Bankenbereich entsteht zusätzliche
Liquididät außerhalb des Rankensektors
(zu c) realwirtschaftliche Transaktionen ohne
herkömmliche Zahlungsmittel oder Devisen: Reduzierung der Geld- und
Devisennachfrage
(zu d) zusätzliche Absatzmöglichkeiten durch temporäre
Beseitigung der Liquiditätsengpässe
(zu e) Ergänzung nationaler Währungen durch
internationale Liquidität
(zu f) Synchronisierung der Einnahmen- und Ausgabenströme
der privaten Haushalte und Unternehmen: Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des
Geldes; Senkung der Nachfrage nach Transaktionskasse; Reduzierung des
Zentralbankgeldbedarfs (Bargeld und Mindestreserven)
a) Obwohl jede Finanzinnovation sich in einem bestimmten
Rahmen entwickelt und ihre Ausgestaltung von marktspezifischen Parametern
determiniert wird, läßt sich eine übergeordnete Ursache-Wirkung-Beziehung als
Ansatzpunkt für eine Theorie der Finanzinnovationen feststellen.
Sowohl innerhalb als auch außerhalb des Bankenbereichs
bewirken diese Finanzinnovationen einen zusätzlichen Liquiditätsspielraum für
den Marktteilnehmer bei gleichbleibender Rentabilität, oder man nutzt die
moderne Technik zur Minimierung der systembedingten Liquiditätsnachfrage. Die
am Markt beobachteten Bestrebungen zur Nachfragesenkung bzw. Angebotserhöhung
monetärer Liquidität deuten auf eine suboptimale Liquiditätsversorgung. Die
Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen wird durch Liquiditätsengpässe
eingeschränkt. Unter Voraussetzung einer hohen Anpassungsfähigkeit des
monetären Systems kommt es zu Selbsthilfe-Aktionen; die Wirtschaftssubjekte
schaffen ihr eigenes "Geld", gleichen damit das fehlende Angebot des
zentralbankregulierten Geldes aus und bewirken somit "eine größere
Unabhängigkeit der Wirtschaft von der Versorgung mit Geld i.e.S.“ (31).
Nach diesem liquiditätstheoretischen Ansatz lösen
Liquiditätsengpässe im mikroökonomischen Bereich Finanzinnovationen aus ("constraint
- induced model of innovation" (32)). Als exogene Determinanten solcher
Finanzinnovationen nennt Silber u.a. die Zinshöhe, Inflationsrate, Steuersätze,
Gesetzgebung und Technologie, die die Nachteile und Kosten, die sich aus dem
Liquiditätsengpaß ergeben, unterschiedlich beeinflussen. Insbesondere spielt
dabei die EDV-Technik eine große Rolle. Die elektronische Datenfernübertragung
und -abwicklung lassen durch die kostengünstige Überbrückung von Zeit und Raum
viele Finanzinnovationen vor allem im Cash-Managementbereich erst effizient
erscheinen. Die technologisch bedingte Senkung der Transaktions- und
Informationskosten ist eine entscheidende Voraussetzung für bestimmte
Finanzinnovationen und führt somit zur weiteren Ökonomisierung des Tauschsystems:
Finanzinnovationen können somit auch primär als Folge des systemimmanenten
technologischen Fortschritts interpretiert werden.
Im Umfeld einer zentralbankregulierten Geldversorgung
führen Finanzinnovationen meist zur quantitativen oder qualitativen Ausdehnung
der geldpolitischen Regulierung. Der von den Wirtschaftssubjekten zusätzlich
geschaffene Liquiditätsspielraum bzw. die Geldsurrogate werden direkt oder
indirekt dem Zentralbankeinfluß unterstellt. Als aktuelles Beispiel kann die
Diskussion um die Einführung einer Mindestreservenhaltung auf
Depositenzertifikate (CD's) genannt werden.
Die Wirtschaftssubjekte werden aber versuchen, solche
Regulierungen, die eine Einschränkung des neugeschaffenen Liquiditätsspielraums
zur Folge haben, mit neuen Ausweichmanövern zu umgehen. Weitere
Finanzinnovationen sind die Folge. Die "regulation induced
innovation" (34) zur Umgehung der Regulierung löst wieder neue
regulatorische Eingriffe aus usw. So führte das Zinsverbot auf Sichteinlagen
und die Zinsobergrenze für Spar- und Termineinlagen (Regulation Q) in den USA
Anfang. der 80er Jahre zu einer Reihe von neuen Einlagearten, wie z.B. das
kombinierte Spar- und Girokonto (Automatic Transfer Service Account ‑
ATS) oder Spareinlagen, worüber mit einem Scheck direkt verfügt werden kann
("Negotiable Order of Withdrawal" - Account) (35).
Diese ständige Wechselwirkung zwischen Finanzinnovationen
und monetärer Regulierung wird zwar heute durch den Einsatz neuer Technologien
intensiviert, läßt sich aber seit der regulatorischen Eingriffe des Staates im
Geld- und Finanzwesen historisch immer wieder beobachten: Die unzureichende
Versorgung mit staatlichen Münzen führte im ausgehenden Mittelalter zu einer
Reihe von Finanzinnovationen: die Banknote, der Wechsel, die künstlichen Verrechnungswährungen
während der überregionalen Handelsmessen usw. Der Ausdehnung des staatlichen
Monopols auf Banknoten durch die Gründung staatlicher Notenbanken wurde im
vorigen Jahrhundert von der privaten Wirtschaft durch die Ausdehnung und
Weiterentwicklung "eigenen" Geldes in Form von Giralgeld und Schecks
entgegengewirkt. Die staatliche Geldhoheit reagierte u.a. durch die Einführung
von Mindestreserven zur Regulierung der privaten Giralgeldschöpfung.
Eine genaue Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung
der Geldarten und privaten Liquiditätsschöpfung läßt keine einseitige
Ursache-Wirkung-Beziehung erkennen. Geldordnung und Finanzinnovationen
beeinflussen sich gegenseitig. Regulierung und die technologische Entwicklung
bestimmen also die Ausgestaltung und den Umfang der Finanzinnovationen zur
Beseitigung der Liquiditätsengpässe.
Die oben genannten Finanzinnovationen erhöhen den
Liquiditätsspielraum, senken die Nachfrage nach Transaktionskasse im
herkömmlichen Sinne (Bargeld und Giralgeld) und können damit zur Beseitigung
der suboptimalen Liquiditätsversorgung bzw. zur Linderung der wirtschaftlichen
Folgen beitragen, die der "monetäre Wasserkopf" mit sich bringt.
b) Diese monetären Selbsthilfe-Aktionen können die
Effizienz des monetären Kreislaufs und damit die des Güterkreislaufs in einer
Volkswirtschaft temporär oder dauerhaft erhöhen. Auf die Absatzverbesserung der
Barter-Club-Mitglieder sei schon hingewiesen. Eine ähnliche Wirkung zeigt die
Finanzinnovation Kreditkarte.
Der Kreditkarteninhaber ist jederzeit ohne
Realkassenhaltung (37) liquide. Sein Liquiditätsspielraum wird nur eingeengt
durch die im Vergleich zum Bargeld begrenzte Zahl der Akzeptanten und durch ein
meist individuell festgelegtes Limit. Bei einem Kauf mittels Kreditkarte
gewährt der Händler seinem Absatznehmer einen zinslosen Kredit. Wenn Händler
nicht gleich Kreditkartenherausgeber ist (wie es z.B. bei einer Kundenkarte der
Fall ist), erwirbt die Kreditkartengesellschaft quasi als Factor gegen ein
Disagio die Forderung. Die Kreditkartengesellschaft gewährt bis zur Abbuchung
dem Karteninhaber einen zinslosen Kredit. Erst dann entsteht für den
Karteninhaber ein Liquiditätsproblem und bedarf er Liquidität im herkömmlichen
Sinne, oder es kommt - wie im angloamerikanischen Kreditkartensystem üblich -
zu einer Konsumentenkreditgewährung der Kartengesellschaft gegen übliche
Verzinsung.
Ohne volkswirtschaftliche Liquidität in seiner
Transaktionskasse zu speichern, genießt der Kreditkarteninhaber die
zusätzlichen Liquiditätsvorteile. Im Gegensatz zu dem Kassenhalter trägt er
aber einen Teil der Produktionskosten der Liquidität durch seinen Jahresbeitrag
an die Kreditkartengegellschaft. Diese partielle Beseitigung des
Liquiditätsengpasses bzw. der temporäre Verzicht auf eine Liquiditätsprämie führt
zu einer zusätzlichen Nachfrage und damit zu empirisch feststellbaren
Mehrumsätzen bei den meisten Kreditkartenakzeptanten. Wie bei dem Barter-Club
ist aber die Annahme plausibel, daß ein Teil dieses Mehrumsatzes auf Kosten der
Anbieter, die keine Kreditkarten akzeptieren, erzielt wird.
c) Am Schluß stellt sich das Problem einer Beurteilung
der Finanzinnovationen: Ob die seit Anfang der 80er Jahre verstärkt auftretende
Welle von Finanzinnovationen zu einer strukturellen Lösung dos
Liquiditätsproblems führt, ist unklar. Der Wettbewerbsdruck aus dem
Nicht-Bankenbereich, das veränderte Zinsbewußtsein der Wirtschaftsteilnehmer
("Professionalisierung der Kunden") und die Senkung der
Umwandlungskosten zwischen den Finanzaktiva führen auch zu einer relativ hohen
Verzinsung der gleichzeitig liquiden Anlagemöglichkeiten.
Die herkömmliche Transaktionskasse - das Bargeld und die
Sichteinlagen - wird substituiert durch die "neue" Transaktionskasse,
gefüllt mit Quasi-Geldbeständen nach heutiger Definition. Für eine Transaktion
ist zwar eine Umwandlung in herkömmliche Liquidität erforderlich, aber im Falle
einer schnellen und gesetzlich ungehinderten Umwandlung stiften die Quasi‑Geldbestände
annähernd gleich hohe Liquiditätsvorteile wie Bargeld und Sichteinlagen. Der
"neue" Transaktionskassenhalter wird zweifach belohnt:
Liquiditätsvorteile und Verzinsung seiner Einlagen. Die Anbieter dieser
Anlagemöglichkeiten und der Cash-Management – Systeme im Bankenbereich
verlieren damit eine günstige Refinanzierungsquelle. Eine Verringerung der
Zinsspanne könnte demnach die langfristige Folge solcher Finanzinnovationen
sein. Die verschlechterte Zinsspanne und das erhöhte Liquiditätsrisiko werden
als potentielle Gefahren des verstärkt auftretenden Kampfes zwischen Banken und
sog. Nicht-Banken um ihren Anteil an den Geldvermögensbeständen der privaten
Haushalte und Unternehmen befürchtet. Wie im übrigen Zahlungsverkehr wird auch
hier eine Gebührenpolitik nach dem Verursacherprinzip und damit eine
Überwälzung der Investitionskosten auf den Kunden wohl kaum durchsetzbar sein.
Für die Beurteilung der langfristigen Wirkung der
Finanzinnovationen auf die fehlgeleitete Allokation der Liquidität stehen die
Antworten auf wenigstens drei Fragen noch aus:
- Wer wird letztendlich die Produktionskosten der
"neuen" Liquidität tragen?
- Reagieren die monetären Autoritäten und der Gesetzgeber
mit weiteren Eingriffen oder kommt es zur Deregulierung im monetären Bereichen
? (40)
- Welchen Beitrag leisten die Finanzinnovationen dazu,
diejenigen Liquidisierungskosten spürbar zu senken oder zu beseitigen, die
heute noch als Kapitalkosten (oder Konsumkosten) bei Kreditnehmern von
längerfristigen Finanzierungen hängenbleiben?