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Inhaltsverzeichnis: Optimale
Liquidität
§ 6 Lenkungseffekte des Liquiditätsnutzens und der
Liquiditätskosten
I. Ansatzpunkt "Inkongruenz"
Sind Nutzen und Kosten einer Liquiditätsart kongruent,
saldieren sich Zustrom und Abstrom. Per Saldo findet kein Strom statt. Das
Lenkungsproblem ist also ein Problem derjenigen Fälle, in denen Nutzen und
Kosten der Liquidität nicht kongruent sind. Mit dieser Einsicht vor Augen sind
jetzt die verschiedenen Konfigurationen der Liquidität zu analysieren.
1. Lenkungseffekte der Vorteile von Eigenliquidität
Es ist nützlich und wohltuend, eigenes Geld in der Tasche
zu haben. Dieses Geld vermittelt seinem Besitzer die monetären Jokervorteile
des Geldes, ohne daß er dafür mit etwas anderem zu zahlen hat als mit
entgangenem, vergleichbarem Nutzen ("Opportunitätskosten"). Reale
Kosten fallen praktisch nicht an: Er verbucht keinen realen Abstrom in seiner
Gewinn- und Verlustrechnung.
Ein Nutzen, der nichts kostet als einen möglichen
anderen, annähernd gleich großen Nutzen, ist verlockend und anziehend. So wirkt
auch der Nutzen von Eigenliquidität auf Kassehalter verlockend, und anziehend.
Der Antriebs- und Lenkungseffekt des Liquiditätsnutzens von Eigenliquidität
wirkt also dahin, daß Kassehalter eine gewisse "Neigung" entwickeln,
ihre Liquidität zu behalten.
Soweit die "Neigung zur Liquidität" reicht,
wirken die Antriebs- und Lenkungseffekte also dahin, daß diese Liquidität
gerade nicht "in die Zirkulation", sondern "in die Kassen"
gelenkt wird.
Andere Wirtschaftssubjekte, die auf Liquidität angewiesen
sind, müssen die "Neigung zur Liquidität", die den Kassehalter zur
Kassehaltung motiviert, mit ihrerseits verlockenden und anziehenden Angeboten
überwinden. Der Kassehalter neigt erst dann dazu, seine Liquidität aufzugeben,
wenn das angebotene Gut zusätzlich zu seinem Tauschwert einen Nutzen bietet,
der größer ist als der Liquiditätsnutzen.
Die Antriebs- und Lenkungseffekte von Eigenliquidität
laufen also zunächst einmal auf sanfte Arretierung der Liquidität in der Kasse
hinaus. Liquidität aber, die ihre Inhaber dahingehend "antreibt", ihr
Geld zu behalten, und die das Geld daher dahin "lenkt", in der Kasse
zu bleiben: eine solche Liquidität verleitet tendenziell dazu, keine eigenen
Transaktionen abzuwickeln. Sie verleitet also dazu, daß ein Kassehalter sie dem
Zweck, zu dem sie der Volkswirtschaft zur Verfügung gestellt wird, entfremdet.
Die Liquidität wird nicht in die Transaktionen hinein‑, sondern sie wird
von den Transaktionen abgelenkt und abgezogen.
Sobald ein Kassehalter seine Bedürfnisse soweit
befriedigt hat, daß das Vergnügen an der Liquidität den Nutzen der noch in
Betracht kommenden Bedürfnisbefriedigungen übersteigt, wird er durch die
Eigenschaften der heutigen Liquidität gewissermaßen dazu verführt, Geld nicht
auszugeben, sondern in der Kasse zu behalten, und zwar um so eher, als man Geld
als Anlagemittel nutzen kann (Liquiditätswert), ohne es auszugeben
(Tauschwert).
Das heutige Geld verleitet die Kassehalter dazu, ihre
Transaktionskasse in eine Anlegerkasse umzuwidmen, dabei auch die Funktion des
Geldes zu verändern und sich als eine eigennützig agierende Quasi-Notenbank zu
verhalten. Der Anleger läßt das Geld, das als Transaktionsmedium in seiner
Transaktionskasse eintrifft, als Transaktionsmittel zunächst verschwinden,
bevor er es als Quasi-Notenbank wieder emittiert, wenn es ihm opportun
erscheint.
Der Geldvernichtungs-Effekt, der mit Eigenliquidität
einherzugehen droht, ist jedoch in der Regel so gering, daß er als solcher
praktisch vernachlässigt werden kann. Das liegt daran, daß der Kassehalter mit
Eigenliquidität zwar nicht durch echte Kosten, wohl aber durch
Opportunitätskosten fast ebenso dringend dazu getrieben wird, seine
Kassehaltung zu optimieren wie durch echte Kosten (unten 3.). Entscheidend aber
ist nicht nur, daß er sein Geld nicht zu lange in der Kasse behält, sondern
auch, wozu er durch die Eigenschaften der Liquidität motiviert wird: eher zum
"Ausgeben" oder eher zum "Anlegen".
2. Lenkung durch die Kosten von Fremdliquidität
a) Wie die Vorteile der Eigenliquidität, so haben auch
die Kosten der Fremdliquidität ihre Antriebs- und Lenkungseffekte. Der Inhaber
von Fremdliquidität genießt zwar den Nutzen einer vollen Kasse, aber er hat
auch entsprechende Kosten. Er wird also durch seine mit Fremdliquidität volle
Kasse dazu angetrieben, in der Kasse nur die betriebswirtschaftlich
erforderliche Liquidität vorzuhalten, im übrigen aber seine Liquidität
möglichst dazu zu verwenden, eine Transaktion abzuwickeln, die ihn in den
Besitz eines Gutes bringt, dessen Nutzen größer ist als die anläßlich der Liquidisierung
generierten Bestandhaltekosten. Zwar muß er diese Bestandhaltekosten im
geltendem System weitertragen, bis der Kredit getilgt ist, der seiner
Fremdliquidität zugrundeliegt; aber er kann sich für die auf Kredit besorgte
Liquidität ein Gut beschaffen, dessen Nutzen ihm diese bei ihm hängenbleibenden
Kosten wert ist.
Die Kosten von Fremdliquidität haben also Antriebs- und
Lenkungseffekte derart, daß die Liquidität alsbald für Transaktionszwecke
verwendet wird. Fremdliquidität wird nicht von den Transaktionen ab-, sondern
sie wird in die Transaktionen hineingelenkt. Also ergibt sich bei der
Fremdliquidität eine funktionstaugliche Nutzen-Kosten-Struktur von
Liquiditätsvorteilen und Liquiditätskosten.
b) Die Kosten von Fremdliquidität haben jedoch außer den
erwähnten funktionsgerechten Effekten auch einen anderen funktionswidrigen
Abschreckungseffekt auf Kassehalter: Man darf nämlich, unter dem Aspekt der
Transaktionskosten und Transaktionseffekte, nicht nur auf die Fremdliquidität
schauen, die jemand schon in der Kasse hat. Man muß vielmehr zeitlich
zurückgehen bis zu dem Punkt, in dem der Kassehalter abwägt, ob er sich für die
geplante Transaktion die erforderliche Liquidität in Form von Fremdliquidität
beschaffen soll und kann. In diesem Augenblick muß der Kassehalter die vollen
Liquidisierungskosten in seine Kalkulation mit einbeziehen und stellt fest, daß
er für die gesamte Dauer des Kredites mit hohen Kosten belastet sein wird. Er
deutet diese hohen Kosten zwar als Kapitalkosten, tatsächlich handelt es sich
jedoch um Liquidisierungskosten, von denen ein erheblicher Abschreckungseffekt
ausgehen kann. Weil nämlich die Kosten der Fremdliquidität beim
Liquiditätsnehmer als vermeintliche Kapital- oder Konsumkosten hängenbleiben,
erschweren sie schon in der Planungs- und Entscheidungsphase den Zugang zur
Liquidität und blockieren dadurch womöglich die an sich gewollte Transaktion.
c) Die Kosten der Fremdliquidität haben mithin
zwiespältige Antriebs-, Lenkungs- und Abschreckungseffekte: So lange die
Entscheidung noch offen ist, ob für eine Transaktion Fremdliquidität
aufgenommen werden soll, wirken die gedanklich antizipierten
Liquidisierungskosten abschreckend und hemmend. Ist aber die Entscheidung für
die Inanspruchnahme eines Kredites einmal gefallen, und zahlt der Kassehalter
für das Geld in der Kasse Zinsen (oder für die "Bereitstellung"
entsprechende Bereitstellungskosten), dann motivieren die Bestandhaltekosten
dieses Liquiditätszustandes ihn, alsbald Transaktionen abzuwickeln, die ihn in
den Besitz von Gütern setzen, die für ihn nützlicher sind als die
verhältnismäßig kostspielige Vorhaltung von Liquidität. Die funktionsgerechten
Effekte werden also erst wirksam, wenn die Entscheidung für den Kredit gefallen
ist.
Nur diejenigen Wirtschaftssubjekte also, die sich durch
die hohen "Kapitalkosten" nicht davon abschrecken lassen, sich durch
Liquidisierung transaktionsbereit zu machen, werden vom Augenblick ihrer
Fremdliquidität an liquiditätstheoretisch funktionsgerecht motiviert und ihre
Liquidität wird liquiditätstheoretisch funktionsgerecht gelenkt.
Vorrangig und entscheidend ist aber der
Abschreckungseffekt der Liquidisierungskosten, und zwar nicht, weil für die
Liquidität der Preis gezahlt werden soll, der ihrem Nutzen entspricht, sondern
weil dieser Preis auch dann noch weiter gezahlt werden muß, wenn man die
Vorteile der Liquidität nicht mehr genießen kann. Also haben nur solche
Wirtschaftsgüter eine Chance, mit Hilfe von herkömmlicher Fremdliquidität in
Transaktionsbewegungen versetzt zu werden, deren Nutzen im Konsum so
unentbehrlich ist, daß die Kosten in Kauf genommen werden, oder deren Nutzen
bei Investitionsgütern die Kosten von Fremdliquidität übersteigt. Güter aber,
die keine Chance haben, vermittels von Transaktionen abgesetzt zu werden,
werden gar nicht erst produziert.
Letztlich handelt es sich also bei den
Abschreckungseffekten, die von den hängenbleibenden Liquidisierungskosten
ausgehen, um hemmende Einflüsse auf Transaktionen. Liquidität wird, wie schon
bei der Eigenliquidität, davon abgehalten, in Transaktionen hineinzudrängen.
Die Kapitalkosten wirken als Transaktionsbremse.
Man kann den Befund auch wie folgt ausdrücken: Die
Liquiditätskosten von Fremdliquidität, die an sich funktionsgerecht im
Antriebs- und Lenkungszusammenhang der Volkswirtschaft wirken, verwandeln sich
in funktionswidrige Transaktionsbarrieren genau dadurch, daß sie trotz
Weitergabe der geliehenen Liquidität beim Kreditnehmer hängenbleiben
(Nutzen-Kosten-Splitting, oben § 4 II 3 b). Ihre funktionswidrigen Effekte
entfalten sich im Wege einer Vorwirkung schon, bevor überhaupt kreditweise
Liquidität in Anspruch genommen wird.
d) Wird die Kreditkostenschwelle überwunden, weil sich
der Kassehalter von der geplanten Transaktion einen Nutzen verspricht, der die
Liquidisierungs- bzw. Kapitalkosten lohnt, dann muß der Kreditnehmer Zinsen
zahlen. Diese Zinsen fließen von dem Konsumenten oder Investor, der seine
Transaktion mit Fremdliquidität durchgeführt hat, zu dem Kreditgeber hin. Auch
dieser Abstrom beim Kreditnehmer und Zustrom beim Kreditgeber wird erzeugt und
gelenkt durch die Nutzen-Kosten-Struktur der monetären Liquidität. Durch den
Zinsstrom wird Liquidität aus einer Kasse abgezogen, die schon vorher so
beansprucht war, daß ihr Inhaber auf Fremdliquidität angewiesen war. Der
gleiche Zinsstrom aber fließt in eine Kasse, die schon vorher so voll war, daß
ihr Inhaber sein Geld anlegen konnte. Mithin prämiert der Zinsstrom die
Entscheidung des Anlegers, sein Geld nicht für Transaktions-, sondern für
Anlegezwecke zu verwenden. Die Prämie besteht darin, daß er noch mehr
Liquidität bekommt, bei der er wieder über die Entscheidungsmacht verfügt, sie
gerade nicht für Transaktionszwecke zu verwenden, sondern wieder anzulegen:
eine Prämie für funktionswidrigen Liquiditätsgebrauch.
Es bedarf keiner genaueren volkswirtschaftlichen
Kenntnisse, um zu erkennen, daß es auf blanken volkswirtschaftlichen Unsinn
hinausläuft, Wirtschaftssubjekte dafür zu belohnen, daß sie das allgemeine
Transaktionsmittel gerade nicht für Transaktionszwecke verwenden, sondern
anlegen, und sie so zu belohnen, daß sie das gleiche Fehlverhalten unter
Einsatz noch größerer volkswirtschaftlicher Liquiditätsressourcen verstärkt
fortsetzen können.
Nicht weniger verhängnisvoll ist es, daß der in die
Anlegerkasse fehlgeleitete Liquiditätsstrom ausgerechnet aus der Kasse
abfliegt, deren Inhaber volkswirtschaftlichen Transaktionsbedarf hatte, eine
Transaktion durchführte und jetzt gewissermaßen während der gesamten Laufzeit
des Kredites dafür büßen muß, daß er, um transaktionsbereit zu werden, sich
Kredit beschafft hat. Und wiederum sind es die "hängengebliebenen
Liquidisierungskosten" oder die "hängengebliebenen
Transaktionskosten", die den liquiditätstheoretischen und
lenkungstheoretischen Stein des Anstoßes abgeben.
3. Lenkung durch die Opportunitätskosten der
Eigenliquidität
Wer Liquidität in der Kasse bereithält, dem entgeht der
Nutzen, den er daraus ziehen könnte, daß er sein Geld anderweit verwendet,
insbesondere daraus, es zu verleihen. Dieser entgangene Nutzen (z.B. entgangene
Habenzinsen) wirkt ähnlich wie die echten Kosten der Fremdliquidität
(tatsächliche Sollzinsen). Von den Größenordnungen her sind die Kosten
vergleichbar. Sie haben daher auf die betroffenen Kassehalter gleichartige
Antriebseffekte in dem Sinne, daß es ökonomisch unsinnig ist, mehr Kasse zu
halten als nötig. Ganz ähnlich also wie die echten Kosten der Fremdliquidität
bewirken die Opportunitätskosten der Eigenliquidität, daß Kassehalter trotz des
Nutzens von Liquidität ihr Geld nicht in der Kasse behalten wollen, sondern
bereit sind, es auszugeben oder, wenn ihre Bedürfnisse hinreichend gedeckt
sind, es anderen Wirtschaftssubjekten anzubieten, die noch Transaktionsbedarf,
daher also auch noch Liquiditätsbedarf haben.
Bei der Eigenliquidität wirken mithin die
Opportunitätskosten als funktionales Äquivalent zu den echten Kosten der
Fremdliquidität. Die Opportunitätskosten haben zur Folge, daß die Liquidität
regelmäßig nicht in der "Liquiditätsfalle" gefangen bleibt, sondern
den realwirtschaftlich tätigen Wirtschaftssubjekten gegen entsprechendes
Entgelt zur Verfügung gestellt wird. Diesem Umstand ist es zu danken, daß die
volkswirtschaftliche Zirkulation nicht mangels Liquidität zum Erliegen kommt,
sondern in Gang bleibt, und zwar überall dort und so lange, wie die
Wirtschaftssubjekte willens und fähig sind, die Kosten noch aufzubringen und
abzuführen, die bei ihnen anläßlich der Liquidisierung anfallen und in Gestalt
von Kapitalkosten bei ihnen hängenbleiben.
Da die Konsumenten und Produzenten in der Masse ihren
Lebensbedarf durch Produktion und Konsum befriedigen, geht es bei ihnen dem
Typus nach um existentiellere Bedürfnisse. Für sie hat die Liquidität
existentielle Bedeutung insofern, als sie, um ihren notwendigen oder auch nur
gehobenen Bedarf zu decken, auf die Abwicklung von Transaktionen, also auch auf
die Inanspruchnahme von Liquidität angewiesen sind. Die typischen Inhaber von
"Anlegerkassen" jedoch haben in dem Augenblick, in dem sie auf
Vermarktung der ihnen zur Verfügung stehenden Liquidität ausgehen, keinen
realen gegenwärtigem Transaktionsbedarf. Für sie hat die Liquidität keinerlei
existentielle Funktion mehr, sondern nur noch periphere Bedeutung. Nur
entbehrliche Liquidität eignet sich zur Vermarktung; nicht solche, die der
Betroffene braucht, weil er sein Leben fristen und daher Transaktionen
abwickeln muß, und auch nicht solche, die der Inhaber einer Transaktionskasse
braucht, um die von ihm geplanten Investitionen tatsächlich abzuwickeln.
Dank der Nutzen-Kosten-Struktur von Liquidität werden
also Liquiditätsströme aus den Kassen mit existentiellem Transaktionsbedarf
hineingelenkt in die Kassen, bei denen der Transaktionsbedarf verschwindet und
durch eine Art "Kapitalertragsbedarf" ersetzt wird. Das läuft auf
Folgendes hinaus: Die Konsumenten und Produzenten, die ihre noch
existentielleren Bedürfnisse befriedigen wollen, sind darauf angewiesen, von
den Anlegern Liquidität zu erhalten, bevor sie direkt für andere und indirekt
für sich selbst etwas produzieren können. Bevor also der typische "Produzent-und-Konsument"
im Zirkulationssystem der Volkswirtschaft unmittelbar mit anderen ins Geschäft
kommen und auf diesem Umwege mittelbar existentielle Leistungen an sich selbst
erbringen kann, muß er sich verpflichten, für die Inanspruchnahme des Zirkulationsmittels
Zinsen an den Anleger zu zahlen.
Auf eine kurze Formel gebracht: Bevor die einen ihre
existentielleren Bedürfnisse durch indirekte Leistungen an sich selbst
befriedigen können, müssen sie dem peripheren "Bedürfnis" des
Anlegers nach Kapitalerträgen Rechnung tragen und sich zu Zinszahlungen
verpflichten.
Sobald die Wirtschaftssubjekte als potentielle
"Produzenten-und-Konsumenten" in jeweils einer Person es sich nicht
mehr leisten können, dafür, daß sie sich für ihre Geschäfte liquidisieren,
langfristige "Kapitalkosten" zu zahlen, können sie nicht mehr direkt
miteinander und indirekt mit sich selbst ins Geschäft kommen. Sie finden keine
bezahlte Arbeit, können also auch die Dinge, die sie füreinander produzieren
und einander abnehmen wollen, nicht produzieren und erst recht nicht
konsumieren. Der Abschreckungseffekt der "hängenbleibenden
Liquidisierungskosten" hat seine Wirkung getan. Und alles das, weil das
Liquiditäts- und Kreditsystem die für Transaktionszwecke erforderliche Liquidität
falsch in die Kassen hineinlenkt, die keinen Transaktionsbedarf mehr haben.
4. Lenkung der Erträge vermarkteter Eigenliquidität
Liquidität gehört in die Transaktionen hinein. Aber sie
fließt, dank der Nutzen-Kosten-Struktur von Liquidität, in allen Fällen der
Vermarktung von Eigenliquidität und den damit verbundenen Zinszahlungen in
einer Art von volkswirtschaftlichem Gegenstrom aus dem Bereich der
realwirtschaftlichen Transaktionen hinweg hinein in die
"Anlegerkasse", von der sich oben gezeigt hatte, daß sie eine
Quasi-Emissionskasse ist. Wie bei der Modellnotenbank erhält der Anleger dank
der Struktur des Systems die von ihm quasi-emittierte Liquidität gewissermaßen
postwendend zurück und kann das volkswirtschaftlich dysfunktionale Spiel, das
er spielt, mit noch mehr Mitteln fortsetzen.
In dem Zinsstrom, der aus dem realwirtschaftlichen
Bereich ab- und in den Anleger-Bereich hineinströmt, fließt allerdings nicht
nur monetäre Liquidität zu den Anlegern hin, sondern Gelder schlechthin, also
sowohl monetäre Anwartschaften auf Teile des Sozialprodukts als auch die
Liquidität dieser monetär verbrieften Anwartschaften aufs Sozialprodukt. In dem
dysfunktionalen Gegenstrom der Liquidität strömt mithin nicht nur Liquidität,
sondern auch Kaufkraft in die Kassen der Anleger, und zwar, ohne daß der
Anleger für diese ihm zuwachsenden Anwartschaften aufs Sozialprodukt eine
entsprechende volkswirtschaftliche Leistung erbringt. Die Liquidität nämlich,
die er vermarktet, kostet ihn praktisch keinen Aufwand. Sie wird bei ihm gewissermaßen
durch die Saldenmechanik des Liquiditäts- und Kreditsystems generiert, nicht
durch eigene Leistung.
So wie bei der Modellnotenbank die Verschuldung der
übrigen Wirtschaft gegenüber ihrer Modellnotenbank automatisch exponentiell
zunimmt, ohne daß die Modellnotenbank für die Zunahme des Geldvermögens
irgendwelche eigenen Leistungen erbringt, so ist es auch beim Anleger. Rein
rechnerisch zeigt sich die Tatsache, daß dem wachsenden Geldvermögen des
Anlegers keine realwirtschaftlichen volkswirtschaftlichen Leistungen
gegenüberstehen, daran, daß ja bekanntlich die Summe aller Geldvermögen in
einer (geschlossenen) Volkswirtschaft gleich Null ist. In dem Maße, wie in
einer Volkswirtschaft die Verschuldung zwischen Anlegern einerseits und
realwirtschaftlich tätigen Wirtschaftssubjekten andererseits wächst, wächst
nicht der Reichtum der Volkswirtschaft, sondern nur ihre innere Verschuldung,
also auch die ungleiche Verteilung von Berechtigungen und Verpflichtungen,
letztlich also sozialer Zündstoff.
Es wird nicht verkannt, daß ein gewisser Grad von
Verschuldung einer Volkswirtschaft in sich sinnvoll, funktionstauglich und eine
Folge zweckmäßiger Differenzierungen ist. Dort aber, wo diese Verschuldung
nicht mehr auf dem Austausch realer Leistungen bei asynchronem Leistungsbedarf
beruht, sondern auf der Vermarktung von Liquiditätsvorteilen, die den Anlegern
mit ihren Quasi-Emissionskassen in den Schoß fallen, setzt die Pathologie der
Geldvermögensbildung ein, die nicht mehr einer marktbedingten und marktkonformen
Differenzierung entspricht, sondern ganz im Gegenteil bewirkt, daß es für die
"Produzenten-und-Konsumenten" immer teurer wird, das angeblich
kostensparende Transaktionsmittel "Geld" noch zu verwenden.
II. Kompetenzen aus Liquidität einerseits und Transaktionsbedarf
andererseits
1. Bevormundung der Transaktionskasse durch die
Anlegerkasse
Weil sich Liquidität in Form von Zinsen auf dem
Gegenstrom aus dem realwirtschaftlichen in den monetären Bereich bewegt, strömt
mehr und mehr Liquidität durch Anlegerkassen, statt daß sie auf direktem Wege
immer wieder nur durch Transaktionskassen fließt. Wann immer Geldbeträge aber
den Umweg über Anlegerkassen, also auch einen Umweg über den monetären Bereich
nehmen, erwachsen den Inhabern von Anlegerkassen Kompetenzen, nämlich
diejenigen Kompetenzen, die mit der Innehabung von Liquidität (oder genauer:
mit der Macht zur Quasi-Emission von Geld) verbunden sind.
Die Kompetenzen aus der Liquidität wachsen also Anlegern
zu, während sie bei Inhabern von Transaktionskassen abgezogen werden. So
entsteht eine makroökonomische "Inkongruenz" oder Diskrepanz: Die
Wirtschaftssubjekte mit realem Transaktionsbedarf haben immer weniger Verfügung
über Liquidität, während die Inhaber von Anlegerkassen über die Kompetenzen aus
Liquidität verfügen, die den realwirtschaftlich tätigen
"Produzenten-und-Konsumenten" fehlt.
Immer häufiger und immer nachhaltiger entscheiden
diejenigen, die selbst gar keine Transaktionen mehr durchführen wollen,
darüber, für welche Zwecke das Transaktionsmittel "Liquidität"
eingesetzt werden soll: eine Art Entmündigung der Inhaber von
Transaktionskassen und eine entsprechende Vormundschaft der Inhaber von
Anlegerkassen über die Inhaber von Transaktionskassen.
Die liquiden Anwartschaften auf das Bruttosozialprodukt
werden nicht mehr direkt den Konsumenten in die Hand gespielt, die durch ihre
Konsumentscheidungen Einfluß auf den Wirtschaftsprozeß nehmen. Die liquiden
Anwartschaften aufs Sozialprodukt werden auch nicht mehr direkt den Produzenten
in die Hand gespielt, die, in Reaktion auf Konsumentenwünsche, auf deren Bedarf
eingehen. Die liquiden Anwartschaften aufs Sozialprodukt fließen vielmehr mehr
und mehr zuerst einmal in Anlegerkassen, deren Inhaber sie nur für solche
Produktions- und Konsumvorgänge freigeben, die sich so gut rentieren, daß der
Zins oder mehr erwirtschaftet werden kann (siehe Beispiel
"Solarenergie", unten § 7 II 1).
Das Lenkungs- und Allokationssystem, das mit dem
überlieferten System von Liquidität und Kredit verbunden ist, sorgt also dafür,
daß auf dem Markt diejenigen Güter keine marktwirtschaftliche Chance haben, die
sich weniger rentieren, als das Geld sich verzinst. Das führt zu einer
unerbittlichen, fast brutalen Auslese, bei der alle diejenigen
Produzenten-und-Konsumenten keine Transaktionschancen mehr erhalten, die für
andere und für sich Güter erzeugen wollen, die zwar jeweils ihnen und den
anderen selbst mehr nutzen würden, aber den Geldgebern weniger Erträge bringen.
Genau hier liegt einer der Gründe, warum zwar nicht die Marktwirtschaft, wohl
aber das überlieferte System von Liquidität und Kredit unser ökonomisches
System dazu bringt, viele für die Produzenten-und-Konsumenten an sich nützliche
Dinge nicht zu erzeugen, weil der Einstiegspreis ins kapitalistische
Transaktionssystem zu hoch liegt.
2. Modellfall „Selbstentfremdung"
In dem Umfang, wie sich die Produzenten-und-Konsumenten
des realwirtschaftlichen Bereiches gegenüber den Anlegern des monetären
Bereiches verschulden, wächst, wie gesagt, nicht der Reichtum dieser
Volkswirtschaft, sondern die innere Verschuldung, die Teilung der
Wirtschaftssubjekte in Berechtigte und Verpflichtete.
Diese innere Spannung tritt einerseits auf als
"sozialer Graben". Sie kann aber auch in einer absurden Gestalt in
Erscheinung treten. Um diesen Fall zu beschreiben, muß man zu einer theoretisch
sehr zugespitzten Modellkonfiguration übergehen: Angenommen eine
Volkswirtschaft, in der alle Wirtschaftssubjekte ungefähr im Gleichschritt ihre
realen Bedürfnisse mehr und mehr befriedigt haben, so daß sie alle ebenso
gleichmäßig ihre Tansaktionskassen teilweise in Anlegerkassen umwandeln. In dem
Umfange, wie diese Wirtschaftssubjekte dann als Anleger einander Kredite zur
Verfügung stellen, um ihren noch verbleibenden Transaktionsbedarf zu
befriedigen, verschulden sie sich letztlich immer wieder nur gegenüber sich
selbst, und sie generieren sich selbst dadurch durchschnittliche Kosten und
Erträge, die sie selbst an sich selbst bezahlen müssen.
Dieses absurde Theater ist einerseits mit den
zusätzlichen Kosten der monetären Transaktionen verbunden, die die
Wirtschaftssubjekte mit sich selbst abwickeln, um ihren eigenen
Transaktionsbedarf auszubeuten und voneinander Einkommen aus Geldanlagen zu
erzielen. Andererseits läuft es auf folgende verhängnisvolle Lage hinaus:
Soweit die Wirtschaftssubjekte dieser Modellwirtschaft noch realwirtschaftlich
produzieren und konsumieren wollen, sind sie mehr und mehr darauf angewiesen,
daß sie sich selbst per Kredit das Transaktionsmedium "Geld" zur
Verfügung stellen, ohne das sie nicht miteinander als
Produzenten-und-Konsumenten ins Geschäft kommen und Transaktionen abwickeln
können. Dabei schreiben sie einander in ihrer Funktion als Anleger vor, wie
rentabel sie in ihrer Funktion als Produzenten-und-Konsumenten arbeiten müssen,
um ihre Bedürfnisse decken zu können. So erlauben sie sich selbst am Ende nur
die Produktion solcher Produkte, die nicht nur ihren Bedürfnissen entsprechen,
sondern zusätzlich dem hohen Rentabilitätsanspruch genügen, den sie mit Hilfe
des Zinses gegen sich selbst durchsetzen. Sie begreifen nicht, daß sie ihre
realen Bedürfnisse schon so weit befriedigt haben, daß sie eigentlich weniger
produzieren könnten, und daß sie sich zu hoch rentabler Leistung und
Anstrengung nur deshalb noch antreiben, weil sie, über ihre realen Bedürfnisse
hinaus, ihr suchtähnliches Verlangen nach mehr und mehr Einkommen gegen sich
selbst befriedigen.
Wenn ich in meiner Rolle als Anleger mein Geld bei mir
anlege, soweit ich als Produzent-und-Konsument noch für meine Bedürfnisse
arbeiten muß, werde ich mein eigener Kapitalgeber. Ich verschulde mich
gegenüber mir selbst auf die Zukunft. Und der Reichtum, den ich dabei als
Anleger in Gestalt von Geldvermögen bilde, ist so groß wie die Schuld, die ich
als Fremdkapitalnehmer bei mir selbst als meinem Kapitalgeber habe. Dabei
diktiere ich selbst als Anleger mir als dem Produzenten-und-Konsumenten, daß
ich als noch realwirtschaftlich tätiges Wirtschaftssubjekt nur solche
Produktionen in Angriff nehmen darf, deren Erträge in Geld mit dem Geldzins
konkurrieren können. Ich verbiete mir also selbst, meine Bedürfnisse solchen
Gütern zuzuwenden, bei deren Produktion nur ein geringerer Profit als der einer
Geldanlage erwirtschaftet wird. So bestimmen nicht meine menschlichen
Bedürfnisse, was produziert wird, sondern mein kapitalistisches Verlangen
danach, aus Geldanlagen Einkommen zu erzielen. Bevor ich als
Produzent-und-Konsument meine immer noch vorhandenen existentielleren
Bedürfnisse durch indirekte Leistungen an mich selbst befriedigen kann, muß ich
dafür sorgen, daß mein peripheres, suchtähnliches Verlangen nach
Kapitaleinkünften gestillt wird. Ich als Süchtiger nach Kapitalerträgen beute
mich als das bedürftige und schaffende menschliche Wesen aus. Dabei gebe ich
als Anleger meine "Ersparnisse" möglichst noch in die Hand von
professionellen Finanzintermediären, die mit Hilfe von modernsten
betriebswirtschaftlichen Instrumenten ermitteln, entscheiden und mir diktieren,
welche nicht hinreichend profitable Bedürfnisbefriedigung ich nicht betreiben darf.
Dieses absurde Theater wird in dem Maße perverse
Wirklichkeit, wie sich das Geldvermögen nicht in den Händen weniger
konzentriert und als Ungerechtigkeit zu Buche schlägt, sondern jedermann zum
Anleger wird. Transaktionskasse und Anlegerkasse gehören dann derselben Person.
Eine Diskrepanz zwischen den Kompetenzen aus der Liquidität einerseits und dem
Transaktionsbedarf andererseits besteht dann scheinbar gar nicht. Die
Diskrepanzen sind gleichwohl vorhanden, nur eben sind sie versteckt in den fast
undurchschaubaren dysfunktionalen Zusammenhängen des Systems, die dafür sorgen,
daß diesen Wirtschaftssubjekten ihre eigene ökonomische Schizophrenie
ebensowenig bewußt wird, wie sie den fachökonomischen Beobachtern auffällt, die
beim Hinweis auf die Ungerechtigkeit von leistungslosem Einkommen und auf die
"sozialen Spannungen" beschwichtigend versichern, es seien ja die
vielen, auch kleinen Haushalte selbst, die als letzte Hand das gesparte
Geldvermögen besäßen.
III. Der monetäre Wasserkopf
Die Lenkungs- und Allokationseffekte des monetären
Systems haben zur Folge, daß der monetäre Bereich automatisch aufgepumpt wird.
Während die Liquidität im realwirtschaftlichen Bereich knapper wird, fließt
mehr davon durch den monetären Bereich.
Je mehr Liquidität den Umweg über den monetären Bereich
einschlägt, bevor sie wieder im realwirtschaftlichen Bereich bei der Abwicklung
von Transaktionen behilflich sein kann, desto mehr monetäre Transaktionen
spielen sich nicht mehr zwischen den Wirtschaftssubjekten ab, die im realwirtschaftlichen
Bereich tätig sind, sondern zwischen dem realwirtschaftlichen Bereich und dem
monetären Bereich, ohne daß der monetären Transaktion noch direkt eine
realwirtschaftliche entspricht. Das aber heißt auch, daß allmählich immer mehr
Liquidität schon allein dafür verbraucht wird, daß solche "rein
monetären" Transaktionen (Auszahlung von Krediten, Rückzahlung von
Krediten, Zinszahlungen, Umschuldungen usw.) abgewickelt werden. Der Teil des
in einer Volkswirtschaft wirksamen Geldes, der mit solchen "rein
monetären" Transaktionen beschäftigt ist, nimmt zu (Beispiel
"internationale Verschuldung", unten § 10 III). Dieser Teil der
Geldmenge steht also, solange er mit "rein monetären" Transaktionen
beschäftigt ist, für die Vermittlung realwirtschaftlicher Austauschvorgänge
nicht zur Verfügung. Schon deshalb muß die in der Volkswirtschaft wirksame
Liquiditätsmenge vergrößert werden, wenn nicht über Liquiditätsmängel Deflation
induziert werden soll.
Dank der Strukturen des heutigen monetären Systems ist
die Volkswirtschaft also darauf programmiert, einen "monetären
Wasserkopf" zu entwickeln, durch den immer mehr Liquidität hindurchströmt
und in dem immer mehr monetäre Anwartschaften aufs Sozialprodukt von der
Liquidität abgespalten und zurückbehalten werden, während die Liquidität auf
dem Kreditwege wieder der Volkswirtschaft zur Verfügung gestellt
(quasi-emittiert) wird. Insbesondere werden durch die Zinsforderungen letztlich
nicht realwirtschaftlich valutierte Anwartschaften aufs Sozialprodukt
generiert. Außerdem findet eine Art von Leerlauf von monetären Transaktionen
statt: nämlich ein "Leerlauf" von Transaktionen insofern, als ihnen
keine direkten realwirtschaftlichen Geschäfte entsprechen.
Diese systemischen Überlegungen zum "monetären
Wasserkopf" bleiben auch dann richtig, wenn man den oben erörterten
Modellfall "Selbstentfremdung" annimmt, in dem die Geldvermögen in
der Volkswirtschaft (und die ihnen entsprechenden Schulden) vollkommen gleich
verteilt sind: Dann verteilt sich auch der monetäre Wasserkopf gleichmäßig auf
die Wirtschaftssubjekte in ihrer jeweiligen Rolle als Inhaber von
Anlegerkassen. Sie alle haben dann ihr je eigenes monetäres Wasserköpfchen. An
den dysfunktionalen Implikationen ändert das wenig. Nur tritt an die Stelle der
Ungerechtigkeit die Absurdität der suchtmäßigen Selbstausbeutung vermittels des
kapitalistischen Transaktionssystems.
IV. Das Recyclingproblem
In dem Ausmaße, wie sich Liquidität im monetären
Wasserkopf der Volkswirtschaft ansammelt, taucht das Problem auf, diese Liquidität
in den realwirtschaftlichen Bereich zurückzuleiten. Dieses Recycling-Problem
wird typischerweise durch Kredite gelöst. Diese Kredite aber verursachen bei
den Verpflichteten die Zinsen, die den monetären Wasserkopf aufblasen, sind
also selbst die Ursache dafür, daß das Recycling-Problem einen immer größeren
Umfang annimmt.
Die Kosten jenes Verfahrens also, mit dem die Liquidität
aus den monetären Wasserkopf in den realwirtschaftlichen Bereich zurückgeleitet
wird, vergrößern das Problem, bei dessen Lösung sie anfallen. Dem Recycling der
monetären Liquidität ist mithin eine gegenläufige Recycling-Schleife
aufgesetzt, die "positiv rückgekoppelt" ist, nämlich jenen Zustand
verschlimmert, bei dessen Milderung die Rückkopplungseffekte auftreten.
Es kommt noch etwas hinzu: Das Recycling der monetären
Liquidität, das jeweils eine vorübergehende Entlastung des monetären
Wasserkopfes bringt, langfristig jedoch den Kopf nur noch stärker aufbläht,
bewirkt zwar ein vorübergehendes Recycling der Liquidität, sorgt jedoch dafür,
daß die Anwartschaften aufs Sozialprodukt, die mit den Zinsforderungen
generiert und mit den Zinszahlungen auf den monetären Bereich übertragen
werden, eben dort hängenbleiben. Das Recycling ergreift nur die Liquidität,
nicht aber den Kaufkraftnennwert, der in Gestalt der jeweiligen
Rückzahlungsansprüche aus den Kreditgeschäften bei den monetären Subjekten im
monetären Bereich verbleibt. Das führt zu einer extremen Asymmetrie in der
Generierung und Verteilung der Anwartschaften aufs Sozialprodukt. So münden
letztlich die Lenkungs- und Allokationseffekte in Verteilungseffekten, die
marktwirtschaftlichen Gesetzen Hohn sprechen, ganz abgesehen davon, daß sie
Gerechtigkeitsgesichtspunkten genau entgegenlaufen.
Der "monetäre Wasserkopf" ist nach allem
doppelt gefüllt und wird doppelt aufgepumpt: Er ist erstens ein Wasserkopf der
Liquidität, nämlich insofern, wie immer mehr Liquidität durch ihn hindurch- und
in ihm herumströmt. Er wird schwindelig von den spekulativen Liquiditätsmassen,
die in ihm hin- und herschwappen. Er ist zweitens ein Wasserkopf der
Geldvermögen, die sich in ihm ansammeln und die dafür sorgen, daß die
schwindelerzeugenden Liquiditätsströme zunehmen. Der monetäre Wasserkopf ist
also ein Wasserkopf sowohl in Bezug auf Geldvermögensbestände (stock) als auch
in Bezug auf Liquiditätsströme (flow).
Das Geld in den Anlegerkassen sucht günstige
Anlagemöglichkeiten. Da sich aber immer mehr monetäre Anwartschaften, die
realwirtschaftlich gar nicht wirklich valutiert sind, in den Anlegerkassen des
monetären Wasserkopfes ansammeln, steht immer mehr Geld für spekulative
Anlegerzwecke zur Verfügung: also auch mehr, als für volkswirtschaftlich
sinnvolle Risikogeschäfte erforderlich ist. Das hat zur Folge, daß das
pathologische Spekulationspotential in dem Maße zunimmt, wie der monetäre
Wasserkopf der Volks- und Weltwirtschaft anschwillt. Also ist zuverlässig zu
erwarten, daß alle Märkte, auf denen solche Anlegerliquidität eine Rolle
spielt, zunehmend anfälliger werden für spekulativ generierte Exzesse in den
Preisschwankungen, und auch, daß die übrige, reale Wirtschaft zunehmend unter
dem spekulativen Hin- und Herschwappen der Liquiditätsmassen im monetären
Wasserkopf zu leiden hat.