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Inhaltsverzeichnis: Optimale
Liquidität
§ 12 Oeconomia Augustana: Optimale Versorgung der
Wirtschaft mit Liquidität und Kredit
Das kreditwirtschaftliche Konkurrenzkonzept, um das es im
Folgenden geht, brauchte einen Namen. Bei dem Versuch, das Kind möglichst
fremdsprachenneutral, also lateinisch zu tauten, fand sich kein geeignetes
Adjektiv, dessen Assoziationen das zur Vorstellung brachten, worum es ging.
Eher zufällig als absichtlich ergab sich dann die Kombination zwischen
"oeconomia" und dem lateinischen Namen der Stadt Augsburg
("Auguste Vindelicorum"), in der das Konzept entstand:
"OECONOMIA AUGUSTANA" abgekürzt: "OA",
"OA-Liquidität", "OA-Bank", "OA-Konten" usw.
"Oeconomia Augustana" sagt zwar nun nichts
Inhaltliches aus darüber, daß es um die Verwirklichung neutraler Liquidität
unter Ausnutzung von Privatinitiative und Weltbewerb geht. Aber ein witziger
Hintersinn rechtfertigt den Namen: Die Oeconomia Augustana verhält sich zu dem
Glauben an Marktwirtschaft und Wettbewerb nicht ketzerisch„ sondern
reformerisch, - so wie sich die Confessio Augustana zur christlichen Religion
im Grunde nicht ketzerisch, sondern reformatorisch verhielt. Und so wie damals
nicht zuletzt das System des Ablasses einen und den vielleicht letzten Anstoß
zum kritischen Nachdenken gab, so ist es heute das monetäre System jener
Zinsabgaben, die alle diejenigen abzuführen haben, die nichts anderes tun
wollen, als miteinander ins Geschäft zu kommen, ohne schon über das dafür
erforderliche sozio-ökonomische Verbindungs- und Vermittlungsmedium zu
verfügen.
I. Die unternehmerische Idee
Seit Jahren ist die Wirtschaft durch Millionen von
Arbeitslosen gekennzeichnet. Diese Arbeitslosen haben durchaus noch
unbefriedigte Bedürfnisse. Sie würden gern für andere etwas leisten, um auf
diesem Umweg Leistungen an sich selbst zu erbringen. Ein Millionenheer von
Beschäftigungslosen zeigt unübersehbar an, daß in der davon betroffenen
Volkswirtschaft ein ganz erheblicher, unbefriedigter Transaktionsbedarf und
daher auch ein ähnlich großer Liquiditätsbedarf besteht: In einer Volkswirtschaft
mit großer Arbeitslosigkeit ist die Zahl der Produzenten und Konsumenten, die
sich die Ressource "Liquidität" wegen der hohen damit verbundenen
Kapitalkosten nicht mehr leisten können, offenbar so groß geworden, daß sie zum
gesamtwirtschaftlichen und menschlichen Problem ersten Ranges wird. Wer für
diese liquiditätsbedürftigen Wirtschaftssubjekte preiswertere Liquidität
anbieten kann, als die Geschäftsbanken heute zur Verfügung stellen, hat die
unternehmerische Chance, für sein Produkt einen riesigen, durstigen Markt
vorzufinden.
Schon während der Krisenzeiten in den dreißiger Jahren, als Liquidität aus anderen Gründen knapp war, wurde versucht, durch Ausgabe von Zahlungsmitteln, die mit Liquiditätskosten belastet waren, die Wirtschaft auf lokaler Ebene anzukurbeln. Die damaligen Konzeptes waren arbeitsmarktpolitisch motiviert. Sie waren nicht auf Gewinnerzielung gerichtet. Und gleichwohl entwickelten sie sich außerordentlich vielvorsprechend. Sie scheiterten am Ende jedoch daran, daß sie mit den staatlichen Notenmonopolen in Österreich und Deutschland in Konflikt gerieten. Die Oeconomia Augustana dagegen ist als kreditwirtschaftliches Konkurrenzprojekt gedacht, mit dem eine wendige Geschäftsbank ohne Verstoß gegen das Notenmonopol oder andere Vorschriften des Währungs- und Kreditaufsichtsrechts in Marktnischen vorpreschen kann, um ihren Geschäftsumfang auszuweiten und Gewinne zu erwirtschaften.
Wenn Geschäftsbanken Buchgeld schaffen können, dann
sollte es auch möglich sein, dieses selbstgemachte Buchgeld so auszugestalten,
daß es den Transaktionsbedarf der realwirtschaftlich tätigen
Wirtschaftssubjekte besser und preiswerter befriedigt als die herkömmliche
Liquidität: "Liquidität nach Maß"! Ob sich, wenn eine Volkswirtschaft
im großen Stil mit dieser neuen Liquidität versorgt wird, auch das
Geldmengenproblem i.S. der Quantitätstheorie marktmäßig löst oder lösen läßt,
kann zwar erhofft werden, wird hier aber noch nicht untersucht.
II. Die Banktechnik der "OA‑Liquidität"
1. Liquiditätskosten und Kreditkosten
Bei der Oeconomia Augustana wird entsprechend den
bisherigen Analysen (oben § 2 III) streng getrennt zwischen Kreditkosten im
engeren Sinne und Liquiditätskosten.
Dementsprechend muß auch die OA-Bank die Kreditrisiken,
die sich aus der mehr oder weniger guten Bonität ihrer Kunden ergeben, isoliert
abschätzen. Die Risikoprämie, die als eine Art Quasi-Kreditversicherungs-Prämie
bisher im Zins herkömmlicher Art unterging, muß nun getrennt ermittelt und eine
auf sie bezogene vertragliche Grundlage geschaffen werden.
Im übrigen sollte die OA-Bank ihre Kosten und ihre
Gewinne aus dem neuartigen Kredit- und Liquiditätsgeschäft im wesentlichen mit
Hilfe eines Preises erwirtschaften, den sie von ihren Kunden für die Einräumung
von. OA-Liquidität vereinbart. Bei dieser neuartigen OA-Liquidität auf den
OA-Konten handelt es sich um einen Typus von Fremdliquidität, bei dem der
jeweilige Kontoinhaber den Preis genau für die Liquidität zahlt, die er auf
seinem Konto in Anspruch nimmt, und zwar für die Zeitspanne, während derer er
Liquidität vorhält.
Die OA-Bank fordert also die einmalige oder laufende
Risikoprämie von demjenigen ihrer Kunden, dem sie erstmals einen Kredit
einräumt und von dem sie erwartet, daß er diesen Kredit termingerecht später
mit OA-Liquidität zurückzahlt. Und sie fordert von diesem ersten Kreditnehmer
Liquiditätskosten nur nach Maßgabe der Höhe und Dauer der Liquidität, die
dieser erste Kunde auf seinem Konto stehen hat und stehen läßt. Dieser
OA-Kreditnehmer wird von seinen Liquiditätskosten in dem Augenblicke frei, in
dem er die ihm zur Verfügung gestellte Liquidität dazu verwendet, einer
Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Geschäftspartner nachzukommen.
Die Zahlung in OA-Liquidität funktioniert freilich nur,
wenn auch die Geschäftspartner des OA-Kreditnehmers über OA-Konten bei der
OA-Bank verfügen und bereit sind, Zahlungen in OA-Liquidität zu akzeptieren.
Bei diesem Akzeptanzproblem liegt eine entscheidende praktische Schwierigkeit
des Produktes, mit dem die OA-Bank auf dem Markt erscheint, und auf diese
Schwierigkeit wird noch näher eingegangen werden. Hier jedoch geht es zunächst
nur darum, die Banktechnik der Oeconomia Augustana in großen Zügen zu
erläutern. Daher kann angenommen werden, daß die Geschäftspartner des
OA-Kreditnehmers ebenfalls OA-Konten bei der OA-Bank unterhalten oder von dem
OA-Kreditnehmer dazu überredet werden können, solche Konten zu eröffnen und
sich zur Akzeptierung von OA-Liquidität bereitzuerklären. Dann trägt der
Zahlungsempfänger, der vom OA-Kreditnehmer die OA-Liquidität auf sein Konto
überwiesen erhält, die Liquiditätskosten der OA-Liquidität von dem Augenblick
an, von dem nunmehr er über die Liquidität verfügt, und auch er trägt sie
wiederum nur so lange, wie er nicht wieder selbst über seine OA-Liquidität
disponiert und sie zu Zahlungszwecken einem Dritten überweist.
2. Refinanzierung
Die OA-Bank ist bei ihren Liquiditätsdiensten an die
Rechtsordnung gebunden und muß bankbetriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten
Rechnung tragen. Sie kann also nur im Rahmen ihrer Liquiditätsreserven
Liquidität zur Verfügung stellen. Soweit es dabei um die Barreserve geht, die
zu Auszahlungszwecken vorgehalten werden muß, ist zu erwarten, daß
verhältnismäßig weniger Kunden zur "Abhebung" von OA-Liquidität in
bar neigen als Kunden mit herkömmlichen Sichtguthaben (vgl. unten bei 3 c und
g!). Also ist auch der bankbetriebswirtschaftliche Spielraum für die Emission
von OA-Liquidität insoweit wohl etwas größer als bei der herkömmlichen
Liquidität.
Der Einfachheit halber sei davon ausgegangen, die OA-Bank
müsse sich die Liquidität, die sie auf neue Art und Weise billig anbieten will,
auf dem bisherigen Geld- und Kapitalmarkt besorgen. Dann hat sie
Geldbeschaffungskosten, die in ihre Kalkulation miteinfließen.
So eigenartig es auf den ersten Blick anmuten mag: Die
OA-Bank kann ihre konventionell aufgenommene Liquidität, für die sie
herkömmliche Zinsen zahlt, in OA-Liquidität transformieren, wobei sie mit
entsprechender Spanne ihre Kosten an die Inhaber von OA-Konten weitergibt,
indem sie die auf diesen Konten gehaltene Liquidität belastet. Die
herkömmlichen Zinskosten werden also mit den neuartigen Erträgen aus der
Belastung der jeweils vorgehaltenen Liquidität mit hereingewirtschaftet. Statt
daß, wie bisher, der erste Kreditnehmer allein mit seinen Zinsen den
Löwenanteil der Kosten trägt, teilen sich jetzt die OA-Kunden nach Maßgabe
ihrer Inanspruchnahme von OA-Liquidität in die Kosten. Das entlastet den ersten
ganz erheblich und belastet die anderen nur sehr geringfügig, da sie über Höhe
und Dauer ihrer Vorhaltung von Liquidität bestimmen können.
3. Einzelheiten
a) Die OA-Bank bietet ihren bisherigen
"konventionellen" Kunden die Eröffnung von OA-Konten an, auf denen
sie diesen Kunden Liquidität zur Verfügung stellt, für die keine herkömmlichen
Zinsen, sondern nur Liquiditätskosten berechnet werden, und zwar unabhängig
davon, ob das Guthaben aus Kredit der Bank oder aus eigenen Mitteln (dazu oben
§ 11 II und unten bei g!) stammt. So wie Banken bisher mit einer Spanne
zwischen ihren Zinsaufwendungen und Zinserträgen gearbeitet haben, so muß auch
die OA-Bank für die Einräumung von Liquidität einen Preis verlangen, bei dem
sie auf ihre Kosten und in die Gewinnzone kommt. Ihre Liquiditätsreserven
verschafft sie sich auf den heutigen Geld- und Kapitalmärkten (bis sich das
OA-System aus sich selbst refinanziert, siehe unten bei e!)
b) Die Überweisungen von OA-Konto zu OA-Konto vollziehen
sich nicht anders als Überweisungen von herkömmlichen auf herkömmliche Konten
wie bisher auch. Der Unterschied besteht darin, dass in diesem Kredit- und
Liquiditätssystem letztlich keine „Zinsen“ im herkömmlichen Sinne mehr
anfallen. Die Liquiditätskosten, die an die Stelle der Zinsen treten, trägt
immer der, der die Liquidität auf dem Konto hat.
c) Will ein Kunde von seinem OA-Guthaben herkömmliches
Bargeld "abheben", so verliert die Bank die Möglichkeit, den Weg
dieser konventionellen Bargeldliquidität zu verfolgen und ihren Preis für die
Überlassung der Liquidität immer bei demjenigen einzufordern, der über das Geld
verfügt. Sie muß sich daher an denjenigen ihrer Kunden halten, der Bargeld
abhebt, und ihm weiterhin die Liquiditätskosten berechnen, bis er das Bargeld
als solches zurückzahlt.
Ein Kunde also, der OA-Liquidität in herkömmliche
Bargeldliquidität verwandelt, wird so behandelt, als entnähme er dem
OA-Liquiditätssystem einen herkömmlichen "Kredit": Er zahlt echte
Zinsen.
d) Wie der Fall der Barabhebung, so wird auch der Fall
abgewickelt, daß ein Kunde von seinem OA-Konto Überweisungen auf herkömmliche
Konten in Auftrag gibt: Dieser Kunde steigt aus dem neuartigen Kredit- und
Liquiditätssystem aus wie ein Barabheber und wird ebenfalls so behandelt, als
nähme er zu Lasten des OA-Systems einen herkömmlichen Kredit in Anspruch: Auch
er zahlt echte Zinsen.
e) Inhaber von OA-Guthaben, die z.Zt. keinen
Transaktions- oder sonstigen Zahlungsbedarf haben, werden durch die laufenden
Liquiditätskosten besonders stark dazu motiviert, ihr Guthaben
"anzulegen". Wie im heutigen System die entgehenden Zinsen (Opportunitätskosten),
so motivieren im OA-System die Liquiditätskosten, Kassehaltung in Richtung auf
ein Minimum zu optimieren. Diese Vorgänge des Sparens und Anlegens spielen sich
ganz ähnlich ab wie das Sparen und Anlegen im alten System. Die Motivierungs-,
Lenkungs- und Allokationsfunktion der Zinsen bleibt als Motivierungs-,
Lenkungs- und Allokationsfunktion der ersparten Liquiditätskosten nicht nur
erhalten; sie wird sogar wesentlich verbessert.
Der Unterschied liegt in Folgendem: Der Vorteil, den man
durch Sparen und Anlegen erwirtschaften kann, besteht im OA-System dem Typus
nach in ersparten Liquiditätskosten, also in vermiedener Bestandsverringerung,
während man beim Sparen und Anlegen im alten System dem Typus nach echte
Einnahmen erwirtschaftet und Bestandsgewinne in Höhe des Realzinses
erwirtschaften kann.
f) In dem Umfange, wie Zahlungsvorgänge in OA-Liquidität
zunehmen, entstehen monetäre Märkte, die den heutigen Geld-, Kapital- und
Devisenmärkten entsprechen, und zwar auch für den An- und Verkauf von
OA-Liquidität in herkömmlichen Geld.
g) Die „Einzahlung“ von herkömmlichem Bargeld auf ein
OA-Konto würde dazu führen, dass der Einzahler auf den Liquiditätsnutzen seiner
guten herkömmlichen Bargeldliquidität ohne Gegenleistung verzichtet. Er würde
die für ihn kostenlose Liquidität in für ihn kostenträchtige umtauschen. Um
diesen Nachteil zu vermeiden, wird er in der Regel sein herkömmliches Bargeld
eher bei der OA-Bank auf herkömmliche Weise anlegen (Sparbuch, Termingelder,
Obligationen) und dann einen OA-Kredit in Anspruch nehmen, für den seine Anlage
als Sicherheit fungiert. Das ist die Konsequenz der Tatsache, daß die
OA-Liquidität immer Fremdliquidität im Sinne eines Liquiditätsdienstes der
OA-Bank ist, der auch als solcher vergütet werden muß: unabhängig davon, ob das
Guthaben auf dem Konto aus kreditierter Kaufkraft oder z.B. aus einer Vergütung
herrührt, die aus einer Zahlung in OA-Liquidität herstammt (oben § 11 III).
III. Marketingprobleme
Die eigentlichen Probleme der neuen Kredit- und
Liquiditätstechnik sind zunächst Marketingprobleme: Sie bestehen weniger in den
banktechnischen und bankbetriebswirtschaftlichen Einzelheiten, die eben
angedeutet wurden, als vielmehr darin, daß das neue und den Kunden nicht
vertraute kredit- und liquiditätswirtschaftliche Produkt auf den Markt und an
den Mann gebracht werden muß. Zwar bietet die OA-Bank optimale, nämlich
minimierte Kosten für die Verrechnungstransaktionen, die im Zusammenhang mit
der Abwicklung von wirtschaftlichen Transaktionen anfallen. Hiervon müssen die
Kunden jedoch erst überzeugt werden, und zwar trotz der Tatsache, daß die
neuartige Liquidität auf dem Konto zunächst einmal Kosten verursacht, also
nicht billiger, sondern teurer ist als die alte. Wer will schon Liquidität auf
dem Konto haben, für die er Liquiditätskosten zahlen muß, wenn er, etwa als
Verkäufer, andere Liquidität alter Art und Güte bekommen kann?
Die Antwort ist an sich einfach: Alle, die Kredit zur
Deckung ihres Liquiditätsbedarfs in Anspruch nehmen, fahren im neuen System
günstiger. Bei genauerem Hinsehen erweist sich zudem, daß langfristig überhaupt
alle realwirtschaftlich tätigen Produzenten und Konsumenten bei ihren
Geschäften des Produzierens, Konsumierens, Kaufens und Verkaufens mit der neuen
Liquidität sehr viel besser fahren als mit der alten. Nachteilig kann sich das
neue Kredit- und Liquiditätssystem auf lange Sicht nur für diejenigen Haushalte
auswirken, die bisher auf direktem oder indirektem Wege insgesamt mehr Zinsen
und Renditen einnehmen, als sie selbst zahlen, die also privat über einen
positiven Netto-Zinssaldo verfügen.
Eine OA-Bank, die mit dem Angebot ihrer neuartigen
Liquidität in den Markt eindringen will, muß also zusehen, daß sie besonders
interessierte Anwärter anspricht und für das System gewinnt. Besonders interessiert
sind alle Unternehmer, vor allem, wenn und soweit sie mit Fremdkapital
arbeiten. Interessiert müßten auch alle Konsumenten sein, wenn und soweit sie
Konsumentenkredite in Anspruch nehmen wollen. Vor allem die öffentliche Hand,
die unter hohen Zinslasten leidet, aber nach wie vor hohen Transaktionsbedarf
hat, kommt als potentieller und wichtiger Kunde in Betracht. Können die übrigen
Kunden der OA-Bank zuverlässig erwarten, daß sie ihre öffentlichen Abgaben,
oder wenigstens, daß sie ihre Kommunalabgaben in OA-Liquidität abwickeln
können, so kann sich jeder schon ausrechnen, welche Vorteile ihm das System
auch dann bringt, wenn die Akzeptanz der OA-Liquidität im übrigen zunächst nur
geringe Fortschritte macht.
Es ist klar, daß Unternehmen, die unter Liquiditätsengpässen
leiden und denen der Konkurs droht, besonders geeignete Adressaten einer
Marketing-Strategie sind, und daß gerade in solchen Fällen auch die öffentliche
Hand und die Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze gefährdet werden, bereit sein
könnten, auf einen Teil ihrer Abgaben- und Lohnforderungen OA-Liquidität zu
akzeptieren.
Das Akzeptanzproblem des neuen Kredit- und
Liquiditätssystems besteht in der paradoxen Situation, daß die letztlich
preiswertere Liquidität zugleich die auf dem Konto teurere Liquidität ist. Die
OA-Bank steht also vor der Aufgabe, ihren Kunden klarzumachen, daß sich die im
neuen System anfallenden Liquiditätskosten, was die Größenordnungen angeht, in
keiner Weise vergleichen lassen mit Zinsen für herkömmliche Kredite, daß, ganz im
Gegenteil, die geringfügigen Liquiditätskosten, die man für die jeweiligen
Guthaben in Kauf nehmen muß, in der Regel bei weitem aufgewogen und
überkompensiert werden erstens durch die Zinsen herkömmlicher Art, die man im
Falle von Krediten eingespart, und zweitens durch den Profit aus dem
(zusätzlichen) Geschäft, das zustandekommt, wenn man eine OA-Zahlung als
Vergütung von jemandem akzeptiert, der einen billigen OA-Kredit erhalten hat
und dadurch befähigt wurde, eine Transaktion abzuwickeln, die er bei höheren
Liquidisierungskosten nicht vorgenommen hätte.
Bedenkt man gar, wieviel Kapital-, also letztlich
Zinskosten in den Preisen stecken, und daß auch diese Kosten sinken, wenn die
Unternehmer ihre Transaktionen zu günstigeren Bedingungen finanzieren können,
zeigen sich die Vorteile des neuen Systems noch deutlicher. Aber der Einzelne
muß halt je nach Situation begreifen, daß es für ihn als Unternehmer, als
Händler, als Konsument oder als Arbeitnehmer auf die eine oder andere Weise
jedenfalls nicht nachteilig ist, sich mit einem OA-Konto in das neue
Zahlungsnetzwerk einzufädeln.
Eine OA-Bank mit noch wenig Teilnehmern steht vor den
gleichen Schwierigkeiten wie ein Barter-Club mit wenig Mitgliedern: Das
jeweilige Verrechnungsnetzwerk ist noch so klein, daß es große Nachteile für
die Betroffenen mit sich bringt. Wird jedoch erst einmal die kritische
Teilnehmerzahl überschritten, so daß diese Anfangsnachteile in den Hintergrund
treten, rücken ganz von selbst die Kostenvorteile in den Vordergrund. Zudem ist
jeder Teilnehmer im OA-Netzwerk daran interessiert, seine Geschäftspartner für
das System zu gewinnen, eben um die Vorteile in größerem Umfange genießen zu
können. Insofern wachsen die Chancen, sich fest im Markt zu etablieren, genau
in dem Maße, wie man die Anfangsschwierigkeiten überwinden kann.
Banken und Sparkassen wissen ein Lied davon zu singen,
daß das herkömmliche Bargeld, das bis vor kurzem noch eis kostensparendes
Tauschmittel gepriesen wurde, eine schon fast altertümliche, kostenintensive
Technik für die Abwicklung von Kaufkraftverrechnungen darstellt. Man erhofft
sich Kostensenkungen von elektronischen Zahlungsmitteln, insbesondere von
Chips, die mit Guthaben geladen und praktisch wie Bargeld verwendet werden. In
dem Maße, wie diese Techniken in den Alltag eindringen, kann die Kredit- und
Liquiditätstechnik der Oeconomia Augustana auch bei der Abwicklung von
Zahlungsvorgängen Verwendung finden, bei denen bisher auf Münzen und Banknoten
noch nicht verzichtet werden kann.
Die OA-Bank trägt das Risiko der Startschwierigkeiten
beim ersten Einstieg; sie hat aber auch die Chance, mit ihrem Produkt in eine
Marktnische von Ausmaßen vorzustoßen, wie sie heute selten geworden sind. Das
kann ihr, wenn sie es geschickt anfängt, einen Wettbewerbsvorsprung sichern. Sie
kann als erste Erfahrungen sammeln, ihre Produktpalette variieren und hinterher
das Wohlwollen nutzen, das dem Initiator einer so segensreichen Einrichtung wie
der neutralen Liquidität am Ende entgegengebracht werden dürfte.
Auch die Politiker einer Stadt oder Gemeinde könnten ein
Interesse daran haben, daß der Name ihrer Kommune mit der Initiative verbunden
wird und zum Ziel von Besuchern wird, die sich für das neue Kredit- und
Liquiditätssystem interessieren.
Wie könnte OA-Liquidität das Licht der Welt erblicken?
Folgende Ansätze bieten sich an:
- Eine herkömmliche Bank oder Sparkasse entschließt sich,
neue Produkte nach dem OA-Modell auf den Markt zu bringen.
- Interessenten, die sich Vorteile aus dem Aufbau eines
OA-Netzes versprechen, treten an ein dafür ausgewähltes Kreditinstitut heran
und bitten darum, für sie OA-Konten zu eröffnen. Je mehr Interessenten sich
zusammenfinden, desto besser. Dabei können sie das Geld, das ihnen auf die neue
Art und Weise zur Verfügung gestellt werden soll, in herkömmlicher Liquidität
mitbringen, zu herkömmlichen Bedingungen bei dem Kreditinstitut anlegen und es
sich dann zu den gewandelten Bedingungen wieder als OA-Liquidität zur Verfügung
stellen lassen.
- Interessenten tun sich zusammen und gründen - z.B. weil
kein herkömmliches Kreditinstitut an den OA-Geschäften Interesse zeigt - selbst
eine Bank.
- Vielleicht findet sich ein couragierter Banker, der,
frustriert von der Art und Weise bisheriger Kredit- und Liquiditätsdienste,
einmal ein Banking betreiben will, das ihm wieder so richtig Spaß macht.
IV. Rechtliche Unbedenklichkeit
Da die OA-Bank mit privatem Buchgeld, nicht mit
offiziellem Noten- und Münzgeld arbeitet, steht ihrem Vorhaben das
währungsrechtliche Notenmonopol der Zentralbank nicht im Wege. Die OA-Bank
schafft keine unzulässige Notenliquidität, sondern arbeitet mit üblicher
Buchgeldliquidität. Sie reizt nur die Möglichkeiten besser aus, die die
Freiheit der Banken zur Privatgeldproduktion für die Entwicklung von Produkten
des Liquiditäts- und Kreditgewerbes allen bietet, die mit genug Beweglichkeit,
Initiative und unternehmerischem Elan ans Werk gehen.
Das Buchgeld der OA-Banken unterliegt insbesondere den
Vorschritten des Kreditwesengesetzes. Die OA-Bank hat ihren
Mindestreservepflichten bei der OA-Liquidität nicht anders zu genügen als bei
herkömmlicher Buchgeldliquidität auch. So bleibt die Geldmenge wie bisher unter
Kontrolle. Etwaige Steigerungen in der Umlaufgeschwindigkeit bei den
OA-Anteilen der wirksamen Bargeldmenge können mit herkömmlichen Mitteln der
Zentralbank neutralisiert werden.
Bedenken können sich aus § 3 Nr. 3 KWG ergeben, und zwar
insoweit, als dort bestimmt ist, daß im Depositen- und Kreditgeschäft die
Barabhebung nicht wesentlich erschwert werden darf. Aber kurzes Nachdenken
zeigt, daß diese Bedenken nicht stichhaltig sind: Die OA-Liquidität ist ihrem
Konzept nach Fremdliquidität, und zwar bei jedem Kontoinhaber. Die Inhaber von
OA-Konten kommen sehr leicht an Kredit heran, nämlich insofern, als sie dafür
keine herkömmlichen Zinsen, sondern nur Liquiditätskosten zu entrichten haben.
Diese Erleichterungen beziehen sich freilich nur auf die OA-Liquidität auf den
OA-Konten. Optiert ein Kunde dann dafür, auf die Erleichterungen der
OA-Liquidität zu verzichten und Kredit nachherkömmlichen Muster in Anspruch zu
nehmen, dann muß er sich wie bisher damit abfinden, daß er Bargeldkredite oder
Buchgeldkredite bisheriger Art nur erhält, wenn er entsprechende Zinsen zahlt.
Innerhalb der Oeconomia Augustana wird also nicht die
Barabhebung erschwert, sondern nur die Aufnahme von Krediten erleichtert, so
daß, relativ zu dieser Erleichterung, die Barabhebung im OA-Netz als
schwieriger erscheint. Doch diese Schwierigkeit ist nichts anderes als die
allgemeine Schwierigkeit, die heute für jedermann besteht, der seine
Transaktionen mit Fremdliquidität bezahlen muß.
Die neutrale Liquidität der Oeconomia Augustana mit ihrer
nur scheinbaren Erschwerung der Barabhebung veranschaulicht zum erstenmal, mit
welchen absurden Transaktionskosten die Produzenten und Konsumenten unserer
Volkswirtschaft belastet sind und welche einfachen kredit- und
liquiditätstechnischen Vorkehrungen diesen dysfunktionalen Belastungen ein Ende
bereiten können.
Es ist der Sinn des Wettbewerbes als eines
Entdeckungsverfahrens innerhalb der Marktwirtschaft, daß Wirtschaftsteilnehmer,
die mit erfindungsreichen Produkten Marktlücken schließen, sich durch diesen
ihren Erfindungsreichtum und Unternehmergeist einen mehr oder weniger großen,
vorübergehenden Wettbewerbsvorsprung erarbeiten können. Keine Geschäftsbank,
keine Sparkasse, kein Kreditinstitut ist gehindert, dem Vorbild der ersten
OA-Bank zu folgen. Auf die Oeconomia Augustana ist kein Patent angemeldet. Auch
wird die OA-Bank sich nicht sperren, sich Clearing-Stellen anzuschließen, weil
sie sich sonst schnell selbst schaden würde. Es ist nicht ersichtlich, unter
welchem Gesichtspunkt die OA-Liquidität auf wettbewerbliche Bedenken stoßen
könnte.
Soweit man argwöhnen könnte, daß OA-Bank-Kunden gegenüber
anderen Unternehmern einen Wettbewerbsvorteil haben, weil sie über preiswertere
Liquidität verfügen, lassen sich die Vorbehalte auch schnell zerstreuen: Es
steht jedermann frei, sich dem OA-Liquidisierungsnetzwerk anzuschließen, eigene
entsprechende Netze zu organisieren oder die Hausbank dazu zu bewegen, gleich
günstige Liquiditätsdienste einzurichten.
Trotz der fast offensichtlichen rechtlichen
Unbedenklichkeit der Oeconomia Augustana ist zu erwarten, daß sich mit
genügendem juristischem Geschick aus dem einen oder anderen Gesetz Vorbehalte gegen
die neue optimale Liquidität herausholen lassen, wenn man es darauf anlegt, ein
Haar in der Suppe zu finden, insbesondere, um betroffene Interessen zu wahren.
Welche Argumente aber dann auch immer zu Tage gefördert werden, - stets gilt es
dann zu bedenken: Nicht die projektierte neutrale, optimale Liquidität und
nicht die neue, endlich gerechtere Kredittechnik gibt Anlaß zu rechtlichen
Bedenken, sondern die hergebrachten Verfahren für die Gewährung von Kredit und
für die Organisation von Liquidität.
Die hergebrachte Kredit- und Liquiditätstechnik
widerspricht in mehrerlei Hinsicht Grundrechten und Prinzipien unserer
Verfassung (76): Sie schränkt durch ungerechtfertigte Abgaben an Private
(Zinsen, insofern sie Preis für unverdiente Liquiditätsvorteile sind) die
Transaktionsfreiheit, also die Vertragsfreiheit deutlich ein (Art. 2 Abs. 1, 14
Abs. 1 Satz 1 GG, aber auch Art. 9 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG). Sie
privilegiert Vermögende, für die entbehrliche Liquidität zur Pfründe wird,
gegenüber den Produzenten und Konsumenten, für die Liquidität ein
existentielles Transaktionsmedium darstellt; sie schafft asymmetrische
Vertragssituationen; kurz, sie ist unvereinbar mit dem Gleichheitssatz (Art. 3
Abs. 1 GG). Sie subventioniert und alimentiert die Wohlhabenderen zu Lasten der
Produzenten und Konsumenten und ist daher unvereinbar mit dem Gebot
"sozialer" Staatlichkeit (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG). Sie
sorgt dafür, daß die Volkswirtschaft auf Ungleichgewichtigkeit vorprogrammiert
ist, entspricht also nicht dem Verfassungsprinzip des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts (Art. 109 Abs. 2 und Art. 104a Abs. 4 Satz 1 GG).
Da also das zentrale monetäre Kredit- und
Liquiditätssystem gewissermaßen im Kernpunkt seiner Funktionen und im großen
Stil verfassungswidrig ist, gebietet der Grundsatz der verfassungskonformen
Auslegung von Gesetzen wenigstens, daß die bestehenden Gesetze im Rahmen
dessen, was nach ihrem Wortlaut möglich ist, so interpretiert werdern, daß die
Wege zu einer monetären und Kreditpraxis, die der Verfassung entspricht, nicht
mit juristischer Kunst abgeschnitten, sondern geebnet werden.
Die Annäherung des Liquiditäts- und Kreditsystems an die
Grundrechte und an die erwähnten Verfassungsprinzipien liefe im übrigen
zugleich auf eine ökonomische Optimierung hinaus; denn bei näherem Hinsehen
zeigt sich: "optimales Geld" im ökonomischen Sinne und
"gerechtes Geld" im rechtsphilosophischen oder verfassungsrechtlichen
Sinne sind im wesentlichen deckungsgleich.