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Inhaltsverzeichnis: Optimale
Liquidität
§ 10 Das Problem der internationalen Liquidität
Auch hinsichtlich der internationalen Liquidität kann und
muß man unterscheiden zwischen der banktechnischen Geldschöpfung (oben § 8 II
1) durch die Zentral- und Geschäftsbanken, die internationale Liquidität
schaffen, einerseits und der Erzeugung der ökonomischen Geldqualität (oben § 8
II 2 und 3) durch die internationalen Handelspartner andererseits. Dabei lassen
sich die theoretisch erwarteten positiven externen Effekte (oben § 8 III 2)
sowohl bei den Emissionskassen als auch bei den Anlegerkassen beobachten, und
es zeigen sich die Symptome einer suboptimalen Versorgung mit internationaler
Liquidität.
Zu ganz ähnlichen Einsichten führt es, wenn man sich die
wohlfahrtstheoretischen Kriterien einer optimalen Güterversorgung (2.
Gossensches Gesetz) vergegenwärtigt und auf die internationale Verschuldung
samt ihren Zinsströmen schaut: Mit den Zinsen fließt Liquidität, die etwa in
den Entwicklungsländern und für diese Länder zur Abwicklung buchstäblich
lebensnotwendiger Transaktionen erforderlich ist, in Anlegerkassen hinein,
deren Inhaber typischerweise praktisch keinen gegenwärtigen Transaktionsbedarf
mehr haben. Definiert man den Liquiditätsnutzen funktionsgerecht als
"Nutzen für Transaktionen", ist evident, daß das Gut
"Liquidität" aus Anlaß der kreditweisen Inanspruchnahme von
Liquidität genau dort abgezogen wird, wo es existentiellen Nutzen stiftet, und
in Kassen strömt, wo es kaum noch Transaktionsnutzen vermittelt. Der Anleger
verbucht allerdings einen anderen Nutzen: Aber dieser Nutzen ist kein
"Nutzen für Transaktionen", sondern ein funktionswidriger
"Nutzen aus dem Verzicht auf eigene Transaktionen".
Wohlfahrtsökonomisch betrachtet handelt es sich um positive externe Effekte,
also um Symptome einer Störung. So ist in die Weltwirtschaft eine
Strömungsmechanik eingebaut, dank derer sie dazu tendiert, sich dem
wohlfahrtsökonomischen Optimum nicht anzunähern, sondern sich von ihm
automatisch zu enttarnen.
Angesichts dieser eben angedeuteten wohlfahrtstheoretischen
Beobachtungen darf man Überlegungen zur "optimalen Liquidität" nicht
schließen, ohne einen Blick auf Probleme der internationalen Liquidität zu
werfen und zu fragen, welche Lösungsvorschläge diskutiert oder ins Werk gesetzt
worden sind.
I. Liquiditätsbedarf
Auch im zwischenstaatlichen Austausch von Gütern und
Dienstleistungen hat oder wenigstens hatte die Einführung von Zahlungsmitteln
den direkten oder indirekten Tauschhandel verdrängt. Aber bis heute ist das
Problem der internationalen Liquiditätsversorgung ungelöst. Der Kern des
Problems dreht sich um die Fragen:
- Wer produziert die internationale Liquidität? Eine
Weltzentralbank, eine oder mehrere nationale Zentralbanken oder internationale
Geschäftsbanken?
- Wie soll internationale Liquidität geschaffen werden?
- Wieviel internationale Liquidität soll bereitgestellt
werden?
Die Bereitstellung internationaler Liquidität als
internationales Zahlungsmittel zur Abwicklung grenzüberschreitender
Warentransaktionen sollte sich nach der Entwicklung des realen
Welthandelsvolumens richten, wobei in der Währungstheorie mehrere Kriterien für
die optimale Währungsreservenmenge entwickelt worden sind (41).
Ähnlich wie auf mikroökonomischer Ebene führt die
fehlende Synchronisierung zwischen Einnahmen und Ausgaben des Inlandes
gegenüber dem Ausland zu einer Nachfrage nach internationaler Liquidität.
Private Wirtschaftssubjekte, die im Außenhandel tätig sind, und die
Zentralbanken halten internationale Liquidität in ihren Kassen. Bei den
Währungsreserven der Zentralbanken ist - je nach Wechselkurssystem - das
Vorsichtsmotiv ausschlaggebend, da diese Reserven zur Wechselkursbeeinflussung
auf den Devisenmärkten eingesetzt werden, und zwar als indirekte Folge der
Zahlungsbilanzungleichgewichte (42).
Für die Zentralbank eines Landes entsteht ein
Liquiditätsproblem, wenn sie Zahlungsverpflichtungen in einem Geld hat, das sie
selbst nicht schaffen kann. Für die meisten Länder gilt, daß deren eigene
Landeswährung nur in begrenztem Ausmaß vom Ausland zur Zahlung der Importe
akzeptiert wird. Zur Finanzierung eines Zahlungsbilanzdefizites entsteht ein
Bedarf an international akzeptierten Aktiva.
In unserem heutigen Weltwährungssystem bilden vorwiegend
US-Dollar, aber auch Gold, Sonderziehungsrechte und die Währungen einiger bedeutender
Industrieländer (wie z.B. Yen, DM, Englisches Pfund) die international
akzeptierte Liquidität und sind somit Bestandteil der Währungsreserven der
Zentralbanken. Man spricht deshalb auch von einem Multireservensystem.
II. Liquiditätsversorgung
Die Versorgung mit internationaler Liquidität ist also
hauptsächlich abhängig von dem Dollar-Angebot auf den Devisenmärkten. Die USA
tragen damit eine hohe Verantwortung als Weltbankier. Im Gegensatz zu den
Entwicklungsländern oder Ostblockländern, deren Währung international nicht
akzeptiert wird, können sich die USA ein chronisches Zahlungsbilanzdefizit
leisten, ohne in Liquiditätsschwierigkeiten zu geraten. Sie können Waren und
Dienstleistungen aus dem Ausland beziehen und dafür mit Geld bezahlen, das sie
selbst beliebig und fast umsonst zu schöpfen vermögen. Andere Länder müssen die
vorher verdienten Währungsreserven hergeben oder durch Exporte einen Teil des
real erwirtschafteten Bruttosozialprodukts dem Ausland überlassen.
Im Vergleich zur Naturaltauschwirtschaft genießt also das
Land, dessen Währung als internationale Liquidität akzeptiert wird, den
Emissionsgewinn ("Seigniorage").
Dieser Liquiditätsvorteil ist abhängig von der Akzeptanz
des Dollars als internationalem Zahlungsmittel und kann im Gegensatz zum
inländischen Zahlungsmittel nicht mit einem Annahmezwang abgesichert werden.
Die Ausnutzung dieses Liquiditätsvorteils durch einen mittels Geldschöpfung
finanzierten Vietnam-Krieg und durch Wohlfahrtsausgaben ("Great
Society") am Ende der 60er Jahre führte im Jahre 1971 zur Aufgabe der
Goldbindung des Dollars und leitete die Ära der flexiblen Wechselkurse ein. Die
starken Dollarkursschwankungen zeigen die Instabilität einer derartigen teils
auf nationale Interessen ausgerichtete Versorgung mit internationaler
Liquidität. Diese Versorgung ist nicht nur abhängig vom Federal Reserve System
und vom amerikanischen Bankensystem, sondern in zunehmendem Maße von dem
Angebot außerhalb der USA auf den sog. Eurodollarmärkten oder Xeno-Märkten.
III. Recycling durch internationale Verschuldung
Ob die explosive Entwicklung des Euromarktvolumens
zurückzuführen ist auf einen lehrbuchidealtypischen multiplen Geldschöpfungs-
und Kreditgewährungsprozeß (Geldschöpfung "im Gleichschritt" bei
fehlenden Mindestreserven und fehlender Bargeldabhebung), ist umstritten und
soll in diesem Rahmen nicht analysiert werden. Jedenfalls sprudelt diese
unkontrollierte und unregulierte Liquiditätsquelle nicht entsprechend dem
Liquiditätsbedarf zur Finanzierung des realen Welthandelsvolumens, sondern,
laut Hankel, eher entsprechend den Finanzierungsbedürfnissen der
Schuldnerländer (44).
In dem heutigen Weltwährungssystem fehlt ein
Anpassungsmechanismus zum Liquiditätsausgleich zwischen Ländern mit
Zahlungsbilanzdefiziten und denen mit Überschüssen. Ohne Rückfluß der
internationalen Liquidität in die Defizitländer entsteht hier ein
Liquiditätsmangel, der durch Kreditaufnahme auf den internationalen
Finanzmärkten temporär beseitigt werden kann. Bei ausbleibendem Wachstum und
ausbleibendem Anstieg der Exporte aus den Defizitländern in die Überschußländer
verschärft sich durch die Zinszahlungen der Liquiditätsmangel. Für diesen
Schuldendienst und die Tilgung der Altschulden sind die Defizitländer auf neue
Kredite angewiesen. Die Bereitstellung dieser internationalen Liquidität zur
Befriedigung des eskalierenden Konsolidierungsbedarfs vor allem durch die
Xeno-Märkte führt zu "einer vom Real-Prozeß der Weltwirtschaft 'gelösten'
Kreditschöpfung" (45). Die auf den internationalen Finanzmärkten gehandelte
Liquidität übersteigt um ein Vielfaches die zur Finanzierung des Welthandels
erforderliche Liquidität.
Zinszahlungen und Tilgungsraten der verschuldeten
Defizitländer beanspruchen einen wachsenden Anteil der internationalen
Liquiditätsströme. Im Jahre 1984 führten diese Schuldendienste bereits zur
Umkehr der Finanzströme zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern. Die
Verschuldungskrise ist somit letztendlich eine Folge des ungelösten
Liquiditätsproblems (47).
Die privaten und nationalen öffentlichen Anbieter
internationaler Liquidität sind im heutigen Weltwährungssystem nicht zur
bedarfsgerechten internationalen Liquiditätsverteilung gezwungen. Die
internationalen Finanzmärkte zögern mit neuen Kreditvergaben und die
amerikanische Zentralbank hat mit der Verfolgung nationalstaatlicher Interessen
die Liquiditätskrise eher verschärft (Inflationsbekämpfung durch
Hochzinspolitik). Der Internationale Währungsfonds kann in seiner heutigen
Struktur nur in begrenztem Maße internationale Liquidität bereitstellen. Durch
die Kreditvergabe zur Beseitigung der Zahlungsbilanzdefizite kann der IWF dem
Defizitland Anpassungsmaßnahmen auferlegen (die sog.
"Austerity-Policy"). Verlust der nationalen Souveränität, soziale und
politische Spannungen sind die Folgen dieser IWF-Auflagen.
Die Überschußländer dagegen unterliegen in dem heutigen
Währungssystem keinem Zwang oder Anreiz zum Abbau der überschüssigen,
"gehorteten" Liquidität. Statt - wie beim gleichgewichtigen
Tauschprinzip - die überschüssigen Exporterlöse wieder für zusätzliche Importe
auszugeben, werden die Währungsreserven größtenteils auf den Euromärkten oder
in den USA angelegt und bilden damit eine wesentliche Determinante für die
Zentralbankgewinne, die z.B. zur Zeit für die Deutsche Bundesbank in Milliardenhöhe
anfallen. Hier zeigt sich die Verwandlung von "Transaktionskasse" in
"Anlegerkasse" (oben § 4 III) jetzt in internationalen
Größenordnungen.
Das Recycling (oben § 6 IV) der internationalen
Liquidität über die internationalen Finanzmärkte bürdet den Defizitländern hohe
Kosten für die Inanspruchnahme der Liquidität auf. Ohne Wirtschaftswachstum in
diesen Ländern und ohne Änderung der Terms of Trade-Relation verschärft dieses
Recyclingsystem das internationale Liquiditätsproblem. Ein System flexibler
Wechselkurse kann zwar theoretisch über den Wechselkursmechanismus Abhilfe
schaffen, hat aber in der wirtschaftlichen Praxis nach dem Zusammenbruch des
Bretton-Woods-Systems im Jahre 1973 das Liquiditätsproblem nicht beseitigen
können.
Der asymmetrische Anpassungszwang ist ein
Konstruktionsfehler des internationalen Zahlungssystems. Ein systembedingtes
Liquiditätsrecycling durch zusätzliche Importe der Überschußländer ist nicht
gegeben. Ohne zusätzliche Exporteinnahmen sind die Defizitländer aber auf Kredit
zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses angewiesen. Die Zinszahlungen als
Prämie für die überlassene Liquidität verschärfen das Liquiditätsproblem. Trotz
ausreichender Bonität tritt für das Defizitland bei ausbleibendem oder geringem
Wirtschaftswachstum und zunehmendem Protektionismus in den Überschußländern die
Liquiditätskrise ein. Es ist daher verständlich, daß der in Peru neu gewählte
Präsident Garcia im Sommer 1985 die Gläubigerbanken mit der Forderung
aufschreckte, den Schuldendienst seines Landes grundsätzlich von den
Exporterlösen abhängig zu machen.
Wohlgemerkt: Es geht darum, daß verdiente Anwartschaften
auf das Weltsozialprodukt honoriert werden und daß jeder über seine Erlöse auch
soll verfügen können, wie er es für wirtschaftlich richtig hält: heute, morgen
oder übermorgen. Nur soll er, wenn er sein Geld, das er aus internationalen
Geschäften einnimmt, nicht schon heute ausgeben will, sondern erst morgen oder
übermorgen, nur die darin enthaltene Tauschkraft, nicht auch die Liquidität dieses
Geldes so lange behalten oder durch ihre Vermarktung nutzen dürfen. Wiederum
gilt es, die im Geld verkörperten Tauschanwartschaften (Nennwert) von ihrer
Liquidität (Liquiditätswert) zu trennen. Wer zur Zeit aus dem internationalen
Realgeschäft aussteigen will, weil er keinen internationalen Transaktionsbedarf
hat, muß dazu motiviert werden, zwar nicht die erwirtschafteten
Tauschanwartschaften, wohl aber deren monetäre Liquidität wieder für Zwecke
internationaler Transaktionen zur Verfügung zu stellen, ohne daß er daraus
einen Nettozustrom an Erträgen erhält, für die er nichts in die Weltwirtschaft
einbringt. Die Generierung immer neuer, nicht valutierter Anwartschaften aufs
Weltsozialprodukt allein durch Schuldenbildung aus Zinsverpflichtungen muß
vermieden werden.
IV. Konstruktionsfehler des internationalen
Liquiditätssystems
Das heutige Weltliquiditätssystem weist im Hinblick auf
eine optimale Liquiditätsversorgung also folgende Schwachstellen auf:
1. die einseitige Anpassungslast für die Defizitländer;
2. die internationale Liquiditätsmenge richtet sich nicht
automatisch oder durch bewußte Steuerung nach der Entwicklung des damit zu
finanzierenden Wetthandelsvolumens;
3. die Rückschleusung der internationalen Liquidität von
den Überschußländern in die Defizitländer durch Kreditaufnahme erhöht die
Transaktionskosten des internationalen Austausches von Gütern und
Dienstleistungen und verursacht tendenziell ansteigende Finanztransfers
unabhängig von den Handelsströmen, zu deren Finanzierung die Liquidität fehlt:
"Nicht der mögliche Real-Transfer 'befiehlt' dem für seine Abwicklung
notwendigen Finanz-Transfer, sondern: der aufgelaufene Finanztransfer blockiert
den angestrebten Real-Transfer
4. die Vorherrschaft einiger weniger nationaler Währungen
als internationale Zahlungsmittel, deren Bereitstellung sich nicht nach der
internationalen Liquiditätsnachfrage richtet und den Emittenten eine
überbevorteilte Stellung im Welthandel einräumt.
Seit dem endgültigen Zusammenbruch der Goldwährung und
der Neuordnung des Weltwährungssystems nach dem 2. Weltkrieg
(Bretton-Woods-System), wo sich der Dollar als Leitwährung durchsetzte, gibt es
eine Reihe von Reformvorschlägen zur Beseitigung dieser Konstruktionsfehler,
variierend von einer Rückkehr zur reinen Goldwährung bis zur Konstituierung
einer Weltzentralbank und eines supranationalen Weltgeldes. Einer der damals
abgelehnten Vorschläge zur Neuordnung des Nachkriegssystems war die von
J.M.Keynes entwickelte Lösung des Liquiditätsproblems (der sog. Keynes-Plan).
Viele spätere Reformansätze gehen auf diesen originellen Plan zurück; er soll
deshalb als supranationale und weltstaatliche Lösung des internationalen
Liquiditätsproblems anschließend diskutiert werden.
Mit der Schaffung des künstlichen internationalen Buchgeldes in Form von Sonderziehungsrechten (SDR) im Jahre 1969 wurde eine langfristige Reform ähnlich dem Keynes-Plan eingeleitet mit dem Ziel, diese Kunstwährung als Hauptreservemedium zu etablieren. In einem SDR-Standard als Weltwährungssystem wäre der Internationale Währungsfond als eine Art Weltzentralbank mit der optimalen Bereitstellung und Steuerung der Weltliquidität "SDR" beauftragt.
Ein weiterer Vorstoß zum SDR-Standard war am Ende der
70er Jahre mit dem sog. Substitutionskonto geplant. Die internationalen
Währungsreserven in Dollar sollten allmählich substituiert werden durch
SDR-Einlagen beim IWF. Damit sollte der Dollar als Hauptreservemedium entthront
und die Entwicklung eines unkontrollierten Multireservenwährungssystems
verhindert werden. Gleichzeitig hätte durch das Substitutionskonto der damals
schon entstandene monetäre Wasserkopf an internationaler Dollar-Liquidität
abgebaut werden können. (49) Aus politischen Gründen wurde die Idee des
Substitutionskontos auf der Hamburger IWF-Tagung im Jahre 1980 vorerst auf Eis
gelegt.
Seitdem werden in der währungspolitischen Diskussion
Reformansätze des Weltwährungssystems kaum vorgebracht, und eine Neuauflage der
Bretton-Woods-Konferenz nach 40 Jahren wurde von vielen Währungspolitikern als
wenig sinnvoll abgelehnt. Die weiterhin existierenden Schwachstellen verleihen
dem System eine gefährliche Krisenanfälligkeit, die durch eine weltweite
Schuldenkrise zu einem Kollaps der Weltwirtschaft führen kann.
V. Selbsthilfe der Wirtschaftssubjekts durch Barter - Geschäfte
Das Phänomen der Tauschgeschäfte ist nicht nur als
Selbsthilfe-Aktion innerhalb eines Währungsgebietes beobachtbar. Im
internationalen Handel ist diese Absatzmethode in den letzten Jahren sprunghaft
angestiegen. Die Schätzungen variieren von 10 % bis zu 30 % des
Welthandelsvolumens. Diese im Osthandel traditionell üblichen Geschäfte haben
sich auf den Nord-Süd-Handel mit den Schwellen- und Entwicklungsländern
ausgedehnt.
Es treten zur Zeit mehrere Arten auf (50):
- Barter-Geschäfte: reine Tauschwirtschaft auf
bilateraler Ebene ohne zusätzliche monetäre Transfers;
- Kompensationsgeschäfte (Counterpurchase): Der Exporteur
verpflichtet sich zur Abnahme von Gütern im gleichen oder niedrigeren Wert. Die
Differenz wird mit üblichen internationalen Zahlungsmitteln ausgeglichen und
der Exporteur tritt meist als Zwischenhändler für die Kompensationswaren auf;
- Dreiecks-Kompensationsgeschäfte (Switch): indirekter
Tausch zwischen drei Ländern. Eine Industrienation liefert z.B. eine technische
Anlage an ein Ostblockland. Dieses liefert einem Entwicklungsland
Industriegüter und letztgenanntes schließt den Kreis durch Rohstofflieferungen
an die Industrienation. Wertmäßige Differenzen können monetär ausgeglichen
werden oder statt einer Warenlieferung kann eine Devisentransaktion
stattfinden;
- Rückkaufgeschäfte (Buy-Back-Agreement): der Exporteur
liefert Ausrüstung und Technologie und verpflichtet sich zur Abnahme der auf
diesen Anlagen produzierten Güter. Der Rückkaufwert kann den Exportwert
übersteigen;
- Parallelhandel: der Exporteur verpflichtet sich zur
Abnahme von Gütern, die (im Gegensatz zum Rückkaufgeschäft) nicht in einer
produktionstechnischen Relation mit den gelieferten Gütern stehen. Der
Exporteur tritt auch hier als Zwischenhändler auf. Für beide Warentransaktionen
bestehen einzelne Verträge, und der Gegenwert wird mit Devisen bezahlt.
Es scheint paradox, daß die Menschheit auf der Schwelle
zum 21. Jahrhundert einen "Rückschritt" zum primitiven Tauschhandel
macht. Doch die Erklärung ist einfach: Die Vorteile sind höher als die im
Vergleich zu dem monetär finanzierten Welthandel anfallenden Transaktions- und
Informationskosten. Die Beeinträchtigung des Wetthandels durch mangelnde
Liquiditätsversorgung kann durch Tauschgeschäfte wieder zum Teil ausgeglichen
werden. Als Gründe für den starken Anstieg werden im einzelnen genannt (51):
- Zahlungsbilanzprobleme der Defizitländer;
- steigender Schuldendienst und leere Devisenkassen,
insbesondere der Entwicklungsländer;
- Instrument zum Lagerabbau der Überschußproduktion;
- Erschließung neuer Märkte und Absatzwege;
- Importregulierung, Selbstbeschränkungsabkommen und
sonstige protektionistische Maßnahmen, vor allem im EG-Bereich.
Auf der einen Seite eignen sich diese Barter-Geschäfte
als Marketinginstrument, als "Wundermedizin" zur Ankurbelung des
Welthandels. Andererseits ermöglicht Barter eine gewisse Unabhängigkeit von der
sonst üblichen internationalen Liquidität als Zahlungsmedium und damit, eine
Senkung der Liquiditätsnachfrage. Auf den Zusammenhang zwischen diesen beiden
Effekten wurde bereits bei der Analyse der nationalen Barter-Geschäfte
eingegangen.
Es ist nicht verwunderlich, daß der IWF die
Barter-Geschäfte als wettbewerbsbeschränkende Praktiken einschätzt und seine
Mitglieder auffordert, ein Zahlungsbilanzgleichgewicht "durch geeignete
Finanz-, Geld- und Wechselkurspolitiken herbeizuführen" (52). Gerade diese
bisherigen monetären Instrumente haben aber im Hinblick auf das internationale
Liquiditätsproblem keine Lösung hervorgebracht, sondern eher beigetragen zu den
Notsituationen, in denen sich die Betroffenen nun selbst helfen. Die
Einschätzung der Barter-Geschäfte als privatwirtschaftliche Notlösung als Folge
der Strukturfehler im internationalen Währungssystem stellt mithin die Funktion
und Politik des IWF in Frage. Zwar kann der Vorwurf der
Wettbewerbseinschränkung durch bestimmte Barter-Praktiken und des
handelshemmenden Bilateralismus momentan mit gewissem Recht erhoben werden;
aber man muß erkennen, daß er sich gegen Erscheinungen richtet, die ihre
tiefere Ursache im Weltliquiditätssystem als solchem haben.
Die Charakterisierung von Barter als "Degeneration
des Welthandels" (53) verkennt vor allem die zukunftsweisende
Grundstruktur des im Barter-Geschäft verkörperten Prinzips der Gegenseitigkeit:
Zwar verzeichnen die zur Zeit noch vielfachen bilateralen Tauschgeschäfte im
Vergleich zu dem mit internationalen Zahlungsmitteln finanzierten Welthandel
Informationskosten (gegenseitige Bedürfnisharmonisierung) und
Transaktionskosten. Die elektronischen Informationssysteme senken aber den
hohen Aufwand zur Informationsgewinnung und ermöglichen auf diese Weise eine
Multilateralisierung des Tauschgeschäftes. Es gibt bereits eine Reihe von
Unternehmen, die sich auf die Vermittlung der Internationalen Mehrecktauschgeschäfte
spezialisieren, wie z.B. die "Counterpurchase Credit Exchange" in
London, eine Art Tauschbörse für den internationalen Tauschhandel, wo die
meisten Teilnehmer über Datenfernübertragungseinrichtungen direkt angeschlossen
sind.
Auch zeichnet sich ein internationaler Kooperationsprozeß
zwischen den einzelnen nationalen Barter-Clubs ab. Das Problem der
Kompatibilität zwischen den einzelnen Verrechnungseinheiten könnte durch die
Verwendung einer internationalen künstlichen Recheneinheit, wie z.B. der
bereits vorhandenen und in privaten Transaktionen schon weit verbreiteten
europäischen Recheneinheit ECU, gelöst werden.
Die fortschreitende Automatisierung rückt solche
internationalen Barter-Systeme in den Bereich des Machbaren. Die Idee ist
allerdings nicht neu. Den Vorschlag eines Barter-Clubs auf internationaler
Ebene zwischen den einzelnen Nationen machte bereits Keynes im Jahre 1943, und
zwar in dem schon erwähnten Konzept, das als "Keynes-Plan" in die
Währungsgeschichte eingegangen ist.
VI. Der "Keynes-Plan" Vorschlag für einen
supranationalen Barter-Club
Der Zusammenbruch des Goldwährungssystems und die
Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren bildeten den Anlaß für eine Reihe von
Plänen zur Neugestaltung der Weltwährungsordnung und zur dauerhaften Lösung des
internationalen Liquiditätsproblems. Als realistische Vorschläge zur
Neugestaltung des Nachkriegswährungssystems standen während der sogenannten
Bretton-Woods-Konferenz im Jahre 1944 der amerikanische White-Plan und der
englische Vorschlag einer "Clearing Union" von Keynes zur Diskussion.
Nach dem 2. Weltkrieg wurden im sog. Bretton-Woods-System vorwiegend die
amerikanischen Vorschläge von White berücksichtigt: ein System fester
Wechselkurse mit indirekter Goldbindung und mit dem amerikanischen Dollar im
Mittelpunkt. Mit seinem Plan zur Errichtung einer Art Weltzentralbank als
Verrechnungszentrale (Clearing-Union) zwischen den einzelnen Nationen mit einer
fiktiven Recheneinheit "Bancor" war Keynes nicht nur seiner Zeit
voraus, sondern dieser Vorschlag verstieß auch gegen die ökonomischen und
politischen Interessen der USA, der wirtschaftlichen Siegermacht des 2.
Weltkrieges.
Der damals abgelehnte Vorschlag hat aber nichts an
Aktualität eingebüßt. Viele der aktuellen Ansätze zur Reform des Weltwährungssystems
gehen auf den Keynes-Plan zurück. Auch wegen der überraschenden Ähnlichkeit mit
der Struktur und Funktionsweise des Barter-Clubs sollte auf diesen Vorschlag
näher eingegangen werden.
Der ideenhistorische Hintergrund des von Keynes vorgeschlagenen
Systems ist nicht eindeutig. Der Plan geht u.a. zurück auf theoretische
Überlegungen von Wicksell zu einer "Idealbank" mit ausschließlich
bargeldlosem Zahlungsverkehr ohne Abhebungen, bei der sämtliche
Wirtschaftssubjekte ein Konto unterhalten (55). Für eine solche Bank existiert
kein Liquiditätsproblem, da sie immer zahlungsfähig ist. Eine solche
Zentralbank, übertragen auf Weltebene mit einer nicht konvertiblen
Weltwährungseinheit, könnte dementsprechend auf Reserven verzichten. Den
Vorschlag einer Weltzentralbank hatte Keynes bereits im Jahre 1930 in seinem
Buch "Vom Gelde" gemacht. (56)
Zweitens erinnert die International Clearing Union mit
der Verrechnungseinheit Bancor an die historischen Girobanken in Amsterdam und
Hamburg im 17. und 18. Jahrhundert, wo eine reine Verrechnungseinheit und ein
Clearingsystem die Vorläufer der einheitlichen Währungseinheit und einer
Zentralbank auf nationaler Ebene waren. Dementsprechend könnte die
International Clearing Union mit der Recheneinheit Bancor als Grundlage für
eine Weltzentralbank bzw. für ein supranationales Weltgeld dienen.
Drittens berücksichtigte Keynes die Evolution in den
nationalen Geldsystemen, die durch die Entmaterialisierung des Geldes, den
Übergang von Waren- zu Kreditgeld und durch das Vordringen des bargeldlosen
Zahlungsverkehrs gekennzeichnet war. Auch auf internationaler Ebene sollte die
Rolle des Goldes als internationales Zahlungsmittel durch ein bargeldloses
Kreditgeld substituiert werden, um damit deflationäre Prozesse durch Geldhortung
zu verhindern: "The substitution of a credit mechanism in place of
hoarding would have repeated in the international field the same miracle,
already performed in the domestic field, of turning a stone into bread"
(57).
Die unmittelbaren Anstöße zu den Überlegungen von Keynes
waren die deutschen Vorstellungen für eine währungspolitische Neuordnung nach
dem Krieg. Im Jahre 1940 sollte Keynes berufsmäßig Stellung nehmen zu den
Vorschlägen von Walther Funk, Reichswirtschaftsminister und Präsident der Deutschen
Reichsbank. Funk plante ein europäisches multilaterales Clearingsystem
losgelöst vom Gold mit festen Wechelkursen und die Reichsmark als Mittelpunkt
("das europäische Zentral Clearing") (58). Mit den Ländern außerhalb
Europas sollten Tauschgeschäfte das Liquiditätsproblem umgehen.
Statt einer Verteidigung des alten Goldstandards übernahm
Keynes einige grundlegende Gedanken von Funk, womit er sich natürlich heftiger
Kritik in seinem Heimatland aussetzte (59). Nach Keynes sollte die zukünftige
internationale Liquidität sich nach dem internationalen Austausch von Gütern
und Dienstleistungen richten und in einem Verrechnungssystem zur Erleichterung
dieser Tauschgeschäfte dienen: "It did not mean direct barter, but one
trading transaction must necessarily find its counterpart in another trading
transaction sooner or later" (60). Wie in einem reinen Tauschsystem
sollten im internationalen Währungssystem Mechanismen eingebaut werden, die
eine Liquiditätsspeicherung der Überschußländer und damit langfristige Zahlungsbilanzungleichgewichte
verhinderten. Diese theoretischen und zum Teil historischen Anregungen führten
letztendlich im Jahre 1943 zu folgenden Grundbestandteilen des
"Keynes-Plans" (61):
- Zur Verrechnung der internationalen Transaktionen
zwischen den Mitgliedsländern der Clearing Union wird für jedes Land ein
Girokonto bei einer Zentralstelle geführt. Die Recheneinheit, deren Wert an
Gold gekoppelt ist, heißt "Bancor".
- Es gibt einen geschlossenen Bancor-Kreislauf.
Bancor-Guthaben können zwar durch Goldeinzahlungen gebildet werden; eine
"Barabhebung" der Guthaben in Gold aber ist nicht möglich. Diese
"one-way convertibility" ist nach Keynes ein essentieller
Bestandteil: "No member state would be entitled to demand gold from the
Clearing Union against its balance of bancor; for bancor is available only for
transfer to another clearing account" (62). Insgesamt ergeben sich
also automatisch Guthaben und Überziehungskredite in gleicher Höhe.
- Die Länder mit Zahlungsbilanzdefiziten dürfen bis zu
einer bestimmten Quote ihr Bancor-Konto überziehen, allerdings nur zur
kurzfristigen Defizitfinanzierung. Die Clearing Union dient nicht zur
langfristigen Entwicklungsfinanzierung. Dazu sollte neben der Clearing Union
eine zusätzliche Institution (vgl. die spätere Weltbank) geschaffen werden.
- Es sind symmetrische Anpassungsregelungen vorgesehen,
d.h. nicht nur die Defizitländer, sondern auch die Überschußländer stehen unter
Anpassungszwang. Zur Verhinderung der Bancor-Guthabenbildung sollen die
Überschußländer bei einer bestimmten Quote expansive Maßnahmen ergreifen
(inländische Kreditschöpfung, Aufwertung, Importförderung usw.).
- Für die Überziehungskredite wird ein Zins von 1 %
erhoben bis zur Inanspruchnahme eines Viertels der Quote. Weitere
Überziehungskredite werden mit einer progressiven Zinsstaffelung belastet.
Bemerkenswert ist aber der negative Zins auf Bancor-Guthaben in gleicher Höhe
(1 %) und Staffelung. Das Ansammeln von Bancor-Liquidität sollte damit
verhindert werden. Notfalls war sogar eine Streichung der Guthaben geplant.
"Liquiditätsüberschüsse der Gläubigerländer sollten nicht inaktiv werden,
sondern im System der Clearing Union möglichst rasch Ausgleichstendenzen in den
Schuldnerstaaten unterstützen". (63)
Die wesentlichen Elemente gegenüber dem damaligen
White-Plan und dem heutigen Währungssystem sind also die gesteuerten
Ausgleichsmechanismen für internationale Liquidität (64) durch die konsequente
Anwendung des multilateralen Clearingprinzips, die supranationale
Recheneinheit, der negative Zins auf Guthaben, die untersagte
"Barabhebung" und die Anpassungslast für die Gläubigerländer. Der
White-Plan sah dagegen eine weitere Vorherrschaft des amerikanischen Dollars,
eine Konvertibilität der Guthaben in Gold und eine Verzinsung der Überschüsse
vor. Er entsprach damit weitgehend den Interessen der Gläubigerländer. Der
amerikanische Widerstand richtete sich vor allem gegen die Anpassungslast für
die Gläubigerländer (die USA war seit dem Jahre 1917 und vor allem nach dem 2.
Weltkrieg in der Position eines Weltgläubigerlandes), gegen die weitgehende
Loslösung der Goldwährung, gegen die Verdrängung des Dollars als
Weltzahlungsmittel und gegen den für das US-Banksystem ungewohnten
Überziehungskredit. (66)
Keynes argumentierte, daß die Gläubigerländer zwar durch
die Clearing Union eine Einschränkung ihrer Exporte und Förderung der Importe
hinnehmen müßten, aber insgesamt von dem System profitieren würden, denn ohne
diese Umlaufsicherung der internationalen Liquidität würde der Welthandel und
würden ihre eigenen Exporte niedriger ausfallen. "It would not involve,
as would the importation of gold, the withdrawal of this purchasing power from
circulation or the exercise of a deflationary and contractionist pressure on
the whole world, including in the end the creditor country itself" (67).
Genau das gleiche Argument gilt für den nationalen
Barter-Club - die unbeabsichtigte Kopie des Keynes-Plans auf mikroökonomischer
Ebene - wo die gleichen Mechanismen einen zusätzlichen, sonst nicht
zustandskommenden Umsatz bewirken. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß Keynes
mit seinem Clearing Union-Vorschlag am Ende seines Lebens die Theorie von einer
Liquidität, die mit Durchhaltekosten belastet wird, praxisorientiert umgesetzt
hat: in seiner "General Theory" (1936) hatte er den von Gesell
konzipierten Vorschlag zu einem mit Durchhaltekosten belasteten Bargeld als
gesund, aber in der Praxis nicht durchführbar bezeichnet. Aber "es ist in
der Tat möglich, daß Mittel gefunden werden könnten, um ihn in bescheidenem
Rahmen in der Wirklichkeit anzuwenden“ (68).
In den 30er Jahren gab es eine Reihe von Projekten in
Deutschland, in denen man erfolgreich - wie beim Keynes-Plan - bei dem sich
dafür anbietenden Giralgeld angesetzt hat: Dort gab es die sog.
Ausgleichskassen, Arbeitsgemeinschaften oder auch Verrechnungsgesellschaften
genannt; Tauschringe auf Basis des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, die man als
Vorläufer der aktuellen Barter-Clubs bezeichnen kann. Da Keynes sich intensiv
mit Gesell und seinen Nachfolgern auseinandergesetzt hat, wäre es möglich, daß
er diese Projekte gekannt und daß sein Clearing Union-Vorschlag letztlich dort
seinen geistigen Ursprung hat.
Mit seinem wohlfahrtspolitischen Instinkt hat Keynes die
Internalisierung der externen Effekte der Liquiditätsproduktion - nämlich mit
Kosten für die Inanspruchnahme von Liquidität - wohl richtiger gesehen als
seine wohlfahrtstheoretischen Nachfolger und als die Monetaristen, die durch
Prämierung von Kassehaltung eher eine Verstärkung der externen Effekte
hervorrufen werden.
Die heutige weltweite Schuldenkrise, die leicht zu einem
Finanzkollaps eskalieren kann, macht die gegenseitige Abhängigkeit der
Gläubiger und Schuldner deutlich. Eine strukturelle Lösung ist nicht in Sicht
und die Gläubiger setzen auf Zeitgewinn durch Umschuldungsabkommen, Moratorien
und neue Kredite. Die supranationale, weltstaatliche Lösung des internationalen
Liquiditätsproblems nach Keynes würde die Existenz einer Weltzentralbank und
damit, historisch gesehen, auch einer Art Weltregierung voraussetzen. Auch
Keynes sah die Clearing Union als Bestandteil einer supranationalen
Einrichtung. "The Union might become the pivot of the future economic
government of the world" (69). Diese Vorstellung entsprach der
"staatlichen Theorie des Geldes" (G.F.Knapp) (70), wonach die
Geldemission und die Sicherung seines Innen- und Außenwertes Staatssache ist.
Diese am Anfang dieses Jahrhunderts vorherrschende Theorie hat sich bis heute
in den Köpfen der Geld- und Währungstheoretiker, aber auch in der Praxis fest
verankert. Demnach könnte sich ein derartiges Clearingsystem auf Weltebene nur
durch die Gründung einer Weltzentralbank oder durch eine ähnliche Reform des
IWF erreicht werden. Der IWF verhält sich zwar jetzt schon in der Durchsetzung
seiner wirtschaftspolitischen Auflagen für die Defizitländer als eine
Weltbehörde. Wie aber damals in Bretton-Woods würde eine derartige
Weltwährungsreform wegen des Verlustes der währungspolitischen Souveränität und
wegen der unterschiedlichen kurzfristigen Interessen der Mitgliedsländer auf
Widerstand stoßen.
Aufgrund der "weltstaatlichen Theorie des
Geldes" wäre also eine derartige Lösung des Liquiditätsproblems utopisch.
Die vorher (und in § 12) diskutierten privatwirtschaftlichen Lösungen zeigen
aber, daß auf eine weltstaatliche Liquiditätsversorgung verzichtet werden kann.
Wie auf nationaler Ebene können multilaterale Verrechnungsnetze eine Lösung
auch auf internationaler Ebene herbeiführen.