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Inhaltsverzeichnis: Optimale
Liquidität
1. Kapitel
LIQUIDITÄTSNUTZEN UND LIQUIDITÄTSKOSTEN AUS
MIKROÖKONOMISCHER SICHT
§ 1 Der liquiditätstheoretische Ansatz
I. Einstiegsfragen
Monetäre Liquidität bietet Annehmlichkeiten; denn mit
Geld tauscht es sich leichter als mit Kartoffeln, Kühlschränken oder
Antiquitäten. Monetäre Liquidität verursacht aber auch Kosten; denn das Geld in
der Kasse kostet den entgangenen Nutzen seiner anderweitigen Verwendung
(Opportunitätskosten) und, wenn es geliehenes Geld ist, zusätzlich dazu die
Zinsen, die man dafür zu entrichten hat.
Wenn aber mit Kassehaltung Nutzen und Kosten einhergehen,
drängt sich eine Reihe von Fragen auf: In welchem Verhältnis stehen die Nutzen-
und Kostenströme zueinander, die mit Kassenbeständen verbunden sind? Welche
Stromsalden ergeben sich? Wie wirken sich etwaige Salden auf das
Entscheidungsverhalten der Kassehalter aus? Welche Antriebs-, Lenkungs-,
Allokations- und Verteilungseffekte gehen mit Kassehaltung einher oder sind
sonst durch Eigenschaften der monetären Liquidität verursacht? Hat man es bei
der jeweiligen Struktur der Salden von Zu- und Abströmen mit unveränderlichen
ökonomischen Vorgegebenheiten und Daten zu tun, oder läßt sich das Gefüge der
Ströme und Salden nach wirtschaftspolitischen, vor allem nach
ordnungspolitischen Erkenntnissen beeinflussen und verbessern?
Die Antworten auf diese Fragen führen zu aufschlußreichen
Einsichten. Damit aber der sehr einfache Grundgedanke, um den es dabei
letztlich geht, nicht im Gestrüpp der vielen Einzelheiten, die alle auch
bedacht sein wollen, verdeckt bleibt, soll dieser Grundgedanke in seinen
wesentlichen Zügen hier knapp und straff vorweg beschrieben werden (§ 1), bevor
dann der Liquiditätsnutzen (§ 2) und die Liquiditätskosten (§ 3) als solche
genauer betrachtet und eindringlicher miteinander in Beziehung gesetzt werden
(§ 4). Daraus resultieren dann zwar einige Wiederholungen; aber Wiederholungen
empfehlen sich ohnehin, wenn es gilt, sich mit ungewohnten Überlegungen und
Einsichten vertraut zu machen, um sie dann kritisch prüfen und beurteilen zu
können. Außerdem sind einige wenige terminologische Vereinbarungen
erforderlich, die das weitere Vorgehen erleichtern.
II. Die mikroökonomische Perspektive
Den Nutzen und die Kosten von Liquidität, von denen jetzt
im ersten Kapitel die Rede ist, nutzt und trägt der Kassehalter selbst. Man
schaut dabei durch die Augen von Kassehaltern und hält fest, was an intern
relevanten Vorgängen in ihr Gesichtsfeld kommt, um es zu analysieren und zu
ordnen. Das ist zugleich eine mikroökonomische Perspektive. Diese Perspektive
bringt einen "subjektiven" Akzent insofern, als die Bewertung der
Eigenschaften von Liquidität als "nützlich" oder
"nachteilig" und "kostenträchtig" von demjenigen abhängt,
um dessen Liquidität es gerade geht.
Aber die Vorteile des einen sind oft die Nachteile der
anderen, und besonders in der Ökonomie geht mit des einen Haben das Soll des
anderen einher. Auch sind der individuelle Nutzen und das Gemeinwohl nicht ohne
weiteres immer so miteinander verbunden, daß mit dem einen auch das andere
steigt. Also darf man in die folgenden Untersuchungen nur eindringen unter dem
Vorbehalt, daß sich die Horizonte verschieben und die Einschätzungen ändern
können, wenn man später die Kassehalterperspektive verläßt und im zweiten und
dritten Kapitel gesamtwirtschaftliche Standpunkte einnimmt: Was z.B. für die
einzelnen Wirtschaftssubjekte als Kassehalter ihre hochgeschätzte
"Kasse" ist, der ihre "Neigung zur Liquidität" (Keynes)
gilt, - das erscheint aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bekanntlich als eine
Liquidität, die gerade noch nicht aktuell transaktionswirksam ist, nämlich als
nur potentielle Liquidität, deren Wirksamkeit noch von weiteren Faktoren
abhängt. So gesehen beginnt die volkswirtschaftliche Liquidität eigentlich erst
genau dort, wo die "subjektive", betriebswirtschaftliche Liquidität
(noch als Kassenbestand aufgefaßt) aufhört: nämlich in dem Augenblick, in dem
die Kasse um den betroffenen Betrag geleert, das Geld ausgegeben und in eine
andere Kasse befördert wird (Geldfluß).
Wenn also jetzt viel von "Liquidität" und ihren
Eigenschaften die Rede sein wird, so gilt es stets zu bedenken: Man muß nur die
ökonomischen Horizonte etwas anders wählen, und schon erscheint nicht mehr das
Geld, das in der Kasse bereitgehalten wird, als "Liquidität", sondern
das Geld, das die Kassen wechselt und zu diesem Zwecke eine Kasse verläßt.
III. . Liquidität aus der Sicht von Kassehaltern
1. Opportunitätsnutzen der Liquidität
"Liquide" im Sinne der hier behandelten
"monetären Liquidität" ist, wer Geld in der Kasse oder ein
Sichtguthaben auf dem Girokonto hat. Mit dieser Liquidität sind die
ökonomischen Vorzüge einer vollen Kasse verbunden: jene Liquiditätsvorteile,
denen die schon erwähnte Keynes'sche "Neigung zur Liquidität" gilt
und die seit Keynes mit den Stichworten "Transaktionskasse",
"Spekulationskasse" und "Vorsichtskasse" umschrieben
werden. (Die Spekulations- und Sekuritätsvorteile von Liquidität freilich
hängen aufs Engste zusammen mit den Transaktionsvorteilen; sie sind eigentlich
nur deren Abkömmlinge. Deshalb ist es legitim, wenn unten in § 4 die
Spekulationskasse und die Vorsichtskasse als in der Transaktionskasse
miteinbegriffen behandelt werden, um die Kassen auf andere Weise nach
Funktionen in "Emissionskasse", "Transaktionskasse" und
"Anlegerkasse" zu unterscheiden).
Es ist sinnvoll, den Nutzen der Liquidität als "Opportunitätsnutzen"
zu bezeichnen. Zum einen handelt es sich um genau denjenigen Nutzen, den der
Kassehalter mit "Opportunitätskosten" erkauft: Wer sich für
Kassehaltung in bestimmter Höhe entscheidet, verzichtet darauf, diese
Liquidität anderweit zu verwenden und den Nutzen etwa von Konsum- oder
Investitionsgütern einzustreichen. So entspricht der Opportunitätsnutzen der
Liquidität ihren Opportunitätskosten. Zum anderen aber handelt es sich bei den
Vorteilen aus der Liquidität um Möglichkeiten und Chancen, also um günstige
"Opportunitäten", so daß die Bezeichnung auch recht gut direkt das
ausdrückt, womit man es zu tun hat. Drittens kann man von
"Opportunitätsnutzen" bei der Liquidität auch insofern reden, als es
sich dabei um die vermiedenen Kosten einer anderweitigen Verwendung handelt:
Wer seine Liquidität aufgibt und sich festlegt, bezahlt dafür z.B. mit
Unbeweglichkeit. Auch insoweit erscheint der "Opportunitätsnutzen"
als das begriffliche Gegenteil der vertrauten "Opportunitätskosten".
2. Eigenliquidität und Fremdliquidität
Wie ein Unternehmer mit eigenem oder fremdem Kapital
arbeiten kann, so kann man auch danach unterscheiden, ob jemand eigene oder
fremde Liquidität in der Kasse hat. Tatsächlich handelt es sich bei der
monetären Kaufkraft und Liquidität in der Kasse um Aktiva. Also steht nichts im
Wege, auch bei liquiditätstheoretischen Überlegungen entsprechend der
Unterscheidung zwischen "Eigenkapital" und "Fremdkapital"
von "Eigenliquidität" und "Fremdliquidität" zu sprechen, je
nachdem, ob Jemand eigene oder geliehene Liquidität in der Kasse bereit hält.
Die Unterscheidung erleichtert es, sich über liquiditätstheoretisch erhebliche
Befunde, Unterschiede und Zusammenhänge zu verständigen. (Später, insbesondere
in § 11 II, wird man noch genauer hinschauen müssen. Da Geld sowohl Kaufkraft
als auch Liquidität verkörpert, bleibt sorgfältig zu identifizieren, was im
Einzelfall "fremd" ist: die monetäre Kaufkraft oder die Liquidität
oder beides oder beides nicht!)
3. Kosten von Fremdliquidität
Eigenliquidität verursacht praktisch keine Aufwendungen. Der Laie empfindet sie als "kostenlos". Mit ihr verbunden sind nur Opportunitätskosten, also der entgehende Nutzen einer anderweitigen Verwendung der Liquidität. Fremdliquidität hingegen ist nicht nur mit den gleichen Opportunitätskosten wie die Eigenliquidität verbunden, sondern der Kassehalter muß dafür die Zinsen aufwenden, die er an seinen Geldgeber für die zeitweilige Überlassung der monetären Liquidität zu entrichten hat. Fremdliquidität nämlich hat ihren Preis. Die Zinsen sind der Preis, den der Kreditgeber dafür fordert, daß er zeitweilig auf den Nutzen seiner Liquidität verzichtet.
4. Korrelationen zwischen Nutzen und Kosten von
Liquidität
a) Fremdliquidität bietet dem, der sie vorhält,
sowohl Nutzen als auch Kosten: Zum einen genießt er die Annehmlichkeiten der
Transaktionskasse, Spekulationskasse und Vorsichtskasse, also den
Opportunitätsnutzen von Liquidität. Zum anderen trägt er Liquiditätskosten in
Gestalt der Zinsen, die er für das geliehene Geld zahlt. So fallen in seiner
Person Nutzen und Kosten zusammen.
Da es sich bei dem Zins im idealtypischen Falle um den
Marktpreis eben jener Liquidität handelt, die der Betroffene in seiner Kasse
als Fremdliquidität bereithält, entsprechen die Kosten, die er trägt, ungefähr
dem ökonomischen Marktwert des Nutzens, den er genießt. Der Opportunitätsnutzen
der Liquidität und die Kosten der Fremdliquidität sind insoweit
volkswirtschaftlich weitgehend "äquivalent". Aber sie sind nicht nur
in diesem Sinne "äquivalent", sondern auch deckungsgleich
("kongruent"), nämlich insofern, als sie bei ein und derselben Person
zu Buche schlagen und sich daher bei ihr abdecken und ausgleichen. Der
Nutzenzustrom von Fremdliquidität entspricht dem Kostenstrom, der mit ihr
verbunden ist. Zustrom und Abstrom saldieren sich zu Null. Die Kosten
kompensieren oder neutralisieren den Nutzen. Solche Fremdliquidität kann, was
die mit ihr verbundenen Ströme von Nutzen und Kosten betrifft, als
"neutrale Liquidität" bezeichnet werden.
b) Eigenliquidität dagegen ist nicht mit
Aufwendungen verbunden, die ihrem Marktpreis entsprechen. Dem Nutzenstrom der
Opportunitätsvorteile von Eigenliquidität steht kein irgendwie auch nur
annähernd äquivalenter Aufwendungsstrom gegenüber. Keine Aufwendungen gleichen
den Nutzen aus. Liquiditätsnutzen und Liquiditätskosten sind weder äquivalent
noch kongruent. Also ist Eigenliquidität, was den mit ihr verbundenen
Nettonutzenzustrom betrifft, keine "neutrale Liquidität".
c) Ausgegebene Fremdliquidität hinterläßt ihre
Kosten bei demjenigen, der sich die Fremdliquidität zu Zahlungszwecken besorgt
hat: sei es, daß er sich ein Investitionsgut, sei es, daß er sich ein Konsumgut
auf Kredit erwerben, sei es, daß er eine Schadensersatzforderung begleichen
oder zu welchen Zwecken sonst auch immer Geld ausgeben wollte oder mußte.
Bezahlt der Kreditnehmer mit dem geliehenen Geld seine
Schuld, so verliert er die damit erworbene und verbundene Liquidität. Aber er
schuldet dafür nach wie vor die Zinsen. Er zahlt also weiterhin den "Preis
für die zeitweilige Überlassung monetärer Liquidität", obwohl er gar nicht
mehr liquide ist. Wer sich den Nutzen von Liquidität in Form von
Fremdliquidität besorgt, deren Kosten während der gesamten Laufzeit des
Kredites bei ihm hängenbleiben, wird das also nur tun, wenn er entweder unter
Zwang steht, also z.B. eine Schadensersatzschuld befriedigen muß, oder wenn ihm
der Nutzen des Gutes, das er erwerben möchte, größer erscheint als die
Liquidisierungskosten, die er dafür in Gestalt der Zinsen übernehmen muß. Den
Nutzen der Liquidität genießen Dritte: die Zahlungsempfänger; und die genießen
sie wieder als Eigenliquidität, also ohne die Liquiditätskosten, die beim
Kreditnehmer hängengeblieben sind.
Der Kreditgeber, der seine Eigenliquidität vermarktet
hat, bleibt weiter im Genuß ihrer ökonomischen Nützlichkeit: Zinserträge treten
für ihn an die Stelle des Opportunitätsnutzens seiner Liquidität. Soweit er nur
sicher ist, sein Geld nach Ablauf der Kreditfrist zurückzuerhalten, kann es ihm
auch egal sein, was der Kreditnehmer mit der Fremdliquidität anfängt: ob er
damit Kasse hält, ob er damit Konsumgüter oder Investitionsgüter erwirbt oder
ob er damit eine Schadensersatzschuld tilgt.
Der Kassehalter, der seine Fremdliquidität ausgibt,
erlangt dafür allerdings die Befreiung von einer Schadensersatzschuld oder den
Nutzen eines Konsumgutes bzw. eines Investitionsgutes. Aber es ist unter
lenkungspolitischen Gesichtspunkten schon fragwürdig, daß dabei die Tilgung
einer Schuld, der Nutzen eines Konsumgutes und der Nutzen eines
Investitionsgutes über den gleichen Kamm geschoren und mit schematisch gleichen
Kosten belastet erscheinen.
So wie die Eigenliquidität beim Kassehalter einen
Nettonutzenzustrom mit sich bringt, der mit der Vermarktung des
Liquiditätsnutzens zu einem Ertragsstrom wird, so bleibt beim Kreditnehmer, der
seine Fremdliquidität weiterreicht, der Kostenstrom hängen, der für ihn mit
seiner Fremdliquidität verbunden war. Dieser Kostenstrom der monetären
Fremdliquidität bestimmt für ihn den Eintrittspreis, den er zahlen muß, wenn er
die Vorteile anderer ökonomischer Güter nutzen oder sich auch nur von einer
Schuld befreien will, aber zur Zeit gerade nicht über eigene Liquidität
verfügt. Der Preis der Fremdliquidität macht die Gegenwartspräferenz kostspielig.
Sobald also Fremdliquidität ausgegeben wird, sind
ökonomischer Nutzen und ökonomische Kosten der Liquidität nicht mehr
"kongruent", sondern gehen eigenartige abweichende Wege. Dabei bleibt
die Eigenschaft der monetären Fremdliquidität, kostspielig zu sein, an den
wirtschaftlichen Gütern hängen, die damit erworben werden.
IV. Liquiditätstheoretische Hypothesen
Wenn Nutzenstrom und Kostenstrom von Liquidität nicht in
jedem Falle "kongruent" sind, dann gehen mit Liquidität
gegebenenfalls Nettokostenströme und Nettonutzenströme einher, deren
volkswirtschaftliche Folgen sich in drei Hypothesen andeuten lassen, um deren
Verifizierung bzw. Falsifizierung es im weiteren u.a. gehen wird:
1. Ordnungspolitische Ausgangshypothese
Sind Nutzenstrom und Kostenstrom nicht kongruent, wird
der ordnungspolitische Grundsatz verletzt, daß derjenige, der irgendwelchen
Nutzen genießt, auch die damit verbundenen Kosten tragen soll. Daraus ergibt
sich die Hypothese: Die Mißachtung eines so grundsätzlichen Prinzips an so
zentraler Stelle, nämlich beim allgemeinen Tauschmittel Geld, läßt vermuten,
daß im heutigen monetären System von Kaufkraft, Liquidität und Kredit ein
grundlegender ordnungspolitischer Konstruktionsfehler steckt, dessen negative
Auswirkungen und Fernwirkungen weit hineinreichen in die gesamte
wirtschaftliche und übrige soziale Wirklichkeit. Auch kann erwartet werden, daß
die Beseitigung des Konstruktionsfehlers nicht nur punktuelle, sondern ebenso
weitreichende positive Auswirkungen auf das gesamte sozio-ökonomische System
haben würde.
2. Kapitalkosten als Liquidisierungskosten
Erwirbt ein Unternehmen Produktionsanlagen mit geliehenem
Geld, so trägt es "Kapitalkosten" in Gestalt der Zinsen. Wenn aber
Zinsen sowohl ihrem Anlaß als auch ihrer sachlichen Qualität nach der Preis
sind für die zeitweilige Überlassung von monetärer Liquidität, dann sind jene
Kapitalkosten künstliche, nämlich geldbedingte Liquidisierungskosten, die einen
eigenartigen und womöglich dysfunktionalen hohen Standard für die Rentabilität
der erworbenen Produktionsmittel setzen: und zwar deshalb, weil sie beim
Kreditnehmer hängenbleiben und betriebswirtschaftlich dem Gut zugerechnet
werden, das auf Kredit erworben wird.
Das monetäre System von Kaufkraft, Liquidität und Kredit
hinterläßt bei jeder Kreditvergabe eine liquiditäts- und kredittechnisch
verursachte Kostenschleppe beim Investor (oder Konsumenten) und einen ebenso
geldbedingten Ertragsstrom beim Anleger. Da sich der Konsument oder Investor,
der nicht liquide ist, monetäre Liquidität letztlich in der Regel nur
verschafft, um eine Transaktion abwickeln zu können, sind seine
Liquidisierungskosten letztlich Transaktionskosten. Soweit sie dann als
Kostenschleppe beim erworbenen Investitionsgut hängenbleiben, werden sie als
"Kapitalkosten" erfahren und etikettiert. Das wiederum hat zur Folge,
daß der wahre Charakter der Liquidisierungskosten, nämlich ihr Charakter als
Kosten einer einmaligen Transaktionsbereitschaft, unter dem besonderen Namen
"Kapitalkosten" und den Vorstellungen, die man daran knüpft, verdeckt
bleibt.
Weil an den Investitionsgütern dysfunktional verrechnete
Transaktionskosten hängenbleiben, kann sich die spezifische Knappheit der je
individuellen Investitionsgüter auf dem Markt nicht unverfälscht in
individuellen Preisen ausdrücken, ohne daß eine durch das Transaktionsmittel
"Geld" verursachte künstliche Knappheit die Bestandhaltepreise
verfälscht, die Gegenwartspräferenz verteuert und eine optimale Allokation
verhindert. So knapp und teuer wie die monetäre Transaktionsbereitschaft
"Liquidität", so knapp und teuer sind schematisch zunächst einmal
sämtliche Produktionsmittel für diejenigen, die damit arbeiten wollen. Die
Rentabilitätslinie wird parallel nach oben verschoben, die Eintrittsschwelle
für Konsum auf Kredit ebenfalls.
So zwingt die Liquiditätstheorie zu einer Überprüfung und
Rekonstruktion der Kapitaltheorie von ihren liquiditätstheoretischen Grundlagen
her. Es könnte sein, daß sich die Kapitaltheorie, soweit sie
"Geldkapital" betrifft, in die Liquiditätstheorie auflöst.
3. Externe Effekte
Die Inkongruenz von Liquiditätsnutzen und
Liquiditätskosten bedeutet auch, daß, wohlfahrtstheoretisch ausgedrückt,
"externe Effekte" auftreten. Es ist zu vermuten, daß die hier
behandelten liquiditätstheoretischen Einsichten auch in der Wohlfahrtsökonomie
weiterhelfen können. Man wird also der Frage noch genauer nachgehen müssen,
welche Beiträge zur Produktion von Liquidität zu welchen externen
Liquiditätsvorteilen und welche Handhabungen von Liquidität womöglich zu
externen Kosten führen, um dann nach Möglichkeiten und Strategien einer
Internalisierung der externen Effekte zu suchen, die die Wohlfahrtsdefizite
durch externe Effekte verringern.