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Folgender Text wurde im August 2002 von Jonas von Poser entdeckt in:

 

Band 18 der Schriftenreihe:

Wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsrechtliche Untersuchungen

Herausgegeben vom Walter-Eucken-Institut in Freiburg i. Br.

 

Der Band heißt:

Geldordnung und Geldpolitik in einer freiheitlichen Gesellschaft

Tübingen 1982

S. 91 – 116

Herausgeber Joachim Starbatty

 

Von W. Roehrig wurde er im Dezember 2002 gescannt und ins Netz gepackt.

 

Der Text als PDF.

 

 

 

Inhalt:

 

DIETER SUHR:

Die Geldordnung aus verfassungsrechtlicher Sicht

 

I. Zur vorgegebenen Geldordnung

1. Monetärer Interventionismus

2. Zu den Auswirkungen der Inflation auf Rechtsverhältnisse

3. Ein Knotenpunkt im Ursachennetzwerk der Inflation

 

II. Zur Möglichkeit alternativer Geldordnungen

1. Konzepte der Geldtheorie

2. Das Notenmonopol der Bundesbank

 

III. Die Geldordnung aus materiell-verfassungsrechtlicher Sicht

1. Geld und Freiheit

2. Geld und Gleichheit

3. Geld und Eigentum

4. Geld uns sozialer Rechtsstaat

5. Fragen des Verfassungsrechtlers an die Geldlehre

 

Fußnoten

 

 

 

 

 

Die Geldordnung aus verfassungsrechtlicher Sicht

 

DIETER SUHR, Augsburg

 

Überzeugungen sind dann am mächtigsten, wenn sie zur Gewohnheit werden - und zugleich merken die Menschen gar nicht mehr, wie sehr ihre Auffassungen von Gott, der Welt, den Menschen, der Freiheit, dem Staat ihr Tun bestimmen. "Gewohnheit macht das unsichtbar, worauf unsere Existenz beruht." (Hegel) Walter Eucken (1)

 

Mein Thema zielt nicht auf Geldpolitik, sondern auf Geldordnung: eine ordnungspolitische Herausforderung der Veranstalter, deren Brisanz mir erst nach und nach bewußt wurde; zugleich ein Entgegenkommen gegenüber dem Verfassungstheoretiker, denn das Denken in Verfassungen ist ein Denken in Ordnungen. Unter den Prinzipien, die die Wettbewerbsordnung konstituieren, gilt nach Walter Eucken ein "Primat der Währungspolitik" im "ordnungspolitischen Sinne": Die Währungsordnung soll kraft eines "Stabilisators des Geldwertes" möglichst "automatisch" funktionieren. (2) Solche Geldordnungspolitik ist Geldpolitik höherer Ordnung: reflexiv (3) gewordene Geldpolitik.

Die Geldordnung umfaßt die ökonomisch-faktische und die rechtlich-normative Struktur des Geldwesens. Sie wird hier mit dem Grundgesetz in Verbindung gebracht auf drei fortschreitend grundsätzlicheren Reflexionsebenen: Zunächst gilt es, die vorgegebene Geldordnung verfassungsrechtlich zu charakterisieren (unten I.), um sodann nach alternativen Geldkonzepten Ausschau zu halten, denen womöglich ein Notenmonopol der Bundesbank im Wege steht (unten II.). Schließlich müssen die Maßstäbe des Grundgesetzes herausgearbeitet und angewendet werden, mit denen die Geldordnung gemessen und die Richtung für ihre etwaige Rekonstruktion bestimmt werden kann (unten III.).

 

 

 

I. Zur vorgegebenen Geldordnung

 

"Währungsverfassung" i.e.S. bezeichnet die höherrangigen verfassungsrechtlichen Normen, die die Geldordnung konstituieren. Eine solche Währungsverfassung enthält das Grundgesetz ebensowenig wie eine durchgeformte Wirtschaftsverfassung. Es sieht nur Kompetenzen vor, richtet eine Zentralbank ein, liefert eine Finanzverfassung und steckt im übrigen bloß Grenzen in Form von Grundrechten und Prinzipien ab. Es gilt außerdem nur für die nationale Seite des inter- und transnationalen Geldwesens, so daß hier nur einige Aspekte des nationalen Ausschnittes eines fast unentwirrbaren, turbulenten internationalen Geldgeschehens beleuchtet werden können. Diese nationale Teilordnung wird durch zentrale und abliegende, direkt und indirekt wirkende, geschriebene und ungeschriebene Normen und Abmachungen konstituiert: Art. 73 Nr. 4 GG (Gesetzgebungskompetenz für das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung); Art. 74 Nr. 11 GG (Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft, insbesondere des Bank- und Börsenwesens); Art. 88 GG (Bundesbank); Art. 104a bis 115 GG (Finanzverfassung); Währungsgesetz; Münzgesetz; Bundesbankgesetz. Hinzu kommen Normen, die Einfluß haben auf Geldschulden, Preise und Löhne: Von Rechtstechniken der Wertsicherung (Spannungsklauseln, Anpassungsvorschriften für Unterhaltsleistungen, Dynamisierung von Renten usw.) über das Tarifvertragsrecht bis hin zu § 950 BGB.

 

 

1. Monetärer Interventionismus

 

Unsere Geldordnung ist interventionistisch. Als ihr formalrechtlicher Hauptakteur gilt die Bundesbank. Das Notenmonopol sichert ihr z.B. eine Interventionskompetenz für den wichtigen Parameter der Bargeldmenge. Vom interventionistischen Typ sind aber auch die Aktionen der übrigen Akteure auf dem monetären Entscheidungsfeld: Regierung, Parlament, Sozialpartner. Bei diesem monetären Interventionismus fragt sich: Wie autonom ist die Bundesbank (4) im Verhältnis zur Regierung (5) und zum Parlament (6)? Wie sind die Auswirkungen der Interventionen auf vermögenswerte Positionen und Entscheidungsspielräume der Bürger zu beurteilen (7) ? Welche Organe sind kompetent, welche Vereinbarung mit welchen Organen anderer Staaten und Staatenverbindungen in welchen Formen und Verfahren zu treffen (8) ? Alle diese Fragen setzen den Interventionismus voraus und ihre Beantwortung würde ihn befestigen. Sie versperren den Blick auf die spezifischen Verfassungsprobleme der Geldordnung: In dem Maße, wie es gelänge, den heutigen Problemen des Geldwesens mehr mit "ordnender Ratio" (9) statt mit geldpolitischen Reaktionen beizukommen, träten vielleicht einige der Rechtsfragen des derzeitigen Interventionismus in den Hintergrund. Bevor man aber dem Geldwesen mit "ordnender Ratio" zu Leibe rücken kann, muß man es auf etwaige Mängel hin analysieren, die es im Hinblick auf die Prinzipien der "ordnenden Ratio" vielleicht aufweist.

 Worauf es daher bei ordnungspolitisch und zugleich verfassungsrechtlich ausgerichteter Analyse der Geldordnung ankommt, das sind diejenigen "konstituierenden Prinzipien" (10) der wirtschaftspolitischen "ordnenden Ratio", die mit Entscheidungen des Grundgesetzes in Verbindung gebracht werden können: Vertragsfreiheit (11), Privateigentum (12); Konnexität (13) von Freiheit und Verantwortung; sowie Gleichgewichtigkeit und Ausgeglichenheit der Wirtschaft (14); - und zwar "Ausgeglichenheit" nicht nur in "bloß ökonomisch-technischer Bedeutung" einer "funktionsfähigen", sondern auch i. S. einer "menschenwürdigen" Ordnung mit "größtmöglicher Verwirklichung der Gerechtigkeit“ (15). Besonders bedenkenswert ist für den Zusammenhang zwischen Ökonomie und Verfassungsrecht, auf den es hier ankommt, auch folgender, aus der Interdependenz der Ordnungen hervorgehender "wesentlicher Grundsatz wirtschaftspolitischen Handelns": "Die ordnungspolitischen Prinzipien der Wirtschaft, sollten mit den Prinzipien anderer Ordnungen - z. B. des Staates - von vornherein abgestimmt sein.“ (16)

 Der Ordo-Gedanke dringt nicht nur auf die "Durchsetzung der ökonomischen Sachgesetzlichkeit", sondern zielt zugleich auf die Verwirklichung eines "sozialen und ethischen Ordnungswollens" (17). In der "Stilform" der aus sich heraus "Sozialen Marktwirtschaft" soll die Spannung zwischen ökonomischer Ratio und dem sozialen Anliegen eingebracht und aufgehoben sein (18). In diesen Richtungen also muß die vorgegebene monetäre Interventionsordnung hinterfragt werden. Das hat zum Teil sehr ungewohnte und daher zunächst befremdlich anmutende Ansätze und Überlegungen zur Folge. Es führt zu Einsichten, die quer zu praktischen und theoretischen Gewohnheiten liegen: Nur schwer sind die für die ordnende Ratio kritischen Elemente zu fassen, nur schwierig sind sie zu klären und schließlich in so verständliche Form zu bringen, daß sie gegen verbreitete praktische und theoretische Gewohnheiten wenigstens nachvollziehbar werden. Zunächst aber gibt die überlieferte Geldordnung noch wenigstens zwei Fragen auf, die die angesprochenen ordnungspolitischen Prinzipien berühren, ohne daß dabei die Geldordnung schon insgesamt "hinterfragt" werden müßte:

 

 

2. Zu den Auswirkungen der Inflation auf Rechtsverhältnisse

 

 Die unerwartete Entwertung von Geldforderungen ist eine Minderung verfassungsrechtlichen Eigentums; denn jedes vermögenswerte subjektive Recht des Privatrechts ist "Eigentum" i. S. des Art. 14 GG. Was der Gläubiger an Eigentumswert verliert, gewinnt der Schuldner hinzu. So treffen Kaufkraftveränderungen der Währung den Gläubiger, den Schuldner und das Gleichgewicht des Rechtsverhältnisses zwischen ihnen (19). Zwar ist weder jede Entwertung einer Geldforderung eine Eigentumsverletzung, noch jede Entwertung einer Geldschuld ein verfassungswidriges Geschenk, noch jede Balance-Verschiebung in Rechtsverhältnissen eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Aber die Inflation berührt die Grundrechtspositionen der Art. 3 und 14 (20). Grundrechte und Verfassungsprinzipien bilden freilich keine Versicherung gegen das Schicksal, und bislang handelt es sich bei Inflationsfolgen um schicksalsartige Vorgänge, so lange der Staat weder für die Geldordnung als solche, noch für Kaufkraftschwankungen der Währung allein verantwortlich ist. Zudem ist das Problem außerordentlich vielschichtig: Wertsicherungsklauseln nehmen ihm die Spitze. Wird bei erwarteter Inflation der Kaufkraftschwund durch Zinsaufschlag ausgeglichen, dann wirkt diese in das Rechtsverhältnis eingebaute "Wertsicherung" sich nunmehr nachteilig für den Schuldner aus: Entweder die höheren Zinsen schrecken ihn trotz der zu erwartenden Entwertung der Hauptschuld von seinem Geschäft ab (was dann z. B. als "Investitionsbremse" wirkt); oder er läßt sich darauf ein und muß eine entsprechend hohe Quote des aufgenommenen Geldes alsbald wieder an den Gläubiger abführen, was ihn trotz Entwertung der Hauptschuld längere Zeit stärker belastet als niedrigere Zinsen bei wertbeständiger Hauptschuld. Soll gar berücksichtigt werden, daß sich die Inflation auf mehr oder weniger erwartete Weise beschleunigt oder verlangsamt, wird die Problematik noch undurchsichtiger und unkalkulierbarer. Alles dessen bin ich mir bei den folgenden Studien der Auswirkungen einer unerwarteten Inflation auf den Idealtyp einer einfachen Geldforderung durchaus bewußt.

 Normale Geldforderungen müssen in "DM" beziffert und bezahlt werden; Wertsicherungsklauseln sind nach § 3 WährungsG verboten: ein gesetzlicher Benutzungszwang sowohl für das Schuldtilgungsmittel als auch für den Maßstab, in dem die Kaufkraftschuld gemessen wird (21). Die Folgen einer unerwarteten Inflation treffen Vertragspartner also nicht nur schicksalsartig: War und ist es ihnen doch gesetzlich verwehrt, sich gegen Verformungen des aufgezwungenen Schuldmaßstabes zu sichern (22). Soweit dieser Zwang reicht, ist die Vertragsfreiheit eingeschränkt und versagt die Vertragstreue zur Bindung der Vertragspartner an die Folgen ihrer Vereinbarung bei unerwarteter Inflation. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit durch § 3 WährungsG und ihre Folgen müssen vor der Verfassung als solche gerechtfertigt werden. Zwar handelt es sich um Besatzungsrecht, doch der Gesetzgeber ist zur Beseitigung auch von verfassungswidrigem Besatzungsrecht verpflichtet (23).

 Inwieweit darf der Staat verbieten, sich gegen Verformungen eines Geldmaßstabes zu sichern, dessen Stabilität der Staat selbst nicht garantieren kann? Was, wenn die Folgen eines solchen Verbotes bei zunehmender Inflation schleichend unzumutbarer werden? - Zwänge der Gesetzgeber die Bürger, flexible Längen-, Raum- oder Gewichtsmaße zu verwenden, so wäre das willkürlich und verfassungswidrig. Noch aber scheint es unmöglich zu sein, einigermaßen beständige Kaufkraftmaßstäbe nicht nur in Form z. B. von Warenkörben zur Verfügung zu haben, sondern auch die Kaufkraft der Währungseinheit entsprechend zu fixieren. Der Zwang, den unzuverlässigen Maßstab "DM" gleichwohl zu benutzen, muß daher im Hinblick auf Vorzüge gerechtfertigt werden, die der Benutzungszwang trotz Mängel der Maßeinheit bietet (24): z. B. Leichtigkeit, Sicherheit und Berechenbarkeit von Geldgeschäften und unternehmerischen Kalkulationen. Man befürchtet auch, daß die Freigabe von Wertsicherungsklauseln die Inflation fördern könnte, weil ein Teil ihrer Folgen neutralisiert würde (25). Dem steht insbesondere die These gegenüber, daß gerade solche Klauseln, die das Interesse von Großschuldnern an der Inflation und damit einen die Inflation fördernden psychischen Faktor beseitigen würden, ausgeschlossen seien, während andere Wertsicherungstechniken zugelassen würden, die zu intertemporären Preisfixierungen führten, welche die Inflation stabilisieren (26).

 Wie dem auch sei: Von einem bestimmten Grad nichtantizipierter Inflation an erreichen die Auswirkungen des § 3 WährungsG auf bestehende Rechtsverhältnisse ein Ausmaß, das nicht mehr zu rechtfertigen ist. Der Vermögenstransfer vom Gläubiger auf den Schuldner darf vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht als untragbar willkürlich erscheinen, und zwar "unter ständiger Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken" (27). Die verfassungsrechtliche Inhaltsausformung des Eigentums gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG findet dort ihre Grenze, wo den Eigentümer "schwere und unzumutbare Nachteile" treffen (28). Der Zwang zur Benutzung des Schuldmaßstabs "DM" erscheint um so unzumutbarer, weil er nicht etwa ein Opfer an die Allgemeinheit bewirkt, sondern ein Geschenk an den Schuldner. Der Punkt, von dem an die Inflationsfolgen untragbar willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie "schwer und unzumutbar" (Art. 14 GG) werden, hängt allerdings von der Art der Geldforderung ebenso ab wie davon, ob in das Rechtsverhältnis schon eine mehr oder weniger versteckte Wertsicherung eingebaut ist, z. B. durch Inflationsausgleich im Zins (29). Man darf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Nennwertbesteuerung der Zinsen aus Einlagen bei Kreditinstituten wohl entnehmen, daß es bei allen diesen Fragen genauer und anspruchsvoller sein dürfte als andere Gerichte und man kann vermuten, daß auch das Urteil über die Nominalwertbesteuerung der Zinsen unter heutigen oder geringfügig schlechteren Inflationsbedingungen anders ausfallen würde. Denn damals (1978) fiel für das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich "ins Gewicht", "daß die Geldentwertungsrate in den letzten Jahren eine stark fallende Tendenz zeigt". Es sprach von "vorübergehenden Spitzen" und hob hervor, die Preissteigerungsrate habe sich "auf wenig mehr als 2 v. H. abgeschwächt" (30).

 b) Die Rechtsordnung kennt verschiedenste Formen vertraglicher, gesetzlicher und richterlicher Wertsicherung: Genehmigte Wertsicherungs- und Gleitklauseln; Spannungsklauseln; angepaßte privatrechtliche Unterhaltsansprüche und Betriebsrenten; adaptive Versorgungsansprüche unterschiedlichster Art im privaten und im öffentlichen Recht; die Dynamik von Schadensersatzansprüchen (31) im Unterschied zu Kaufkrafterfüllungsansprüchen; usw. Dieser bunte Befund an wertsichernden Dynamiken in Rechtsverhältnissen zeigt, geldtechnisch betrachtet, wie sehr die Geldeinheit als zuverlässiger intertemporärer Maßstab für Kaufkraftschulden bereits versagt und aus dem Verkehr gedrängt wird. Das ist eine funktionale Verselbständigung der intertemporären Kaufkraftmaßstäbe gegenüber der Geldeinheit als dem Kaufkraftmaßstab bei Verwendung des Geldes als Tauschmittel. Würde man graphisch aufzeichnen, wie sich das Kaufkraftäquivalent je nach Wertsicherungstechnik der verschiedenen Forderungen im Vergleich zu einer einfachen Geldforderung im Verlaufe der Zeit entwickelt: Man bekäme Kurven, die von der Kurve der einfachen Geldforderung in unterschiedlichem Ausmaß nach oben wegflatterten. So entstünde eine anschauliche Darstellung der Abkoppelung der intertemporären Kaufkraftmaßstäbe von der Geldeinheit. Diese Abkoppelung vollzieht sich bislang eher urwüchsig als geldtechnisch rational geplant. Sie läuft nicht nur auf die Ablösung des intertemporären Kaufkraftmaßstabs von der Tauscheinheit hinaus, sondern geradezu auf eine Zersplitterung (32) des Schuldmaßstabes. Der vielbeschworene Grundsatz "Mark = Mark" (33) ist insoweit außer Kraft gesetzt. Also fragt der Jurist die Geldexperten: Lassen sich die verschiedenen Funktionen der Geldeinheit als eines intertemporären Maßstabes einerseits und des Geldes als eines Tausch- und Tilgungsmittels andererseits nicht auch in einer allgemeineren, rationaleren, rechtstechnisch eleganteren und vor allem gerechteren Weise relativ entkoppeln? Es scheint nämlich, als widerspräche die bisherige strikte Koppelung von Tauschmittel und intertemporärem Kaufkraftmaßstab, die uns als monetäres Ideal vorschwebt, starken ökonomisch-faktischen, ja vielleicht ökonomisch-gesetzmäßigen Tendenzen zur Verselbständigung eines wertbeständigen Schuldmaßstabs gegenüber dem wertunbeständigen Tausch- und Tilgungsmittel.

 c) Inflation, Währungsschwäche auf dem Devisenmarkt und hohe Zinsen hängen zusammen. Hohe Zinsen wiederum hemmen die unternehmerische Investitionsfreudigkeit ebenso wie z. B. die private Baulust.

Ein Häusle-Bauer brauche beispielsweise DM 100 000 Restfinanzierung. Bei stabiler Währung und etwa 6% Zins kann er sich die DM 500 Zinsen monatlich durchaus leisten. Sein Traum vom eigenen Heim wird wahr. Beim Zusammentreffen von Inflation und Hochzinspolitik fällt die Belastung leicht doppelt so hoch aus. Er kann sie nicht mehr tragen, schließt keinen Grundstückskaufvertrag und keine Werkverträge ab und wird dadurch an dem Erwerb von Hauseigentum gehindert.

 Vergleichbare Wirkungen kennen Verfassungsjuristen bei Steuern, die sich prohibitiv auf Tätigkeiten auswirken (Erdrosselungssteuern) (34). Wie diese können prohibitive Zinsen an den betroffenen Grundrechten gemessen werden. Im übrigen freilich unterscheiden sich die Situationen: Zinsen betreffen vor allem das Bürger-Bürger-Verhältnis; sie legitimieren sich nicht auch fiskalisch; hinter ihnen stehen nicht allein vom Staat beherrschte Geschehensabläufe; sie fließen nicht an den Fiskus, sondern an den Geldgläubiger. Den Lenkungswirkungen von Steuern ähnlich wiederum sind die Lenkungsfunktionen zunächst des Zinses als eines Knappheitsregulators überhaupt, dann als eines Ansatzpunktes für "Zinspolitik" im Dienst an welchen wirtschaftspolitischen Zwecken auch immer. So wie hinter den Steuern nicht nur der fiskalische Zweck als Legitimierungsgrund für den Eingriff erscheint, so werden politisch induzierte Abweichungen vom Marktpegel der Liquiditätsprämie auch lenkungspolitisch legitimiert. Gleichwohl zeigen "Hochzinsen" besonders deutlich - und darauf kommt es hier im Hinblick auf die "ordnende Ratio" an: - daß sich die Zinsen auf Freiheit, Eigentum und Gleichheit sehr nachteilig auswirken können. Darauf wird unten zurückzukommen sein.

 

 

3. Ein Knotenpunkt im Ursachennetzwerk der Inflation

 

 Ein Ursachenkomplex der Inflation wird vermutet, wo die Tarifpartner Löhne und Gehälter vereinbaren. Es wird sogar gesagt, die Tarifvertragsparteien entschieden in funktionaler Nachfolge des Münzgesetzgebers über preisniveau-determinierende Leitpreise wie früher der Staat über den Münzfuß (35). Sicher darf man dabei das tarifvertragliche Geschehen nicht isolieren; die Wirkung von "zu hohen" Lohnabschlüssen auf Kaufkraft und Beschäftigungsstand hängt mit ab von ihrer geldmengenpolitischen Alimentierung. Gleichwohl: Hier fehlt offenbar Walter Euckens automatisch funktionierender Stabilisator der Währung. Löhne und Gehälter passen sich Produktivitäts- und Marktveränderungen gerade nicht automatisch an. Den nicht-automatischen Verfahren für die Bestimmung von Löhnen und Gehältern liegt das kollektive Arbeitsrecht zugrunde. Dieses wiederum setzt das individuelle Arbeitsrecht und das Unternehmensverfassungsrecht voraus, wie es durch das Gesellschaftsrecht und die Eigentumsordnung geformt wird. Sogar die zivilrechtliche Auslegung einer abgelegenen Bestimmung spielt dabei eine entscheidende Rolle: § 950 Abs. 1 S. 1 BGB "konkretisiert" gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG den "Inhalt" des unternehmerischen Eigentums und den Erwerb von Eigentum aus Arbeit und Leistung: "Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes".

 Nach herrschender Ansicht (36) erwirbt Eigentum im Unternehmen gerade nicht, wer die neue Sache "herstellt", sondern, wer sie durch andere herstellen läßt. Interpretiert man jedoch den § 950 Abs. 1 S. 1 BGB nicht entgegen, sondern gemäß seinem Wortlaut, wächst das im Produktionsprozeß geschaffene Eigentum dem zu, der die Produkte "herstellt". Müssen zur Herstellung viele zusammenwirken, indem sie Produktionsmittel zur Verfügung stellen, wirtschaftliche Dispositionen treffen und die Materialien be- und verarbeiten, so sind sie allesamt "Hersteller". Allenfalls der Unternehmensverband, den sie miteinander bilden, könnte als der juristische Schatten jenes einzelnen "Herstellers" angesehen werden, an den man bei der ersten Lektüre des § 950 BGB denken mag. Den gemeinschaftlichen Herstellern wächst dann auch das Eigentum am Produkt gemeinschaftlich zu. Damit ist freilich das Verteilungsproblem nicht aus der Welt, nur seine Erscheinungsform hat sich gewandelt: Wächst allen Beteiligten das Eigentum gemeinschaftlich zu, müssen sie im idealtypischen Fall nicht über betragsmäßig bestimmte Löhne verhandeln, sondern über Anteile am Eigentumserwerb, über Quoten am erwirtschafteten Ertrag. Ob das den Beteiligten gefallen würde ist durchaus offen. Aber ordnungspolitisch hat das Modell die bemerkenswerte Eigenschaft, daß Produktivitätsveränderungen, gemessen am Marktertrag der Produkte, automatisch auf die Entlohnung der an der Produktion Beteiligten durchschlagen. Die "Hersteller" könnten über ihre Quoten verhandeln, sich streiten und sich bestreiken, aber nicht mehr verteilen, als der Markt hergibt. Wenn also Lohnabschlüsse, die den Produktivitätsverhältnissen nicht genügend Rechnung tragen, die Währung destabilisieren, dann liefert die wortgetreue Lesart des § 950 BGB für genau diesen Fall das Modell eines währungspolitischen Stabilisators. Einen praktischen Vorschlag liefert es freilich noch nicht: Die ungedämpfte Quotenautomatik würde wohl den Interessen der Beteiligten und der optimalen Verteilung der Risiken nicht in jeder Hinsicht gerecht. Aber als Idealtyp eines Automatismus zur marktmäßigen Regulierung des Preises für produktive Leistung ist die strikte Lesart des § 950 BGB aufschlußreich.

 Was hat das alles mit Verfassungsrecht zu tun? Der Titel eines Buches liefert das Stichwort: "Entstehenssicherung und Bestandsschutz von Grundrechten“ (37). Auch § 950 BGB konkretisiert rechtstechnisch die Entstehung von zivilrechtlichem und damit von verfassungsrechtlichem Eigentum "aus Herstellung". Die herkömmliche Auslegung dieser Vorschrift bewirkt die Entstehung von Eigentum in der Hand des Kapitaleigners des Unternehmens und sie verhindert zunächst die Entstehung von Eigentum aus Arbeit und Leistung in der Hand derer, die persönlich im Unternehmen arbeiten und disponieren: Entstehung des Eigentums aus Arbeit in der Hand des "Nichtarbeiters". Unsere Verfassung jedoch schützt dasjenige Eigentum ganz besonders, das aus persönlicher Arbeit und Leistung stammt (38). Daher ist die herrschende Auslegung des § 950 BGB nicht mehr ohne weiteres "verfassungskonform". Sie kehrt die Schutzprioritäten geradezu um. Bei strenger Auslegung würde man sowohl dem Modell eines automatischen währungspolitischen Stabilisators für die Bemessung von produktiver volkswirtschaftlicher Leistung näherkommen, als auch das zivilrechtstechnische Entstehen von Eigentum aus persönlicher Arbeit und Leistung verfassungsgerechter konkretisieren als bisher.

 

 

 

II. Zur Möglichkeit alternativer Geldordnungen

 

1. Konzepte der Geldtheorie

 

 Für Reformen des Geldes liegen verschiedene Denkansätze auf dem Tisch: Benjamin Klein und F. A. von Hayek einerseits (39) und Wolfram Engels (40) andererseits schlagen Geldordnungen mit Emission der Noten durch Banken vor. Bei J. M. Keynes (41) findet man die von Gesellianern stets betonten, anerkennenden Hinweise auf Silvio Gesell (42) (1862-1932), aber auch Vorbehalte gegenüber dessen "Schwundgeld"-Konzept. Auch mit der "cashless society" zeichnen sich elektronische Alternativen zu Geldnoten und Münzen ab (43), bei denen z.B. die früheren technischen Schwierigkeiten und Unbequemlichkeiten des Gesellschen Schwundgeldes entfallen würden. Also fragt sich: Welche verfassungsrechtlichen Entscheidungen sollten bei geldtheoretischer und geldpolitischer Optimierung der Konzepte von Geldordnungen bedacht werden? Vor ihrer Beantwortung muß jedoch noch ein eher formales Hindernis für alternative Geldordnungen erörtert werden:

 

 

2. Das Notenmonopol der Bundesbank

 

 a) Art. 88 GG lautet: "Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank." Daraus wird ein Notenmonopol der Zentralbank hergeleitet (44). Das ergibt sich jedoch weder aus dem Wortlaut, noch aus der Entstehungsgeschichte. Im Entwurf hieß es: "Der Bund errichtet eine Währungsbank." Der allgemeine Redaktionsausschuß schlug dagegen die nunmehr geltende Fassung vor, "um Zweifel über die Berechtigung dieser Zentralbehörde zur Ausgabe von Noten auszuschließen. Der Hauptausschuß entschied sich demgemäß für die Einfügung ,und Notenbank’" (45). Es ging also um eine Berechtigung, nicht um ein Monopol. - Ein Gemeinwesen wird freilich nicht durch das verfasst, was sich die Verfassungsautoren bloß vorgestellt, sondern durch das, was sie formuliert haben. Der Text des Art. 88 GG umschreibt die Aufgaben, Rechte und Pflichten der deutschen Bundesbank jedoch nur sehr indirekt und lapidar durch die Bezeichnung "Währungs- und Notenbank". Da das Grundgesetz langfristig und bei wechselnden Lagen seine konstituierende Funktion erfüllen soll, sprechen nicht zuletzt verfassungspolitische Gründe dagegen, durch eine enge Auslegung des Art. 88 GG für die Zukunft ohne Not Möglichkeiten zu verschließen (46).

 Das Notenmonopol hat nie um seiner selbst willen existiert. Bei der Verdrängung der Banken aus dem Notengeschäft standen verschiedene Motive Pate (bequeme Finanzierung von Staatsaufgaben, besonders von Kriegen). Das sind Motive, die nicht verfassungsrechtlich legitimer Sinn eines Notenmonopols der Zentralbank sein können, also auch heute schwerlich für eine engere Auslegung herangezogen werden dürfen.

 b) Enthielte Art. 88 ein striktes Notenmonopol, so wäre unter ganz erheblicher Einschränkung der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit eine zentrale Frage der materiellen Geldordnung ganz beiläufig und keineswegs ausdrücklich entschieden worden im Zusammenhang mit der Errichtung der Bundesbank als eines währungspolitischen Organs im 8. Abschnitt des Grundgesetzes über "Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung". Die Aufgaben einer Währungs- und Notenbank und die dafür erforderlichen Techniken und Handlungsspielräume fallen je nach geldordnungs- und währungspolitischen Konzepten des Gesetzgebers unterschiedlich aus. Hier muß nur ein jeweils geeignetes Instrumentarium auf den Tätigkeitsgebieten einer "Währungs- und Notenbank" verbleiben. So wäre es mit Art. 88 GG vereinbar, wenn die Zentralbank die Noten nicht selbst ausgibt, sondern daran nur mitwirkt oder die erforderliche Kontrolle darüber behält, um die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Geldordnung zu gewährleisten. Die Zurückhaltung der Verfassungsautoren bei Formulierung des Art. 88 GG erweist sich heute auch insofern als weise, als mit dem elektronischen Geld die Möglichkeit einer Geldordnung auftaucht, bei der es keine Banknoten mehr gibt. Also sollten die Interpreten des Art. 88 GG nicht engherziger sein als seine Verfasser.

 c) Etwas verfassungspolitisch Entscheidendes kommt noch hinzu: Die "Konstituierung von Ordnungen" durch den Gesetzgeber ist in der Regel eine freiheitsfreundlichere Bewältigung von Gestaltungsaufgaben als die Lösung des gleichen Problems durch eine Zentralbehörde, die ständig "intervenieren" muß, um die öffentlichen Interessen zu wahren oder Rechte Betroffener zu schützen. Die jüngsten geldordnungspolitischen Vorschläge sollen von der interventionistischen in Richtung auf eine ordnungspolitisch konzipierte Praxis hinwegführen. Wie immer man sie beurteilen mag: Sie wären verfassungsrechtlich ausgeschlossen, wenn man entgegen der Entstehungsgeschichte in Art. 88 GG ein unentziehbares Notenmonopol hineinläse. Dann würde Art. 88 GG sich widersinnigerweise als ein Verbot für womöglich grundrechtsfreundlicherere Lösungen von monetären Problemen entpuppen.

 

 

 

III. Die Geldordnung aus materiell-verfassungsrechtlicher Sicht

 

 Mit den folgenden Überlegungen wird verfassungsrechtliches Neuland betreten: nicht, was die angelegten Maßstäbe, wohl aber, was den gemessenen Gegenstand betrifft. Das heutige Geldwesen ist durch fast unüberwindbare Komplexität seiner Probleme gekennzeichnet, die unsere Vorstellungen ausfüllt und unser Problemdenken voll beansprucht: ganz im Vordergrund die hartnäckige, pathologische Inflation; damit zusammenhängend die relative Hilflosigkeit im System der Interventionen, weil die erwogenen und angewendeten Maßnahmen vielfach auf anderen Gebieten kontraproduktiv wirken; und stets allgegenwärtig die internationale Verflechtung mit ihren Implikationen für die staatliche Währungspolitik. Um dieses turbulente Feld ordnungspolitisch und verfassungsrechtlich auch nur im allerersten Ansatz zu vermessen, muß es zunächst vereinfacht und auf ein Modell von Geld zurückgeführt werden, wie es die Funktionen des Geldes im Idealfall voraussetzen: Geld als optimales Tauschmittel; Geld als wertbeständiges Sparmittel und Geld als rigider intertemporärer Kaufkraftmaßstab. An diesem Modellgeld werden die folgenden verfassungsrechtlichen Einsichten und Kritiken entwickelt. Will man sie auf die tatsächliche Geldordnung mit ihrer pathologischen Inflation projizieren, so muß man die Abweichungen gegenüber dem Ausgangsmodell in die Überlegungen einkalkulieren und ihre Auswirkungen auf das verfassungsrechtliche Urteil abschätzen. Unzulässig ist es jedoch, einen am Ausgangsmodell diagnostizierten Mangel in der Grundstruktur etwa mit dem Hinweis entkräften zu wollen, er werde in dem einem oder anderen Fall durch die (pathologische) Inflation ausgeglichen. Ich muß mich hier auf die Analyse und Kritik des Grundmodells beschränken. Wenn man auf dieses Modell die Pathologien des heutigen Geldes draufrechnet, so mag sich zwar in Einzelfällen eine Kompensation ergeben, die zur Abschwächung der Urteile führt; insgesamt jedoch dürften sich die diagnostizierten Unzulänglichkeiten eher verschärfen.

 

 

1. Geld und Freiheit

 

 a) Das Grundgesetz gewährleistet Vertragsfreiheit. Sitz dieser Freiheit sind, je nach Vertragsthematik, die einschlägigen Grundrechte. Die Funktion des Geldes für die Freiheit zum Abschluß ökonomischer Verträge zeigt sich, wenn man sich das Geld als Tauschmittel wegdenkt. Für die grundrechtliche Perspektive ist entscheidend, daß man sich das Geld dabei aus der Sicht der Vertragspartner vorstellt, denen Vertragsfreiheit garantiert ist: Es erscheint als fast unentbehrliches Medium für den Abschluß ökonomischer Verträge (47). Gäbe es kein Geld, es müßte um der verfassungsrechtlich garantierten Vertragsfreiheit willen erfunden werden.

 Geld als Tauschmittel gewährt dem Bürger die Freiheit, Gegenstände oder Leistungen zunächst in ein Tauschmittel zu verwandeln, das er dann verwendet, um andere Gegenstände oder Leistungen einzutauschen. Damit hängt sehr eng zusammen, ist hier aber gerade nicht gemeint, die potentielle Freiheit, die Reichtum und Vermögen vermitteln. Auch und gerade, wer mit Gütern reich gesegnet ist, braucht das Geld als Tauschmittel, da selbst er ohne Geld auf sehr komplizierte Tauschgeschäfte angewiesen wäre, die ihm das Leben erschwerten. Weil Geld und Vermögen im Alltag oft als einerlei gedacht werden, sei hier betont, wie scharf die Funktion des Geldes als eines Tauschmittels getrennt wird von der Funktion anderer Vermögensgegenstände, und sei es die, daß auch sie gegen Geld getauscht werden können.

 Unser Geld wird vom Staat zur Verfügung gestellt als ein öffentliches und öffentlich-rechtlich veranstaltetes Medium (48). Der eigenartige Gemeingebrauch (49) am Geldschein unterscheidet sich von dem an Straßen und Wegen in dem entscheidenden Punkt, daß seine Inanspruchnahme durch einen die durch andere ausschließt. Seine Inanspruchnahme jedoch ist kostenlos wie die von Straßen und Wegen: Gebühren für die Verwendung als Tauschmittel, Kaufkraftspeicher oder gar als Kaufkraftmaßstab fallen nicht an.

 Geliehenes Geld freilich ist nicht kostenlos. Aber der Zins dafür geht nicht als Gebühr an den Staat, sondern als Entgelt für den Liquiditätsverzicht an den Gläubiger der Hauptforderung, und sei dies die Bundesbank selbst. Geld dagegen, das als Gegenleistung für Ware, Arbeit oder auch für übernommenes Risiko gezahlt wird, - Geld also, das nicht geliehen ist, ist kostenlos in dem Sinne, daß es als solches keine Bestandhaltekosten (50) verursacht.

 "Kostet" aber nicht auch dieses ungeliehene Geld die Zinsen, die dem entgehen, der "Kasse hält"? Ja - insofern, als Erträge ausbleiben. Ja - auch insofern, als der Besitzer von Geld dazu motiviert wird, entbehrliche Liquidität schnellstens wieder in eine Kapitalanlage zu verwandeln. Es macht jedoch unter dem ordnungspolitischen Aspekt der Verteilung und Lenkung von Geld- und Warenströmen einen ganz erheblichen Unterschied, ob der Geldbesitzer durch seine Geldanlage nur eine Bestandserhaltung seines Vermögens erwirtschaften kann oder eine Bestandsvermehrung, - und das hängt davon ab, welche Kosten Geld als solches verursacht. Deshalb ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern auch entscheidend wichtig festzuhalten, daß das Geld als solches kostenlos zur Verfügung steht.

Für die von Gesellianern so sehr beschworene Umlaufsicherung des Geldes allerdings macht es kaum einen Unterschied, ob das Horten von Geld Kosten verursacht (Schwundgeld) oder Zinserträge kostet (51), - immerhin einen psychologischen. Auch beim Schwundgeld verschwindet übrigens der Realzins, die Prämie für den Verzicht auf Liquidität, gerade nicht: Die Prämie steckt vielmehr darin, daß der Geldbesitzer den in die Geldscheine einprogrammierten Wertschwund durch Begründung von wertbeständigeren Geldforderungen (je nach Schwundquote und Marktbedingungen) mehr oder weniger vermeidet oder gar überkompensiert. Der Nominalzins wird dabei in der Wertbeständigkeit der Geldforderung tendenziell genau so versteckt wie beim Geldkonzept von Wolfram Engels im Kaufkraftgewinn der Geldscheine.

 b) Wer ökonomische Verträge abschließen will, jedoch nur über wertvolle Güter, Waren oder persönliche Leistungsfähigkeit verfügt, ist abhängig vom Tauschmittelbesitzer. Der Häusle-Bauer-Fall hat gezeigt, daß diese Abhängigkeit "erdrosselnd" wirken kann wie prohibitive Steuern. Diese Abhängigkeit der Willensverwirklichung des einen von Willensentscheidungen des anderen ist, grundrechtlich gesehen, eine spezifische Erscheinungsform von Unfreiheit. Wie ist diese Unfreiheit zu beurteilen?

 Zunächst einmal: Die Abhängigkeit des Häusle-Bauers vom Geldgeber ist in der ökonomischen Struktur und Sachgesetzlichkeit des Marktes und des Geldes selbst begründet. Sie kann nicht wegdefiniert, sie muß als vorgegeben hingenommen werden: Geld bietet Vorteile, auf die der Geldinhaber nicht ohne entsprechende Zinsvergütung verzichtet. Will man mithin den Markt und die Funktion des Geldes als eines Mediums zu ökonomischer Freiheit nicht wieder in Frage stellen, kann es hier nicht darum gehen, den Zins als Knappheitsregulativ und die damit verbundene Abhängigkeit des Kreditsuchers vom Kreditgeber als solche in Frage zu stellen, sondern nur um etwas anderes: Ob es nämlich gerechtfertigt ist, daß der Staat durch seine Geldordnung die Bestandhaltekosten von Geldbesitz so steuert, daß der Geldbesitzer eine nachhaltige Vermögensvermehrung herauswirtschaften kann ohne eine andere Leistung als die, auf den Gebrauch des Geldes als Liquiditätsmittel, der für ihn ohnehin kostenlos ist, zu verzichten. Und genau für diese geldordnungsbedingte, staatliche Steuerung der Bestandhaltekosten von Geld derart, daß der Kreditgeber die Abhängigkeit des Kreditsuchers zur Vermögensvermehrung ausnutzen kann, gibt es keine plausible Rechtfertigung vor den Freiheits- und Gleichheitsrechten der Verfassung. Insofern gibt es keinen Grund dafür, daß Häusle-Bauer sich "krummlegen" müssen für die Vermehrung der Vermögen von Geldbesitzern. Als verfassungsrechtlich rekonstruierungsbedürftig erscheint die Geldordnung freilich erst in dem Maße, wie praktische Alternativen zur Verfügung stehen und realisierbar sind.

 c) Nimmt man jetzt den Unterschied zwischen Arm und Reich, von dem oben absichtlich abstrahiert wurde, hinzu, ergibt sich: Weil Vermögende sich durch Aufgabe marginaler Güter spielend liquide machen können, gelangen sie typischerweise in die Position des Geldgebers. Der Unvermögende aber muß sich Liquidität erst von anderen im Tausch gegen existentielle eigene zukünftige Arbeitsleistungen verschaffen. So gerät er in Abhängigkeit von ihnen. Die ohnehin große ökonomische Vertragsfreiheit von Vermögenden wird vergrößert und die ohnehin geringe der Unvermögenden verringert. Das wurde bislang schicksalhaft hingenommen. Es wird jedoch verfassungsrechtlich in dem Maße unerträglich, wie die überlieferte Geldordnung in diesem Punkt als realistischerweise rekonstruierbar und der Staat damit für sie verantwortlich werden sollte (52).

 

 

2. Geld und Gleichheit

 

 a) Nach Art. 3 Abs. 1 GG darf weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt werden, und zwar bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken (53). Bei Geschäften mit Geld spielen die Partner jedoch jeweils gerade verschiedene Rollen: Käufer und Verkäufer, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Darlehensgeber und Darlehensnehmer, Nachfrager und Anbieter. Die übliche Willkürformel scheint also nicht zu passen, weil es sich um Gleichheitsprobleme bei evidenter Verschiedenheit handelt. Der Geldmaßstab macht jedoch unterschiedlichste Waren und Dienstleistungen vergleichbar. So wie am Meter verschiedenste Längen und am Kilogramm Federn und Steine, Obst und Briketts, Zucker und Uran, gestern, heute und morgen ver-gleich-bar werden, so ist auch die Währungseinheit ein Maß, an dem die unterschiedlichsten Waren, Leistungen und Risiken gestern, heute und morgen vergleichbar werden. Die Vertragsgerechtigkeit gerät daher bei Maßstabsverschiebungen der Währungen genauso aus dem Gleichgewicht wie bei der Fälschung von Gewichten, wie beim Messen mit zweierlei Maß oder beim Schöpfen mit zweierlei Meßbechern. Also hat das Geld als Kaufkraftmaßstab mit der Gleichheit ebenso viel zu tun wie als Tauschmittel mit der Vertragsfreiheit: Es ist für beide Partner "wesentlich gleich", wird von beiden als Maßstab benutzt und geht ja auch regelrecht von Hand zu Hand.

 b) Wirkt das Tauschmedium "Geld" für die Partner gleichermaßen gut als Mittler? Vermittelt es den Tausch unparteilich? Hier kann angeknüpft werden, wo bei der Vertragsfreiheit aufgehört worden war: Daß die einseitige Abhängigkeit dessen, der das Tauschmittel "Geld" gebrauchen muß (und z. B. den Familienschmuck zwar verpfänden, aber nicht verkaufen will) von dem anderen, der auf den Gebrauch des Geldes nur gegen Zins verzichtet und dadurch eine Bestandsvermehrung seines Vermögens herauswirtschaften kann, eine eigenartige geldbedingte Ungleichheit ist, liegt auf der Hand. Gleichwohl ist dieser Befund unbefriedigend: Er setzt den Vorteil von Geld am Markt, der mit Zins honoriert wird, als ökonomisch-sachgesetzlich voraus, beschreibt aber das Sachgesetz nicht, das die Ungleichheit plausibel machen würde. Auch die unzähligen Zinstheorien bis hin zur Liquiditätstheorie des Zinses sind, wenn man von Außenseitern wie Proudhon, Gesell und ihren Anhängern absieht, im Punkte "Erklärung der Ungleichheit" unergiebig. Also muß noch einmal ausgeholt und die Vertragsausgeglichenheit am Idealtyp von Tauschgeschäften "Geld gegen Ware/Arbeit" untersucht werden. Dabei stehen einander gegenüber:

- auf der einen Seite: Der Anbieter einer konkreten Ware oder Arbeit zugleich als Nachfrager von Geld (z. B. der "Arbeitnehmer", aber auch der kapitallose "Jungunternehmer", der seine unternehmerische Leistung anbietet);

- auf der anderen Seite: der Anbieter von Geld zugleich als Nachfrager von konkreter Ware, Leistung oder Arbeit.

 Fachjuristen haben die strukturelle Chancengleichheit in solchen Geschäften bislang nicht in Frage gestellt. Die Ökonomen haben zwar, wie ich mir habe sagen lassen, Proudhons Tauschbankkonzept als untauglich widerlegt, aber, soweit ersichtlich, sich nicht modelltheoretisch exakt mit der angeblichen Überlegenheit des Geldes über Ware und Arbeit im übrigen (Proudhon, Gesell) und mit den angeblichen Auswirkungen dieser Überlegenheit auf die Tauschgleichgewichtigkeit der Verträge auseinandergesetzt. Auch mit lebensnahen und anschaulichen Vergleichspaaren wie "Geld verdirbt nicht, wohl aber die Ware", "Geld verursacht kaum Transaktions- und keine Durchhaltekosten, wohl aber die Ware", "Arbeit kann nicht warten, wohl aber das Geld", wird man daher kaum ernsthafte Zweifel an der tiefsitzenden Überzeugung wecken, daß das überlieferte Geld ein fairer Tauschmittler sei, also "neutral“ wirke im Zirkulationsprozeß der Volkswirtschaft.

 Das Geld macht aus einem schwierigen Tausch zwei einfache: vermittelter Tausch im Zweitaktverfahren. Jeder tauscht zweimal, ob er nun mit Geld oder Ware beginnt. Also gleichen sich auch etwaige Vorteile oder Nachteile, die das Geld auf der einen Stufe bringen mag, auf der anderen, wo sie ihre Rolle tauschen, wieder aus. Im Zweitaktverfahren, so scheint es, wirkt das Geld als unparteilicher Mittler. Jedoch: Der eine fängt mit Geld an und hört damit auf, der andere mit Ware/Arbeit; und darauf kommt es an, wie gut man in das geplante Marktspiel überhaupt einsteigen kann.

 d) Tauschgeschäfte Geld gegen Ware/Arbeit sind ausgeglichen, wenn der Vorteil, um dessentwillen ein jeder der Tauschpartner das Geschäft abschließt, für jeden gleich groß ist. "Vorteil" ist dabei, was jedem verbleibt, wenn er von dem Wert dessen, was er eingetauscht hat, das abzieht, was er geopfert hat: Die Konsumenten- oder Käuferrente muß gleich sein der Produzenten- oder Verkäuferrente. Hier geht es also nicht um die Differenz zur nächstgünstigen Alternative (54), sondern um die Differenz zwischen Käuferrente und Verkäuferrente: Ein Ausdruck der spezifisch normativen Problematik des Gleichheitsgebotes. Angesichts der Subjektivität und Individualität der einschlägigen Interessen ist allerdings der hier an sich gebotene Nutzenvergleich (55) wissenschaftlich so gut wie unmöglich. In der Praxis der Tauschgeschäfte allerdings vollzieht er sich täglich tausendfach, und durch Beobachtung dieser Praxis, ihrer "Prämien" und eines Vergleichsbeispiels läßt sich nachvollziehbare Plausibilität erreichen:

 e) Das Entscheidungsfeld für Tauschgeschäfte "Arbeit gegen Geld" dürfte unter Auslassung kollektiver Verhandlungsformen grob erfaßt werden können durch folgende interessenbestimmende Parameter:

(1) Substituierbarkeit

(2) Durchhalteprobleme

(3) Existentielles/marginales Tauschinteresse

(4) Generalisierungsgrad des Tauschobjektes

 Bei ausgeglichenen Marktbedingungen hat die Substituierbarkeit im Verhältnis zum existentiellen/marginalen Interesse relativ geringes Gewicht. Auch die Durchhalteprobleme hängen mit dem existentiellen bzw. marginalen Charakter des Interesses am Tauschgeschäft engstens zusammen. Soweit es um das Lebensnotwendige geht, ist das Vertragsinteresse sehr hoch, und zwar für alle sich bietenden Alternativen. Geht es auf der anderen Seite nur um (zusätzlichen) Gewinn, liegt die Ungleichheit auf der Hand. Doch diese Ungleichheit ist auf den Unterschied von Arm und Reich zurückzuführen; sie beruht nicht auf den spezifischen Eigenschaften des Geldes. Diese mögen die ohnehin vorhandene ökonomische Abhängigkeit verstärken, werden aber durch den Parameter "existentielles/marginales Interesse" nicht nur nicht erfaßt, sondern geradezu verdeckt. Spezifisch fürs Geld ist nur sein Generalisierungsgrad. Darin unterscheidet es sich als allgemeines, generalisiertes Tauschmedium von jedem anderen, konkreten Tauschgegenstand. In den Tauschspielen setzt der eine dieses generalisierte Tauschmedium, der andere konkrete Ware/Arbeit ein. Dann lautet die Gleichheitsfrage (56): Ist dieses Tauschspiel ein "faires Spiel" im Sinne der Spieltheorie? - "Ja", wenn es einem zukünftigen Spieler gleichgültig sein kann, ob er in das Zweitaktsystem der Tauschgeschäfte einsteigt mit Ware/Arbeit oder mit Geld. Es sei mir erlaubt, statt eines strengen, nur einen Beweis des ersten Anscheins zu führen mit Hilfe eines Vergleichsbeispiels ebenfalls aus dem Bereich der Spiele:

 Geld ist der Joker unter den Waren. Wie er jede andere Karte, so repräsentiert es jede andere Ware/Arbeit. Wie andere bestimmte Spielkarten nur in bestimmte Spielsituationen, so paßt konkrete Arbeit/Ware nur in zeitlich, sachlich, örtlich und sozial bestimmte Marktsituationen. Das Geld aber paßt gestern, heute und morgen überall, wie der Joker. Wer in das zweitaktige Marktspiel mit dem Geld-Joker einsteigt, der hat ihn am Ende des zweiten Taktes für die nächste Runde auch schon wieder in der Hand: Ein sehr trickreicher monetärer Joker also! Im Spiel ist der Joker wegen seiner Vorteile beliebt. Wegen der entsprechenden Vorteile des Geldes hat es im Marktspiel seinen Preis: Den Zins, insofern er Joker-Prämie ist und nicht z. B. Inflationsausgleich oder Risikoprämie.

 Werden die Karten von Zeit zu Zeit gemischt und neu verteilt, mag die Spielserie auch dann noch fair sein, wenn die Regeln in jedem Spiel den Joker auf Rücklauf zum ersten Inhaber schicken. Das eine große Marktspiel jedoch prämiert ein für alle Male diejenigen, die mit Geld einsteigen, und benachteiligt die anderen. Das ist nicht fair. Von Gleichheit und Ausgeglichenheit der typischen Vertragssituationen kann daher keine Rede sein. Wer im Marktspiel über genügend Geld-Joker verfügt, braucht das Spiel fast nicht zu spielen: Er verleiht seinen Joker und lebt von der Joker-Prämie. Also fragt der Verfassungsjurist die Geldexperten: Läßt sich nach dem Vorbild der chemischen "Werkstoffe nach Maß" auch eine "Währung nach Maß" konstruieren, die die Funktionen des Geldes genauso gut oder besser erfüllt wie bisher, bei der jedoch die fundamentale Unausgeglichenheit typischer Geschäfte "Geld gegen Ware/Arbeit" beseitigt oder kompensiert wird?

 

 

3. Geld und Eigentum

 

 a) So wie die Geldordnung die Vertragsfreiheit einschränkt (oben 1.) und die Tauschgerechtigkeit aus dem Gleichgewicht bringt (oben 2.), erschwert sie einseitig den Erwerb und die Bildung von Eigentum: Entstehensbehinderung und Entstehensverhinderung von Eigentum in der Hand dessen, für den die Benutzung des an sich kostenlosen Tauschmittels unbezahlbar wird, - und zugleich eine Eigentumsförderung in der Hand der Geldbesitzer durch private Abschöpfung der Vorteile, die der eigenartige kostenlose Gemeingebrauch am Geld bietet. Der Geldbesitzer kann sich durch Begebung des Vorteils der Liquidität auf Zeit in die Geld- und Warenströme der Volkswirtschaft einkaufen. Dann zweigt er Teilströme auf sich ab. Durch die Zinsen hat er teil an den Leistungen der Volkswirtschaft, ohne seine Valuta einzusetzen. So vermittelt Geldeigentum Teilhabe nicht nur durch direkten Tausch, sondern auch durch Rente: Kapitalrenten verschaffen wie Sozialrenten, Sozialhilfe oder Kindergeld Teilhabe am Bruttosozialprodukt. Geld erweist sich also nicht nur als Tauschmittel, Tilgungsmittel und Kaufkraftmaßstab, sondern vor allem auch als ein zweifaches Teilhabemittel. Diese doppelte Teilhabefunktion fehlt meist in der Liste der Geldfunktionen.

 b) Der Kapitalrentner begreift seine Teilhabeposition selbstverständlich als "Eigentum". Verfassungsjuristen dürften kaum Skrupel haben, wenn diese reine Teilhabe an positiver Leistung anderer unter den Schutz des klassischen Eigentumsrechts ("negative Abwehr staatlicher Eingriffe") gestellt wird. Fällt aber ein Eigentum, das auf reines Teilhaben an den Leistungen anderer hinausläuft, unter Art. 14 GG? - ein Eigentum, das sich dank der Leistungen anderer sogar "von selbst" vermehrt, z. B. dann, wenn der Begünstigte den ihm zufließenden Teilhabestrom gar nicht "schlucken" kann, sondern nach den Gesetzen des Marktes wieder anlegen muß? - ein Eigentum an der Teilhabe, mit dem sich Flußstärken der Teilhabeströme erzielen lassen, wie sie durch persönliche Arbeit und Leistung nie und nimmer erreichbar sind? Es fällt sicher unter Art. 14 GG, soweit es um Einzeleingriffe geht! Wenn aber der Gesetzgeber die Geldordnung als solche umgestalten will, treten Zweifel auf.

 

 

4. Geld und sozialer Rechtsstaat

 

 a) Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Geldmenge und Sozialprodukt: Geld hat eine volkswirtschaftliche Verteilungsfunktion. Es vermittelt vor allem, daß die Produzenten mit dem Lohn, den sie für ihre Beiträge zum Sozialprodukt erhalten, die Produkte kaufen, die sie produzieren: Geldströme als inverse Abbildung volkswirtschaftlicher Teilhabeströme. Deshalb sind Fragen der Geldordnung, verfassungsrechtlich gesehen, Fragen des sozialen Rechtsstaates, soweit es ihm um die sozial-gerechte Teilhabe aller an der Leistung aller geht: die Geldordnung als Teilhabeordnung.

 Oben aus der grundrechtlichen Perspektive von Freiheit, Gleichheit und Eigentum zeigte das Geld seine rechtsstaatliche Seite: die subjektiv-rechtliche und mikro-ökonomische Dimension der Geldordnung. Hier, mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Strömungsstrukturen, sieht man das Geld in seinen sozialstaatlichen Funktionen: die objektiv-rechtliche und makro-ökonomische Dimension der Geldordnung. Mikro-ökonomische Asymmetrien schlagen sich nieder in makro-ökonomischen Unausgeglichenheiten.

 b) Geld als Medium grundrechtlicher Freiheit durch Teilhabe entspricht ganz einer neueren grundrechtsdogmatischen Einsicht: Freiheit ist nicht nur eine Freiheit des einzelnen von staatlichen Eingriffen, die er ohne andere ausüben könnte, sondern eine vom Staat durch Eingriffe nicht gestörte, wohl aber eingerichtete Entfaltung der Menschen durch die Menschen (57). Diese Doppelgesichtigkeit der sozialen Freiheit und der freien Sozialität kann am Geld studiert werden. In dem Maße z. B., wie der Staat seine Geldordnung so einrichtet, daß einige Bürger (ohne andere Leistung als die, den Gemeingebrauch am Geld zu verleihen) an den Leistungen anderer teilhaben, nimmt der Staat diese anderen produktiven Bürger kraft seiner Geldordnung in Pflicht, um die Kapitalrentner mit ökonomischer Freiheit zu versorgen.

 c) Wolfram Engels hat jüngst festgestellt (58): Geld ist kein privates Gut; denn als solches wäre es durch Exklusivität seiner Funktionen und seines Genusses gekennzeichnet, während es tatsächlich dem Verkehr dient. Geld ist auch kein öffentliches Gut; denn dann wäre seine Nutzung allgemein. Geld ist vielmehr ein zwischenmenschliches Gut. Als solches steht es für eine soziale Beziehung, und zwar, wie ich hinzufüge, für eine rechtlich geregelte soziale Beziehung.

 Rechtstechnisch nämlich ist das Geld ein Titel auf Teilhabe am Sozialprodukt. Insofern stimmt die alte Vorstellung vom Geldschein als Verkörperung des Anspruchs auf ein bestimmtes Gut. Er ist nicht einfach ein Fetzen Papier, der je nach Ausgabebedarf gedruckt und verbrannt wird. Als Wertpapier verkörpert er heute freilich nicht mehr einen Anspruch auf eine bestimmte Menge Gold, sondern die valutierte Anwartschaft auf Aushändigung des Anteils am Sozialprodukt, der dem Geldbetrag entspricht.

 Als rechtstechnisches Wertpapier steht das Geld idealtypischerweise in einem Rechtsverhältnis mit Berechtigten und Verpflichteten. Weil es uns jedoch vertraut und gewohnt ist als bloßes "Tausch-" und "Tilgungsmittel" in anderen Rechtsverhältnissen, bleibt unsichtbar, welche rechtstechnisch-komplementäre Funktion das Geld in eben diesen anderen Rechtsverhältnissen wirklich spielt. Es gilt daher, die Wahrnehmungsgewohnheiten umzukehren, wenn man nachvollziehen will: Der Geldschein verpflichtet regelmäßig denjenigen, der ihn akzeptiert, den Beitrag zum Sozialprodukt zu leisten, der dem Geldbetrag entspricht; und er berechtigt zu einer entsprechenden Teilhabe am Sozialprodukt. Freilich: Man kann mit dem Geldschein nicht zu irgend jemandem Bestimmten hingehen und etwas Bestimmtes verlangen. Das "Recht aus dem Papier" ist insofern unvollkommen; Entsprechendes gilt von der Verpflichtung aus der Annahme des Geldscheines (59). Die Juristen sprechen in solchen Fällen nicht von "Recht", sondern "Anwartschaft"; nicht von Pflicht, sondern von "Obliegenheit". Daß die Verpflichtung aus dem Akzept des Geldes als bloße Obliegenheit erscheint und die Berechtigung aus dem Geld als bloße Anwartschaft, hat seinen Grund darin, daß das Geld als generalisiertes Tauschmittel von sämtlichen konkreten Umständen der Geschäfte, in die es von den Beteiligten hineinkonstruiert wird, abstrahieren muß, um seine komplementäre Funktion in allen in Betracht kommenden Rechtsverhältnissen erfüllen zu können. Andere Papiere bestimmen z. B. konkret, wann, wo, was, wie, an wen und durch wen zu leisten ist. Beim Geld bleibt das alles offen. Es "obliegt" den Beteiligten, die näheren Umstände zu konkretisieren, aus denen sich die mit dem Geld zusammenhängende Verpflichtung des einen und die Berechtigung des anderen ergibt. Erfüllt der Vertragspartner dann seine Obliegenheiten, so erfüllt er zugleich die Anwartschaft des anderen und erwirbt dafür selbst die mit dem Geld verbundene Anwartschaft, für deren Realisierung er nun wiederum eines Partners bedarf, der sie gegen die gewünschte Leistung "akzeptiert".

 So abstrakt und generalisiert das Geld aber auch sein mag, es sollte aus Gründen der Gerechtigkeit idealtypisch die Korrelation verkörpern zwischen der Verpflichtung (Obliegenheit), zum Sozialprodukt beizutragen, und der Berechtigung (Anwartschaft), in entsprechendem Umfange am Sozialprodukt teilzuhaben. Das ist die rechtstechnische Fassung der monetären Freiheit und Abhängigkeit im sozialen Rechtsstaat. So wie früher Gold gegen Geld hinterlegt und gegen Geld wieder herausgegeben wurde, so "hinterlegt" der Leistende heute seine Leistung bei der Volkswirtschaft, um sie, in anderer Gestalt und an einem anderen Ort, wieder in Empfang zu nehmen. Und so, wie der Münzgesetzgeber mit dem Münzfuß den Geldwert bestimmte, so ähnlich bestimmt heute in der Tat die Höhe der "Belohnung von Leistung" die Kaufkraft der Währung mit (60).

 Auch das Sparen ist nicht nur, wie es das Geld scheinen läßt, ein individueller, sondern ein sozialer Prozeß. Das läßt sich jetzt rechtstechnisch (und volkswirtschaftlich) präzise fassen: Geld ist Anwartschaft aus Tausch zum Tausch. Weil im Wertpapier "Geld" der Zeitpunkt nicht bestimmt ist, wann diese Anwartschaft präsentiert werden muß, bietet es die Chance, nicht nur jetzt und heute und hier, sondern auch morgen oder zu einem späteren Zeitpunkt die Leistung von der Volkswirtschaft abzurufen. So bleibt ungewiß, wann der Titel zum Empfang welcher Leistung präsentiert wird: Auf der einen Seite genießt, wer Kasse hält, die ökonomischen Vorteile, die damit verbunden sind und die die Grundlage für rational-flexibles wirtschaftliches Disponieren schaffen. Auf der anderen Seite muß die Volkswirtschaft ständig parat sein, auf Präsentation des Geldtitels hin zu leisten; sie also trägt die Vorhalterisiken und Vorhaltekosten, die mit der Dispositionsfreiheit des liquiden Geldbesitzers einhergehen. So wird der Volkswirtschaft das Ungewißheitsrisiko aufgebürdet, dessen Vorteile der liquide Geldbesitzer genießt; und zwar entgegen dem fundamentalen Ordnungsgebot: "Wer den Nutzen hat, muß auch den Schaden tragen." (61)

 Die in der Struktur des verfassungsrechtlichen Eigentums angelegte Konnexität (62) zwischen Freiheit (aus der Liquidität) und der Verantwortung (für die damit verbundenen Probleme und Kosten) ist zerschnitten oder vielmehr gar nicht erst adäquat eingerichtet worden. Ordnungspolitisch und eigentumsstrukturpolitisch müßte es dem Geldbesitzer vielmehr bei Strafe einer dem Ungewissheitsrisiko entsprechenden Negativprämie obliegen, die Volkswirtschaft von dem Ungewißheitsrisiko zu befreien: Er müßte sich darüber klar werden, zu welchem Zeitpunkt er seine Tauschanwartschaft braucht, um dann seine jetzige in eine zukünftige Tauschanwartschaft umzutauschen. Dazu müßte er sich einen Kreditnehmer suchen, der über die Möglichkeit, gesuchte gegenwärtige Kaufkraft gegen zukünftige zu tauschen, ebenso glücklich ist, wie der Geldbesitzer, der für die begehrte zukünftige Kaufkraft seine gegenwärtige herzugeben bereit ist.

 Tatsächlich wird der Geldbesitzer schon durch die überlieferte Geldordnung in der richtigen Richtung motiviert, weil ihm der Zins entgeht. Der ordnungspolitische Grundmangel wird dadurch jedoch nicht nur nicht behoben, sondern auf die absurde Spitze getrieben: Ausgerechnet derjenige, der das Ungewißheitsrisiko verursacht und verkörpert, das die Volkswirtschaft trägt, liquidiert privat die Vorteile, die daraus resultieren. Dieser kardinale ordnungspolitische Konstruktionsfehler muß sich mikro- und makro-ökonomisch dysfunktional und kontraproduktiv auswirken: ein automatisch funktionierender währungs- und wirtschaftspolitischer Destabilisator. Daß die Volkswirtschaft gleichwohl einigermaßen funktioniert, liegt daran, daß wenigstens die Motivierungsrichtung stimmt: Damit ist "gesichert", daß das Geld bei Strafe des Zinsverlustes umläuft. Es geht hier also entgegen dem ersten Anschein und entgegen den Erwartungen, die die Gesellianer mit ihrem Schwundgeld in bezug auf den Geldumlauf hegen, nicht um die "Umlaufsicherung", sondern um das Prinzip der Konnexität von Kompetenz und Verantwortung, - sowie um die Ungerechtigkeit und volkswirtschaftlichen Folgen, die die Mißachtung dieses ordnungspolitischen Fundamentalprinzips mit sich bringt. Zu diesen Folgen dürften allerdings dann nicht nur Lenkungs-, sondern auch Umlaufprobleme mit den und durch die fehlgeleiteten Prämien gehören.

Die vorstehenden Überlegungen zeigen auch, daß das Geld kein Sparsubstrat im Sinne des üblichen Wertspeichers ist. Das ist vielmehr der Kreditnehmer; das Geld fungiert nur durch seine Maßeinheit als intertemporärer Kaufkraftmaßstab. Auch das heutige Geld ist nur scheinbar das Sparmittel, für das es gehalten wird. In Wahrheit ist es Mittler für Aufbewahrleistungen, die die Volkswirtschaft, als das wirkliche lebendige Sparmittel, erbringt: Die Volkswirtschaft bietet den Umtausch gegenwärtiger in zukünftige Kaufkraft. Das ist die sozio-ökonomische und sozial-rechtliche Struktur des Kaufkraftsparens. In der hier untersuchten Modellgeldordnung jedoch muß der Häusle-Bauer, der dem Kreditgeber die Kaufkraft jahrelang aufbewahrt, dafür, daß er das tut, jährlich noch etwas drauflegen.

 d) Geld ist schließlich ein Medium zur Verwandlung unserer sozial-anthropologischen Abhängigkeit von-einander in unsere sozial-anthropologische Freiheit durch-einander: ein generalisiertes Medium (63) der Tauschfreiheit (Aktiva) und der Tauschabhängigkeit (Passiva). Es transformiert die Grundobliegenheit, zur Gesamtleistung beizutragen, in die Grundanwartschaft, daran teilzuhaben. Die grundrechtliche Korrelation von Freiheit und Abhängigkeit wiederum entspricht genau einer ökonomischen Wechselbeziehung: "Bist Du Volkswirt, so beachte stets des anderen Gegenbuchung." (64) - Die volkswirtschaftliche Saldenmechanik (65) kann daher zugleich als sozial-anthropologische Saldenmechanik von ökonomischer Freiheit und Abhängigkeit aufgefaßt werden. Daß neben alledem Platz und Bedarf verbleibt für "sozialstaatliche" Transferleistungen, versteht sich von selbst.

 

 

5. Fragen des Verfassungsrechtlers an die Geldlehre

 

 Wirkt sich unser Geld auch vom ökonomischen Standpunkt aus asymmetrisch auf Tauschvorgänge aus? Wenn ja: Welche Folgen hätte diese milliardenfache mikro-ökonomische Unausgeglichenheit auf makro-ökonomischer Ebene? Wie ließe sich die Unausgeglichenheit in den Fundamenten der Tauschwirtschaft beheben? Und schließlich: Sofern meine verfassungsrechtlich veranlaßten Überlegungen bei streng wirtschaftswissenschaftlicher Betrachtungsweise sich als falsch erweisen sollten, - inwiefern?

 

 

 

 

 

 

 

Fußnoten:

 

(1) EUCKEN, W.: Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 3. Aufl. 1960, S. 339, und zwar an die Adresse der Wissenschaft.

(2) S. 255-264.

(3) Im Sinne der "reflexiven Mechanismen" bei LUHMANN, N.: Soziologische Aufklärung, Opladen (Westdeutscher Verlag) (3) 1972, S. 92-112. - Soll Symptom-Therapie durch Fundamental-Korrektur ersetzt werden (W. STÜTZEL, Sicherung der sozialen Marktwirtschaft durch konsequente Ordnungspolitik, in: Grundtexte zur Sozialen Marktwirtschaft, 1981, S. 341-355), so muß über die landläufige Geldpolitik meta-geldpolitisch reflektiert werden.

(4) Zuletzt SCHMIDT, R.: "Die Zentralbank im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland", und PAPIER, H.-J.: "Die Zentralbank im Verfassungsgefüge", beide in: Beiheft 5 zu Der Staat 20 (1981), S. 63ff., 109ff.; CAESAR, R.: "Die Unabhängigkeit der Notenbank im demokratischen Staat", in: Zeitschrift für Politik (1980), S. 347ff.; STERN, K.: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München (Beck) 1980, S. 491ff.; LAMPE, O.: Die Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, München (Beck) 1971; PFENNIG, G.: Die Notenausgabe der Deutschen Bundesbank, Berlin (Duncker & Humblot), 1971, S. 18ff. mit Fn. 4. HAHN, H. J.: Die Deutsche Bundesbank im Verfassungsrecht, in: Bayerische Verwaltungsblätter (1982), S. 33-37, 70-75.

(5) SCHMIDT, R: Grundlagen und Grenzen der Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, Festschrift für P. J. Cepos, Bd. 2, 1973, S. 672ff.; SCHMIDT, R.: oben Anm. 4, S. 65ff.; PAPIER, H. J.: oben Anm. 4, S. 114ff.; SAMM, C.-TH.: Die Stellung der Deutschen Bundesbank im Verfassungsgefüge, Berlin (Duncker & Humblot), 1967, S. 30ff.,139ff.; UHLENBRUCK, D.: Die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank, Diss. Köln 1967, S. 120ff.; UHLENBRUCK, D.: "Grenzen der währungspolitischen Gefolgschaftstreue der Bundesbank gegenüber der Bundesregierung", in: Der Betrieb (1967), S.1; PROST, G.: "Deutsche Bundesbank im Spannungsbereich", in: E. BÜSCHGEN (Hrsg.: Geld, Kapital und Kredit, Stuttgart (Poeschel) 1968, S. 114ff.; ARNDT, E.: "Ziele und Wege der Stabilitätspolitik", in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik (1968), S. 113ff.

(6) SCHMIDT, oben Anm. 4, S. 72ff., und Anm. 5, S. 657; SAMM, oben Anm. 5, S. 34ff.; PROST, oben Anm. 5, S. 114ff.; STERN, oben Anm. 4, S. 498ff., HOFFMANN, W.: Rechtsfragen der Währungsparität, München (Beck), 1969, S. 38ff.

(7) HOFFMANN, oben Anm. 6, S. 51ff.; STERN, oben Anm. 4, S. 482f.; MAMMITZSCH, H.: Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes und die Stabilität des Geldwertes, Diss., München 1968.

(8) STERN, oben Anm. 4, S. 503ff.

(9) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 7.

(10) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 255.

(11) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 275ff.; STÜTZEL, W.: Über unsere Währungsverfassung, Walter Eucken Institut (Hrsg.), Vorträge und Aufsätze 56, Tübingen (J. C. B. Mohr [P. Siebeck]) 1975: Die dort in Erinnerung gerufenen fünf ungeschriebenen Normen der Währungsverfassung zielen weitgehend auf Dimensionen der Vertragsfreiheit.

(12) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 270ff.

(13) BVerfGE 50, 290, 342, 343 (Mitbestimmung); SUHR, D.: "Das Mitbestimmungsgesetz als Verwirklichung verfassungs- und privatrechtlicher Freiheit", in: Neue Juristische Wochenschrift (1978), S. 2361, 2367f.; SUHR, D.: Eigentumsinstitut und Aktieneigentum, Hamburg (Appel) 1966, S. 46ff.; SUHR, D.: Entfaltung der Menschen durch die Menschen, Berlin (Duncker & Humblot) 1976, S. 198ff.; EUCKEN, oben Anm. 1, S. 279-285 (Haftungsprinzip); ENGELS, W.: Mehr Markt, Stuttgart (Seewald) 1976, S. 25 (organisatorisches Prinzip der Deckung von Kompetenz und Verantwortung). Vgl. auch SUHR, D.: "Ansätze zu einer kybernetischen Betrachtung von Recht und Staat", in: Der Staat, 6 (1967), S. 197, 214, 217, und SUHR, D.: "Zur Einführung: Recht und Kybernetik", in: Juristische Schulung (1968), S. 351-353: geschlossene "Verantwortungskreise" als kybernetische Sollstruktur.

(14) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 166, 250.

(15) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 166, 190, 315.

(16) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 133.

(17) EUCKEN, Anm. 1, S. 370.

(18) STARBATTY, J.: Alfred Müller-Armacks Beitrag zur Theorie und Politik der Sozialen Marktwirtschaft, in: Symposion VIII der Ludwig-Ehrhardt-Stiftung e.V. Bonn: Soziale Marktwirtschaft im vierten Jahrzehnt ihrer Bewährung, Stuttgart und New York (Gustav Fischer) 1982, S. 9.

(19) Zu diesem weiten Problem etwa: BETTERMANN, K. A.: "Die Geldentwertung als Rechtsproblem", Zeitschrift für Rechtspolitik (1974), S. 13ff.; BETTERMANN, K. A.: Über Inhalt, Grund und Grenzen des Nominalismus, Recht der Arbeit (1975), S. 2ff.; DUDEN, K.: "Empfehlen sich Bestimmungen über die Wertsicherung?", in: Verhandlungen des 40. Deutschen Juristentages I, 1953, S. 1-63; PAPIER, H.-J.: "Rechtsprobleme der Inflation", in: Juristische Schulung (1974), S. 477ff.; PFLEIDERER, O.: "Der Sinn des Nominalprinzips", in: Das Inflationsproblem heute - Stabilisierung oder Anpassung, Berlin (Duncker & Humblot) 1974, S. 92; REUTER, D.: "Nominalwertprinzip und Geldentwertung", in: Zeitschrift für Handelsrecht 137 (1974), S. 482ff.; SIMITIS, S.: "Inflationsbekämpfung im Zivil- und Arbeitsrecht", in: KÖTZ/REICHERT/FACILIDES (Hrsg.), Inflationsbewältigung im Zivil- und Arbeitsrecht, Frankfurt a.M. (Metzner) 1976, S. 49ff.; - die Auswirkungen auf das Steuerrecht sind ein viel diskutierter Komplex für sich, siehe z. B. BVerfGE 50, 57, 75 (Besteuerung von Zinsen) und ARNIM, H. H. v.: "Der ausgebeutete Geldwertsparer", in: Zeitschrift für Rechtspolitik (1980), S. 201ff., mit Antwort des Bundesministers der Finanzen, S. 325, und Stellungnahme von K. VOGEL, (1981), S. 35f.

(20) BVerfGE 50, 57, 106f.

(21) STÜTZEL, oben Anm. 11, S. 9, 36 mit Fn. 8; STÜTZEL, W.: Das Mark-gleich-Mark-Prinzip und unsere Wirtschaftsordnung, Baden-Baden (Nomos) 1979, S. 33ff.

(22) ARNIM, oben Anm. 19, S. 205.

(23) BVerfGE 15, 337 ; ARNIM, oben Anm. 19, S. 204, der zu Recht mit BETTERMANN, K. A.: Entscheidungsanmerkung, Deutsches Verwaltungsblatt 1973, S. 412, gegen BVerwGE 41 1, argumentiert.

(24) Klassische "Rechtfertigungsbedürftigkeit" staatlicher Eingriffe, zunächst im Hinblick auf die Vertragsfreiheit, vor allem des Art. 2 Abs. 1 GG, dann hinsichtlich der je besonderen Inflationswirkung z. B. beim Eigentum. Ausführlich mit weiteren Nachweisen: ARNIM, oben Anm. 19, 1980, S. 205ff.

(25) FÖGEN, H.: "Bedeutung, Anwendungsbereich und Grundsätze für die Anwendung von § 3 S. 2 des Währungsgesetzes ("Sachwertklauseln"), in: Betriebsberater (1958), S. 1259; SIEBER, H.: "Lösung des Inflationsproblems durch Indexierung?", Wirtschaft und Recht 18 (1966), S. 137ff.; RASCH, H.: "Geldentwertung und langfristige Verträge", in: Betriebsberater (1971) S. 753ff.; SCHLECHT, O.: "Indexklauseln - an der Wirklichkeit vorbei", in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (1974), S. 1129; REUTER, oben Anm. 19, S. 484ff.; KLEFFEL, A.: "Eine 'Fata Morgana'", in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (1974), S. 1124ff.; GEIGER, H.: "Probleme der Indexierung in der kreditwirtschaftlichen Praxis", in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 1974, S. 1120ff.; MATTHÖFER, H.: "Probleme der Indexierung von Geldforderungen", in: Zeitschrift für Rechtspolitik (1980), S. 325ff.; anders: PFLEIDERER, O.: "Indexierung, ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit und der wirtschaftlichen Vernunft", in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (1974), S. 1117ff.; BETTERMANN, oben Anm. 19, S. 13.

(26) STÜTZEL, oben Anm. 11, 1979, S. 63ff.; kritisch insbesondere: ARNIM, oben Anm. 19, S. 205ff.

(27) BVerfGE 1, 264, 276; 3, 58, 135f.; 18, 38, 46; ständige Rechtsprechung - es müssen sich "vernünftige Erwägungen finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonst einleuchtend sind", BVerfGE 10, 234, 246, ebenfalls ständige Rechtsprechung.

(28) BVerwG 32, 173, 179; 36, 248, 249f.; 44, 244, 246 und BVerwG, in: Die Öffentliche Verwaltung 1976, 563f., - freilich zur mittelbaren Einwirkung im Nachbarrecht, argumentativ jedoch passend auch auf die mittelbaren Einwirkungen durch § 3 WährungsG bei Inflation.

(29) Z. B. PFLEIDERER, oben Anm. 19, S. 89f.; TIMM, H.: "Der Einfluß von Geldwertsicherungsklauseln auf Geldkapitalangebot und -nachfrage und auf die schleichende Inflation", in: Jahrbuch für Nationalökonomie und Statistik 180 (1967), S. 325ff.; STÜTZEL, oben Anm. 11, 1979, S. 68.

(30) BVerfGE 50, 57, 84.

(31) REUTER, oben Anm. 19, S. 495; SIMITIS, oben Anm. 19, S. 55. Bei Körper- und Gesundheitsverletzungen: z. B. BGHZ 34, 110, 118.

(32) Vgl. REUTER, oben Anm. 19, S. 493-495; PFLEIDERER, oben Anm. 19, S. 79ff.

(33) BVerfGE 50, 57, 92 m.w.N.; STÜTZEL, oben Anm. 21, 1979.

(34) Z. B. BVerfGE 14, 221, 241; 16, 147, 165 ("generell erdrosselnder Charakter"); 19, 119, 128/9 (übermäßige Belastung und grundlegende Beeinträchtigung seiner Vermögensverhältnisse). Dogmatische Feinarbeit zu dieser Problematik z. B. bei KIRCHHOF, P. / ARNIM, H. H. v.: "Besteuerung und Eigentum", in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, 39 (1981), S. 213ff., 287ff.

(35) STÜTZEL, W.: Marktpreis und Menschenwürde, Bonn (Bonn-Aktuell) 1981, S. 83ff.

(36) Schon: Protokolle zum BGB, III. Band, Sachenrecht, 1899, S. 646; im übrigen außer den Kommentaren etwa: ZEUNER, A.: "Die fremdwirkende Verarbeitung als Zurechnungsproblem“, in: Juristenzeitung (1955), S. 195; HUBMANN, H.: "Das Recht am Arbeitsergebnis", in: Festschrift für A. Hueck, 1959, S. 43; LAUFKE, F.: "Zum Eigentumserwerb nach § 950 BGB", Festschrift für A. Hueck, 1959, S. 69; SÄCKER, F.: Juristenzeitung 1966, S. 51f.; ROTHKEGEL, R.: Der Eigentumserwerb bei Verarbeitung, 1974, Köln (Heymann) S. 9. - Hierin wie überhaupt in der Stellung von Kapitaleignern in Unternehmen hat sich wohl nicht zuletzt die unten behandelte Vorrangstellung des überlieferten Geldes am Tauschmarkt sowohl interpretatorisch als auch institutionell niedergeschlagen und verfestigt.

(37) KLOEPFER, M.: Entstehenssicherung und Bestandsschutz von Grundrechten, München (Beck), 1970, unergiebig jedoch zu den im Text behandelten Problemen.

(38) BVerfGE 1, 264, 278; 14, 288, 293; 30, 292, 334; 31, 229, 239; ständige Rechtsprechung.

(39) KLEIN, B.: "The Competitive Supply of Money", in: Journal of Money, Credit and Banking, 6 (1974), S. 423ff.; HAYEK, F. A. v.: Denationalisation of Money. An Analysis of the Theory and Practice of Concurrent Currencies, London (Institute of Economic Affairs) (2) 1978; dt. Übers.: Entnationalisierung des Geldes, Walter Eucken Institut (Hrsg.), Wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsrechtliche Untersuchungen 13, Tübingen (J. C. B. Mohr [P. Siebeck]) 1977; GERDING, R./ STARBATTY, J.: Zur Entnationalisierung des Geldes, Walter Eucken Institut (Hrsg.), Vorträge und Aufsätze 78, Tübingen (J. C. B. Mohr [P. Siebeck]) 1980; SIEPMANN, U.: "Vorschläge zur Reform der Geldverfassung: Ein Überblick", in: Wirtschaftswissenschaftliche Studien 8 (1979), S. 266-296.

(40) ENGELS, W.: The Optimal Monetary Unit. Real-asset Currency, State Monetary Sovereignty, and the Private Issue of Bank Notes. Frankfurt/New York (Campus) 1981.

(41) KEYNES, J. M.: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, 1935, S. 296ff. (General Theory of Employment, Interest and Money, London 1936).

(42) Insbesondere die Zusammenfassung GESELL, S.: Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld, Nürnberg (Zitzmann) 9. Aufl. 1949. Zu Gesell selbst: STÜTZEL, unten Anm. 51.

(43) Dazu demnächst die Dissertation H. GODSCHALK: Die Autonomisierung des Zahlungsverkehrs und die Folgen für die nationale Geldordnung, Diss. Münster, vorauss. 1982.

(44) Vorherrschende Meinung in Kommentaren zum Grundgesetz. STERN, oben Anm. 4, S. 476f., mit weiteren Nachweisen, der von "herrschender Meinung" spricht und sich dabei zu Unrecht auf die Entstehungsgeschichte beruft. Begründet wird, soweit überhaupt, diese Auslegung meist aus der Funktion der "Währungs- und Notenbank", die anders nicht zu erfüllen sei (z. B. FÖGEN, H.: Geld- und Währungsrecht, München (Beck) 1969, S. 73f.).

(45) Bericht im Jahrbuch des Öffentlichen Rechts, NF 1 (1951), S. 652f. ; BAUER, E., in: I. von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, 1978, RdNr. 11 zu Art. 88 GG.

(46) Ähnlich offen BAUER, oben Anm. 39, zum Begriff "Währungsbank", nicht aber zum Begriff "Notenbank", wo Bauer unentschieden bleibt.

(47) Dazu SUHR, oben Anm. 13, 1966, S. 22ff. (zum "Tauschwert" von Eigentum überhaupt), 1976, S. 189-190; STÜTZEL, W.: Preis, Wert und Macht, Diss. Tübingen 1952, Neudruck 1972, S. 50.

(48) PFENNIG, oben Anm. 4, S. 18ff., 28ff.

(49) PFENNIG, oben Anm. 4, S. 31ff., S. 48f.

(50) Zur Bedeutung von "Bestandshaltepreisen" für Probleme der Geldtheorie und Geldpolitik im allgemeinen: STÜTZEL, W.: Über einige Währungstheorien, Walter Eucken Institut (Hrsg.), Vorträge und Aufsätze 23, Tübingen (J. C. B. Mohr [P. Siebeck]) 1969, S. 11ff.

(51) STÜTZEL, W.: Artikel Gesell, Silvio, in: Evangelisches Soziallexikon, 7. Aufl. 1980, Sp. 500-502.

(52) Bei unvorhergesehenen Entwicklungen kann der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten sein, ursprüngliche Entscheidungen zu überprüfen: BVerfGE 49, 89, 130, 132 (Kalkar, Schneller Brüter). Das muß auch gelten, wenn die Entwicklung des Geldwesens zunehmend Probleme aufwirft und zu neuen Erfahrungen führt, die die Einsicht in bislang verborgene Unvereinbarkeiten mit verfassungsrechtlichen Normen eröffnen.

(53) Siehe oben Anm. 27.

(54) "Konkretes Vertragsinteresse": STÜTZEL, W.: Artikel "Wert und Preis", Handwörterbuch der Betriebswirtschaft,. 4. Aufl. 1975, Sp. 4404-4425. Die folgenden Überlegungen sind durch diese Ausführungen Stützels angeregt worden und modifizieren sie im Hinblick auf die Gleichheitsproblematik.

(55) Angesprochen in anderem juristischem Zusammenhang z. B. bei SCHLINK, B.: Abwägung im Verfassungsrecht, Berlin (Duncker & Humblot) 1976, S. 154ff., 167, 175.

(56) Zur Anwendung der Idee vom fairen Spiel auf Probleme der Gleichheit bei Verschiedenheit: SUHR, oben Anm. 13, 1976, S. 139ff.; vgl. auch SCHLINK, oben Anm. 55, S. 172ff.

(57) SUHR oben Anm. 13, 1976, und SUHR, D.: Bewußtseinsverfassung und Gesellschaftsverfassung, Berlin (Duncker & Humblot) 1975, S. 354-360. Vgl. dazu auch P.-J. PROUDHON bei HAHN, K.: Föderalismus, München (Vögel) 1975, S. 200f.

(58) ENGELS, oben Anm. 40, S. 9 und 124.

(59) So ungeeignet der Forderungs- und Schuldbegriff zur rechtstechnischen Erklärung von Notengeld zu sein scheinen mag (PFENNIG, oben Anm. 4, S. 29-31 mit Nachweisen zu alten und neuen Deutungsversuchen), so treffend ist die rechtstechnische Deutung als valutierte Tauschanwartschaft aus erfüllter Tauschobliegenheit, bei der sehr wohl das "Recht (die Anwartschaft) aus dem Papier" dem "Recht an dem Papier" folgt. Dafür, daß die Obliegenheiten erfüllt und die Anwartschaften honoriert werden, daß also das Geld umläuft, sorgt die Abhängigkeit der Menschen voneinander, ihr Drang zur Freiheit durcheinander und der daraus resultierende faktische Zwang zum (bequem vermittelten) Tausch. - WALKER, K.: Das Weltwährungssystem, Hann. Münden (Gauke) 1979, S. 36: "Monetarisierung legitimer Ansprüche an den Markt" mit Hinweis auf F. BENDIXEN, Geld und Kapital, Jena 1922; HOFFMANN, H.: Die Währungs- und wirtschaftspolitischen Einflüsse der Elemente der Geldmenge auf die Stabilität der inneren Kaufkraft des Geldes, hrsg. von der LSPS, Zürich 1978, S. 17f.: Anweisung auf das Sozialprodukt; nicht nur Berechtigungs-, sondern auch Verpflichtungsschein. Ähnlich HEYNITZ, J. v.: "Einige wirtschaftliche Schäden der Inflation und ein geldpolitischer Versuch ihrer Bekämpfung", in: Fragen der Freiheit 132 (1978), S. 10. - Zu ungenau bleibt die Kennzeichnung als "abstrakte Vermögensmacht" bei SIMITIS, S.: "Bemerkungen zur rechtlichen Sonderstellung des Geldes", in: Archiv für die civilistische Praxis 159 (1960), S. 406-466.

(60) Siehe oben bei und in Anm. 35.

(61) EUCKEN, oben Anm. 1, S. 279.

(62) Siehe oben Anm. 13!

(63) LUHMANN, N.: Grundrechte als Institution, Berlin (Duncker & Humblot) 1965, S. 108ff.: Geld in der charakteristischen Struktur und Funktion einer Spezialsprache (vgl. auch ENGELS, oben Anm. 40, S. 124) und als "generalisiertes Medium". Zur Generalisierung allgemein LUHMANN, N.: Funktion und Folgen formaler Organisation, .Berlin (Duncker & Humblot) 1964, S. 54ff., 94.

(64) Als "erster Lehrsatz" von W. LAUTENBACH zitiert bei STÜTZEL, W.: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, Tübingen (J. C. B. Mohr [P. Siebeck]) 1978, S. X.

(65) Anspielung auf STÜTZEL, oben Anm. 64.