Inhaltsverzeichnis: „Geld ohne Mehrwert“
7. Kapitel
Über Zinswucher und Kapitalknechtschaft ist in der
Geschichte schon oft geschimpft worden. Diese alten Lieder sollen hier bei der
normativen Bewertung und Kritik der Geldordnung nicht wieder angestimmt werden.
Was können denn auch die armen Zinsnehmer und Kapitalisten dafür, daß die
Geldordnung sie zu dem macht, was sie sind? An die Stelle moralischer
Entrüstung über Menschen hat die Kritik an der Struktur der Geldordnung zu
treten. Diese Kritik soll außerdem von denjenigen verbindlichen Maßstäben
ausgehen, die unsere Verfassung für die Ordnung in unserem Gemeinwesen mit dem
besonderen Rang des Verfassungsrechts aufgestellt hat. So lange im Gemeinwesen
keine solchen höherrangigen Maßstäbe positiven Rechts gegolten haben, bewegten
sich die Juristen bei der Beurteilung ihres Rechts in unverbindlicheren Räumen
naturrechtlichen Denkens: Sie konnten zwar Rechtsnormen und Fallentscheidungen
im Hinblick auf die Gerechtigkeit kritisieren, hatten aber keine verbindlichen
Maßstäbe, auf die sie hätten zurückgreifen können, um die Normen des einfachen
Rechts daran zu messen. Heute ermöglicht das Verfassungsrecht als höherrangiges
Recht eine sehr viel schneidigere und verbindlichere Kritik des einfachen
Rechts als früher die bloße Berufung auf die allgemeine Gerechtigkeit, auf
Billigkeit oder Sitte.
Das Grundgesetz verbürgt Grundrechte und mit den
Grundrechten Erscheinungsformen von Freiheit und Gleichheit. Es postuliert
einen „sozialen Rechtsstaat", der, stark vereinfacht, ein Gemeinwesen
verlangt, in dem Freiheit und Geselligkeit, Freiheit und Sozialität oder
Solidarität zugleich verwirklicht sind. Die Geldordnung an diesen Maßstäben zu
messen, ist ein ungewohntes Unterfangen und verlangt einen großen Aufwand an juristisch‑dogmatischer
Feinarbeit. Die kann im Folgenden nicht geleistet werden. Es geht vielmehr
darum, Angriffspunkte für die Argumentation aufzuzeigen und Hauptlinien der
Argumentation zu skizzieren (79).
Die Geldordnung bietet einen sehr ungewohnten Gegenstand
verfassungsrechtlicher Kritik: Bislang haben so gut wie nur solche
verfassungsrechtliche Fragen eine Rolle gespielt, die entweder Rechtsfolgen der
Inflation, also eine pathologische Erscheinung, oder Probleme der Geldpolitik,
z. B. Kompetenzen und Spielräume der Bundesbank, betrafen. Jetzt und hier
dagegen geht es darum, wie weit Freiheit, Eigentum und Gleichheit und wie weit
der „soziale Rechtsstaat" Maßstäbe in sich tragen, an denen die
Geldordnung gemessen werden kann und die zugleich die Richtung angeben, in der
eine etwaige Rekonstruktion und Verbesserung der Geldordnung ihren Weg zu
nehmen hätte. Auch der verfassungsrechtliche Begriff des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts muß dabei als Maßstab herangezogen werden.
I. Daß das Geld und die verfassungsrechtlich geschützte
Freiheit miteinander etwas zu tun haben, drängt sich auf: Das Geld ist z. B.
nach Friedrich A. Hayek eines der „großartigsten Werkzeuge zur Freiheit, die
der Mensch je erfunden hat (80)". Hayek hat recht. Man muß aber den Vorbehalt
hinzufügen, daß sich das Geld auch als das raffinierteste und
undurchschaubarste Instrument zur Erzeugung von Ungerechtigkeit, Ungleichheit,
Abhängigkeit und Herrschaft zwischen den Menschen erwiesen hat. Woran diese
verhängnisvolle Verkoppelung von Segen und Fluch des Geldes liegen, das hat
sich oben schon geklärt: Sie hat ihren Grund im Mehrwert.
Um sich die Funktion des Geldes für die Freiheit der
Menschen im Gemeinwesen vorzustellen, muß man es sich aus der Wirtschaft
hinwegdenken: Dann hätte auch der Reichste seine Schwierigkeiten beim Abschluß
der Geschäfte für den alltäglichen Bedarf, vor allem, wenn er irgendwo
auftritt, wo man ihn nicht kennt. Wenn die Ökonomen die klassische Funktion des
Geldes als eines Tauschmittels anführen, so heißt das juristisch, daß das Geld
ein klassisches Mittel der Tauschfreiheit ist.
Gäbe es kein Geld, es müßte um der Erweiterung und
Vereinfachung der Tauschfreiheit erfunden werden! Der Tausch wiederum ist
juristisch ein Rechtsgeschäft, ein “Vertrag". Also ist das Geld vor allem
ein Medium, ohne das die Vertragsfreiheit von der praktischen Seite her
erheblich eingeschränkt und ihre Ausübung erheblich erschwert wäre. Geld in
einer Wirtschaft einzuführen, das bedeutet also zugleich, der Vertragsfreiheit
Dimensionen des bequemen „Sich‑Vertragens" zu öffnen, die sonst
verschlossen blieben. Schon hier wird auch deutlich, dass eine durch und durch
soziale Freiheit im Spiel ist: eine Freiheit, die leerläuft, wenn es keine
Vertrags‑, keine Tausch‑, keine Freiheitspartner zur Ausübung
dieser Freiheit gibt! Geld ist ein Medium der zwischenmenschlichen Freiheit der
Menschen durch andere Menschen (81).
Verfassungsrechtlicher „Sitz" der hier vor allem
betroffenen Vertragsfreiheit sind die Grundrechte, die jeweils „thematisch
einschlägig" sind, mag dabei unter Juristen auch noch manches zu klären
sein: So wie der Eheschluß ein Vertrag ist, der „thematisch" zum
Grundrecht von Ehe und Familie in Art. 6 GG gehört, so fallen Verträge, die das
Eigentum, den Beruf oder eine Gesellschaft betreffen, in den Schutzbereich der
Grundrechte, die das Eigentum als ein Freiheitsrecht, die die Berufswahl und
Berufsausübung als Freiheitsrechte oder die die Vereinigungsfreiheit schützen.
Keine dieser Freiheiten darf ohne Grund eingeschränkt werden, und selbst wenn
Gründe vorhanden sind, dürfen sie nicht willkürlich sein, und die durch sie
gerechtfertigte Einschränkung der Freiheit darf nicht übermäßig sein.
Das Geld, hatten wir gesehen, erschließt der
Vertragsfreiheit sonst verschlossene Räume bequemen und verkehrsgünstigen Sich‑Vertragens.
Doch geht mit dem bisherigen Geld die verhängnisvolle Eigenschaft einher, daß
es in seiner Funktion als Katalysator der Vertragsfreiheit mit monetärer
Notwendigkeit dazu führt, daß bei sonst gleicher Ausgangslage und bei sonst
gleichen Bedingungen der Partner, der konkrete Gegenstände gegen Geld zu
tauschen wünscht, von dem anderen, der Geld gegen konkrete Gegenstände tauschen
will, oder Geld überhaupt nur für Tauschzwecke verleiht, abhängig wird: So wie
es am Modellfall der gleichen Vermächtnisse in der Geschichte von Max und
Moritz oben demonstriert worden ist.
Die gleiche
Abhängigkeit zeigt sich noch deutlicher, wenn man den Fall nimmt, daß Moritz
sich die Mittel für den Grundstückskauf und für den Hausbau nicht von Max,
sondern von einem Dritten beschafft hätte: Max wäre von Zinsverpflichtungen
freigeblieben, weil er „liquide" war, Moritz jedoch ginge belastet aus der
Geschichte hervor und schösse von seinem übrigen Vermögen zu, müßte also die
Originale, die er geerbt hat, verkaufen, ohne damit schon die Valuta seiner
Schuld zu verringern. Geld macht zwar frei zum Abschluß von Verträgen, aber es
macht auch unfrei durch die in die Geldordnung hineinkonstruierten, dem
überlieferten Geld anhängenden Eigenschaften, von denen sich gezeigt hat, daß
sie mit dem Mehrwert‑Syndrom zusammenhängen.
Wenn nunmehr eine Geldordnung eingerichtet werden kann,
in welcher der Mehrwert durch eine Ausgleichsabgabe auf Liquidität abgeschöpft
wird mit der Folge, daß die mit dem Mehrwert‑Syndrom verknüpften
Abhängigkeiten verschwinden, das Geld jedoch im übrigen seine Funktionen bei
dem Abschluß von Verträgen so gut erfüllt wie eh und je: Dann enthält die
heutige Geldordnung eine durch keinen Grund gerechtfertigte Einschränkung der
Vertragsfreiheit von Vermögenden mit illiquiden Gütern. Eine solche durch
keinen Grund gerechtfertigte Freiheitsbeschränkung ist in jedem Falle auch
übermäßig und verfassungswidrig.
Dabei geht es um strukturelle Unfreiheiten, nicht um
Einzeleingriffe in persönliche Freiheitssphären. Zur Debatte stehen
Freiheitsbeschränkungen „im Großen", die immer gleich alle typischen Fälle
treffen, also um so unerträglicher sind. Außerdem läuft das, was vereinfacht
als „Freiheitsbeschränkung" beschrieben wurde, nicht nur auf Schrankenziehung
in dem Sinne hinaus, daß die Betroffenen in ihrem Spielraum als einzelne bloß
eingeengt würden. Vielmehr erscheint die „Beschränkung" als
„Abhängigkeit" einzelner von anderen einzelnen; denn man hat es ja zu tun
mit einer Freiheit, die nur in der Sozialdimension existiert, so daß auch das
Gegenteil dieser Freiheit nicht bloß eine ,;Beschränkung" ist, sondern
sogar eine Abhängigkeit. Diese Abhängigkeit ist, wenn man sie von der anderen
Seite dessen betrachtet, von dem der „Beschränkte" abhängig ist, eine
Macht: eine von der Geldordnung anerkannte, aber durch keinen tragenden Grund
gerechtfertigte Macht und Herrschaft dessen, der die Fäden hält, an denen der
Abhängige hängt. Die Geldordnung erzeugt ständig neu solche Fäden, an denen die
Besitzer von Geldvermögen die anderen hängen lassen können: ein
allgegenwärtiger monetärer Generator von Unfreiheit in Form von
zwischenmenschlicher Abhängigkeit und Herrschaft.
Sobald dieser monetäre Generator von Unfreiheit
identifiziert ist und beseitigt werden kann, muß er als verfassungswidriges
Element aus der Geldordnung herausoperiert werden. Dann erst gilt: Das Geld ist
eines der großartigsten Werkzeuge zur Freiheit, die der Mensch je erfunden hat.
Dann erst wird aus dem monetären Instrument der Vertragsfreiheit ein Medium des
Sich‑Vertragens, in das nicht schon strukturell ein Prozeß
einprogrammiert ist, der in die einseitige Abhängigkeit hineinführt, die die
Wirtschaftssubjekte stärker, als in der menschlichen Natur ohnehin angelegt
ist, gegeneinander aufbringt, voneinander entzweit und einander entfremdet.
Sollte sich nach allem die Ausgleichsabgabe auf
Liquidität zur Abschöpfung des Mehrwertes nach eingehender Prüfung als
gangbares und praktikables Mittel erweisen, die strukturellen Mängel der
Geldordnung, die die Vertragsfreiheit einschränken, zu verringern oder gar zu
beseitigen, dann muß diese Ausgleichsabgabe eingeführt werden, um die Mängel so
weit wie irgend möglich aus der Geldordnung herauszuoperieren.
II. Daß unser Geld auch mit der Gleichheit der Menschen
zu tun hat, braucht nach den Überlegungen nicht mehr hervorgehoben zu werden,
die oben insbesondere im Zusammenhang mit der Deutung des Wirtschaftsspiels
nach Analogie eines Kartenspiels angestellt worden sind und wo sich
herausgestellt hat, daß das Geld mit dem Joker vergleichbar ist. Es liegt auf
der Hand, daß ein allgemeines Spiel, an dem alle teilnehmen müssen und in dem
es um existenziell wichtige Güter geht, dann extrem unfair ist, wenn
diejenigen, die ohnehin schon viel haben, immer mit den Jokern einsteigen
können. Verfassungsrechtlich jedoch ist die Sache etwas schwieriger zu fassen.
Art. 3 Absatz 1 des GG lautet: „Alle Menschen sind vor
dem Gesetz gleich." Das gilt auch von den Menschen vor denjenigen
Gesetzen, die die Geldordnung so ausformen und einrichten, wie sie ist, oder
auch anders ausformen und einrichten könnten, z. B. so, daß der Mehrwert mit
Hilfe einer Ausgleichsabgabe auf Liquidität abgeschöpft wird.
Nach „herrschender Meinung" in der juristischen
Lehre und Praxis verbürgt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG allerdings
gar nicht das, was sein Wortlaut verspricht: „Gleichheit“, sondern er enthält
nur ein „Willkürverbot". Die juristische Formel, mit welcher der zum
Willkürverbot entkräftete Gleichheitssatz praktikabel gemacht wird, lautet:
„Wesentlich Gleiches darf nicht willkürlich ungleich, wesentlich Ungleiches
darf nicht willkürlich gleich behandelt werden." Diese Frage ist jeweils
„unter ständiger Orientierung an Gerechtigkeitsgedanken" zu prüfen.
Außerdem dürfen Entscheidungen, die das Grundgesetz getroffen hat, wie etwa die
für den Schutz der Familie, bei der Willkürprüfung nicht mißachtet werden.
Ich bin zwar der Meinung, daß diese Maßstäbe nicht
genügen, um die allgemeine Abhängigkeitsproblematik der Menschen untereinander
genau genug zu erfassen, aber ich kann mich hier durchaus auf die anerkannten
Kriterien der „herrschenden Meinung" beschränken. Sobald man nämlich die
Zusammenhänge innerhalb der Geldordnung einmal einigermaßen durchschaut hat,
sind die Ungerechtigkeit, die Ungleichheit, die Willkür schlicht so evident,
daß kaum noch Zweifel bei der verfassungsrechtlichen Analyse und Diagnose des
Mehrwert‑Syndroms im Hinblick auf den Gleichheitssatz möglich sind.
Evident willkürlich und ungerecht ist die monetäre
Privilegierung, die der Besitzer von flüssigem Vermögen gegenüber dem Besitzer
bloß von konkreten Waren und eigener Arbeitskraft dank des in die Geldordnung
hineinkonstruierten Mehrwertes genießt: Den Mehrwert kann vor allem auf sich
abzweigen, wer über große Vermögensmassen verfügt. Er kann am Rande dieser
seiner Vermögensmassen auf konkrete Lebensgüter verzichten. Er kann sie
„versilbern" und mit ihnen „Mehrwert" machen.
Den Mehrwert haben durch ihre Arbeit vor allem
aufzubringen und an den Mehrwertbezieher auf teils direkten, teils
verschlungenen Wegen abzuführen diejenigen, deren Vermögen so klein ist, daß
sie selbst am Rande ihrer Habe noch Lebensgüter hinzukaufen wollen, für die sie
die Mittel erst später haben. Die Geldordnung privilegiert also typisch und nachhaltig
die Vermögenden zu Lasten der weniger Vermögenden, und zwar nicht in dem Sinne,
daß ihnen nur ihre ungleichen Besitzstände garantiert würden, sondern so, daß
sie aus dieser Ungleichheit auch noch buchstäblich „Kapital schlagen" und
Teile des Sozialprodukts abschöpfen, das die weniger Vermögenden erarbeiten.
Auf den Reichtum wird durch die Geldordnung noch eine Pfründe draufgepropft,
die um so größer ist und um so stärker zu Lasten der anderen geht, je größer
der Vermögensunterbau der Pfründe ist. Das ist nicht nur willkürlich, nicht nur
evident ungerecht, sondern ebenso evident unsozial und daher unvereinbar mit
dem „sozialen" Rechtsstaat. Dieser grundgesetzliche Maßstab, daß unser
Gemeinwesen auch „sozial" sein muß, wird verletzt, so daß auch nicht mehr
von einer Regelung die Rede sein kann, die eine noch vertretbare, vernünftige
Differenzierung im Sinne des „Willkürverbotes" wäre.
Man wird einwenden: Auch Liquidität sei doch ein Wert,
und wenn der Geldinhaber bereit sei, darauf zu verzichten und sein Geld zu
verleihen, so sei das ein Opfer; und es sei nicht nur vertretbar, sondern sogar
geboten, daß ihm dafür ein Ausgleich geboten werde. Nun: Das sind die
Vorstellungen und Überzeugungen und Gewohnheiten, die uns seit Menschengedenken
so tief in den Gliedern sitzen und im Kopf stecken, daß sie zu unserer zweiten,
wirtschaftlichen und monetären Natur gehören. Und doch sind diese
Vorstellungen, Überzeugungen und Gewohnheiten falsch; denn die Liquidität ist
keinerlei Verdienst des Geldverleihers, sondern einzig und allein ein Vorteil,
den die Geldordnung verursacht. Die Geldordnung spielt dem Geldbesitzer die
Vorteile der Liquidität zu. Er wiederum kann sie anderen vorenthalten, bis sie
ihm die Liquiditätsverzichtsprämie zahlen. Er kann sie ihnen vorenthalten,
obwohl er sich genau dadurch zirkulationswidrig verhält und eigentlich durch
die Geldordnung als Störer in die Pflicht gerufen, also mit
Vorenthaltungskosten belastet, statt mit Zinsen prämiert werden sollte.
Alles, was bisher zum Mehrwert erkannt wurde, kann hier
als Beweis und Begründung dafür angeführt werden, daß der Zins (soweit er
Liquiditätsverzichtsprämie ist), zwar in der Logik unseres bisherigen Geldes
angelegt ist, daß jedoch hinter dieser Logik keine Rechtfertigung steckt, also
auch nicht hinter dem Zins. Die Prämie, die der Geldverleiher einstreichen
kann, ist keine Gegenleistung für einen verdienten Vorteil, sondern eine reine
private Geldverkehrsteuer, also eine private Besteuerung des
Wirtschaftsverkehrs überhaupt, soweit er unter Zuhilfenahme von Geld
abgewickelt wird. Diese Steuer hat zudem die absurde Wirkung, daß sie zwar
anläßlich eines Liquiditätsverzichts erhoben wird, jedoch vom Entleiher auch
weiterbezahlt werden muß, wenn er die Liquidität längst weitergegeben hat.
Man wird mit oder ohne Erinnerung an längst überholte
Zinstheorien, vorbringen: Der Geldgeber ermögliche dem Geldleiher, schon heute
sich Wünsche zu erfüllen, auf deren Erfüllung er sonst noch warten müsse, und
das sei ein hinreichender Grund für die Legitimierung einer Geldordnung mit
eingebautem Mehrwert für den Verleiher. Darauf ist zu sagen: Der Geldleiher
ermöglicht dem Geldgeber, sein Geld nicht schon heute ausgeben zu müssen,
sondern sich die Wünsche, die er z. B. im Alter haben wird, erst übermorgen zu
erfüllen; rechtfertigte das nicht eine Geldordnung mit eingebautem Mehrwert für
den Entleiher, der die Kaufkraft so lange aufbewahrt? Man lese hierzu noch
einmal die Robinsonade von Gesell, um zu begreifen, welche Leistungen der
Leiher von Geld und welche Leistungen mit ihm die Volkswirtschaft jemandem
erbringt, dem Kaufkraft über Jahre hinweg ungeschmälert erhalten bleibt! Der
Verleiher muß seinem Partner dankbar dafür sein, daß er ihm seine gegenwärtige
Kaufkraft in zukünftige Kaufkraft tauscht, ohne dafür einen Abschlag zu
verlangen; denn der Tausch hat für ihn die Wirkung, als würde seine Kaufkraft
so lange gespeichert und wohl aufbewahrt; obwohl sie in Wahrheit gar nicht
gespeichert und aufbewahrt, sondern jetzt anderweitig verwendet und später aus
anderen Beständen rückvergütet wird.
In Wahrheit springt, wie schon ausgeführt, der Geldleiher
nur in die Lücke, die der Verleiher in der volkswirtschaftlichen Zirkulation
hinterlassen würde, wenn er sein Geld zurückbehielte. Volkswirtschaftlich
gesehen befreit der Geldleiher den Geldverleiher aus der Verlegenheit, daß er,
wenn er seine Kaufkraft zurückbehält, ein „Störer" der Zirkulation wird.
Nachher, nach der Rückzahlung des Darlehens, ist es umgekehrt: jetzt springt
der ehemalige Geldverleiher in die andere Lücke im Zirkulationsprozeß, die der
ehemalige Geldleiher hinterlassen muß, weil er, was er damals empfangen hat,
nunmehr pünktlich und ohne Schmälerung zurückgeben muß.
Müßte sich der Geldgeber an Stelle des lebendigen
Darlehenspartners einen anderen „Wertspeicher" suchen: Gold, Diamanten,
Briefmarken oder Antiquitäten, so müßte er sie verwahren, sichern, pflegen und
liefe obendrein das Risiko von Preisschwankungen. Er fährt also gut, wenn er
sein Geld zum vollen Kaufkraftwert zurückbekommt. Wozu also noch Zinsen? Zinsen
sind nicht gerechtfertigt. Sie sind ein verfassungsrechtlich in dem Augenblick
untragbares Zufallsprodukt der Geldordnung, in dem diese Geldordnung
realistischerweise rekonstruiert werden kann. Die ganze Gleichheitsproblematik
läßt sich stark verdichten, wenn man beim Begriff des Mehrwertes ansetzt: Der
Mehrwert des Geldes ist gleich dem kapitalisierten Preis seiner Liquidität. Der
Mehrwert zeigt sich auf dem Liquiditätsmarkt; der bloße Kaufkraft‑Nennwert
des Geldes zeigt sich auf den Märkten für Konsumgüter, Dienstleistungen und
Kostbarkeiten. Geld hat also einen unterschiedlichen Wert, je nachdem man damit
auf diese oder jene Märkte geht. An den Mehrwert des Geldes aber kommt nur
heran, wer es (zur Zeit oder auf Dauer) übrig hat.
Der Gesetzgeber hat, ohne es zu wollen, ein ungleiches
Geld geschaffen und beibehalten: Dieses Geld ist für den, der ohnehin reich
ist, mehr wert als für den, der es dringender braucht: Diese kapitalistische
Parteilichkeit unseres Geldes ist historisch gewachsen. Sie mag uns auch als
eine Art Schicksal, gegen das sich aufzulehnen sinnlos erschien, zur zweiten
monetären Natur geworden sein. Aber seit 1891 ist sie im wesentlichen erklärt,
geklärt und veränderbar (82). Erst recht ist sie heute nicht länger ein
verhängnisvolles Schicksal, mit dem wir für die Segnungen einer monetär
organisierten Marktwirtschaft zahlen bis in alle Ewigkeit, sondern nur noch ein
Konstruktionsfehler der bisherigen monetären Liquidität: ein leicht behebbarer
Konstruktionsfehler zudem.
Die kapitalistische Parteilichkeit des Geldes
privilegiert reiche Nichtstuer vor ärmeren Arbeitern und Angestellten. Sie
privilegiert die Anbieter des anonymen, persönlichkeitsferneren Geldes vor den
Anbietern von eigener Arbeit und Leistung. Sie ist willkürlich, unsozial und
volkswirtschaftlich schädlich, weil sie Krisen vorprogrammiert. Sie ist
menschenunwürdig, weil sie widersinnige Abhängigkeiten und Machtpositionen
erzeugt. Es gibt, bei genauerem Hinsehen und langfristig gesehen, so gut wie
keinen Grund, der für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Parteilichkeit
unseres Geldes spricht. Aber es gibt unzählige Gründe dafür, endlich
gleichzeitig sowohl die Freiheit, als auch die Gleichheit, als auch die
Sozialität in unserem Gemeinwesen durch ein neutrales Geld zu vergrößern. Der
Weg zu diesem neutralen Geld führt über die Ausgleichsabgabe auf die
Liquidität.
III. Am Eigentum als dem dritten Grundrecht, das hier als
Maßstab herangezogen werden soll, zeigen sich die Überlegungen, die oben zur
Freiheit im allgemeinen angestellt wurden, paradigmatisch konkret und
anschaulich; denn das Eigentum ist selbst ein Freiheitsgrundrecht.
Wer auf Kredit Eigentum erwerben will, weil er nicht
liquide ist, sondern z. B. nur Familienschmuck und Bilder besitzt, die er nicht
versilbern möchte, oder seine Arbeitskraft, die er erst noch verkaufen muß,
gerät in Abhängigkeit derjenigen, die sich sozusagen auf liquidere Güter,
idealtypisch verkörpert im Geld, spezialisiert haben: Der konkrete Mensch und
Eigentümer gerät in die Abhängigkeit vom abstrakten Mensch und Eigentümer, und
die Zinsforderung wirkt wie ein Hindernis zum Eigentum. Ein Hindernis ist
freilich auch der Kaufpreis selbst, den der Käufer gestern, heute oder morgen
heranschaffen mußte oder muß. Es geht hier um das zusätzliche Hindernis, das im
Mehrwert seine Ursache hat. Die Geldordnung ist danach Ursache für eine
dauernde Behinderung derjenigen, die Eigentum erwerben wollen, durch
diejenigen, die dafür eine private Eigentumsverkehrsteuer verlangen, bevor sie
die von ihnen gesperrte Liquidität freigeben wie Zöllner die Straße, wenn sie
den Schlagbaum heben.
Wer hier einwenden will, der Kreditnehmer erhielte ja
nicht nur Liquidität, sondern Kaufkraft in Form des Geldes, sei an das
erinnert, was zum Kredit schon ausgeführt wurde: Was die konkreten Kaufkräfte
angeht, findet nur ein Tausch statt. Der Verleiher erhält sofort den
Rückzahlungsanspruch (einen nicht liquiden, weil nicht fälligen Vermögenswert),
der oft noch durch Hypotheken, Pfandrechte oder Bürgschaften gesichert wird,
damit der Verleiher sichergehen kann, daß sich sein Vermögen nicht mindert. Für
den Nennbetrag des Darlehens erhält der Verleiher also sofort einen Gegenwert:
„Rückzahlungsanspruch, fällig am . . .". Wofür er den Zins erhält und was
er dem Leiher verkauft, ist einzig und ausschließlich die Liquidität, und die
hat er nur der Tatsache zu verdanken, daß der Staat das Zahlungsmittel zur
Verfügung stellt, so daß er marginale Vermögensgegenstände vorübergehend
liquide machen kann, um sie sofort wieder in dem Darlehensverhältnis in Form
des Rückzahlungsanspruchs „einzufrieren".
Die Geldordnung führt jedoch noch zu viel schärferen
„Eingriffen" ins Eigentum, die wir nur deshalb nicht als solche
wahrnehmen, weil wir davon ausgehen, daß „Zins" etwas ganz Normales sei.
Erkennt man jedoch, daß der Zins im Grunde eine monetäre Paradoxie ist, die
nicht nur alle sonstigen Prinzipien des Rechts und der Gerechtigkeit verkehrt,
sondern auch abgeschafft werden kann, dann sieht die Welt anders aus: Hohe
Zinsen können z. B. dazu führen, daß ein Häuslebauer, der vor ein paar Jahren
einigermaßen günstig hat finanzieren können, durch Umschuldung unter
ungünstigen Bedingungen gezwungen wird, sein Haus zu verkaufen. Das ist dann
eine geldordnungsbedingte Enteignung eines Privaten durch einen oder mehrere
andere Private. Der Zins erscheint dabei nicht mehr nur als Verkehrshindernis,
das den Zugang zu Eigentum erschwert, sondern auch als Hebel, mit dem
Eigentümer von ihrem Eigentum getrennt werden können, sei es freiwillig (wie in
der Geschichte von Max und Moritz mit ihren Vermächtnissen), sei es
unfreiwillig wie bei der Zwangsvollstreckung und im Konkurs. Und wen der
Häuslebauer zu sehr an Gartenzwerge erinnert, der denke z. B. an Pleiten in der
Wirtschaft und an die Kredite, wie sie an Polen oder an die Entwicklungsländer
gegeben werden. Dann kann er ermessen, worum es geht, wenn am archimedischen
Punkt der monetären Welt angesetzt wird, um den Mehrwert abzuschöpfen.
Das Eigentum an vermögenswerten Gegenständen umfaßt
vielerlei verfassungsrechtlich mitgeschützte Möglichkeiten: Sachgebrauch,
Verfügungsrechte, aber auch der ,;Wert" ist wenigstens insofern geschützt,
wie im Falle einer Enteignung Entschädigung geleistet werden muß. Zu den
Rechten und Möglichkeiten, die das Eigentum vermittelt, gehören auch die
Kompetenzen aus der Liquidität, welche Geld vermittelt. Zwar streiten sich im
Bereiche der Jurisprudenz die Praxis und die Lehre darum, ob die
Eigentumsgarantie des Art. 14 GG auch gegen die Auferlegung ungerechtfertigter
Geldleistungspflichten schützt; ‑ daß jedoch die Möglichkeiten etwa
betrieblicher Liquidität „Freiheitskomponenten" des Eigentums sind, wird
man kaum in Abrede stellen können. Insofern gilt auch und gerade für diese
;,Freiheitskomponente" des Eigentums, die in den Kompetenzen aus der
Liquidität steckt, der verfassungsrechtliche Grundsatz, daß mit
Freiheitsrechten und Dispositionsbefugnissen auch Verantwortung einhergeht
(„Konnexität von Freiheit und Verantwortung (83)"), ‑ ein Grundsatz
der in großen Zügen dem entspricht, was in der Organisationslehre und in der
ordnungspolitischen Diskussion unter Stichworten wie „Zusammenhang zwischen
Kompetenz und Verantwortung" oder „Zusammenhang zwischen Nutzen und
Schaden" läuft. Dieses Prinzip der Konnexität von Freiheit und Verantwortung
beim verfassungsrechtlichen Eigentum ist vielgestaltig, je nach Art der
Freiheit und je nach Art der Folgen und Wirkungen, die die Wahrnehmung der
Freiheit auslöst.
Schaut man dann auf die Kompetenzen aus der Liquidität,
so zeigt sich, daß unsere Geldordnung keinen Zusammenhang herstellt zwischen
den Freiheiten (Kompetenzen), die die Liquidität in allen Dimensionen
wirtschaftlicher Tätigkeit vermittelt, und den Risiken und Folgen, die damit
einhergehen. Den Inhaber von Liquidität trifft keinerlei Verantwortung für die
Vorhaltekosten und Risiken, die Liquidität für die Volkswirtschaft mit sich
bringt. Er kann „ungestraft" die Zirkulation unterbrechen und sein
liquides Geld zu Speicher‑ oder anderen Zwecken „mißbrauchen".
Ebenso wenig trifft es ihn, wenn er durch seine Geldanlage dafür sorgt, daß
womöglich keine optimale Allokation volkswirtschaftlicher Mittel stattfindet.
Wohl aber genießt der Inhaber alle Vorteile der Liquidität, und wenn er auf sie
verzichtet, bekommt er in Form von Zinsen den Gegenwert der Vorteile vergütet.
Soll daher der
Grundsatz gewahrt bleiben, daß Freiheit und Verantwortung beim
verfassungsrechtlichen Eigentum konvex sind, dann muß derjenige, der über
Liquidität verfügt, in einer Weise an den Kosten und Risiken, die er verursacht,
beteiligt werden, die diesen Kosten und Risiken irgendwie entsprechen. Also
gebietet nicht zuletzt der Grundsatz der Konnexität von Freiheit und
Verantwortung, eine Ausgleichsabgabe auf Liquidität einzuführen. Was im
Hinblick auf diesen Grundsatz geradezu absurd erscheint und verhindert werden
muß, ist, daß sich der Inhaber der Liquidität durch die Struktur der monetären
Ordnung für Verhaltensweisen noch prämieren lassen kann, die diesem Grundsatz
zuwiderlaufen.
IV. Unter dem Aspekt des sozialen Rechtsstaates gewinnt
die Geldordnung vor allem als Verteilungsordnung Bedeutung: Mit Hilfe von Geld
werden die Leistungen gemessen und vergütet, die die Wirtschaftssubjekte über
den Markt in die Volkswirtschaft einbringen; mit Hilfe von Geld werden auch die
Leistungen bemessen und ausgetauscht, die die Wirtschaftssubjekte aus dem
Sozialprodukt über den Markt wieder entgegennehmen. Deshalb ist das Geld
zugleich das Medium des marktwirtschaftlichen Verteilungssystems, dessen nähere
Ordnung und Ausgestaltung über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit sowie über den
sozialen und unsozialen Charakter des Verteilungssystems entscheidet. Geld
erscheint dabei nicht mehr, wie aus der grundrechtlich-rechtsstaatlichen
Perspektive, nur als Freiheitsmedium, sondern auch als Teilhabemedium: Hier
wird die Teilhabe zur Freiheit und die Freiheit wird nur möglich über die
Teilhabe.
Wenn nun in die Geldordnung monetäre Schleusen eingebaut
sind, über die Teile des Sozialprodukts auf Wirtschaftssubjekte geleitet
werden, die keinen eigenen Beitrag geleistet haben, so ist das ungerecht.
Fließen die Summen dorthin, wo ohnehin so viel ist, daß typischerweise
marginale Vermögensgegenstände in Geldvermögen verwandelt und in Form von
Kapitalien angelegt werden können, dann ist dieses Verteilungssystem mit den
Prinzipien eines sozialen Rechtsstaates unvereinbar: Der „soziale
Rechtsstaat" gebietet nicht, was die Geldordnung bewirkt: die
Privilegierung typischerweise Vermögender durch die Möglichkeit, private
Liquiditätssteuern zu erheben; er gebietet mindestens Neutralität des
Zirkulationsmittels, wenn nicht gar wohldosierte Kompensation. Da unsere
derzeitige Geldordnung in der Tat den rein monetär bedingten Mehrwert in solche
Vermögen hineinlenkt, in die er jedenfalls nicht hineingehört, widerspricht sie
insoweit dem Grundgesetz. Sie muß, sobald und soweit wie irgend praktisch
möglich, in Richtung auf einen sozial‑gerechteren Markt umgestaltet
werden: Das Geld darf nicht länger ausgerechnet für die, die davon übrig haben,
um es anzulegen, mehr wert sein als für die, die sich damit konkrete Waren und
Dienstleistungen kaufen müssen. Die heutige Geldordnung ist nicht bloß „nicht
sozial", sie ist das Gegenteil von sozial. Um so dringender das Gebot, sie
zu ändern: durch die Ausgleichsabgabe auf Liquidität zur Abschöpfung des
Mehrwertes, bevor er in der Volkswirtschaft seinen unsozialen Schaden anrichten
kann.
V. Nach Art. 109 Abs. 2 GG haben Bund und Länder bei
ihrer Haushaltswirtschaft „den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts Rechnung zu tragen". Zu diesem gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewicht gehört u. a. Ausgeglichenheit von Angebot und Nachfrage. Dazu
gehört auch, daß nicht schon in der Struktur der Wirtschaftsordnung
Unausgeglichenheiten vorprogrammiert sind. Durch die Geldordnung mit ihrer
derzeit (nominell) kostenlosen Liquidität wird jedoch wirtschaftliche
Unausgeglichenheit vorprogrammiert: Das nichtneutrale Geld bewirkt den Transfer
von monetären Mitteln in große Vermögensmassen, wo sie als marginales Vermögen
angesammelt werden, das Zinsen und Renditen sucht, statt funktionsgerecht als
Tauschmittel Waren und Dienstleistungen nachzufragen. Dieser Punktion fließen
die Mittel erst zu, wenn die Kreditbedingungen des „Kapitalisten" erfüllt,
wenn das Kapital bedient wird. So vergrößert sich das Fehlallokationsproblem
von Mal zu Mal, und so vergrößert sich von Mal zu Mal die wirtschaftliche
Unausgeglichenheit der Kaufkraftallokationen. Das gesamtwirtschaftliche
Gleichgewicht gerät mehr und mehr ins Wanken.
Nun ist die Geldordnung als solche freilich kein Problem
der „Haushaltswirtschaft", also auch nicht direkt von dem Gebot des Art.
109 Abs. 2 GG betroffen. Das Mittel jedoch, mit dem die Geldordnung von ihren
vorprogrammierten Mängeln befreit werden kann, ist eine Ausgleichsabgabe auf
Liquidität zur Abschöpfung des Mehrwertes und zur richtigeren Lenkung und
Allokation der monetären Zirkulationsströme. Insofern kann das Ziel, das
geldordnungspolitisch um des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts willen
geboten ist, mit haushaltswirtschaftlichen Mitteln erreicht werden: Also maß es
wegen Art. 109 Abs. 2 GG auch mit diesen Mitteln verfolgt werden. Es gibt
wahrscheinlich kein gründlicheres und langfristig wirksameres Mittel zur
Verbesserung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts mit allen seinen
Gleichgewichtskomponenten als die Ausgleichsabgabe auf Liquidität zur
Abschöpfung des Mehrwertes. Also erweist sich zu guter Letzt diese Abgabe auch
stabilitätspolitisch als das „archimedische Knöpfchen", an dem die
Stabilitätspolitiker wegen Art. 109 Abs. 2 GG zu drehen verpflichtet sind. Sie
sind dazu um so mehr verpflichtet, als das „gesamtwirtschaftliche
Gleichgewicht“ am Ende doch nicht nur ein haushaltswirtschaftliches
Verfassungsprinzip ist, sondern ein allgemeines, konstituierendes Prinzip der
Wirtschaftsverfassung, das sowohl im finanzverfassungsrechtlichen Teil des
Grundgesetzes als auch in Art. 104 a Abs. 4 Satz 1 GG angesprochen und
vorausgesetzt wird.