Gustav Radbruch behauptet in seinem Aufsatz "Gesetzliches
Unrecht und übergesetzliches Recht" (zuerst
in SJZ 1946, S. 105 ff.; wieder abgedruckt in: Rechtsphilosophie,
hg. von Erik Wolf und Hans-Peter Schneider, 8. Aufl.
1973, S. 339 ff.), der Positivismus habe "mit
seiner Überzeugung 'Gesetz ist Gesetz' den deutschen
Juristenstand wehrlos gemacht gegen Gesetze willkürlichen
und verbrecherischen Inhalts" in der Zeit des
Nationalsozialismus (a.a.o., S. 344).
Nehmen Sie Stellung zu der Behauptung Radbruchs, indem
Sie zunächst die positivistische These 'Gesetz
ist Gesetz' klären; untersuchen Sie sodann, ob
diese These der Überzeugung des deutschen Juristenstandes
vor 1933 entsprach. Welche anderen Faktoren statt oder
neben einer positivistischen Überzeugung könnten
den deutschen Juristenstand in der Zeit des Nationalsozialismus
"wehrlos gemacht (haben) gegen Gesetze willkürlichen
und verbrecherischen Inhalts"?