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Welchen Sinn macht nun die von vielen Linken immer noch geforderte
Vergesellschaftung der Produktionsmittel, wenn wir von der oben
entwik-
kelten Zinstheorie und Definition von Arbeiter, Unternehmer, Kapitali-
sten und Grundeigentümer ausgehen?
Wenn von "Vergesellschaftung" die Rede ist, wird meist
nichts konkre-
tes oder all das darunter verstanden, was eher unter den Sammelbegriff
Sozialisierung fällt. Dazu gehört die Verstaatlichung
und Staatsverwal-
tung der Produktionsmittel in einer Zentralverwaltungswirtschaft
auf der
rechten Seite ebenso, wie die eigentlichen Formen der Vergesellschaftung
auf der linken Seite: Selbstverwaltung des kollektiven Eigentums
der Pro-
duzenten oder Selbstverwaltung öffentlichen Eigentums durch
die dort ar-
beitenden Produzenten, beides in einer Marktwirtschaft. Welche
Form
die für unsere Ziele und Bedürfnisse angemessenste ist,
könnte sich aus
der Beantwortung folgender Fragen ergeben: Ist der Zweck der Soziali-
sierung die soziale Emanzipation, also der Abbau von Hierarchie
in den
Unternehmungen, Gleichstellung der Produzenten und Selbstverwal-
tung, oder geht es allein um gerechte Einkommensverteilung in
der
Wirtschaft, also um ein sozialökonomisches Ziel? Oder geht
es um die Be-
seitigung von Kapitalkonzentration, also um die Zerschlagung wirtschaft-
licher und politischer Macht in der Gesellschaft?
Wir dürften uns darüber einig sein, daß ein Unternehmen
von Kapital-
eigentümern, die sich, anders als z. B. der Unternehmer (und
Gesell-
Symphatisant (163)) Heinz Nixdorf, allein für die Dividenden
und Aktienkur-
se und nicht für die Belegschaft und die Produkte des Unternehmens
in-
teressieren, befreit werden sollte und dort die Arbeiter ihre
"Betriebsmi-
nister" (wie Lundberg die Manager nennt) selbst wählen
oder ihr Unter-
nehmen selbst verwalten sollten. Damit wäre jedoch lediglich
die Herr-
schaftsfrage im Einzelunternehmen, nicht aber die Ausbeutungsfrage
in
der gesamten Volkswirtschaft gelöst, vom Krisenproblem ganz
zu schwei-
gen.
Es ist ebenfalls klar, daß marktbeherrschende und politisch
mächtige
Konzerne und Großbanken entflochten und entmonopolisiert
werden
müssen. Aber dazu bedarf es keiner Vergesellschaftung. Außerdem
wäre
damit eine wesentliche Ursache für Kapital- und Machtkonzentration
nicht beseitigt: die Zinseszinsakkumulation.
Konzentrieren wir uns auf eine Frage, die sowohl für die
Alternativbe-
wegung aktuell, wie auch für Anarchisten relevant ist: Trägt
die für gesell-
schaftliche Emanzipation wichtige Kollektivierung und Selbstverwaltung
der Produktionsmittel darüber hinaus auch etwas zur Beseitigung
der un-
gerechten Einkommensverteilung im Kapitalismus bei? Versuchen
wir,
diese Frage am Beispiel von zwei sehr unterschiedlichen Unternehmens-
modellen zu beantworten. Das erste Modell soll auf sehr wertvollem
Grund und Boden (unvermehrbarem Produktivkapital) mit vier Lohnab-
hängigen, das zweite mit extrem großem Kapitaleinsatz
(vermehrbarem
Produktivkapital) und drei Lohnabhängigen arbeiten. Hoher
Kapitalein-
satz gegenüber geringem Einsatz menschlicher Arbeitskraft
wird im Zuge
der Automatisierung und Roboterisierung an Bedeutung gewinnen;
vier
bzw. drei Angestellte sollen es deshalb sein, weil die an Marxens
Mehr-
werttheorie orientierte "Sozialistische Studiengruppe"
(SOST) in Ham-
burg behauptet, ein wichtiges Kriterium für die Bestimmung,
ob ein Un-
ternehmer auch Kapitalist ist, sei die Anzahl der Arbeiter, die
er beschäf-
tigt: Er sei dann Kapitalist, wenn er - zwar je nach Branche und
Kapital-
umfang in unterschiedlicher Anzahl, aber im bundesrepublikanischen
Durchschnitt - mehr als drei Lohnarbeiter für sich arbeiten
läßt. (164) So-
mit können wir ganz nebenbei überprüfen, welche
Relevanz die Anzahl
der "Lohnsklaven" (Marx) und die Lohnarbeit überhaupt
für die Ausbeu-
tung haben.
Grundrenten-Beispiel
Nehmen wir als erstes Beispiel ein Grundrenten-Modell und setzen
in die-
ses geschätzte, aber gewiß nicht unrealistische Zahlen
ein. Denken wir uns
einen Laden am stark belebten Kurfürstendamm in Berlin, wo
ein Unter-
nehmer mit vier Verkäuferinnen irgendwelche Waren feilbietet.
Entspre-
chend der Arbeitsmarktlage zahlt er jeder Angestellten im Durchschnitt
ein Monatsgehalt von 1.800 DM. Für den 100 qm großen
Laden zahlt er
10.000 DM Miete im Monat. Dann verbleibt ihm ein Unternehmerlohn
und eine Risikoprämie von druchschnittlich 6.000 DM im Monat.
Für sein
investiertes Eigenkapital von 100:000 DM erhält er bei einem
Zinsfuß von
5% außerdem eine Kapitalrendite von 417 DM im Monat, macht
zusam-
men einen Gewinn von 6.417 DM.
Da wir für die Erhaltungs- und Verwaltungskosten des Gebäude-
und
Bodenanteils des Ladens höchstens 200 DM im Monat zu veranschlagen
brauchen, erhält der Haus- und Grundeigentümer einen
Zins von 9.800
DM im Monat. In dieser extrem günstigen Geschäftslage
besteht er im
wesentlichen aus der Bodenrente, schätzungsweise 9.400 DM.
400 DM
verbleiben dann als Kapitalzins für den Gebäudeteil
Laden. Die gesamte
Kapitalrendite von 817 DM ist also vergleichsweise gering gegenüber
der
Bodenrente von 9.400 DM.
Die Lohnabhängigen erhalten also ein Arbeitseinkommen von
durch-
schnittlich 1.800 DM, der Unternehmer einen Unternehmerlohn von
sa-
gen wir 5.000 DM plus einen durchschnittlichen Gewinn von 1.000
DM als
Risikoprämie, die wir auch als eine Art "Akkordzuschlag"
für besondere
Unternehmerleistung betrachten können, und außerdem
417 DM Kapi-
talzinsen im Monat als arbeitsfreies Einkommen. Den Bodenzins
von
9.400 und den Kapitalzins von 400 DM aus dem Haus- und Grundeigen-
tum erhält ihr Eigentümer als arbeitsfreies Einkommen
oder, wenn "sei-
ne" Immobilie verschuldet ist, der Kreditgeber als Geldzins.
Diese Zin-
sen haben die Lohnabhängigen, der "freie" Unternehmer,
vor allem aber
die vielen Kunden des Ladens erarbeitet und in entsprechenden
Preisbe-
lastungen bezahlt. Den vergleichsweise geringen Zinsanteil aus
seinem
Eigenkapital kassiert der Unternehmer, den Fremdkapitalzins und
den
gewaltigen Batzen Bodenrente jedoch allein der Eigentümer
des Gebäu-
des und des naturgegebenen oder - wenn wir so wollen - von Gott
ge-
schaffenen Bodens: der Grundeigentümer (bzw. seine Bank).
Der Kaufmann am Kurfürstendamm ist vor allem Unternehmer,
ob-
wohl er mehr als drei Lohnarbeiter beschäftigt. Er ist allerdings
- wie
viele Unternehmer - auch ein wenig Kapitalist, dessen 417 DM Haben-
zins allerdings durch Sollzinsen (vor allem Bodenzins!) 23fach
über-
kompensiert wird! Hätte er seine Ladeneinrichtung auf Kredit
gekauft -
Verschuldung ist die Regel bei Kleinunternehmern - und müßte
er dafür
8% Kreditzinsen zahlen, dann würde er nicht nur keine Rendite
erhalten
sondern 667 DM im Monat zusätzlich an Zinsen zahlen müssen.
Er wäre
dann - gleichgültig, ob und wie viele Lohnarbeiter er beschäftigt
-
kein Kapitalist.
Und wie steht es mit der Zahl der "Lohnsklaven"? Würde
er unter der
gegebenen mikroökonomischen Situation eine fünfte Verkäuferin
einstel-
len, dann würde er kaum eine Umsatzsteigerung erzielen, wohl
aber,
wegen der zusätzlichen Lohnkosten (Lohn plus Versicherungsbeitrag
etc.), mehr als die Hälfte seines "Profits" bzw
dreifünftel bis dreiviertel
seines Unternehmerlohns draufzahlen müssen. Würde er
eine Verkäufe-
rin weniger beschäftigen, dann würde das den Umsatz
soweit verringern,
daß die Lohneinsparung geringer wäre als die Gewinneinbuße,
die durch
den Umsatzrückgang wegen der fehlenden Arbeitskraft bewirkt
wer-
den würde. Vier Verkäuferinnen sind also für diesen
Laden optimal. Für
die Definition eines Unternehmers als Kapitalisten ist die Anzahl
der
Lohnarbeiterinnen offensichtlich irrelevant.
Wie verändert sich nun die Lage der vier Frauen, wenn sie
diesen Laden
unter den gegebenen mikro- und makroökonomischen Bedingungen
kol-
lektivieren, ihren ehemaligen Chef als gleichberechtigten Genossen
ins
Kollektiv aufnehmen und ihre Arbeitseinkommen aus diesem Unterneh-
men gleichmäßig verteilen?
Jeder Genossenschaftler würde dann 2.640 DM im Monat erhalten,
für
die geschlechtsbedingt niedrigeren Löhne der Frauen entspräche
das im-
merhin einer Gehaltserhöhung von durchschnittlich 840 DM
oder 46,8%.
Dafür müßten sie dann allerdings anteilig Unternehmerarbeit
lei-
sten und das Geschäftsrisiko mit übernehmen. Würden
sie auch das Ei-
genkapital des ehemaligen Chefs anteilig geschenkt erhalten, dann
bekä-
me jede noch eine Rendite von 83 DM monatlich dazu. Dann wären
sie
also auch kleine Kapitalisten. Müßten die Genossen
sich jedoch die La-
deneinrichtung und die Waren mit Hilfe eines Bankkredits bei günstig-
stenfalls 8% Zinsen anschaffen, dann würde sich das Monatseinkommen
jeder Genossenschaftlerin um 133 DM Kreditzinsen verringern und
sie wä-
ren ausschließlich ausgebeutete Produzenten.
Gewaltig ins Gewicht fällt - kollektiv oder nicht kollektiv
- die Bela-
stung durch die Bodenrente. Doch dieser Kostenanteil wird exakt
kom-
pensiert durch die günstige Lage des Geschäfts, d. h.,
sie wird getragen
von den vielen hier einkaufenden Kunden - von den Konsumenten!
Der
Bodenzins wird also nicht den Lohnabhängigen im Betrieb durch
den Un-
ternehmer oder Grundeigentümer per Mehrwert-Gesetzen vorenthalten,
sondern den Verbrauchern über die Preise der Waren und Dienstleistun-
gen, die durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage in der Zirkula-
tionssphäre zustandekommen, abgeknöpft.
Sinnvoll erscheint hier die Sozialisierung des Bodens. Doch wer
soll ihn
verwalten und wer die Rente erhalten? Das oben beschriebene Kollektiv?
Dann bekäme jede/r Genossenschaftler/in - jetzt auch Grundrentner/
in - monatlich 1.880 DM Bodenzins dazu: so viel, wie der ursprüngliche
Lohn ausmachte! Das läßt sich hören! Doch jene,
die nicht auf so einem
Arbeitsplatz arbeiten, also nicht von einer hohen Bodenrente profitieren
können, wären benachteiligt und müßten als
Konsumenten das Renten-
einkommen unseres Kollektivs finanzieren.
Notwendig ist daher die Umverteilung der Bodenrente an alle Bürger
ei-
ner Stadt oder eines Landes - oder an alle Mütter und Kinder
einer Region
oder gar der ganzen Erde, so, wie es Gesell und seine Anhänger
vorschla-
gen (s. Kap. 9).
Da die Bodenrente ein Ergebnis der monopolartigen Marktstellung
des
unvermehrbaren Bodens ist (s. Kap. 8), kann die Frage der gerechten
Ver-
teilung des Mehrwertanteils Bodenrente nicht durch die Zueignung
des
Bodens an einzelne Kollektive gelöst werden. Desweiteren
zeigt unser
Zins-Beispiel, daß Kollektivierung und Zueignung von Kapital
an das
Kollektiv keine wesentlich gerechtere Einkommensverteilung garantiert,
wenn kaum Kapital vorhanden oder dieses verschuldet ist. In diesem
Falle wird nur Lohn und Risiko umverteilt, was zwar etwas für
die unter-
bezahlten weiblichen, schon weniger für die besser bezahlten
männlichen
Lohnarbeiter bringt, und auch nur dann, wenn ein Unternehmer wenige
Arbeiter/innen beschäftigt. Für ihre Ausbeutung durch
den Unternehmer
oder durch die drei Mehrwert-Anteile Geldzins, Kapitalrendite
und Bo-
denrente, wie auch für die Definition eines Kapitalisten
ist die Anzahl der
Lohnarbeiter, die ein Unternehmer beschäftigt, völlig
belanglos.
In unserem Beispiel dient die Kollektivierung immerhin der Lösung
des sozialen Problems der Fremdbestimmung, nicht jedoch des ökonomi-
schen Problems der Ausbeutung, wenn nicht gleichzeitig das Bodenpro-
blem gelöst wird: sie dient ausschließlich der Mitbestimmung
aller Teilneh-
mer an der unternehmerischen Leitung des Unternehmens. Aber auch
von
unternehmerischer Selbstbestimmung des einzelnen Genossen kann
hier
kaum die Rede sein. Die Selbstentfaltungsmöglichkeiten waren
vor der
Kollektivierung nur für den Unternehmer, den Chef, relativ
groß, für sei-
ne Angestellten sehr gering; jetzt liegen sie für alle quantitativ
etwa in der
Mitte. Denn: alle können mitbestimmen, aber keiner selbstbestimmen,
d.
h., seinen eigenen Willen gegen den Willen der übrigen Genossen
durch-
setzen. Nur nach außen hin genießt das Kollektiv als
Ganzes die gleichen
Freiräume, die vordem allein der Unternehmer ausschöpfen
konnte -
doch das ist die Freiheit des Kollektivs und nicht die des einzelnen
Individu-
ums. Erst wenn das Kollektiv eine "Vereinigung" im Sinne
Max Stirners
ist, in der das Individuum nicht das "gebundene Exemplar"
einer "Ge-
meinschaft" oder "Glied" einer "Gesellschaft"
ist, sondern ihm als "einzi-
gen", als "Eigner" seiner selbst - in freier "Übereinkunft"
und "Verstän-
digung" mit den übrigen "Eigenen" -, als Instrument
seiner eigenen -
auch kommunistischen! - Bedürnisse dient, dann bestimmt das
Indivi-
duum selbst (165) - ein erstrebenswertes anarchistisches Ideal.
Zins-Beispiel
Sehen wir uns nun das Beispiel eines Unternehmens mit einem außeror-
dentlich großen "Umfang" von vermehrbarem Produktivkapital
und mit
nur drei Lohnarbeitern an: das Zukunftsmodell eines kapitalintensiven
Roboterbetriebes.
Eine Person erbt 10 Millionen DM. Statt sie in Wertpapiere oder
lang-
fristig auf einem Bankkonto anzulegen, was ihr 5% Zinsen im Jahr
brin-
gen könnte, kauft sie sich dafür einen Roboter einschließlich
den relativ
wertlosen Boden am Rande einer Stadt, auf dem er steht. Da die
geringe
Bodenrente für dieses Kapital-Beispiel irrelevant ist, schlagen
wir sie der
Einfachheit halber der Kapitalrendite zu. Dieses Unternehmen wirft
dann einen Gewinn einschließlich Risikoprämie und Unternehmerlohn
von 600.000 DM im Jahr ab. Das deckt den Zinsanspruch (Rendite)
von
jährlich 500.000 DM oder monatlich 41.667 DM ab, den unser
Erbe für
sein angelegtes Geld erwarten kann, und ermöglicht ihm außerdem
einen
zusätzlichen Gewinn von 100.000 DM im Jahr oder 8.333 DM
im Monat,
wenn er den Betrieb selbst führt. Da er seinen Roboter von
nur drei Lohn-
arbeiter im Schichtwechsel rund um die Uhr bedienen läßt,
ist er - wenn
wir der Argumentation der SOST folgen - kein Kapitalist. In Wirklich-
keit ist er Unternehmer und Kapitalist!
Für den Jahresgewinn von 100.000 DM könnte er einen
Betriebsleiter
oder Direktor, einen Manager einstellen und ihn, wenn er keine
Risiko-
prämie für sich beansprucht, mit bis zu 8.333 DM im
Monat entlohnen. Er
gäbe dann seine Unternehmertätigkeit auf und bräuchte
selbst nicht mehr
zu arbeiten; das täten dann vier Lohnabhängige für
ihn: ein lohnabhängi-
ger Manager und drei lohnabhängige Arbeiter. - Wenn wir der
Argu-
mentation der SOST folgen, dann ist er deswegen Kapitalist.
So meinen wir das natürlich nicht, werden die Genossen der
SOST sa-
gen. Auch der "Umfang" des Kapitaleinsatzes spielt eine
Rolle! In der
Tat, das haben sie gesagt. In den Köpfen der SOST-Theoretiker
spukt je-
doch auch die obskure Mehrwerttheorie herum, die besagt, daß
der Un-
ternehmer dem Arbeiter im Wesentlichen nur seine Reproduktionskosten
bezahlt, ihn aber länger arbeiten läßt, als zu
ihrer Deckung notwendig ist
(s. Kap. 11). Das interpretiert die SOST merkwürdigerweise
so: Beutet
der Unternehmer auf diese Weise viele "Lohnsklaven"
aus, dann ist er Ka-
pitalist, beutet er wenige aus, dann nicht. Unser Kapitaleigner
kann je-
doch seinen Profit gar nicht steigern, wenn er mehr Arbeiter oder
mehr
Arbeitsstunden an seinem Roboter einsetzt: Will er weitere 24
Arbeits-
stunden "ausbeuten", dann muß er weitere 24 Arbeitsstunden
bezahlen
und außerdem einen weiteren Roboter für 10 Millionen
Mark aufstellen.
Diese 10 Millionen fordern wiederum Zinsen, die über den
Verkauf der
Roboterprodukte vorwiegend von ihren Käufern bezahlt werden.
Die Wirklichkeit zeigt also, daß es für die Frage,
ob ein Unternehmer
auch Kapitalist ist, völlig egal ist, wieviele Arbeiter er
beschäftigt und wie
groß der "Umfang" des Kapitals ist. Es geht hier
nicht um Quantitäten
von eingesetzten Lohnarbeitern und Kapitalien, sondern allein
um Quali-
täten: Ohne Eigenkapital ist der Unternehmer auch mit 100
oder 100.000
Arbeitern kein Kapitalist, und mit Eigenkapital - gleichgültig,
ob viel
oder wenig - ist er es auch ohne einen einzigen Lohnarbeiter -
auch
dann, wenn er seinen teuren Roboter selbst bedient. In diesem
Falle ist er
nämlich - ganz im Sinne Marxscher Definition - Kapitalist
und gleich-
zeitig Unternehmer und Arbeiter. Und wenn er die Automaten nicht
selbst bedient, dann ist er Kapitalist und Unternehmer und als
letzterer
auch "Arbeiter" (Marx). Stellt er außerdem einen
Manger ein, der ihm
die Unternehmertätigkeit abnimmt, dann ist der nur Kapitalist
(s. Kap.
10).
Wie die SOST-Genossen, blicken auch unsere drei Arbeiter da nicht
ganz
durch. Sie sehen das alles überhaupt etwas anders, und zwar
im Sinne des
gesunden Volksempfindens: Sie wollen nicht länger für
ihren Chef einen
"Profit" von 50.000 DM im Monat erarbeiten, während
sie selbst lediglich
3.000 DM bekommen. Um diesen Profit von mehr als 41.600 DM Zinsen
und 8.300 DM Unternehmergewinn selbst zu kassieren, wollen sie
sich
"selbständig" machen. Da sie jedoch als junge Leute
mit geringem Ar-
beitseinkommen keine nennenswerten Ersparnisse zurücklegen
konnten,
gehen sie zu einer Bank, um sich 10 Millionen DM für die
Gründung eines
gleichen Unternehmens zu leihen. Doch dort müssen sie erfahren,
daß
diese 10 Millionen 8% Zinsen p. a. kosten, was bereits ohne die
Kosten der
Kredittilgung eine Belastung von 66.667 DM im Monat bedeuten würde.
Das ist nicht nur mehr, als (in unserem Beispiel) dieses Unternehmen
auf
Grund der (angenommenen) Marktlage an Rendite, sondern auch an
"Profit" (Rendite plus Unternehmergewinn/-lohn) und
Arbeiterlöhnen
insgesamt einzunehmen vermag: Die zu zahlenden Kreditzinsen würden
nicht nur die Rentabilität, die Grenzleistungsfähigkeit
des geplanten Pro-
duktivkapitals von 41.667 DM i. M. übersteigen, sondern auch
den kalku-
lierten Unternehmerlohn/gewinn und darüber hinaus auch noch
das kal-
kulierte Arbeitseinkommen der drei Arbeiter von insgesamt 17.333
DM i.
M. , zusammen 59.000 DM, aufzehren und ihre Schuldenlast um 7.667
DM i. M. - die wiederum verzinst werden muß! - vergrößern.
Würden
sie dennoch diesen Kredit in dieses Unternehmen investieren, dann
kä-
men sie in genau die gleiche Lage, in der sich heute viele verschuldete
Länder der Dritten Welt und des "realen Sozialismus"
befinden: ihnen
bliebe nichts zum Leben und nichts für die Schuldentilgung
übrig und ihre
Schuldenlast würde exponentiell wachsen (s. Kap. 2). Sie
wären - wie so
viele Privat- und Staatsunternehmer - in die Zinsfalle getappt!
Nun werden unsere drei Proletarier "klassenbewußt".
Sie gehen zu ihren
linksintellektuellen Lehrmeistern in die Kapital-Arbeitskreise
(auch
"Bibelstunden" genannt) und studieren die Mehrwerttheorie,
um sich auf
den Klassenkampf vorzubereiten. Auf Grund ihres neuen ökonomischen
Verständnisses fordern sie die Enteignung der Produktionsmittel.
Für un-
sere drei "Revolutionäre" würde die Zukunft
dann allerdings glänzend
aussehen, vorausgesetzt, diese geht entschädigungslos vonstatten
und die-
ses Kapital wird ihnen zugeeignet! Dann sind sie schuldenfreie
Eigentümer
von sehr wertvollen (teuren), sehr produktiven und von wenig Menschen
zu bedienenden Produktionsmitteln.
Sie nehmen ihren ehemaligen Chef als Genossenschafter in ihr
Kollek-
tiv auf und teilen den "Profit" des ehemaligen Unternehmers
und Kapita-
listen und ihren eigenen Lohn zu gleichen Teilen untereinander
auf. Dann
würde jeder 14.750 DM im Monat erhalten.
Solange das Zinssystem und die Marktwirtschaft weiterbestehen,
könn-
ten unsere vier Genossen jedoch auch drei Arbeiter und einen Manager
für zusammen 17.333 DM im Monat auf dem Arbeitsmarkt anheuern,
die jetzt
ihre Arbeiten ausführen würden. Zu fragen wäre
dann: Würden unsere
drei "Systemveränderer", vielleicht aus ideologischen
Gründen, auf die-
se Chance verzichten, um für ein zusätzliches Arbeitseinkommen
von je-
weils 4.333 DM im Monat weiterhin einen wesentlichen Teil ihrer
Lebens-
zeit in der Fabrik zu verbringen, wenn sie die Möglichkeit
hätten, zusam-
men mit ihrem ehemaligen Chef pro Person von 10.417 DM Rendite
im
Monat ohne Arbeit leben zu können? Selbst wenn ihnen die
Hälfte als
Einkommenssteuer abgezogen werden würde, verblieben jedem
einzel-
nen unseres vierköpfigen Kollektivs immer noch gut 5.200
DM im Monat
arbeitsfreies Einkommen. - Mir jedenfalls würde das reichen,
um aus
dem finsteren Fabriksystem aus- und in die sonnige Karibik einzusteigen!
Wie wir sehen, kann nicht nur ein Unternehmer, sondern auch ein
Arbei-
ter, Genossenschaftler, Kommunard etc. Kapitalist sein, wenn er
Mitei-
gentümer seiner Produktionsmittel ist und unter kapitlistischen
Marktbedingungen produziert. Aber auch die Abschaffung des Marktes
und die Einführung der Zentralverwaltungswirtschaft würden
daran
nichts ändern, solange das Zinssysten fortbesteht, also monetäre
Erspar-
nisse nicht ohne Liquiditätsverzichtsprämie für
Investitionen zur Verfü-
gung gestellt werden. Zumindest neuinvestierte Produktionsmittel
wer-
den weiterhin eine Rendite abwerfen müssen, die dann ihre
Eigentümer
oder die Geldgeber erhalten (von der Bodenrente ganz abgesehen).
Also das Geld abschaffen?
Den naive Glauben, das Geld ließe sich abschaffen und durch
eine zen-
trale "Plan"wirtschaft ersetzen, wie es die Roten Khmer
in Kabodscha
versucht haben, brauchen wir wohl nicht mehr zu diskutieren, nachdem
selbst die etablierten Kommunisten zur dezentralen Markt- und
Geldwirt-
schaft zurückfinden.
Ein Ausweg scheint dann eher die Überführung der Produktionsmittel
in das Eigentum der Gesamtgesellschaft in marktwirtschaftlichem
Rah-
men zu sein, um sie (ähnlich, wie das mit dem Boden geschehen
sollte) an
Meistbietende - an private Einzelunternehmer wie an Kollektive
- zu
verpachten, um die so eingenommene Rendite an alle Bürger
gleichmä-
ßig verteilen zu können. Damit könnten jedoch
nicht jene Renditen er-
faßt werden, die als Zinsen an den Sparer als Kreditgeber
abgeführt wer-
den müßten; die Ausbeutung durch den Geldzins bliebe
bestehen.
Die bessere Lösung dürfte immer noch die Reduzierung
des Geldzinses
auf durchschnittlich null Prozent sein. Damit würde, auf
Grund zusätz-
licher Investitionen und größeren Warenangebots im
Rahmen des Wett-
bewerbs, auch der Kapitalzins weitgehend verschwinden (s. Keynes,
Kap. 4 u. 6). Dann wäre es irrelevant, ob aus Gründen
einer gerechten
Verteilung des Einkommens und der Produkte die (vermehrbaren)
Pro-
duktionsmittel Eigentum eines privaten Unternehmers, eines Kollektivs,
der Gesellschaft oder des Staates sind: Sie würden so oder
so keine nen-
nenswerte Rendite abwerfen, sie wären entkapitalisiert, (58)
ihre Eigentü-
mer kein Kapitalist mehr. Lediglich der (unvermehrbare) Boden,
die Bo-
denschätze und die knappen Naturkräfte müßten
Vergesellschaftet wer-
den.
Außerdem hätten es einzelne Personen wie Kollektive
leicht, bei den
dann existierenden geringen Kreditkosten ein eigenes Unternehmen
zu
gründen.
Desweiteren sollte nicht übersehen werden, daß Kollektivierung
nicht
das Problem monetär bedingter Wirtschaftskrisen löst.
Solange das kapita-
listische Geld- und Zinssystem nicht beseitigt ist, werden auch
Kollektive
unter periodisch wiederkehrenden Absatzkrisen zu leiden haben.
Schließlich sollte Kollektivierung niemandem aufgezwungen
werden.
Es gibt Individualisten, die gerne einen kleinen Laden oder einen
Hand-
werksbetrieb in eigener Regie betreiben möchten. Oder Leute,
die "null
Bock" haben, sich in einem selbstverwalteten Unternehmen
mit Betriebs-
organisation, Absatzproblemen, Bilanzen usw herumzuschlagen und
in
Betriebsversammlungen herumzustreiten, und sich statt dessen lieber
als
gut bezahlte Lohnarbeiter bei einem tüchtigen Unternehmer
verdingen
und im übrigen sorglos ihrem Feierabendhobby widmen wollen.
(166) Eine
neue Gesellschaft muß - neben Vollbeschäftigung und
gerechter Ein-
kommensverteilung - ihren Mitgliedern jede nur erdenkliche Entfal-
tungsmöglichkeit zur Verfügung stellen, die eine Hochkultur
beim Stand
ihrer gegenwärtigen Entwicklung zu erbringen in der Lage
ist. Dazu gehö-
ren private Unternehmungen ebenso wie kollektive.
Friedrich Engels zu Geld und Kommunen
Trotz dieser Relativierung des in der Alternativszene weit verbreiteten
Kollektivierungsmythos will ich Joscha Schmierers in der Kommune
(167)
dargelegten These keineswegs widersprechen, daß Genossenschaften
und
Wirtschaftskommunen einen wesentlichen Beitrag leisten könnten
zur
Umgestaltung der gegenwärtigen Industriegesellschaft, vor
allem zum
Abbau hierarchischer Strukturen. Der ehemalige SDS- und KBW Genos-
se Schmierer, der fälschlicherweise Industriegesellschaft
und Kapitalis-
mus gleichsetzt, übersieht jedoch jene Tatsache, auf die
Friedrich Engels
bereits vor hundert Jahren hingewiesen hat und die heute noch
existent
ist: daß ohne Abschaffung des kapitalistischen Geld- und
Kreditsystems
auch in einer genossenschaftlich organisierten Wirtschaft immer
wieder
die alte Abhängigkeit der Produzenten von Geldgebern und
die Jahrtau-
sende bestehende Ausbeutung durch den "Zinswucher" wiederherge-
stellt werden. Der Marxist Schmierer fällt mit seinem vermeintlich
sy-
stemüberwindenden Konzept der Kollektivierung hinter die
schon fast
verstaubten, aber immer noch goldrichtigen Erkenntnisse des Mitbegrün-
ders der marxistischen Wirtschaftstheorie zurück. Der Marxist
Schmierer
bewegt sich damit auf der gleichen unreflektierten, kapitalismus-erhal-
tenden Ebene vieler utopischer Sozialisten, wie die ganze kleinbürger-
lich-reformistische "Alternativ"bewegung heute, die
deshalb auch keine
Alternativbewegung zum herrschenden kapitalistischen Gesellschaftssy-
stem ist, daher für dieses auch keine Gefahr bedeutet und
nicht zuletzt
auch deshalb von diesem toleriert und z. T. sogar subventioniert
wird.
In seiner Kritik an Dührings Kommunen-Sozialismus (168)
schreibt Engels
sarkastisch, Dühring "ist stolz darauf, daß in
seiner Welt jeder mit seinem
Geld machen kann, was er will. Er kann also nicht verhindern,
daß die ei-
nen sich einen kleinen Geldschatz zurücklegen, während
die anderen mit
dem ihnen gezahlten Lohn nicht auskommen". (Hier spricht
Engels be-
reits ein von Dieter Suhr beklagtes, heute ins Gigantische gewachsenes
Mißverhältnis zwischen "Geld ohne Bedarf"
beim Finanzkapital und "Be-
darf ohne Geld" bei den Produzenten und Konsumenten an. (169))
"Ande-
rerseits aber läßt die Kommune, indem sie Geld ohne
weiteres in Zahlung
nimmt, die Möglichkeit offen, daß dies Geld anders
als durch eigene Ar-
beit erworben sei. (...) Hiermit sind aber alle Bedingungen gegeben,
um
das Metallgeld (...) in wirkliche Geldfunktion treten zu lassen.
Es liegen
vor die Gelegenheit und das Motiv, einerseits zur Schatzbildung,
anderer-
seits zur Verschuldung (beides von K. S. hervorgehoben). Der Bedürftige
borgt beim Schatzbildner. Das geborgte Geld, von der Kommune in
Zah-
lung genommen für Lebensmittel, wird damit wieder, was es
in der heuti-
gen Gesellschaft ist, gesellschaftliche Inkarnation der menschlichen
Ar-
beit, wirkliches Maß der Arbeit, allgemeines Zahlungsmittel."
(Nicht das
ist das eigentliche Problem, sondern daß es zur "Schatzbildung"
verwen-
det, daß es Sparmittel wird!) "Alle 'Gesetze und Verwaltungsnormen'
der
Welt sind ebenso ohnmächtig dagegen, wie gegen das Einmaleins
oder ge-
gen die chemische Zusammensetzung des Wassers." (Gegen die
Sparmit-
tel-Funktiondes Geldes ließe sich allerdings etwas unternehmen;
s. Kap.
4 u. 6.) "Und da der Schatzbildner in der Lage ist, vom Bedürftigen
Zin-
sen zu erzwingen (wieso, erklärt Engels leider nicht), ist
mit dem als Geld
(Sparmittel; K. S.) fungierenden Metallgeld auch der Zinswucher
wieder
hergestellt." (Jenosse Proudhon, ick hör dir trapsen!
Und dann tönt es
fast wie beim Volksgenossen Feder; s. Kap. 13:) "Die Wucherer
verwan-
deln sich in Händler mit dem Zahlungsmittel, in Bankiers,
in Beherrscher
des Zirkulationsmittels und des Weltgeldes, damit in Beherrscher
der Pro-
duktionsmittel, mögen diese auch noch jahrelang dem Namen
nach als Ei-
gentum der Wirtschafts- und Handelskommunen fungiern. Damit sind
aber die in Bankiers übergegangenen Schatzbildner und Wucherer
auch
die Herren der Wirtschafts- und Handelskommunen selbst."
(Es ist also
nicht weit her mit der "Selbständigkeit" der "freien"
Unternehmer und
der "Selbstbestimmung" der Kommunarden!)
Engels ein Präfaschist? (Er ist doch gegen den Zins!) Oder
gar ein ver-
kappter Proudhonist?
Bis zu diesem Punkt stimmt Engels gewiß mit Proudhon überein.
Ja, er
geht sogar noch einen kleinen Schritt weiter auf Gesells Position
zu: Er
empfiehlt zwar (als Übergangslösung zum "Kommunismus")
die Owen-
schen Arbeitsmarken als Kaufmittel, fragt aber gleichzeitig, ob
diese
nicht zu ähnlichem Mißbrauch führen könnten
wie das Goldgeld. (170) Diese
der Gesellschen Geldhortungstheorie entsprechende Skepsis ist
berech-
tigt: die Owenschen Arbeitsbons unterliegen m. W. keinem Angebots-
zwang und keinen den Zins kompensierenden Durchhaltekosten.
Wäre Engels nicht von Marxens Produktions- und Mehrwertideologie
geblendet gewesen, dann hätte er vielleicht gesehen, daß
dem Geldkapi-
tal tatsächlich Zins "eingeboren" ist (171) und
warum das Geldkapital einen
"Profit", eine Rendite, am Sachkapital hervorruft einen
Teil davon -
den Kreditzins, die Dividende etc. - für sich erheischt und
warum der
Profit im allgemeinen und im Durchschnitt nicht auf Null sinken
kann.
Dann wäre er vielleicht auf diesem monetären Weg der
Erkennntnis wei-
ter voranmarschiert und zu den gleichen praktischen Schlußfolgerungen
gelangt, wie bereits der altgriechische Punk Diogenes, der Geld,
das eben
doch stinkt, oder der Akrat Gesell, der "rostende Banknoten",
oder der
Bankier N. A. L. J. Johannsen, der eine "Geldsteuer",
oder der Anthro-
posoph Rudolf Steiner, der ein Geld, das sich "abnutzt",
einführen wollte,
oder der erfolgreiche Nationalökonom John M. Keynes, der
ein Geld mit
"Durchhaltekosten" befürwortete. Statt dessen schwenkt
Engels nach
seinem kurzen Abstecher in die Gefilde Proudhonscher Geld- und
Zins-
theorie wieder in die produktionstheoretische Sackgasse seines
Freundes
Karl Heinrich ein und fordert die Verstaatlichung aller Produktionsmittel
und die geldlose Zentralverwaltungswirtschaft.
Das ganze Elend der marxistischen Wirtschaftstheorie offenbart
ein
Beispiel aus der Geld- und Kreditpolitik der kommunistischen Wirt-
schaftsreformer in Rotchina. Durch die Wiedereinführung von
Marktmechanismen und individueller Gewinnchancen hat es dort ein
kleines Wirtschaftswunder gegeben. Die Käuferschlangen vor
den Läden
sind verschwunden und nicht nur viele Kleinbürger, sogar
die Bauern sind
zu einem bescheidenen Wohlstand gelangt und haben Ersparnisse
ansam-
meln können. Diese benötigt der Staat für Investitionen.
Da jedoch am
Geldsystem nicht geändert worden ist, und da niemand durch
gutes Zure-
den allein seine Liquidität aufgibt, verfielen die schlauen
Marxisten auf ei-
ne sehr originelle Idee: um an diese Ersparnisse ranzukommen,
bietet der
Staat den Sparern eine Liquiditätsverzichtsprämie an:
Er verkauft ihnen
Aktien und verspricht ihnen Dividenden! (172)
Rotchina auf dem Weg zum Kommunismus? Da lachen die Kolchos-
hühner! Auch im China der Kommunen kehrt der von Engels prophezeite
"Zinswucher" wieder ein! Was wird das Resultat sein?
Realer Kapitalis-
mus im Sozialismus. Kommunenkapitalismus.
Engels hat klar erkannt, wer in der gegebenen Geld- und Kreditwirt-
schaft "Herr im Hause" ist: der "Schatzbildner",
der Geldverleiher, der
Finanzkapitalist. Er hatte bereits vor hundert Jahren begriffen,
daß kol-
lektive Selbstorganisation und Selbstverwaltung im Rahmen des
kapitali-
stischen Geldsystems nicht anderes bedeutet, als die von den Produzen-
ten selbst organisierte und selbst verwaltete Ausbeutung durch
Zinspara-
siten: Selbstausbeutungskommunismus.
Engels Worte in die Ohren der Selbstverwaltungsidealisten, Vergesell-
schaftungssfetischisten und Geldignoranten!
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